Stinkiwinki

Manchmal tue ich mich schwer, einen Duft genau zu beschreiben. Insbesondere dann, wenn ich selber nicht erschnuppern kann, was laut Duftpyramide alles enthalten sein soll. So geht es mir auch bei CUBA Prestige. Obwohl ich mir gar nicht sicher bin, ob ich hier überhaupt vom richtigen Duft schreibe. Ich habe hier "CUBA PRESTIGE CLASSIC" vor mir. Kann also sein, dass hier von zwei unterschiedlichen Düften die Rede ist.

Also mache ich es kurz: CUBA PRESTIGE CLASSIC riecht sehr intensiv süßlich-scharf. Und es erinnert mich ganz spontan an längst vergangene Zeiten, in denen ich als junger Erwachsener so ziemlich jede Rauchware einmal ausprobiert habe (ich rede hier von legalen Tabakwaren und nicht von irgendwelchen "Substanzen") und irgendwann bei Al Capone Sweets hängengeblieben bin. Das waren (oder sind, ich rauche längst nicht mehr, deshalb weiß ich nicht, ob sie überhaupt noch existieren) in Cognac gedippte Cigarillos. Wenn man sich diese Cigarillos in den Mund steckte, schmeckte man sofort eine ziemlich starke Süße, welche sich beim Rauchen mit der sanften Schärfe des Tabaks vermischte. Das war, verglichen mit ordinären Zigaretten, ein ziemliches Geschmackserlebnis. Und genauso riecht dieser Duft für meine Nase. Allerdings kommt der Duft hier ziemlich schwer und raumfüllend daher. Sillage und Projektion sind wirklich enorm. Weshalb ich mir vorstellen kann, dass der Träger dieses Dufts, ähnlich dem Cigarillo-Raucher, in engen Räumen nicht wirklich bzw. immer willkommen ist. ;-) Wobei ich den Duft aber keineswegs als "Stinker" bezeichen möchte.

Wahrscheinlich wird dieser Duft der Dupe eines bekannten Markendufts ein. Da mir der eventuelle Originalduft aber unbekannt ist, kann ich dazu nichts sagen. Für mich ist es tatsächlich ein süßlich aromatisierter Tabak, der ziemlich lecker duftet. Von dem ich aber vermute, dass er meinen Mitmenschen auch ganz schön auf die Nerven gehen könnte. Nicht, weil er schlecht wäre - sondern ganz einfach deshalb, weil mein Gegenüber "Nichtraucher" ist und nichts damit anfangen, was mir als Wohlgeruch erscheint. Und bitte nicht vergessen, dass hier (bei mir) noch darüber Konfusion herrscht, ob "Cuba Prestige" gleich "Cuba Prestige Classic" ist. Ich lade mal ein Bild meiner Verison hoch und ihr könnt Stellung dazu nehmen.

Eines dieser typischen türkischen Kolonyas. Der Ansatz ist hier ein ganz anderer als bei einem Kölnisch Wasser, wie man es von Farina oder Mülhens kennt. Hier gibt es keine Duftpyramide, sondern einfach nur viel Alkohol mit Zitrone - BÄMM! Das Zeug soll einfach nur erfrischen und desinfizieren. In der Türkei wird es Gästen zur Erfrischung gereicht und in Corona-Zeiten zur Händedesinfektion. Derartige Kolonyas werden teilweise in 5 l-Kanistern gehandelt. Also bitte keinesfalls die Raffinesse eines 4711 oder gar Farinas erwarten.

Anfang der 70er Jahre verreiste meine Familie entweder im Schnellzug, der von einer Baureihe 110 gezogen wurde, oder im Käfer 1302. Die Sommer waren heiß und Klimaanlagen existierten noch nicht, weder im Käfer noch in der 2. Klasse der Deutschen Bundesbahn. Geöffnete Fenster und feuchte Handtücher waren unsere Klimaanlagen. Und eben 4711. Bei uns meist in der Form von Erfrischungstüchern. Und das funktionierte! In Wahrheit war es wahrscheinlich nur der verdunstende Alkohol, der auf der Haut für eine kurzfristige Abkühlung sorgte, aber ist das wichtig? Ein Onkel benutzte es als Rasierwasser.

Mit Entsetzen lese ich heute, dass einige Leute dieses Duftwasser an Parfüms messen wollen. Auch der unsägliche Ausdruck "Omaduft" ist immer wieder zu finden. Liebe Leute, beschäftigt euch doch mal mit der Geschichte des Kölnisch Wasser! Tatsächlich war Kölnisch Wasser zu seiner absoluten Blütezeit der dominierende Herrenduft, der von Ludwig XV., Napoleon, Mozart, Voltaire und Goethe benutzt wurde.

Den Duft zu beschreiben, wäre wie Eulen nach Athen zu tragen. Nö, sehe ich nicht ein! Wer so ignorant ist, 4711 nicht zu kennen, hat hier eigentlich nichts verloren - sorry für die deutlichen Worte. Sicher muss man nicht jeden Duft kennen und sicher muss man 4711 nicht mögen - nur respektieren als eines der ältesten "Parfüms" der Welt sollte man es. Der türkische Ableger Kolonya tat in Corona-Zeiten sogar als Desinfektionsmittel Dienst. Also etwas mehr Respekt, bitte!

Okay, beim ersten Mal hat er mir gar nicht gefallen. Die Kopfnote war mir einfach zu süßlich-mainstreamig. Tausendundeinmal gerochen bei Sculpture und Co. Heute wollte ich dann das neue und viel gelobte Tabac Fire Power testen. Daneben stand Tabac Man. Jeder hat ja eine zweite Chance verdient, also los.

Jetzt merke ich, was mir beim ersten Mal entgangen ist: der Duft entwickelt sich, und wie! Da kommt eine krautige Erdigkeit durch, die ihresgleichen sucht. Und irgendein fieses, dreckiges Etwas à la Fahrenheit, was man nicht näher bestimmen kann. Hier dominiert es aber nicht den Duft (was Fahrenheit ja so kaputt macht), sondern schwingt im Hintergrund leicht mit. Und deshalb stört es auch nicht. Wirklich rund ist das ganze Gebilde natürlich nicht, sondern eher verwirrend. Aber gerade das macht diesen Duft so interessant, wenn man denn gewillt ist, sich mit ihm zu beschäftigen. Und eins kann man ihm, trotz seiner Kopfnote, nicht vorwerfen: nämlich dass er Mainstream wäre. Ob man diesen Burschen nun als Charakterkopf oder doch als Dickschädel sieht, bleibt letztendlich jedem selbst überlassen.

Die Duftpyramide klang für mich total aufregend: Anis, Pfeffer, Sandelholz und Lakritze - wow! Iceberg hat ja ein paar recht ordentliche Düfte im Sortiment und der Drogeriediscounter hat's im Angebot - also Blindkauf!

Die erste Überraschung beim Flakon: Ich zerre voller Vorfreude und in Erwartungshaltung an der silbernen Kappe wie ein Depperter bis ich endlich merke, dass das gar keine Kappe ist, sondern dass da der Sprühknopf direkt eingearbeitet ist und dass es auf der anderen Seite eine kleine Sprühöffnung gibt. Okay, meine Dusseligkeit und Punkt für den Flakon.

Der Duft selber - tja, machen wir es kurz: ich kann von den ganzen, tollen Komponenten der Duftpyramide so gut wie nichts wahrnehmen. Für mich ein ganz typischer aquatisch-zitrisch frischer Duft von Schlage Mexx, S. Oliver,
Esprit usw. wie man ihn in jedem Supermarkt bekommt. Mit "solide aber unspektakulär" ist dieser Duft ausreichend und wohlwollend bewertet. Die Pfeffernote sticht noch am deutlichsten hervor. Mit ganz viel Fantasie und weil ich gelesen habe, dass sie drin sein soll: Lakritze in homöopathischer Dosierung - eventuell. Mit viel Einbildung. Nein, beschwören werde ich es nicht. Und auch für die übrigen Noten würde ich hier nicht die Hand ins Feuer legen.

Irgendwie verschwimmt alles zu einer synthetischen Mischung, so dass man die einzelnen Duftnoten olfaktorisch kaum separieren kann. Zwar als Gesamtwerk okay und man kann sich damit durchaus riechen lassen, aber zu entdecken gibt es hier gar nichts. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich mir hier doch deutlich mehr erhofft. Nicht , dass der Duft wirklich schlecht wäre, aber ich würde einfach gerne mehr Duftnoten aus der Pyramide wahrnehmen können - auch ohne Fantasie und EInbildung.