StellaOscura

StellaOscura

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1 - 5 von 83
StellaOscura vor 6 Jahren 17 3
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Nocturnes - der Ältere
Dies ist meine neue Liebe.

Ich dachte immer, ich würde Aldehyde nicht mögen. "Ma Griffe" konnte nicht bei mir landen, "No5" auch nicht. Diese Düfte erschienen mir irgendwie immer säuerlich, mehr wie Schnittblumen und weniger wie der wuchernde Naturgarten, nach dem ich mich sehnte. So geriet ich bei meiner Suche nach Blumen und Würze und - ja, ich stehe da einfach drauf! - Seife immer wieder an Chypres, die dann aber dieses spezifische Verlangen doch nie so richtig befriedigen konnten. Sie sind unbenommen schön, keine Frage. Doch sie können auch nicht alles können, nicht wahr?

Nocturnes prickelt. Wie ein Hauch kandierter Ingwer auf der Zunge. Scharf und doch süß und eigentlich gar nicht süß. Reife Zitrusfrüchte, lebendige Blumen in voller Blüte. Nocturnes klingt lange nach. Die Basis rundet den Duft nicht ab, sondern erdet ihn, gibt ihm Ruhe. Das Gefühl, nicht mehr jung zu sein und alle Möglichkeiten zu haben, aber endlich zu wissen, wer man im Grunde seines Herzens wahrscheinlich ist.

Man verliebt sich am Ende nicht, weil der Geliebte so liebenswert ist, sondern weil er das ist, was man sich selbst wünscht.
3 Antworten
StellaOscura vor 6 Jahren 10 4
4
Sillage
5
Haltbarkeit
5.5
Duft
Nocturnes - der Jüngere
Hätte ich mir Nocturnes, den Jüngeren, wie einmal angedacht zu Weihnachten gewünscht, und hätte ich ihn dann auch bekommen - liebe Leser, ich wäre so enttäuscht gewesen!

Ich hätte dort gesessen, am Heiligen Abend, in meiner Vorstellung in einem schwarzen Kleid mit goldenen Punkten, mit sorgfältig ausgewähltem Feiertagsduft inmitten meiner Lieben. Jemand hätte mir das Päckchen überreicht - Packpapier mit großer Schleife - und ich hätte den Inhalt beinahe sofort erraten: Nocturnes, den ich mir gewünscht gehabt hätte! Ich hätte mich gefreut, ich hätte das Päckchen geöffnet, den Flakon bewundert. Ein Sprühstoß auf den Handrücken, alle hätten auch dies bewundert, wie schön, wie frisch, wie würzig, wie besonders. Ich hätte mich sehr gefreut.

Wir hätten gemeinsam zu Abend gegessen, ein paar Gläser Wein getrunken, geplaudert und gelacht. Und zwischendurch hätte ich immer mal wieder versonnen an meinem Handrücken gerochen, um in diesem Duft zu schwelgen, den ich mir gewünscht habe. Doch er wäre nicht da gewesen. Oh, Enttäuschung!

Denn der, den ich mir gewünscht gehabt hätte, war ganz anders. Wunderschön! Und dieser hier sein blässlicher, hässlicher kleiner Bruder!

Nocturnes, der Jüngere, beginnt wie der Ältere blumig, zitrisch, seifig, sprudelnd und kräftig. Wird wärmer und würziger. Wird nur Minuten später muffig und bitter und schwächelt und verstirbt mit kühlem Patchoulihauch. Er hätte mich nicht glücklich gemacht.

Ist es wirklich so, dass früher alles besser war, auch die Düfte? Muss ich mich einreihen in die Unkenrufe, dass die Düfte von heute nicht mithalten können mit denen von gestern? In die Reihe der Jägerinnen, die Vintages zu horrenden Preisen erbeuten? Meinen letzten Rest des Vintages von "Tabac Blond" hüte ich jedenfalls nun wie einen Schatz und traue mich gar nicht, den neuen Flakon zu öffnen. Was, wenn darin eine ähnliche Enttäuschung wartet ... ?
4 Antworten
StellaOscura vor 8 Jahren 15 4
8
Duft
Wer hat eigentlich gesagt ...
... dass Anarchisten laut sein müssen?

In allererster Linie sind Anarchisten gegen die Unterdrückung individueller Freiheit durch Hierarchien und sonstige Herrschaftsmechanismen. Selbstbestimmung und Gleichberechtigung sind zentrale Prinzipien einer anarchistischen Geisteshaltung. Anarchie kann meinem Verständnis nach grundsätzlich in völliger Stille gelebt werden, vorausgesetzt diese entspricht den Bedürfnissen des jeweiligen Anarchisten.

"L'Anarchiste" duftet grün und fruchtig wie ein frisch zerriebenes Blatt, ein frisch geschnittener, blühender Orangenbaumzweig, dazu ein spritzer Mandarinensaft - ebenfalls gerade erst von Hand gepresst. Hölzer und Zimt geben dem Duft Tiefe und eine angenehm leichte Wärme. Die Herbstsonne scheint. Es ist ein Gefühl von "draußen sein". Freiheit mit dem kleinen Fitzelchen Sicherheit, das man trotzdem braucht, um sich wohl zu fühlen. Herzklopfen. Leben.

Passt doch.

Ich trage diesen Duft sehr gern im Büro, wenn ich mir morgens denke: "Hmm, eigentlich ist dieser Tag viel zu schön, um ihn in einem geschlossenen Raum zu verbringen.". Er ist aber auch toll, um sich tatsächlich draußen herumzutreiben - Wetter egal, ausgenommen vielleicht Hochsommerhitze. Gerade hat er Herbstfarben für mich, aber er ist auch gerade erst ein Neuzugang. Ich bin sehr gespannt, was ich im Winter, im Frühling und im Sommer von ihm denke und für ihn fühle!
4 Antworten
StellaOscura vor 9 Jahren 18 7
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Meine Mitte
Mit gemischten Gefühlen betrache ich den einen oder anderen Parfum-Kommentar, in dem der Autor sich dazu hinreißen lässt, einen Duft als "rein weiblich" oder - wie in diesem Fall - als "durch und durch männlich" zu bezeichnen. Der leise Triumph, den ich in solchen Aussagen zu spüren glaube ("Wenigstens dieser Duft GEHÖRT UNS GANZ ALLEIN!"), macht es nicht besser. Fast noch schlimmer finde ich die Assoziation der Geschlechterzuschreibung mit anderen Adjektiven. "Sanft und weiblich" oder "kräftig und makulin" - als hätten diese Eigenschaften zwangsläufig etwas miteinander zu tun. Als wären "männlich" und "weiblich" überhaupt Adjektive, die Düfte beschreiben könnten.

Dass die Reflexion über Geschlechterstereotype weit weniger verbreitet ist als es wünschenwert wäre, ist dabei für mich das grundsätzliche Ärgernis. Das ganz persönliche Ärgernis ist für mich, dass ich mir einen so schönen Duft auf gar keinen Fall madig machen lassen will. Ich bin eine Frau und ich habe Duftvorlieben - und das eine hat mit dem anderen wenig zu tun. Die Nase will, was die Nase will, wie man so schön sagt ...

Doch nun zum Wesentlichen: "Feuilles de Tabac" hat mir sofort gefallen. Es ist ein naturverbundener Duft. Was Kaskarilla ist, musste ich erst recherchieren. Es wird wohl u.a. in Chypre-Düfte eingesetzt, um sie würzig und frisch zu gestalten. Und ja, daher kommt vielleicht mein diffuses Chypre-Gefühl für diesen Duft. Er ist wärmer, weicher, dunkler als die Chypres, die ich bislang kennengelernt habt, aber eine gewisse Gemeinsamkeit haben sie trotz des fehlenden Eichenmooses und der zitrischen Kopfnote. Die Tabak-Note ist in meiner Nase sehr subtil. Das ist kein Vergleich zu dem, was ich mit "Tobacco Vanille" oder "Eau des Baux" erlebt habe. Er fügt sich harmonisch zwischen Kräuter und Gewürze. Die Kräuter sind trocken, nicht mehr grün. Und die Gewürze gehen fließend über in sanftes Patchouli und eine hintergründige Tonkabohne. So etwas Aggressives wie Rauch kann ich überhaupt nicht ausmachen.

"Feuilles de Tabac" ist ein Duft für mich. Den lege ich nicht auf, wenn ich auffallen will, sondern wirklich nur für mich allein und weil er mir gut tut. Das ist sein Charakter. Denn an Haltbarkeit und Sillage mangelt es ihm nicht. Er ist nicht laut, aber auch nicht zu leise. Selbstsicher, nicht prahlerisch. Ich fühle mich in diesem Duft daheim, auch wenn ich sonstwo bin. Das brauche ich manchmal, vor allem in meinem Beruf. Er gibt mir Ruhe.

Der wird bleiben. Denn je öfter ich ihn trage, desto näher kommt er mir.
7 Antworten
StellaOscura vor 9 Jahren 7 3
5
Sillage
5
Haltbarkeit
6
Duft
Das Wunder, wenn man es erlebt, ist nie vollkommen. Erst die Erinnerung macht es dazu.
(Erich Maria Remarque)

Ich gestehe, "Amber / Ambre" war ein Blindkauf. Der schiere Überschwang der Kommentare, die großartige Bewertung, die Haltbarkeit, die Beschreibungen - da dachte ich, ich könne nicht viel falsch machen. Konnte ich aber doch.

Denn auch wenn ich mir nun den Unmut der hier versammelten Liebhaber zuziehe, muss ich die Vermutung anstellen dürfen, dass dieser Duft unter anderem deshalb so beliebt ist, weil es ihn nicht mehr gibt. Denn auch wenn ich mich sehr bemüht habe, erkenne ich doch nicht, worin die Einzigartigkeit dieses Dufts liegen soll.

Um direkt auf den Punkt zu kommen: "Amber / Ambre" ist süß, eher flach und nicht besonders langlebig. Man kann nichts gegen ihn sagen, denn er riecht sehr angenehm und stört nicht. Doch das reicht mir nicht für eine derart gute Bewertung. Er ist wie diese Menschen, die so freundlich und lieb sind, dass ich einfach nicht weiß, worüber ich verdammt nochmal mit ihnen reden soll. Das ist langweilig. Als Raumduft könnte ich ihn mir dagegen gut vorstellen, weil er nunmal nicht anstrengend ist und dieses goldgelbe Gemütlichkeitsgefühl mitbringt.

Wie auch immer, wenn dieser Duft wieder für ein paar Euro in jedem Occitane-Shop und dem einen oder anderen Kaufhof zu haben wäre, wage ich zu behaupten, dass das Interesse an ihm nicht explodieren würde.
3 Antworten
1 - 5 von 83