RiechArt

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1 - 5 von 13
RiechArt vor 6 Jahren 5 2
Schwieriger Einstieg - lange schöne Mitte - berauschender Nachhall
Ungefähr zu Weihnachten 2017 hatte ich ihn kennengelernt. Den Britannia Club. Eher zufällig. Das sonst so unaufgeräumt-chaotische Herrenduftregal bei DM besaß plötzlich ein hübsch gemachtes kleines Holzregal mit drei Herrendüften "Highlands", "Soho Lounge" und eben "Britannia Club". Von Jean & Len. Weder den Hersteller noch die Düfte hatte ich vorher irgendwo gesehen. Seither trage ich den kleinen Flakon des Britannia Club recht häufig bei mir. Das lag anfangs zum Teil an der Robustheit und leichten Transportierbarkeit des Fläschchens. Das Deckelchen sitzt schön fest und geht in der Aktentasche nicht verloren. So habe ich ihn lieben gelernt. Der Duft hat eine klare Dreiteilung. Am Anfang ein Bukett - zu zitrisch, zu viele kleine Nuancen, die sich gegenseitig eher ausschließen - gar nicht so toll. Ich würde sagen - da muss man durch um den Britannia Club überhaupt zu entdecken. Nach 30 Minuten ist das ausgestanden. Und jetzt kommt die lange Hauptphase. Gut erkennbar Bergamotte, Pfeffer, etwas Harziges. Und schon der Weihrauch, noch überlagert von den anderen Nuancen aber vernehmbar. Für mich wunderbar. Und langanhaltend. Ich rieche mich in ihm total gerne und merke, wie mein Umfeld schnüffelt. 7, 8, 9 Stunden geht das so, klingt ab aber bleibt doch gut erkennbar. Man weiß nach dem langen Arbeitstag immer noch, was man am Morgen aufgetragen hat. Die dritte Phase beginnt beim "Ins Bett gehen" und entfaltet nochmals alle Kraft beim morgendlichen Duschen. Da ist jetzt fast nur noch die Myrrhe - noch etwas vom Pfeffer - die sanft und schwer in der Nase nach oben kriecht und stets schöne Erinnerungen triggert. Kirche, alter, ehrwürdig - Sonnenstrahlen in staubig kleriikaler Luft, Reste vom Weihrauch noch aus den Bankreihen und Altären entsteigend. Frieden. Und ob dieser wunderbaren morgendlichen "Nasenverführung" ist der anschließende Griff zu dem erstaunlich ergiebigen 50 ml Flakon recht naheliegend. Und der Kreislauf beginnt von neuem. Doch Achtung - letzte Woche habe ich erfahren, dass die Jean & Len Düfte bei DM aus den Filialen geworfen werden. Wer also noch probieren möchte sollte schnell sein. Ich habe einen kleinen Vorrat von dem lieb gewonnenen Freund angelegt.
2 Antworten
RiechArt vor 7 Jahren 8 2
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
"Hallo hier bin ich!“, ruft der Roi d’Orient
Einen hatte ich noch nicht erworben von den Rituals-Düften. Den Roi d’Orient. Im Advent hatte ich ihn mal auf einem Papierstreifchen getestet - da war er mir aber einen Hauch zu pudrig und nachdem ich mittlerweile ein großer Fan des "Sultan de Muscat" (ebenfalls von Rituals) geworden war und immer noch bin, und der Roi im Testschächtelchen keinen Platz mehr gefunden hatte, geriet er erst mal in Vergessenheit. Letzte Woche nun hatte ich beschlossen, den Vorrat an Mini-Fläschchen des Sultan de Muscat aufzufüllen und dieses Mal gab es einen „Dritten Platz“ in der Testbox. Dann Anfang der Woche zum ersten Mal bewusst und direkt auf Hals und Brust gesprüht – und – „Wow!“

Da trauen sich die Rituals Parfümdesigner endlich mal ein bisschen etwas. Erinnert in der Kopf- und insbesondere in der Herznote ein ganz kleines bisschen an die Lush-/Gorilla-Designer heran. Wohlan - dies ist ein Duft für den Arbeitstag und die Freizeit und trotzdem , er hat auch etwas Experimentelles. Da ist wieder ein bisschen das Stinktier, noch viel feiner als beim Breath of God (BoG), von dem ich ja vor ein paar Wochen schon so begeistert war. Bei weitem nicht so brachial, aber irgendwo da. Auch hier der Gummi-Geruch. Sehr facettenreich. Wie an und in einem warmen Hunter-Gummistiefel nach einem langen Waldspaziergang. Innen und an der erdig-moosig-feuchten Profilsohle geschnüffelt, vermischt mit Weihrauch – viel Weihrauch mit verwelkenden Blütenblättern durchmischt – ich assoziiere Kränze bei Beerdigungen. Wieder mal ein gewaltiges Erlebnis.

Zu Beginn die Kopfnote - süßlich, etwas pudrig – trotzdem (ich bin kein Fan von pudrigen Düften) etwas sehr Schönes. Erinnert entfernt an Versace’s „Blue-Jeans“, vermischt mit dem Rituals typischen Honig-Myrrhe Grundton. Weissen Pfeffer kann ich allerdings gar nicht ausmachen. Moderner und vielgestaltiger als der Blue-Jeans, fordert er Nase und Gehirn lange und nachhaltig und verbirgt doch sein wahres Gesicht. So lange, bis sich die Herznoten entfalten. Sehr facettenreich. Den Moschus kann ich nicht erkennen. In jedem Fall Unisex – würde mir auch an meiner Frau sehr gut gefallen. Blumige Noten im Herz, die ich aber nicht einsortieren kann. Nichts Zitrisches. Ich assoziiere Wasser, Waldboden, Gummi. Hab ich oben schon beschrieben. Blau passt hervorragend. Nicht so außergewöhnlich wie der Breath of God, dafür aber sehr tragbar und doch auch unablässig die Sinne beschäftigend. Hat eine hohe Präsenz bei mir selbst und bei meinem Umfeld - „Hallo hier bin ich!“, ruft der Roi d’Orient.

Am Abend (ca. 8 Stunden nach dem Aufsprühen): Im Abgang bleibt eine Mischung aus einem sehr feinen Holzton – riecht wie Schiffsplanken - die regelmäßig dem Wasser ausgesetzt sind. Immer noch ein wenig Honig und dieser sehr feine Weihrauch, jetzt feiner und eng mit dem Holz verwoben. Das Pudrige ist abgeklungen, auch das Blumige. Immer noch eine gewaltige Mischung, wenn auch der Radius kleiner geworden ist. Immer noch ist das Blau enthalten. Wiewohl Blau kein Duft ist, beschreibt es dieses kühl-erdig-kirchlich-Wässrige gut. Immer noch jener Hauch – ein Anklang - des BoG und etwas von diesem Geruch von erdigen Gummistiefeln. Lecker.

Insgesamt: Ein enorm zu empfehlender Geruch. Hält lange, beschäftigt die eigene Nase und die Nasen seines Umfelds. Ein Anklang an die Lush-Gorilla Düfte aber tragbarer. Wer Versace's Blue-Jeans mag, wird den Roi D' Orient lieben. Wer den Breath of God erfahren hat, findet hier eine Mitmenschen-tauglichere Verdünnung.
2 Antworten
RiechArt vor 7 Jahren 11 2
8
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Mit Myrrhe, Sandelholz und feinsten Pfeffernoten einfach mal ein bisschen abtauchen
Berlin – 19. Dezember 2016 - was ein wunderbarer Tag. Die Waage zeigte nach dem Duschen – schon wieder 400 Gramm weniger als gestern. Der Spiegel sauber, die Küche aufgeräumt und beladen mit frischem Obst und Gemüse, der Morgenkaffee schon fertig und nach Sandelholz, feinster Pfeffernote duftend. Die Sonne scheint licht vom Himmel, ein kleiner Wasserfall ergießt sich in eine tiefe, von funkelnden Tröpfchen befeuchtete Grotte. Die Vögel jubilieren, es duftet frisch und würzig – voluminös und mächtig, wild, mächtig und zärtlich zugleich - die Menschen laufen fröhlich durch die Straßen. Der Regionalzug ist pünktlich und verströmt einen Duft nach sanftem Meeresrauschen, die Fahrgäste springen zur Seite, um Dir mit einem liebenswerten Lächeln den Vortritt zu überlassen. Der Busfahrer pfeift ein Liedchen und grüßt Dich herzlich. Es duftet nach Weihrauch und tief-dunklem Holz. Die Menschen tanzen singend und lachend durch die Stadt, haben Zeit für kleine Plausche, spenden mildtätig und offenen Herzens für karitative Zwecke und freuen sich auf Weihnachten. Was ein wunderbarer Tag. So sanft verführt in eine andere Welt, ummantelt von wohligem Entzücken, erregt von so viel Fülle und Liebe, reise ich durch das morgendlich-nächtliche Berlin. Laternen und Autoscheinwerfer malen ihr warmherzig-sanftes, einen Hauch Melancholie verströmendes, güldenes Licht in das alles so sanft auffangende, glückliche Dunkel. Weihrauch und tief-dunkles Holz, Gewürze und fruchtige Aromen in raschem Wechsel. Das ist wahr und hier und jetzt. Nach den Samstäglichen Erfahrungen im Einkaufs-Paradies habe ich mir heute Morgen den Pace von Jaguar geholt und dufte und bin glücklich. Diese Kombination hatte ich mir schon lange gewünscht. Das Zugabteil erkenne ich nicht wieder. Die Sitze aus kühlendem Carrara-Marmor gefertigt, Fresken an den Wänden. Weihrauch und grüner Pfeffer wabern durch den sanft im Morgentau glitzernden Mittelgang – Kreuzgewölbe an der fernen Decke. Mönche in langen Gewändern stimmen in ein melodisch-esoterisches, tiefes „Ommm“, das sich mehr und mehr in einen gregorianisch-orgiastischen Choral wandelt. Weihrauch und Früchte, Erdbeeren an grünem Pfeffer, frisches austreibendes Grün einer feucht-warmen, pulsierenden Klamm im Frühsommer, ein Bächlein spendet plätschernd Wohlwollen aus luftiger Höhe. Und wieder jene ferne Myrrhe. Schon die Heiligen drei Könige aus dem Morgenlande hatten ihn bei sich, den Weihrauch, neben Gold und Diamanten, als sie das Christuskind besuchten.

Und in aller Kürze: langanhaltend und mit einem wunderbaren Spannungsverlauf von fruchtig-pfeffrig-wild hin zu weihrauchig-holzig-erdig, vermutlich riesiger Radius, beschäftigt die Nase und liefert immer wieder neue Assoziationen. Bei dem Preis eine absolute Kaufempfehlung. Ein Duft, der Euch beschäftigen wird und einen grauen Wintertag in einen angeregt-empathischen Kopffilm, eine phantastische Gedankenreise zu verwandeln vermag

Nachtrag - gleicher Tag - 17:00 Uhr. Er duftet noch immer. Ich glaube, er hat sogar immer noch Radius. Wenn ich mich bewege, schnüffelt mein Zugnachbar. Er hat sich nicht essentiell verändert, erstaunlich frisch immer noch, klar und sehr, sehr holzig, weihrauchig. Toll!
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RiechArt vor 7 Jahren 3 1
Weihnachtsbäckerei
6:30 Uhr im Badezimmer, frisch geduscht, rasiert: Heute fast eineinhalb Minuten (das ist sehr lange) vor der Kiste mit den Düften verweilt,  untypisch unschlüssig. Hab in den vergangenen 2 Wochen,  seit vom Parfumo-Plattform-Virus infiziert,  viel neues ausprobiert.  So wandern die neugierig-ertastenden Fingerkuppen letztendlich - vielleicht alten Gewohnheiten folgend - zum schlicht-effizienten, grundsoliden Flakon des Miro Cabal. Den nehm ich seit Jahren,  wenn ich mich nicht wirklich entscheiden mag. Heute aber will ich ihn mal aktiv verwenden,  darüber nachdenken, ihn in seinem Verlauf erschnüffeln und beschreiben. Nach dem Auftragen denke ich als erstes an Weihnachtsbäckerei. Passt ja zur Jahreszeit. Wir hatten letzten Sonntag mit den Kindern Großbacktag und der süße Duft ging bis Dienstag nur schwer aus dem Wohnzimmer. Okay - also heute ¨Plätzchen-Tag¨.


Zwei Stunden später in der Bahn: Winfried in seinem Kommentar weiter unten schreibt, dass der Duft bei ihm nach einiger Zeit seine ¨Vanilligkeit¨ verliert und männlicher wird. Darauf warte ich noch, nach jetzt etwa zwei Stunden. Immerhin, gute Haltbarkeit, aber wo ist der männliche Duft? Für mich ist es vorzugsweise Vanille, Bittermandelöl, weiche Butter. Ein Hauch Holz (wirklich, wie wenn man am Backbrett nach dem Teigausrollen riecht. Ich hab noch nie einen so präzisen Vergleich für einen Duft für mich entdeckt. Das ist fast 1:1) ist dahinter. Recht schön warmes Holz, mir aber zu stark von den süßen Plätzchen-Düften überlagert, kann sich nicht durchsetzen.


Alles in allem und Zusammenfassung: Winfried und Dufter vergleichen den Miro Cabale (in den beiden vorangegangenen, für mich im Vergleich spannenden Kommentaren) mit Le Male von Gaultier, den ich nicht kenne. Winfried sagt ¨toll für Familienabende¨ und dem pflichte ich bei. Ich komme mir vor wie oben beschriebenes Backbrett. Zu viel Backaroma unterm T-Shirt, ein wenig peinlich berührt hier im Zug - zumindest aber überaus passend zur Jahreszeit.  Für mich kein durchwegs männlich-markanter Herrenduft - mehr etwas für gemütliche Familienabende im dicken Wollpulli, Sonntagabend vor dem ¨Tatort im Ersten¨ kuschelnd, mit den Kids Plätzchen backend. Liebevoll, warm, familiär, schnurrend. Ein Duft nicht wirklich für den Arbeitstag sondern für ganz bestimmte, privat-familiäre Augenblicke. Da untermalt er wunderschön glücklich-zufriedene Besinnlichkeit. 


Ich grüße Euch Duftbegeisterte... 
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RiechArt vor 7 Jahren 7 1
9
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Leder und Schweiß - wild, herb, multidimensional
So viele tolle Kommentare schon vor mir auf dieser Seite. Da war ich extrem neugierig auf Aigners „In Leather – Man“. Schweres Leder, Cowboys, Lassos, wirbelnder Staub und galoppierende Pferde, Lederwesten und hohe Stiefel auf dampfender Haut – wow. Und siehe da – vorletzte Woche gab es beim Kosmetiker meines Vertrauens (dem Reittier-Mann) justamente genau diesen Duft zu unschlagbarem Preise. Der Papierstreifen hatte einiges versprochen – wohlan, Montagmorgens beim Verlassen der häuslichen Harmonie schnell noch ein paar Spritzer des Ledermannes unter T-Shirt, Hemd, Pulli und Daunenjacke versprüht und los in einen aufregenden Arbeitstag. Wohl ob der vielen Textilschichten – des kühlen Büros halber, bis auf die Daunenjacke anbehalten – konnte ich die Ledermixtur über den langen Arbeitstag nur sporadisch wahrnehmen – war schon enttäuscht ob der kleinen Haltbarkeit. Des Abends zum Bahnhof gelaufen – wie immer zu spät und bergan – ein wenig ins Schwitzen geraten und in der Bahn den Pullover vom Körper gerissen und siehe da – da ist er wieder, der „In-Ledermann“ - mit ein wenig Schweiß gemischt - eine sagenhafte Derbheit, Verruchtheit und erstaunlicherweise einer Fülle feiner, fast süßlicher - unter schwerem Leder verborgener Nuancen. Schokolade, gebrannte Mandeln, sehr nah, kaum Radius – but, so what – nach 9 Stunden.
Dienstag wieder ausprobiert – diesmal in wärmerer Umgebung, nur im Hemd – ein enorm komplex-herber Duft. Konnte kaum aufhören zu schnüffeln. Da ist viel Holz dabei. Hölzer – man assoziiert die Arbeit mit der Schleifmaschine an Terrassenmöbeln mit Lehnen und Griffen aus Tropenhölzern. Ein Hauch Kaffee. Der Geruch ist immens spannend, weil die Nase immer wieder neue Nuancen findet – immens viele Assoziationen. Der Duft passt unglaublich gut zu meinem wild-markanten eigenen Schweißgeruch den er nicht verdeckt sondern aufgreift, spiegelt, reifen lässt und harmonisiert. Die Haltbarkeit ist hoch wenngleich der Radius mit der Zeit sehr schnell abnimmt – was tut’s zur Sache – jetzt ist es mein privater, mein heimlicher Duft. Wunderschön wuchtig und vieldimensional. Wer fruchtige, zitrisch-beerige Noten sucht, ist bei diesem Geruch völlig falsch. Das ist ein durchwegs harter, bräunlich-markiger Duft. Aber mit extremer Wandlungsfähigkeit. Herbstlaub wäre hier ein guter Vergleich. Habt Ihr mal beobachtet, wie viele Brauntöne es gibt? Wie Blätter ihre bräunliche Farbe modifizieren, wenn sie gefallen und feucht den Boden bedecken? Morgens grau-beige-grünlich angehaucht – abends dunkelbraun mit schwarzen Flecken. So ist „In Leather – Man“. Wild, derb, sanft, linear sich wandelnd im Gleichbleibenden. Empfehlenswert ist es, immer mal wieder nach zu spritzen. Bedenkt dabei allerdings - so schön mächtig und dickglasig und massiv der Flakon – wirklich dekorativ – so wenig transportabel in der Aktentasche sind die 75 ml verpackt. Flakon und Duft zusammen wiegen locker 300 Gramm und haben die Ausmaße einer größeren geballten Faust. Dann lieber ein paar Spritzer unter dicke Kleiderschichten am Morgen, um den Duft ein bisschen „zusammen zu halten“ und am Nachmittag die Schichten reduzieren und den schweißdurchmischten Restduft genießen. Von mir (als nach wie vor „Rookie“ im olfaktorischen Wunderland) eine ganz, ganz klare Empfehlung…
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