RapunzelR

RapunzelR

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1 - 5 von 20
RapunzelR vor 10 Jahren 12 11
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Der Glöckner von Notre Dame
Entweder man liebt die Bonddüfte oder man hält sie für gnadenlos überbewertet. Ich gehöre zur ersten Fraktion und alle Bonds, die sich in meinem Besitz befinden als auch die, die ich testen durfte, haben mich absolut überzeugt. Wer auf der Suche nach einem Duft ist, den man sich erarbeiten muss, ist mit Sicherheit falsch. Allerdings sind sie für meine Duftnase allesamt hochwertig. Die Bausteine der Duftpyramide sind authentisch und absolut nicht synthetisch. Eau de Noho erschließt sich schnell, büßt aber dadurch nichts von seiner Schönheit ein.

Trage ich Eau de Noho muss ich sofort an Esmeralda denken. Die hübsche Zigeunerin, mit ihren funkelnden Augen, ihrem bunten, wehenden Rock und den wilden Locken. Immer dabei- ihre treue Ziege. Sie beherrschte die Kunst, die Menschen mit ihrem Temperament zu verzaubern, verblüffte mit ihren Taschentricks und symbolisierte Freiheit, Wildheit und Unabhängigkeit. So vereinen sich auch Mimose, dass Veilchen und die Manderine zu einer Symbiose. Erst viel später entwickelt der Duft auch eine leicht melancholische Seite, die ihm aber auch Tiefe schenkt. Amber, eine grüne Note und Kaschmirholz bilden auch hier wieder eine runde Einheit, die nicht hinterfragt werden möchte.

Esmeralda war in die Gefühle dreier Männer verstrickt. Frollo, Quasimodo und Phoebus. Genau diese Verstrickung wurde zu ihrem traurigen Schicksal. Den Mann, den sie liebte, verlor sie und die Männer, die sie liebten bekamen Esmeralda nicht. Frollo ließ sie hinrichten und der arme Quasimodo, der für sie bis zum bitteren Ende gekämpft hatte, starb nachher an ihrem Grab. Trotz des tragischen Endes und dem Hauch Traurigkeit in Eau de Noho überwiegt die Freude und Leichtigkeit in diesem Duft, mit der sich auch Esmeralda ungestüm und unbeugsam durchs Leben tanzte.
11 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 22 15
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Lebensthema
Geste ist einer meiner Lieblingsdüfte und leider besitze ich nur eine Abfüllung, die ich hüte wie einen Schatz.

Geste greift für mich die Lebensthemen einer Frau auf, die sich auf den Weg in den zweiten Teil ihres Lebens macht. Was nicht heißen soll, dass er nicht auch von jungen Frauen, als auch von Männern getragen werden könnte. Bei mir greift er eben diese auf.

Die Geste-Frau ist um die vierzig und hinterfragt-ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft. Wer war ich, was hatte ich für Wünsche, Träume, Sehnsüchte und Ziele. Wer bin ich jetzt, wo stehe ich gerade, was habe ich verwirklicht und was möchte ich noch umsetzen, was kann ich noch umsetzen. War ich glücklich, bin ich glücklich und was brauche ich, um auch in der Zukunft zufrieden zu sein. Sie steckt nicht in einer Midlife-Crisis und ist auch nicht wie eine Ertrinkende, die nach dem rettenden Strohhalm sucht, um daran zu ziehen und jedesmal feststellt, dass nicht genügend raus kommt. Sie ruht in sich, sie ist rund. Zwar mit Ecken und Kanten, aber so ausgewogen, dass diese sie unglaublich charmant und liebenswert werden lassen. Sie muss sich weder behaupten, noch will sie sich profilieren. Auch wird sie sich niemals beugen. Sie kennt ihre Macht, die sie ausschließlich aus sich selbst schöpft.

Amber macht sie sehr tiefgründig und ebenso sexuell anziehend, Harze geben ihr eine liebliche Ausstrahlung, die zugleich warm als auch geheimnisvoll ist, aber von Moschus im Zaum gehalten wird. Durch den für mich deutlich wahrnehmbaren Moschusanteil erhält diese sinnlich Lady mit Rückgrat eine Reinheit, die anmutend wirkt. Das Veilchen verleiht dieser gelungenen Mischung zusätzlich etwas mädchenhaft Verspieltes.


Geste vereint für mich sehr gegensätzliche Duftaussagen, die sich in diesem Duft gekonnt vereinen, aber zu keiner Zeit langweilig und trist wirken.

Geste ist für mich ein Kunstwerk, welches seiner Trägerin eine überdimensonale Ausdruckskraft verleiht, die trotzallem nicht ergründet werden muss. Geste ist klar, aber zu keiner Zeit gefällig. Geste macht jede Frau zur Königin, ohne Prunk und Protz, sondern eher subtil. Haltbarkeit und Sillage sind bei mir, Gott sei Dank, sehr gut und ebenso der Flakon, wird diesem Duft und seiner Aussage gerecht.

Schlicht, aber mit dem gewissen Etwas.
15 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 13 11
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Billiger rosa Plüschteppich ?
Heute habe ich beschlossen, es ist mal wieder an der Zeit mich hier zu Wort zu melden.

Agent Provocateur ist ein Blindkauf von mir gewesen auf den ich mehr als gespannt war. Er erinnert mich stark an Mad Madame von JhaG. Beide Düfte polarisieren und die Botschaft ist klar. Agent Provacateur empfinde ich aber subtiler, runder und gefälliger. Wo Mad Madame mich erschlägt und selbst nach Stunden nicht mehr aufstehen lässt, hält sich Agent Provocateur mehr zurück. Ich bewege mich auch nicht auf einem billigen rosa Plüschteppich, der mich einsinken lässt sobald ich ihn betrete - in einem Etablissement, wo mich in meiner Fantasie auch der Geruch, welcher in jeder Ecke hängt, atemlos werden lässt und selbst die Schnappatmung nicht mehr für genügend Sauerstoff sorgt...

Agent Provocateur verbinde ich mit einer Frau, die durchaus nahkampferfahren ist, die aber den Ton angibt uns sich niemals das Zepter aus der Hand nehmen lässt. Sie trägt knallroten Lippenstift, ist aber nicht billig, etwas verrucht schon. Sie ist die Venusfalle, die schwarze Witwe. Man verfällt ihr und wer sich von ihr einwickeln lässt, bekommt früher oder später den Todesstoß versetzt.

Den Koriander empfinde ich als angenehm würzig, Safran nehme ich kaum war und wenn nur sehr hintergründig und rundet die Kompostion feinst ab. Man könnte auch sagen, Safran macht aus ihr "die Wölfin im Schafspelz". Auch Jasmin, womit ich im Allgemeinen schon mal meine Probleme hab, gibt sich hier von ihrer schönsten Seite. Kommen wir zur Rose - Rosendüfte sind gar nicht meins, mit Ausnahme von Joy (hier stehe ich in einem wunderbaren Rosengarten, null künstlich) und im Vergleich zu Mad Madame finde ich diese Rose in Agent Provocateur auch nicht synthetisch. Sie gehört sicher nicht zur edelsten Sorte, findet aber im Gesamtwerk gut ihren Platz.

Nach Stunden zeigt er sich nicht mehr so provozierend, sondern tatsächlich zufrieden, erschöpft, aber nach wie vor voller Sinnlichkeit. Amber in der Basis sorgt bei mir immer für Verzückung und Vetiver gibt dem Ganzen etwas wunderbar dunkles, erdiges, aber keinesfalls muffiges.

Soweit zum Selbsttest. Da ich meiner Mutter gern das ein oder andere Dufterleben schenke, musste auch sie zum Test. Ich kann hier eine meiner Vorrednerinnen nur bestätigen. An einer anderen Person empfinde ich ihn nicht mehr so "lotterlastig", sondern tatsächlich alltagstauglich. Für mich bleibt er trotz allem ein Stimmungsduft, der sicherlich sehr speziell aber ganz und gar nicht untragbar ist und ich hätte auch kein Problem damit ihn tagsüber im Büro zu tragen. Vorausgesetzt ist muss mich nicht unbedingt als Frau in der Männerwelt behaupten. An dieser Stelle würde ich tatsächlich andere Prioritäten setzen.

Ich freu mich, dass ich diesen Duft tragen kann. Hätte ich mir bei Mad Madame auch gewünscht, aber der war eindeutig eine Nummer zu groß für mich.
11 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 25 16
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Der Geist der Weihnacht
Es ist jetzt gut zwölf bis dreizehn Jahre her, als ich in unsere kleine Dorfparfümerie hineinspazierte und auf der Suche nach einem neuen Duft für mich war. Es sollte nicht das "Übliche" sein. Damals war ich noch sehr mainstreamlastig und orientierte mich gern an der Werbung und an Düften, die ich im Vorbeigehen als äußerst positiv wahrnahm. Heute sollte es etwas anderes sein und das Glück sollte mir an diesem Tag hold sein.

Ein junger, überaus herziger und freundlicher Mann mit "Parfumführerschein" bediente mich und ich hatte den Eindruck, dass er sich sehr darüber freute sich in seiner Beratung ausleben zu dürfen. Es war ihm ein Vergnügen nicht nach den typischen Flakons greifen zu müssen und er erzählte mir Einiges über Kopf-Herz- und Basisnoten (war mir bis dato auch relativ fremd). Schon hatte er diesen schwarzen Flakon namens Black Cashmere in der Hand. Er erklärte mir noch, dass sich dieser Duft wunderbar in dieser Jahreszeit und vorallem draußen in der Kälte entfalten würde und dass man solche Düfte früher Pelzparfums nannte (das sagt schon alles über Haltbarkeit und Sillage). Beim ersten Test hatte es mir Black Cashmere schon angetan und ich kaufte ihn. Den netten jungen Parfumkenner habe ich leider nie mehr in dieser Parfumerie gesehen. Vielleicht hat er ausgeholfen oder aber er hat die jahrelangen Kunden schlicht und ergreifend überfordert. Sehr bedauerlich.

Zeitgleich arbeitete ich für ein Plattenlabel und eine Band hatte ein Benefizabschlusskonzert in ziemlich schlüpfrigem Ambiente. Geladen war alles was Rang und Namen hatte und Bekanntheitsgrad. Schließlich sollte die Kasse klingeln und ebenso etwas für das Image getan werden.

Ich war weder ein Star, noch mit einem verheiratet, noch hätte ich mit einem ein Verhältnis gehabt, noch war ich der Oberbürgermeister oder ein anderer Politiker. Auch konnte ich nicht mit getunten Brüsten oder Lippen aufwarten und für Extensions hatte ich auch kein Geld. Aber ich hatte Black Cashmere. Er hatte schon in der Kopfnote eine herrliche Weihrauchnote, umhüllt von warmen Gewürzen, dem Hauch des Orients. Wie die heiligen drei Könige mit ihren Gaben auf dem Weg zum Jesukind fühlte ich mich auf dem Weg zur Location. Es war tatsächlich kurz vor Weihnachten und bei den mir sonst so verhassten Minusgraden entfaltete sich tatsächlich seine ganze Pracht und Vielfalt. Eine überaus feine Rose lächelte mir zu, gepfeffert um ihre Lieblichkeit nicht ausufern zu lassen und mit Amber, Vanille und Patchouli in der Basis eine wahre Wonne für mein Nase. Ich hatte das Gefühl einer Veranstaltung, die sicher sehr schön und auch erfolgreich war, aber auch auf "Sehen und Gesehen werden" oder "wer ist am lautesten", Wärme und eine gewisse Tiefe zu geben. Die Oberflächlichkeit schien für einen kurzen Moment Platz zu machen, als ich in der Menge ein Wispern vernahm: Wer riecht denn hier so nach Weihnachten. Wenn die Meisten auch außer sich selbst nicht viel wahrnahmen, so hielten sie doch kurz für einen Duft inne, der Wärme, Geborgenheit und ein wenig allumfassende Liebe ausstrahlt. Er nimmt dich in seine Arme, berührt deine Seele und hinterlässt ein Gefühl von Frieden, Zentriertheit und innerer Ruhe.

Der Geist der Weihnacht oder eben Black Cashmere.
16 Antworten
RapunzelR vor 10 Jahren 14 7
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
5
Duft
Eine große Herausforderung
Juliette has a Gun hat mich schon aufgrund dessen interessiert, weil hier der Name Programm ist. Da es noch ein recht junges Duftlabel ist, dachte ich mir: Überwinde deine Liebe zu den Klassikern und mach mal einen auf modern.

Gesagt, getan-aufs Handgelenk gesprüht und das Näschen tief hineingehalten. "Zum Teufel, was ist das denn?!"

Mein lieber Kokoschinski, ich bin auf dem Land groß geworden und lebe immer noch da. Schweine und Kühe sind mir nicht fremd, auch wenn die Viehhaltung mittlerweile stark eingeschränkt wurde und es weit und breit nur noch Felder gibt, die ab und zu gedüngt werden. Aber das ist mal wirklich "animalisch".

Ok-du willst mich provozieren. So schnell geb ich mich nicht geschlagen. Helm übergezogen und kugelsichere Weste an. Jetzt sprüh ich dich mal in die Luft und schaue was du dann machst. Aaaah-eine Rose kommt zum Vorschein. Wie ich finde gar nicht schlecht. Auch die Idee das "Oberaphrodisiakum Rose" mit Animalischem zu kombinieren ist grandios. Leider schafft es das Röschen nicht, wenn sie auch im Kampf mit Bibergeil nicht die Unterlegene ist, die Schlacht zu beenden. Sollte man diesen Duft tatsächlich schon morgens auftragen, könnte es brandgefährlich werden und grenzt schon an einen Terrorakt.

Ich habe mir wirklich viel Mühe mit dir gegeben, aber jetzt muss ich leider doch die weiße Fahne hissen. Wenn ich auch ungern die Arena als Erste verlasse.

Nur zu gern hätte ich auch mal mit ner "Gun" kokettiert, fürchte aber, ich wirke eher wie Alfred Jodokus Kwak mit einem übergroßen Zahnstocher in der Hand. Mad Madame würde hier wahrlich zur bitteren Realität werden.

Aber die Idee find ich klasse-zu wem's passt?!
7 Antworten
1 - 5 von 20