Fefaminz

Es gab früher (jaja, in meiner Jugend longtime-ago) diese Witze, in denen Radio Eriwan alle Fragen mit „im Prinzip ja, aber....“ beantwortet . Das beschreibt Salvia für mich.

Ist Salvia ein hinreißend, sanfter Kräuterduft? Ja, aber ab und zu kommt immer eine an Klostein erinnernde Zitrusnote raus, die diesen wunderschönen Kräuterschleier auseinander reißt.

Wenn ich Salvia in Farben sehe, so zeigt sich ein zartgrüner, durchsichtiger Schleier aus zurückhaltenden Wiesenkräutern, süßlich, frisch, die durch die ganz leicht bittere Mate- Note in der Schwebe gehalten werden. Dieser hauchfeine Organza-Schal mit seinen hellbläulich-violetten Rändern weht leise im Wind, man möchte sich darin hüllen und feengleich über die Wiese hüpfen -

und dann völlig unvermittelt malt jemand mit Plakafarbe gelbe Zitronensäure- Flecken darauf! Irgendwann sind diese häßlichen Flecken wieder weg, der schöne Schleier weht wieder - zack, die Zitrus-Flecken sind wieder da. Das ganze Wechselspiel dauert bei mir gute 5/6 Stunden an, wobei dies wahrscheinlich nur meine Nase mitbekommt, denn die Sillage ist sehr hautnah.

Also zurück zum Radio Eriwan: „Wäre Salvia ein Duft, den du tragen würdest? - Im Prinzip ja, aber nur ohne den Klostein!“

Kann sich noch jemand an die Szene in dem Film „Das Parfum“ erinnern, in der etwas in Wachs und Fett gehüllt wird, um dessen Duft zu konservieren? ! Tja, ich glaube, das wurde hier versucht zu ver“duft“lichen.

Tilia startet furios mit Bienenwachs, Lindenblüten-Honig und einer ganzen Allee von Lindenblüten, die an einem heißen Sommerabend kurz vor dem Verblühen noch einmal alles geben. Süß, schwül, atemraubend.

Kopfnote? Welche Kopfnote? Bei mir kam keine Kopfnote vorbei.

Ich laufe diese Allee entlang, in den Gärten nebenan mögen die in der Duftpyramide genannten anderen Blumen vielleicht zu finden gewesen sein, allein, das Bienenwachs und die darin konservierten Lindenblüten überdecken alles und jeden! Nach locker-lässigen 8/9 Stunden bleibt zum Glück nur noch eine Erinnerung an einen Spaziergang unter den Linden, den Kampf durch das Wachs habe ich glücklicherweise verdrängt, und der Honig hat tatsächlich die von mir nicht so sehr geschätzte Tonka-Amber-Basis übertüncht.

Warum ist mir denn nicht vorher Turandots geschätzter Rat mit der Feder und dem aufsprühen und verteilen eingefallen?!

...zu jeder Gelegenheit, bei jedem Wetter und zu jeder Uhrzeit.

Jep, so ein Tässchen erhält man mit Thé Pour un Été. Nun, nicht den Sahnewölkchen- Ostfriesen oder den starken Assam, auch nicht den herben Matcha oder den krautigen Grüntee, schon gar nicht den kühlenden heiß-süßen Pfefferminz, den man in der Wüste serviert - eher einen lauwarmen, Aspartam-gesüßten, dünnen Earl Grey, in dessen Kanne vorher ein Jasmintee schwamm. Und dieses Tässchen trinkt man so nebenbei, ein kaum wahrnehmbarer Hauch von Osmanthus weht vom Nachbargrundstück herüber.

Da ist nichts laut oder grell, es regt nicht auf, es regt nicht an, aber es nervt auch nicht. Gepflegte Langeweile, die doch manchmal so wohltuend ist. Tja, das ist für mich dieser Sommertee.

Der ist nicht laut oder blümelig, trotzdem süß und beharrlich, hält bei mir locker 6-7 h durch, ohne sich allzu sehr zu verändern. Er bleibt recht körpernah, ist aber trotzdem für meinen Sitznachbarn in der Konferenz wahrnehmbar.

....sang damals so 'ne deutsche Schangsonette mit bühnenwirksamer orangeroter Wallemähne und schwärmte von "Wuchs und Kraft" und bekundete ihre geweckte Leidenschaft. Jep, ich glaube, der trug bestimmt so einen Duft.

Ich habe diesmal tatsächlich vorher die Duftpyramide gelesen und mich ob der Hitze draußen auf ein paar nette Früchte gefreut. Aber entweder sind die schon vorher in der Sonne geschmolzen oder haben sich vor mir im Schatten versteckt, jedenfalls waren keine zu sehen äh riechen.

Bei mir ist Cretus gleich männlich-wuchtig-holzfällermäßig gestartet, viel Birke, ordentlich Weihrauch und ' ne minimale Ahnung von erdigem Patchouli. Ich seh den wüchsigen Mann mit plakativen Holzfällerhemd und derben Schuhwerk direkt vor mir herlaufen, frisch rasiert, das Cologne kurz übergossen, Holzspäne noch im Bart - und dieser Klischee-Mann hat auf gar keinen Fall ein Jasminblütchen dabei!

Selbstredend hat unser Freund vor unserem Treffen geduscht, so dass dann in der Basis der saubere Moschus verhindert, dass das Eichenmoos zu viel Leidenschaft weckt. Ein Hauch Vanille und Ambra am Ende weckt die Vorstellung von einem flauschigen Norweger-Pulli, den unser Freund der frierenden Verabredung um die Schultern legt und dann mit seinem Unimog in die Wälder entschwindet.

Jaja, da hat das Assoziationsmonster wieder zugeschlagen und die allerletzten Klischees aus der Mottenkiste hervorgekramt - aber her, warum nicht?! Warum soll der Stadtmann von heute nicht auch seinen Träumen nachhängen und sich für 7 oder 8bStunden in Thor verwandeln - zumindest dufttechnisch?!

Puh, was mir hier an Kunstblume um die Ohren gehauen wird (ja, ich weiß, es war die Nase, die eben noch dein.....oh, ich schweife ab), lässt selbst eine Blümchen-Liebhaberin wie mich den wuchtigen Strauß dankend ablehnen!

Tel Aviv beginnt furios mit allem, was an Blume so in der westlichen Duftorgel herumsteht. Und damit auch die letzte Angebetete merkt, dass der Blumen-schenkende sich bei der Größe des Straußes sich nicht lumpen läßt, hat man das ganze Ensemble mit jeder Menge Plastikblüten vermeintlich tropischen Ursprungs gepimpt.

Tapfer, wie ich bin, der Gatte hat mich schon aus dem Wohnzimmer hinauskomplimentiert, widerstehe ich dem Impuls, den Arm komplet wieder abzuwaschen und werde nach ca. 2 h mit einem wunderschönen Blütenduft belohnt, der mir tatsächlich sehr gut gefällt und der erstaunliche 6 h voll durchhält.

Tja, nun suche ich einen Ersatzarm für die ersten Stunden, danach könnte ich wieder übernehmen.