31.01.2015 - 08:21 Uhr
Gaukeleya
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Gaukeleya
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28
Goldmarie und Pechmarie
Carbone de Balmain, so kommt es mir vor, scheint hier so eine Art gehypter Geheimtipp zu sein. Ich habe ihn für eine längere Zeit unbeachtet gelassen, da er als Duftzwilling zu "Autoportrait" angegeben wird, ein Duft, mit dem ich so meine Probleme habe.
Vor einiger Zeit testete ich diesen, angestachelt durch interessante Kommentare, und war ernüchtert danach. Zu sperrig, zu herb, zu ölig, zu harzig, und vor allem im Abgang sehr bitter-rasierwasserhaft und maskulin an mir.
Doch mag ich einfach nicht der Typ für Autoportrait sein, erkannte ich dann in einem Anflug von Weitsicht, nachdem ich ihn an einer anderen Frau wahrnahm, die einen sehr speziellen Typus verkörpert, und die mit Autoportrait eine faszinierende Einheit einging. Ich bedauerte zutiefst, dass das Besondere in der Ausstrahlung dieses Duftes an mir seine Wirkung scheinbar nicht entfalten kann.
Zurück zu Carbone. Unlängst kam eine Probe ins Haus, ich hatte mich mittlerweile durch die Kommentare und Antworten gelesen und war gespannt, inwieweit sich Carbone und Autoportrait in meiner Wahrnehmung wirklich ähneln - oder ob sich vielleicht mein eigener Dufthorizont mittlerweile erweitert hat (immerhin bin ich ja sogar auch ein wenig auf die lang verpönte Vetiver-Spur gelangt) und ich mich jenseits von freundlichen Samtdüften auch mit etwas Kantigerem anfreunden kann. An *mir*, wohlbemerkt.
Carbone eröffnet mit kräftig-frisch-pfeffriger Zitrusnote. Und ja, auch ich rieche sehr deutlich die bekannte Bleistiftnote, und zwar auch recht stark. Das gefällt mir. Leicht bitter, dazu herb-spritzig und belebend, eine gewisse Leichtigkeit und fast so etwas wie tänzelnde Frische bemerke ich, die ich bei Autoportrait nicht so wahrnehmen kann.
Zitrus zieht sich alsbald zurück, es bleibt eine trockene, kräftige Pfeffernote, die ich (als ohnehin Pfefferliebhaberin) sehr angenehm finde.
Recht unerwartet ist für mich nun das Süssliche, welches sich leise, aber unverkennbar heranschleicht. Die Feige ist getrocknet und dick, nein, es sind *viele* Feigen, süss, dunkel, leicht bitter, so richtig klassisches Trockenobst. Rauch verbleibt an mir untergeordnet interessanterweise, hier hätte ich mehr Dominanz erwartet, aber der Anteil reicht aus, um Carbone in diesem Stadium nicht zu trockenobstgourmandig werden zu lassen.
Nachdem der Grossteil der Feigen verspeist ist, entströmt meiner Haut ein warmer, samtiger, sanft (!) harziger Duft, der sich gleichzeitig vertieft und erweitert, er rundet sich ab, wird weich mit Kante, und hier nun sehe ich sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen Carbone und Autoportait:
Wo Autoportrait mir aggressiv und laut und vorschnell erscheint, wirkt Carbone durchdachter, harmonischer, runder, geduldiger komponiert und sich entwickelnd. AP ist trotz seiner stärkeren, etwas schweren Öligkeit harscher und schärfer, weniger süss, der Verlauf gallopiert, um schliesslich nach dem furiosen Auftakt stark nachzulassen und nach relativ kurzer Zeit zu einer schwachen, bitteren Rasierwassernote zu verkommen.
Carbone lässt sich Zeit. Er lässt seinen Bestandteilen Zeit, sich harmonisch einzufügen und ihren Platz, ihre Entfaltung zu finden. Und dennoch ähneln die beiden sich unverkennbar in ihrem Grundmuster.
Dabei wird Carbone niemals langweilig oder lässt "hab-ich-schon-xmal-ähnlich-gerochen"-Feelings aufkommen. Er ist schon etwas speziell, aber durch seine für mich feinere Komposition auch für mich tragbar, ja, womöglich *passt* er sogar zu mir, was ich mir nur wünschen würde.
Selbst die gewisse Rasierwassernote, die auch Carbone nicht erspart bleibt im Abgang, ist wesentlich gefälliger, freundlicher, weicher, obschon herb und harzig.
Ich empfinde die Sillage als etwas schwächer als bei AP, aber konstanter, die Haltbarkeit ist erfreulicherweise der von AP jedoch deutlich überlegen.
Und so konstatiere ich: für mich sind die beiden wie Goldmarie und Pechmarie, die zwei Fast-Schwestern, von denen die eine dank ihres geduldigen, mitfühlenden Wesens am Ende mit Gold belohnt wird, und die andere, deren Raffgier sie in denselben Situationen, die auch Goldmarie durchschritt, zu Ungeduld, mangelnder Empathie und Faulheit führt - am Ende mit Pech übergossen wird.
Danke an den Spender des nun wohlgehüteten Carbonetröpfchens!
Vor einiger Zeit testete ich diesen, angestachelt durch interessante Kommentare, und war ernüchtert danach. Zu sperrig, zu herb, zu ölig, zu harzig, und vor allem im Abgang sehr bitter-rasierwasserhaft und maskulin an mir.
Doch mag ich einfach nicht der Typ für Autoportrait sein, erkannte ich dann in einem Anflug von Weitsicht, nachdem ich ihn an einer anderen Frau wahrnahm, die einen sehr speziellen Typus verkörpert, und die mit Autoportrait eine faszinierende Einheit einging. Ich bedauerte zutiefst, dass das Besondere in der Ausstrahlung dieses Duftes an mir seine Wirkung scheinbar nicht entfalten kann.
Zurück zu Carbone. Unlängst kam eine Probe ins Haus, ich hatte mich mittlerweile durch die Kommentare und Antworten gelesen und war gespannt, inwieweit sich Carbone und Autoportrait in meiner Wahrnehmung wirklich ähneln - oder ob sich vielleicht mein eigener Dufthorizont mittlerweile erweitert hat (immerhin bin ich ja sogar auch ein wenig auf die lang verpönte Vetiver-Spur gelangt) und ich mich jenseits von freundlichen Samtdüften auch mit etwas Kantigerem anfreunden kann. An *mir*, wohlbemerkt.
Carbone eröffnet mit kräftig-frisch-pfeffriger Zitrusnote. Und ja, auch ich rieche sehr deutlich die bekannte Bleistiftnote, und zwar auch recht stark. Das gefällt mir. Leicht bitter, dazu herb-spritzig und belebend, eine gewisse Leichtigkeit und fast so etwas wie tänzelnde Frische bemerke ich, die ich bei Autoportrait nicht so wahrnehmen kann.
Zitrus zieht sich alsbald zurück, es bleibt eine trockene, kräftige Pfeffernote, die ich (als ohnehin Pfefferliebhaberin) sehr angenehm finde.
Recht unerwartet ist für mich nun das Süssliche, welches sich leise, aber unverkennbar heranschleicht. Die Feige ist getrocknet und dick, nein, es sind *viele* Feigen, süss, dunkel, leicht bitter, so richtig klassisches Trockenobst. Rauch verbleibt an mir untergeordnet interessanterweise, hier hätte ich mehr Dominanz erwartet, aber der Anteil reicht aus, um Carbone in diesem Stadium nicht zu trockenobstgourmandig werden zu lassen.
Nachdem der Grossteil der Feigen verspeist ist, entströmt meiner Haut ein warmer, samtiger, sanft (!) harziger Duft, der sich gleichzeitig vertieft und erweitert, er rundet sich ab, wird weich mit Kante, und hier nun sehe ich sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen Carbone und Autoportait:
Wo Autoportrait mir aggressiv und laut und vorschnell erscheint, wirkt Carbone durchdachter, harmonischer, runder, geduldiger komponiert und sich entwickelnd. AP ist trotz seiner stärkeren, etwas schweren Öligkeit harscher und schärfer, weniger süss, der Verlauf gallopiert, um schliesslich nach dem furiosen Auftakt stark nachzulassen und nach relativ kurzer Zeit zu einer schwachen, bitteren Rasierwassernote zu verkommen.
Carbone lässt sich Zeit. Er lässt seinen Bestandteilen Zeit, sich harmonisch einzufügen und ihren Platz, ihre Entfaltung zu finden. Und dennoch ähneln die beiden sich unverkennbar in ihrem Grundmuster.
Dabei wird Carbone niemals langweilig oder lässt "hab-ich-schon-xmal-ähnlich-gerochen"-Feelings aufkommen. Er ist schon etwas speziell, aber durch seine für mich feinere Komposition auch für mich tragbar, ja, womöglich *passt* er sogar zu mir, was ich mir nur wünschen würde.
Selbst die gewisse Rasierwassernote, die auch Carbone nicht erspart bleibt im Abgang, ist wesentlich gefälliger, freundlicher, weicher, obschon herb und harzig.
Ich empfinde die Sillage als etwas schwächer als bei AP, aber konstanter, die Haltbarkeit ist erfreulicherweise der von AP jedoch deutlich überlegen.
Und so konstatiere ich: für mich sind die beiden wie Goldmarie und Pechmarie, die zwei Fast-Schwestern, von denen die eine dank ihres geduldigen, mitfühlenden Wesens am Ende mit Gold belohnt wird, und die andere, deren Raffgier sie in denselben Situationen, die auch Goldmarie durchschritt, zu Ungeduld, mangelnder Empathie und Faulheit führt - am Ende mit Pech übergossen wird.
Danke an den Spender des nun wohlgehüteten Carbonetröpfchens!
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