03.10.2017 - 15:20 Uhr
loewenherz
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loewenherz
Top Rezension
60
Als ich Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz an die Brust gegriffen habe oder Das peinlichste Parfum der Welt
Stellt Euch vor: Frankfurt am Main, zu Beginn der 00er Jahre: ich war ein junger Springinsfeld und machte mein erstes Praktikum. Das Team, in dem ich arbeitete, war als solches noch ganz frisch, und um den richtigen Spirit reinzukriegen, schlug unser Boss ein sogenanntes 'Offsite' vor.
Solche Offsites bestehen meistens aus zwei Teilen. Der erste ist der, sagen wir mal: Arbeitsteil. Man sitzt in einem Stuhlkreis um einen Flipchart und diskutiert, wofür das Team denn stehen soll, wie man die Zusammenarbeit gerne haben möchte bzw. wo man sich selbst mit seinen (vermeintlichen) Stärken sieht. Meistens hat sich der Boss das Resultat vorher schon überlegt, und wenn das Team dann blöderweise zu einem anderen Ergebnis kommt, wird eben so lange weiter im Kreis gesessen, bis es passt. Der erste Teil ist fast immer eher wenig interessant.
Manchmal noch schlimmer ist der zweite Teil: das Teambuilding. Unkreative Bosse laden einfach zum Essen ein, aber häufig wird gemeinsam (!) noch etwas Lustiges unternommen, um den Teamgeist weiterzuentwickeln. Zusammen kochen ist die noch harmlosere Variante, Stand Up Paddling oder Paintball schon anspruchsvoller. Ein Klassiker unter den Offsite-Späßen ist der Hochseilgarten, also das gemeinsame Bezwingen eines im Wald zwischen Baumstämmen gespannten Parcours aus Drahtseilen, bei dessen Bewältigung man einander helfen MUSS.
Beim Offsite mit dabei war Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz (der Name ist leicht verfremdet, aber das habt Ihr euch sicher schon gedacht). Sie war eine Ehrfurcht gebietende Erscheinung um die fünfzig mit schimmernder Parfumwolke und Perlenhalsband - und im Hochseilgarten gleich hinter mir. Und dann - zehn Meter über dem feuchten Taunuswaldboden - kam sie ins Straucheln und fiel mir derart unglücklich entgegen, dass der Vollkontakt mit ihrer wogenden Weiblichkeit sich nicht vermeiden ließ. Alle hatten es gesehen, und alle taten so, als sei gar nichts passiert.
Dass Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz damals Must de Cartier trug, habe ich weder bemerkt, noch hat es mich besonders interessiert. Es war einfach zu peinlich alles - ich glaube, für sie mindestens genauso wie für mich. Jahre später erst habe ich Must de Cartier bewusst kennen- und schätzen gelernt. Und wiederum Jahre später erst habe ich erkannt, dass dies der Duft von Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz gewesen ist, als ich sie - in mittlerweile veränderter Rolle - wieder traf, und sie noch immer nach ihm duftete. Und mir sofort wieder alles ganz schrecklich peinlich war.
Must de Cartier kann nichts dafür, natürlich nicht. Und dass Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz ihn wählte (und noch immer trägt), zeugt von ihrem sicheren Geschmack. Er ist ein Klassiker der 80er - so wie korallfarbene Seidenblusen mit Schulterpolstern zu Bleistiftrock und Zobelstola: gewaltig und gewichtig, herb-hochherzig-harzig, blütenschwer und ganz große Dame durch und durch - ein hinreißend opulenter Orientale der ersten Stunde, bei dem man bzw. frau acht geben muss, dass sie ihn tragen kann - und nicht er sie. Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz konnte es und kann es.
Fazit: ein toller Duft - noch immer. Und jetzt werde ich schon wieder rot.
Solche Offsites bestehen meistens aus zwei Teilen. Der erste ist der, sagen wir mal: Arbeitsteil. Man sitzt in einem Stuhlkreis um einen Flipchart und diskutiert, wofür das Team denn stehen soll, wie man die Zusammenarbeit gerne haben möchte bzw. wo man sich selbst mit seinen (vermeintlichen) Stärken sieht. Meistens hat sich der Boss das Resultat vorher schon überlegt, und wenn das Team dann blöderweise zu einem anderen Ergebnis kommt, wird eben so lange weiter im Kreis gesessen, bis es passt. Der erste Teil ist fast immer eher wenig interessant.
Manchmal noch schlimmer ist der zweite Teil: das Teambuilding. Unkreative Bosse laden einfach zum Essen ein, aber häufig wird gemeinsam (!) noch etwas Lustiges unternommen, um den Teamgeist weiterzuentwickeln. Zusammen kochen ist die noch harmlosere Variante, Stand Up Paddling oder Paintball schon anspruchsvoller. Ein Klassiker unter den Offsite-Späßen ist der Hochseilgarten, also das gemeinsame Bezwingen eines im Wald zwischen Baumstämmen gespannten Parcours aus Drahtseilen, bei dessen Bewältigung man einander helfen MUSS.
Beim Offsite mit dabei war Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz (der Name ist leicht verfremdet, aber das habt Ihr euch sicher schon gedacht). Sie war eine Ehrfurcht gebietende Erscheinung um die fünfzig mit schimmernder Parfumwolke und Perlenhalsband - und im Hochseilgarten gleich hinter mir. Und dann - zehn Meter über dem feuchten Taunuswaldboden - kam sie ins Straucheln und fiel mir derart unglücklich entgegen, dass der Vollkontakt mit ihrer wogenden Weiblichkeit sich nicht vermeiden ließ. Alle hatten es gesehen, und alle taten so, als sei gar nichts passiert.
Dass Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz damals Must de Cartier trug, habe ich weder bemerkt, noch hat es mich besonders interessiert. Es war einfach zu peinlich alles - ich glaube, für sie mindestens genauso wie für mich. Jahre später erst habe ich Must de Cartier bewusst kennen- und schätzen gelernt. Und wiederum Jahre später erst habe ich erkannt, dass dies der Duft von Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz gewesen ist, als ich sie - in mittlerweile veränderter Rolle - wieder traf, und sie noch immer nach ihm duftete. Und mir sofort wieder alles ganz schrecklich peinlich war.
Must de Cartier kann nichts dafür, natürlich nicht. Und dass Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz ihn wählte (und noch immer trägt), zeugt von ihrem sicheren Geschmack. Er ist ein Klassiker der 80er - so wie korallfarbene Seidenblusen mit Schulterpolstern zu Bleistiftrock und Zobelstola: gewaltig und gewichtig, herb-hochherzig-harzig, blütenschwer und ganz große Dame durch und durch - ein hinreißend opulenter Orientale der ersten Stunde, bei dem man bzw. frau acht geben muss, dass sie ihn tragen kann - und nicht er sie. Frau Dr. Zitzewitz-Grützewutz konnte es und kann es.
Fazit: ein toller Duft - noch immer. Und jetzt werde ich schon wieder rot.
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