23.05.2020 - 11:49 Uhr
FvSpee
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FvSpee
Top Rezension
31
Colonia statt Corona, No. 13: Bei Kontakt mit Schleimhäuten sofort Arzt konsultieren.
Fest wie ein Eisberg war ich dazu entschlossen, diesen Duft zu mögen, schon alleine weil er so ein Underdog-Dasein in der 4711-Galaxie führt, vom Duftuniversum insgesamt gar nicht zu reden. Acht Besitzer, ein Kommentar. Dazu das trashige Aussehen. Und dass sich sogar 4711 anscheinend schämt, den Duft zu verkaufen.
Denn ich hatte ihn zuerst bewusst im Januar 2020 in der High-End-Parfümerie-Abteilung eines Bangkoker Nobelkaufhauses gesehen, wo er, inmitten der Tische mit französischen und italienischen Nischenparfüms, von leicht blasierten und natürlich sehr schönen Verkäuferinnen an einem eigenen 4711-Stand präsentiert wurde. An diesem gab es übrigens außer "Ice" nur das in Asien verehrte klassische 4711-Regular (das dort entweder keinen Oma-Status hat, oder das ist wegen der alten Menschen in Asien entgegengebrachten Verehrung gerade das Kultige), und nicht etwa irgendwelchen Acqua-Colonia-, Remix- und Nouveau-Schmonzes.
Nach Deutschland zurückgekehrt, versuchte ich, ihn über den 4711-Online-Shop zu bestellen, aber siehe da, Fehlanzeige. Wird "Ice" nur fürs Ausland produziert? Soukseidank bin ich dennoch auch von hier aus an eine Abfüllung gekommen, Reisen nach Thailand sind ja derzeit ohnhein nur schwer möglich.
Der erste Test war ein Schock. Frisch geduscht und daher mit reduziertem Säureschutzmantel auf der Haut dieselte ich mich fröhlich mit "Ice" ein, nicht gesplasht zwar, aber wacker gesprayt, und kam mir binnen Sekunden vor wie das Tiefkühlschnitzel in der Toppits-Werbung aus den frühen 90-ern. Die Mitgrufties erinnern sich: "Gääääfrieeeerbraaaand!". Das Zeug enthält nämlich offenbar Mentholöl, Eukalyptus oder JHP-Rödler in einer solchen Konzentration, das man Erfrierungen mindestens zweiten Grades fürchten muss. Vielleicht haben sie auch Pfeffer, Säure oder ein Universal-Allergen reingetan, denn ab einer gewissen Wucht kann die Haut zwischen Kälte- und Hitzereizung sowieso nicht mehr unterscheiden.
Damit wäre auch erklärt, warum die Thais damit offenbar so gut klarkommen, denn nach dem Duschen oder Baden, wenn unsereins sich eincremt, benutzen die gerne so eine Art Babypuder, um sich damit einzustäuben, allerdings würde ich diese Art von Puder eher nicht für Babys empfehlen, da es (wohl aufgrund Menthols) ebenfalls eine derart brutal kühlende Wirkung erzielt, dass die bestimmt nicht ganz ohne Nebenwirkungen möglich ist. Zu empfehlen ist das Zeug bei großer Hitze durchaus, probiert am besten die Marke: "Snake Brand Prickly Heat", gibt es als "Classic" oder, gefällt mir noch besser: "Lavender".
Aber zurück zu "Ice". Die geruchliche Seite hat mit dem Traditions-4711 nichts zu tun, auch nicht, wie hier behauptet wurde, in der Kopfnote. Die recht hübsche Bergamottenschwalbe zu Beginn macht noch lange keinen Oma-Sommer. Sehr schnell drängt sich dann auch olfaktorisch die sehr spezielle Eisnote in den Vordergrund, bei der man weniger an die ja auch durch eine gewisse Süße geprägten Eisbonbons denken muss als an die garantiert zuckerfreien, scharf-medizinischen "Wick Blau", die Serafina in ihrem Statement ganz zu recht assoziiert.
Die vertikale Linie "Veilchen, Pfirsisch, Moschus", die in der Duftpyramide irgendein sanftes Gegengewicht erwarten lässt, spüre ich nicht. Zu keinem Zeitpunkt. Diese Kuschelzutaten dienen möglicherweise dazu, dass dieses Eis nicht so nullkelvinmäßig kalt wird, dass der Flakon gefriert und zerspringt. Denn während man wartet auf Weiches wie weiland Godot, fragt man sich dann auch schon, woher diese unbestimmt graue, trockene, harte Note kommt. Sie leitet schon nach wenigen Minuten zur dritten Etappe der Duftentwicklung ein, die ich als knotenstockmäßig hartholzig und beißend streng empfinde. Vor dem Blick auf die Duftpyramide dachte ich an irgendein unfreundliches Vetiver (gegen das ich oft Abstoßungsreaktionen habe). Liest man in der Basis "Zeder", weiß man dann, woher der bleistiftgesättigte Wind weht.
Duftnah hält die Haut sich, wollte ich schreiben, etwa anderthalb bis zwei Stunden; die Kühlwirkung ist die ersten dreiig Minuten massiv, danach noch immer gut spürbar.
Ein zweiter Test (geringer dosiert und auf leicht verschwitzter, nicht durchs Duschen empfindlich gemachter Haut) führt zu einem weniger schockartigen Kälteerleben, sanfteren Übergängen und generell einer gesitteteren Duftentfaltung, einschließlich der Wahrnehmung einer sehr krautig-holzigen Lavendelnote. Sonst ändert sich aber nichts.
Zwar ist meine Ursympathie für dieses "Ice" nicht ganz erfroren, aber zum Tragen ist das für mich jedenfalls momentan nichts. Sollte die Abfüllung bis dahin noch nicht weitergewandert sein, werde ich sie bei 40 Grad noch einmal probieren. Zum empfehlen ist der Duft auf jeden Fall für Thailänder fern der Heimat, als Werbegeschenk der Firma Faber-Castell sowie für Sportärzte auf dem Fußballplatz.
Floyd und Stanze, das waren stilistische Hommagen an euch, keine Plagiate!
Denn ich hatte ihn zuerst bewusst im Januar 2020 in der High-End-Parfümerie-Abteilung eines Bangkoker Nobelkaufhauses gesehen, wo er, inmitten der Tische mit französischen und italienischen Nischenparfüms, von leicht blasierten und natürlich sehr schönen Verkäuferinnen an einem eigenen 4711-Stand präsentiert wurde. An diesem gab es übrigens außer "Ice" nur das in Asien verehrte klassische 4711-Regular (das dort entweder keinen Oma-Status hat, oder das ist wegen der alten Menschen in Asien entgegengebrachten Verehrung gerade das Kultige), und nicht etwa irgendwelchen Acqua-Colonia-, Remix- und Nouveau-Schmonzes.
Nach Deutschland zurückgekehrt, versuchte ich, ihn über den 4711-Online-Shop zu bestellen, aber siehe da, Fehlanzeige. Wird "Ice" nur fürs Ausland produziert? Soukseidank bin ich dennoch auch von hier aus an eine Abfüllung gekommen, Reisen nach Thailand sind ja derzeit ohnhein nur schwer möglich.
Der erste Test war ein Schock. Frisch geduscht und daher mit reduziertem Säureschutzmantel auf der Haut dieselte ich mich fröhlich mit "Ice" ein, nicht gesplasht zwar, aber wacker gesprayt, und kam mir binnen Sekunden vor wie das Tiefkühlschnitzel in der Toppits-Werbung aus den frühen 90-ern. Die Mitgrufties erinnern sich: "Gääääfrieeeerbraaaand!". Das Zeug enthält nämlich offenbar Mentholöl, Eukalyptus oder JHP-Rödler in einer solchen Konzentration, das man Erfrierungen mindestens zweiten Grades fürchten muss. Vielleicht haben sie auch Pfeffer, Säure oder ein Universal-Allergen reingetan, denn ab einer gewissen Wucht kann die Haut zwischen Kälte- und Hitzereizung sowieso nicht mehr unterscheiden.
Damit wäre auch erklärt, warum die Thais damit offenbar so gut klarkommen, denn nach dem Duschen oder Baden, wenn unsereins sich eincremt, benutzen die gerne so eine Art Babypuder, um sich damit einzustäuben, allerdings würde ich diese Art von Puder eher nicht für Babys empfehlen, da es (wohl aufgrund Menthols) ebenfalls eine derart brutal kühlende Wirkung erzielt, dass die bestimmt nicht ganz ohne Nebenwirkungen möglich ist. Zu empfehlen ist das Zeug bei großer Hitze durchaus, probiert am besten die Marke: "Snake Brand Prickly Heat", gibt es als "Classic" oder, gefällt mir noch besser: "Lavender".
Aber zurück zu "Ice". Die geruchliche Seite hat mit dem Traditions-4711 nichts zu tun, auch nicht, wie hier behauptet wurde, in der Kopfnote. Die recht hübsche Bergamottenschwalbe zu Beginn macht noch lange keinen Oma-Sommer. Sehr schnell drängt sich dann auch olfaktorisch die sehr spezielle Eisnote in den Vordergrund, bei der man weniger an die ja auch durch eine gewisse Süße geprägten Eisbonbons denken muss als an die garantiert zuckerfreien, scharf-medizinischen "Wick Blau", die Serafina in ihrem Statement ganz zu recht assoziiert.
Die vertikale Linie "Veilchen, Pfirsisch, Moschus", die in der Duftpyramide irgendein sanftes Gegengewicht erwarten lässt, spüre ich nicht. Zu keinem Zeitpunkt. Diese Kuschelzutaten dienen möglicherweise dazu, dass dieses Eis nicht so nullkelvinmäßig kalt wird, dass der Flakon gefriert und zerspringt. Denn während man wartet auf Weiches wie weiland Godot, fragt man sich dann auch schon, woher diese unbestimmt graue, trockene, harte Note kommt. Sie leitet schon nach wenigen Minuten zur dritten Etappe der Duftentwicklung ein, die ich als knotenstockmäßig hartholzig und beißend streng empfinde. Vor dem Blick auf die Duftpyramide dachte ich an irgendein unfreundliches Vetiver (gegen das ich oft Abstoßungsreaktionen habe). Liest man in der Basis "Zeder", weiß man dann, woher der bleistiftgesättigte Wind weht.
Duftnah hält die Haut sich, wollte ich schreiben, etwa anderthalb bis zwei Stunden; die Kühlwirkung ist die ersten dreiig Minuten massiv, danach noch immer gut spürbar.
Ein zweiter Test (geringer dosiert und auf leicht verschwitzter, nicht durchs Duschen empfindlich gemachter Haut) führt zu einem weniger schockartigen Kälteerleben, sanfteren Übergängen und generell einer gesitteteren Duftentfaltung, einschließlich der Wahrnehmung einer sehr krautig-holzigen Lavendelnote. Sonst ändert sich aber nichts.
Zwar ist meine Ursympathie für dieses "Ice" nicht ganz erfroren, aber zum Tragen ist das für mich jedenfalls momentan nichts. Sollte die Abfüllung bis dahin noch nicht weitergewandert sein, werde ich sie bei 40 Grad noch einmal probieren. Zum empfehlen ist der Duft auf jeden Fall für Thailänder fern der Heimat, als Werbegeschenk der Firma Faber-Castell sowie für Sportärzte auf dem Fußballplatz.
Floyd und Stanze, das waren stilistische Hommagen an euch, keine Plagiate!
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