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vor 9 Jahren - 29.07.2015
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Majoran gerebelt, Teil 7

Vor ein paar Tagen schaute ich ein YouTube-Video ...

... in dem eine Beauty-Journalistin sich von einer Beauty-Expertin ihre Pflegeprodukte zeigen lässt. Beide werden von Kosmetikfirmen mit Produkten zugeschmissen, dementsprechend viel sammelt sich auch an. Dieses Video hat mich immens runtergezogen, weil es einfach zu viel war. Viele Produkte kannte ich aus eigener Recherche, weil ich kosmetisch auf relativ viel Unterstützung angewiesen bin und immer auf dem Laufenden sein muss. Vieles davon ist im Internet sehr gehypt. Man kennt es seit Jahren als theoretische Lösung für alle möglichen Probleme, nur ist es teuer oder schwer zu besorgen. Ein Fruchsäure-Serum, auf welches ich es momentan abgesehen habe, wurde von allen möglichen Medien als das einzig wahre Hautpflegeprodukt bezeichnet, irgendwer schrieb mal "Jesus in a bottle" und seitdem zitieren alle, die sich dafür nicht zu schade sind, das "Jesus in a bottle". Angeblich kann dieser Hoffnungsträger zur Not auch allein (z.B. auf einer einsamen Insel, auf die man nur eine Sache mitnehmen kann) die ganze Hautpflege einer Person mit größeren Hautproblemen bestreiten. Warum steht es dann nicht allein im Regal, wenn es so gut sein soll? Und warum steht das sagenumwobene Konkurrenzprodukt nicht mal daneben, sondern ist als nur eines von vielen in einer Muji-Plastikbox gelandet? Wenn man das Beste vom Besten kennt und sogar selbst sagt, dass ein bestimmtes Produkt allen anderen haushoch überlegen ist? Auf einmal wirkt es dann nicht mehr so überzeugend. Wenn ich dann noch sehe, dass Nischen-Kosmetikprodukte gepriesen werden, die bei mir nach einer Testphase seit Jahren ungenutzt im Kühlschrank herumstehen (zu schade zum Wegschmeißen), merke ich, wie ich die Hoffnung verliere.

Bei meiner Parfumsammlung soll es nie so weit kommen. Die einzelnen Düfte sollen für mich besonders bleiben. Wenn die kritische Masse an Flakons überschritten wird, verliert die Sammlung an Wert, habe ich das Gefühl. Noch ist es so, dass ich sofort wieder weiß, wie toll meine Sachen sind, sobald ich sie mir nach längerer Pause wieder aufsprühe. Danach kommt meistens eine Phase, wo ich tagelang nur dieses eine Parfum trage. Auch wenn andere Sammlungen theoretisch denkbar wären, möchte ich meine derzeitige nicht missen und durch keine andere ersetzen. Es wäre so, als hätte ich mein Wort nicht gehalten.

Doch meistens reicht es auch, an den betreffenden Duft nur zu denken. Oft genügt die Vorstellung, um den Duft, wenn auch nicht in seiner ganzen Pracht, aber doch wiedererkennbar, sozusagen "vor der inneren Nase" zu riechen. Ich weiß noch, wie irritiert ich war, als jemand einmal meinte, er braucht keinen realen Flügel (mehr), weil er alle Stücke genauso gut in seiner Vorstellung spielen kann... Der irrt sich gewaltig, dachte ich damals. Und jetzt ist es bei mir ähnlich, nur mit Parfums. Ein kurzer Gedanke an den Duft genügt, um mich zu vergewissern, dass er noch... da ist.

Ich brauche auch nicht mehr so viel Zeit wie am Anfang, um einen neuen Duft zu erfassen. Wenn ich früher einen Duft mit einer unbekannten Zutat getestet habe, hat er mich ewig beschäftigt, weil mir die Worte dafür gefehlt haben. Jetzt kann ich Duftnoten viel schneller erkennen und einen Duft dadurch viel schneller einordnen. Aha, Iris. Abgehakt. Es ist kein Duft mehr, der oh-mein-gott-wie-ich-weiß-nicht-was riecht, sondern einfach nur ein Iris-Duft. Ähnlich wie. Sobald die Hauptnote erkannt ist, wird der Duft darauf reduziert.

Das Interessante ist: wenn ich unterwegs ein Parfum an jemandem rieche, das ich nicht kenne, kann ich auch nur die Hauptnote erfassen. Für mehr reicht die Zeit einfach nicht. Und da wundert es mich oft, wie lange es dauert, bis ich sagen kann: Aha, Patschuli.

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