25.04.2023 - 17:39 Uhr
Marieposa
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Marieposa
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61
Mein Herz hat eine Sollbruchstelle
Mein Herz
hat eine Sollbruchstelle.
Sie ist schon immer dort gewesen,
ist meine Rettung in der Nacht.
Mein.
Herz.
Es wäre tausend Mal zerschellt.
Und als es glühte, weil du‘s an dich nahmst,
da liebte ich für zwei.
Denn das ist‘s, was ich kann.
Kein Stemmeisen hast du gebraucht,
und doch hielt ich‘s in Händen.
Mein.
Herz.
So leicht und pulsierend,
einem Vogel gleich.
Warm.
Und als sich deine Hände um meine schlossen,
und als ich deinen Blick nicht deuten konnte,
und als ich für einen Augenblick um Atem rang,
da dachte ich:
Drück zu!
Mein Herz
hat eine Sollbruchstelle.
Tausend Mal
Ist’s schon gebrochen.
Drum halte meine Hände
sanft
in deinen.
Und lerne
meine Narben lieben.
Denn mein Herz
hat eine Sollbruchstelle.
**
Es gibt drei Düfte, die mir besonders nah sind und die mir, jeder auf seine Weise, besonders entsprechen. 31 Rue Cambon ist einer davon, und zwar derjenige, mit dem ich den schwierigsten Start hatte. Aber vielleicht sollte ich von vorne anfangen:
31 Rue Cambon ist ein heller, sanfter Neo-Chypre von überwältigender Schönheit und Eleganz mit einer berauschenden Kopfnote aus gleißendem Pfeffer, eisigen Aldehyden und reifen, fast schon süßen Zitrusnoten, die sich über diese üppige, mal hell-pudrige, mal butterweiche, aber immer unvergleichliche Chanel-Iris legt, umkränzt von eher abstrakten Akzenten von weißen Rose, gold-gelbem Ylang-Ylang und Jasmin. Echos davon hallen bis in die Basis aus Patchouli und Zistrose nach, in der meiner Nase nach auch Labdanum mitspielt. Der Duft ist von Anfang bis Ende luftig und transparent, woraus sich ein reizvoller Kontrast zwischen zeitgenössischer Leichtigkeit und nostalgischen Sepiafarben ergibt.
Als ich 31 Rue Cambon zum ersten Mal gerochen habe, war ich so eingeschüchtert von der Perfektion des Duftes, dass ich dachte, ich würde ihn niemals tragen können. Solche Düfte sind für Frauen wie Greta Garbo, Ingrid Bergmann, Tippi Hedren oder Grace Kelly, aber nicht für mich. Für zeitlose Schönheiten von kühler Eleganz, und von denen hat keine ungebärdige Wuschellocken und bestimmt nicht ständig Blasen an den Füßen, Tintenflecken und Papierschnitte an den Fingern oder irgendwo einen Klacks Knetmasse pappen. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass Grace Kelly jemals der Apfelsaft in ihrer einzigen teuren Handtasche ausgelaufen ist oder Ingrid Bergmann einen halben Tag lang nicht bemerkt hat, dass da einen Streifen Blumenerde an ihrer Stirn klebt.
31 Rue Cambon schien mir ein so unerreichbares Ideal zu sein, sodass ich den Duft lange Zeit nur für mich und sozusagen heimlich getragen habe. Immer schwang der leise Verdacht mit, dass ich mit all meinen kleinen und größeren Fehlern dieser Art von Schönheit nicht gewachsen bin. Jetzt ist es allerdings auch so, dass mich nichts schlimmer langweilt als Perfektion, weshalb ich dachte, dass ich mich an 31 Rue Cambon schnell sattriechen würde. Aber genau das ist nie geschehen.
Bei näherer Betrachtung ist der Duft nämlich gar nicht so perfekt, wie es auf Distanz erscheinen mag. Die glatte Oberfläche wird von einem Geflecht aus Myriaden hauchzarten Rissen durchbrochen, durch die helles, freundliches Licht (Zitrus, Pfeffer, Aldehyde) auf eine verborgene dunklere Ebene (Patchouli, Labdanum?, Zistrose) fällt. Diese umschließt es wie Balsam (butterige Iris und helle, abstrakte Blüten) und lässt sie von innen heraus leuchten. Erst diese feinsinnige Balance aus Zerbrechlichkeit und Perfektion ist es, die den Duft so wertvoll und schön für mich macht. Erst durch zahllose kleine „Fehler“ und die Stärke in der Verletzlichkeit entsteht Erhabenheit. Nur so kann der Duft in sich ruhen und muss nicht auf Teufel komm raus taff, modern, ultra-originell, verführerisch oder sonst was sein. 31 Rue Cambon kann einfach nur SEIN und hat es nicht nötig, irgendetwas vorzugeben – und damit kann ich mich sehr viel besser identifizieren, als mit dem aussichtslosen Versuch, Grace Kelly zu imitieren. Oder um es mit John Steinbeck zu sagen: „Now that you don’t have to be perfect, you can be good.”
hat eine Sollbruchstelle.
Sie ist schon immer dort gewesen,
ist meine Rettung in der Nacht.
Mein.
Herz.
Es wäre tausend Mal zerschellt.
Und als es glühte, weil du‘s an dich nahmst,
da liebte ich für zwei.
Denn das ist‘s, was ich kann.
Kein Stemmeisen hast du gebraucht,
und doch hielt ich‘s in Händen.
Mein.
Herz.
So leicht und pulsierend,
einem Vogel gleich.
Warm.
Und als sich deine Hände um meine schlossen,
und als ich deinen Blick nicht deuten konnte,
und als ich für einen Augenblick um Atem rang,
da dachte ich:
Drück zu!
Mein Herz
hat eine Sollbruchstelle.
Tausend Mal
Ist’s schon gebrochen.
Drum halte meine Hände
sanft
in deinen.
Und lerne
meine Narben lieben.
Denn mein Herz
hat eine Sollbruchstelle.
**
Es gibt drei Düfte, die mir besonders nah sind und die mir, jeder auf seine Weise, besonders entsprechen. 31 Rue Cambon ist einer davon, und zwar derjenige, mit dem ich den schwierigsten Start hatte. Aber vielleicht sollte ich von vorne anfangen:
31 Rue Cambon ist ein heller, sanfter Neo-Chypre von überwältigender Schönheit und Eleganz mit einer berauschenden Kopfnote aus gleißendem Pfeffer, eisigen Aldehyden und reifen, fast schon süßen Zitrusnoten, die sich über diese üppige, mal hell-pudrige, mal butterweiche, aber immer unvergleichliche Chanel-Iris legt, umkränzt von eher abstrakten Akzenten von weißen Rose, gold-gelbem Ylang-Ylang und Jasmin. Echos davon hallen bis in die Basis aus Patchouli und Zistrose nach, in der meiner Nase nach auch Labdanum mitspielt. Der Duft ist von Anfang bis Ende luftig und transparent, woraus sich ein reizvoller Kontrast zwischen zeitgenössischer Leichtigkeit und nostalgischen Sepiafarben ergibt.
Als ich 31 Rue Cambon zum ersten Mal gerochen habe, war ich so eingeschüchtert von der Perfektion des Duftes, dass ich dachte, ich würde ihn niemals tragen können. Solche Düfte sind für Frauen wie Greta Garbo, Ingrid Bergmann, Tippi Hedren oder Grace Kelly, aber nicht für mich. Für zeitlose Schönheiten von kühler Eleganz, und von denen hat keine ungebärdige Wuschellocken und bestimmt nicht ständig Blasen an den Füßen, Tintenflecken und Papierschnitte an den Fingern oder irgendwo einen Klacks Knetmasse pappen. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass Grace Kelly jemals der Apfelsaft in ihrer einzigen teuren Handtasche ausgelaufen ist oder Ingrid Bergmann einen halben Tag lang nicht bemerkt hat, dass da einen Streifen Blumenerde an ihrer Stirn klebt.
31 Rue Cambon schien mir ein so unerreichbares Ideal zu sein, sodass ich den Duft lange Zeit nur für mich und sozusagen heimlich getragen habe. Immer schwang der leise Verdacht mit, dass ich mit all meinen kleinen und größeren Fehlern dieser Art von Schönheit nicht gewachsen bin. Jetzt ist es allerdings auch so, dass mich nichts schlimmer langweilt als Perfektion, weshalb ich dachte, dass ich mich an 31 Rue Cambon schnell sattriechen würde. Aber genau das ist nie geschehen.
Bei näherer Betrachtung ist der Duft nämlich gar nicht so perfekt, wie es auf Distanz erscheinen mag. Die glatte Oberfläche wird von einem Geflecht aus Myriaden hauchzarten Rissen durchbrochen, durch die helles, freundliches Licht (Zitrus, Pfeffer, Aldehyde) auf eine verborgene dunklere Ebene (Patchouli, Labdanum?, Zistrose) fällt. Diese umschließt es wie Balsam (butterige Iris und helle, abstrakte Blüten) und lässt sie von innen heraus leuchten. Erst diese feinsinnige Balance aus Zerbrechlichkeit und Perfektion ist es, die den Duft so wertvoll und schön für mich macht. Erst durch zahllose kleine „Fehler“ und die Stärke in der Verletzlichkeit entsteht Erhabenheit. Nur so kann der Duft in sich ruhen und muss nicht auf Teufel komm raus taff, modern, ultra-originell, verführerisch oder sonst was sein. 31 Rue Cambon kann einfach nur SEIN und hat es nicht nötig, irgendetwas vorzugeben – und damit kann ich mich sehr viel besser identifizieren, als mit dem aussichtslosen Versuch, Grace Kelly zu imitieren. Oder um es mit John Steinbeck zu sagen: „Now that you don’t have to be perfect, you can be good.”
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