30.10.2011 - 12:05 Uhr
Profumo
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Profumo
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34
Der schönste seiner Art
Vorab: ich hätte nicht erwartet, dass mir dieser Duft gefallen würde, aber er tut es – und wie!
Denn ein großer Freund süßlicher Gourmand-Düfte bin ich wahrlich nicht, rieche weder gerne nach Kakao, bzw. nach Schokolade, ebenso wenig nach Kaffee oder frisch gebackenem Kuchen. Ich mag das nicht, finde es an anderen aber nicht unbedingt störend - sofern sie nicht duften wie die gesamte Süßwaren-Abteilung eines Kaufhauses...
Dass manche aber durchaus so riechen, haben wir Thierry Mugler und seinem genialen ‚Angel’ zu verdanken. Es gab ja Zeiten, da fühlte man sich an den Wühltischen einer skandinavischen Textilkette eher an besagte Süßwaren-Abteilung, oder einen Weihnachtsmarkt nebst Zuckerwatte, gebrannten Mandeln und Schoko-Obst erinnert...
Aber gut, so ist das eben mit den Moden – verheerten in den 80er Jahren ‚Poison’ und ‚Kouros’ ganze Landstriche, taten es in den 90ern ‚Cool Water’, ‚Le Mâle’ und eben ‚Angel’.
Doch wie gesagt: so sehr wir auch die Nase gestrichen voll von all dem Süßpapp hatten, eine geniale Idee steckte dahinter (wie zumeist hinter allen Megasellern), und in diesem Falle war es die Kombination von Patchouli und Schokolade, bzw. Kakao.
Dass andere bald auf diesen Zug aufspringen würden, war absehbar, doch es vergingen Jahre, bis dieses Thema unter den Händen wirklicher Könner zu vollster Blüte gedieh: 2005 kam Serge Lutens, ‚Bornéo 1834’ (Christopher Sheldrake), 2007 Chanels ‚Coromandel’ (Jacques Polge) und 2010 Cartiers ‚L’Heure Défendue’ (Mathilde Laurent).
War ‚Bornéo 1834’ noch ein schweres, dunkles Elixier mit mächtigem, erdverbundenem Fundament (dabei beileibe nicht so ausladend üppig wie so manche Lutens-Kreation...), ist ‚Coromandel’ dessen ästhetisierte, verfeinerte und luftige Variante. Gewissermaßen das Soufflé von ‚Bornéo 1834’.
‚L’Heure Défendue’ dagegen vermittelt den Eindruck, als sei der legendäre Jacques Guerlain wieder auferstanden und habe einmal mehr bewiesen, was aus einer genialen Idee werden kann, wenn ein wirklich genialer Parfumeur sich ihrer annimmt (selbst wenn die ursprünglich Idee nicht zwingend von ihm selbst sein muss - siehe Chypre/Mitsouko oder Emeraude/Shalimar).
Ja, dieser Duft ist so durch und durch Guerlain, dabei dennoch unverkennbar Mathilde Laurent, dass man sich vermutlich im Hause Guerlain in sämtliche vorhandenen Hintern beißen möchte, weil man diese, mit den Raffinessen des Hauses so vertraute Parfumeurin hat ziehen lassen. Nun aber zeigt sie unter neuer Flagge, dass sie nicht nur Jean-Paul Guerlains beste, sondern auch gelehrigste Schülerin war (immerhin war sie 11 Jahre seine Assistentin!).
Und tatsächlich steckt in ‚L’Heure Défendue’ mehr Guerlain als in den letzten Kreationen des Hauses zusammen (‚Arsène Lupin Dandy’ einmal ausgenommen).
Das gilt zwar auch für die anderen ‚Heure’-Düfte, aber für diesen hier ganz besonders, was vor allem daran liegt, dass die großartige Idee knarziges, holziges Patchouli mit erdigem und warmem Kakao zu kombinieren hier in einem Umfeld schönster ‚Guerlinade’ verwirklicht wird. Jene ‚Guerlinade’, die schon immer dafür berühmt war eine undechiffrierbare Melange herb-würziger, und nur leicht süßer Noten, mit feinsten animalischen Nuancen zu sein; sie bildet sozusagen das Firmament, an welchem die beiden Fixsterne, denkbar dunkelste Schokolade und feinstes indonesisches Patchouli, besonders hell und eindrücklich leuchten.
Doch noch andere Noten räkeln sich auf diesem Guerlinade-Bett: dezentes, gut eingebundenes Leder, aber auch polierte Hölzer, sowie die für einen Orientalen so üblichen Verdächtigen: Vanille, Moschus und süß-harziges Amber. Doch auch sie sind so perfekt proportioniert, bruchlos verwebt und bestens kalibriert, dass man über so viel Können nur noch staunen kann .
Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass der Duft eine gute, aber zum Glück nicht allzu offensive Abstrahlung/Sillage besitzt, und darüber hinaus exzellente Haltbarkeit – Mathilde Laurent eben.
So ist – summa summarum – ‚L’Heure Défendue’ für mich zwar nicht der originellste, aber ohne Zweifel der schönste Duft seiner Art. Trotz ‚Bornéo 1834’ und trotz ‚Coromandel’, die beide gleichermaßen wunderbar sind, aber von ‚L’Heure Défendue’ noch übertroffen werden.
PS: Über den Preis möchte ich gar nicht mehr lamentieren – er ist und bleibt schlicht eine Unverschämtheit.
Denn ein großer Freund süßlicher Gourmand-Düfte bin ich wahrlich nicht, rieche weder gerne nach Kakao, bzw. nach Schokolade, ebenso wenig nach Kaffee oder frisch gebackenem Kuchen. Ich mag das nicht, finde es an anderen aber nicht unbedingt störend - sofern sie nicht duften wie die gesamte Süßwaren-Abteilung eines Kaufhauses...
Dass manche aber durchaus so riechen, haben wir Thierry Mugler und seinem genialen ‚Angel’ zu verdanken. Es gab ja Zeiten, da fühlte man sich an den Wühltischen einer skandinavischen Textilkette eher an besagte Süßwaren-Abteilung, oder einen Weihnachtsmarkt nebst Zuckerwatte, gebrannten Mandeln und Schoko-Obst erinnert...
Aber gut, so ist das eben mit den Moden – verheerten in den 80er Jahren ‚Poison’ und ‚Kouros’ ganze Landstriche, taten es in den 90ern ‚Cool Water’, ‚Le Mâle’ und eben ‚Angel’.
Doch wie gesagt: so sehr wir auch die Nase gestrichen voll von all dem Süßpapp hatten, eine geniale Idee steckte dahinter (wie zumeist hinter allen Megasellern), und in diesem Falle war es die Kombination von Patchouli und Schokolade, bzw. Kakao.
Dass andere bald auf diesen Zug aufspringen würden, war absehbar, doch es vergingen Jahre, bis dieses Thema unter den Händen wirklicher Könner zu vollster Blüte gedieh: 2005 kam Serge Lutens, ‚Bornéo 1834’ (Christopher Sheldrake), 2007 Chanels ‚Coromandel’ (Jacques Polge) und 2010 Cartiers ‚L’Heure Défendue’ (Mathilde Laurent).
War ‚Bornéo 1834’ noch ein schweres, dunkles Elixier mit mächtigem, erdverbundenem Fundament (dabei beileibe nicht so ausladend üppig wie so manche Lutens-Kreation...), ist ‚Coromandel’ dessen ästhetisierte, verfeinerte und luftige Variante. Gewissermaßen das Soufflé von ‚Bornéo 1834’.
‚L’Heure Défendue’ dagegen vermittelt den Eindruck, als sei der legendäre Jacques Guerlain wieder auferstanden und habe einmal mehr bewiesen, was aus einer genialen Idee werden kann, wenn ein wirklich genialer Parfumeur sich ihrer annimmt (selbst wenn die ursprünglich Idee nicht zwingend von ihm selbst sein muss - siehe Chypre/Mitsouko oder Emeraude/Shalimar).
Ja, dieser Duft ist so durch und durch Guerlain, dabei dennoch unverkennbar Mathilde Laurent, dass man sich vermutlich im Hause Guerlain in sämtliche vorhandenen Hintern beißen möchte, weil man diese, mit den Raffinessen des Hauses so vertraute Parfumeurin hat ziehen lassen. Nun aber zeigt sie unter neuer Flagge, dass sie nicht nur Jean-Paul Guerlains beste, sondern auch gelehrigste Schülerin war (immerhin war sie 11 Jahre seine Assistentin!).
Und tatsächlich steckt in ‚L’Heure Défendue’ mehr Guerlain als in den letzten Kreationen des Hauses zusammen (‚Arsène Lupin Dandy’ einmal ausgenommen).
Das gilt zwar auch für die anderen ‚Heure’-Düfte, aber für diesen hier ganz besonders, was vor allem daran liegt, dass die großartige Idee knarziges, holziges Patchouli mit erdigem und warmem Kakao zu kombinieren hier in einem Umfeld schönster ‚Guerlinade’ verwirklicht wird. Jene ‚Guerlinade’, die schon immer dafür berühmt war eine undechiffrierbare Melange herb-würziger, und nur leicht süßer Noten, mit feinsten animalischen Nuancen zu sein; sie bildet sozusagen das Firmament, an welchem die beiden Fixsterne, denkbar dunkelste Schokolade und feinstes indonesisches Patchouli, besonders hell und eindrücklich leuchten.
Doch noch andere Noten räkeln sich auf diesem Guerlinade-Bett: dezentes, gut eingebundenes Leder, aber auch polierte Hölzer, sowie die für einen Orientalen so üblichen Verdächtigen: Vanille, Moschus und süß-harziges Amber. Doch auch sie sind so perfekt proportioniert, bruchlos verwebt und bestens kalibriert, dass man über so viel Können nur noch staunen kann .
Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass der Duft eine gute, aber zum Glück nicht allzu offensive Abstrahlung/Sillage besitzt, und darüber hinaus exzellente Haltbarkeit – Mathilde Laurent eben.
So ist – summa summarum – ‚L’Heure Défendue’ für mich zwar nicht der originellste, aber ohne Zweifel der schönste Duft seiner Art. Trotz ‚Bornéo 1834’ und trotz ‚Coromandel’, die beide gleichermaßen wunderbar sind, aber von ‚L’Heure Défendue’ noch übertroffen werden.
PS: Über den Preis möchte ich gar nicht mehr lamentieren – er ist und bleibt schlicht eine Unverschämtheit.
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