10.08.2015 - 17:14 Uhr
Ergreifend
483 Rezensionen
Ergreifend
Top Rezension
48
Die Nacht hat viele Gesichter
Und da sitzt sie. Die kleine Ergreifend. Grad mal im Schulalter. Moppelig. Immer sitzt sie da, wenn sie zu Besuch ist. Auf der Fensterbank, umrundet von schönen Blumen und leiser Musik. Die Füße dabei immer am Baumeln, das Gesicht noch vollgeschmiert vom guten Kuchen. Vom Mund bis zu den Ohren pickte ihr das gute, süße Zeug im Gesicht.
Der Krieg hallt noch hinterher in der Heimat, die Leute sind noch erzürnt, verletzt, bedroht und überall verstreut. Viel war die kleine Ergreifend unterwegs. Auch zu Kriegszeiten, immer und überall war sie unterwegs , um ihre Verwandten zu besuchen und zu versorgen. Mit ihrem Papa, der Knize trug und dabei das ganze Auto mit diesem Geruch einnahm. Dabei lag immer eine Mehldecke drüber.
Doch in der kleinen Wohnung der immer dunkel gekleideten Tante, in Slowenien, ist es ruhig. Heimelig und vertraut. Als wäre nichts gewesen. Da ging es auch immer wieder hin, wenn sie einsam war und nach den Kindern der Geschwister Sehnsucht hatte. Denn die Tante hat keinen. Keine Kinder, keinen Ehemann. Sie ist schwer gezeichnet vom Leben.
War man bei ihr, so war man auch mit Poison konfrontiert. Das ist und bleibt einfach ihr Duft. Die ganze Wohnung ist dabei in Schichten von Gewürzen geteilt, tief versunken in einem nie endenden Schlaf der Dunkelheit, die so schwarz ist, so dass man nicht mal seinen eigenen Finger vor den Augen sieht. Sogar die Möbel rochen nach Poison. Möbel, die schon mehrere Jahre auf dem Buckel haben. Dazu noch die schöne Altbauwohnung. Meine Tante tiefdunkel gekleidet, mit einem kleinem Lächeln im Gesicht. Die Atmosphäre jagt mir immer eine Gänsehaut über den Buckel. Diese Tiefe und diese Liebe zu Dunklem habe ich definitiv von ihr.
____ *
Poison ist und bleibt jedem bekannt. Manche lieben ihn, manche hassen ihn und meiden ihn wie der Teufel das Kreuz. Ich habe kein Trauma davongetragen, habe auch noch heute keines erlitte, auch wenn Poison überall war und ist, wenn ich sie besuche.
Diese schwere Würze, die sich richtig satt in der Süße der Vanille eingefressen hat, umschachtelt von reifen Blumen, gekreuzt von zig anderen Komponenten, die mal ins Holzige, dann wiederrum ins Fruchtige abdriften und dabei immer von einem dichten Nebel aus dem Orient umgeben werden, haben mich nie irritiert. Nie hatte ich das Gefühl, dass sie oder die Wohnung zu überladen sind. Im Gegenteil. Der Duft hat regelrecht eine Faszination ausgelöst. Mehr als diesen Absatz gibt es von meiner Seite nichts mehr zu sagen, was den Duftverlauf anbelangt. Er kommt schnell in Fahrt, bildet diese Phase, die ich gerade kurz beschrieben habe, endet dabei nach einem Jahrhundert im Nichts. Langsam, ja schon fast schleichend geht ihm die Luft aus. Dem lieben alten Poison. Ich kann und werde ihn nicht sezieren. Dafür ist er einfach nicht gemacht.
Poison ist vielmehr ein Teil der Nacht. Ein Gesicht von vielen, die die Nacht an sich hat. Denn es gibt so vieles, was die Nacht einem bereit hält. Wie heißt es so schön? So manche schöne Dinge, passieren doch in der Nacht. Denn diese hatte schon seit Menschen denken können, faszinierendes und geheimnisvolles an sich. Auch hat sie einiges einfach verschluckt, versteckt und einfach so verschwinden lassen.
So ist Poison auch. Faszinierend und Geheimnisvoll in einem. Ein Duft, der für die raue Nacht geschaffen ist. Da er so prall und mächtig ist, dass er so manche Schatten der Umgebung vertreibt, wenn er seine Luft aus
den Lungen lässt.
Meine Tante ist und war ein Nachtmensch. Poison ist dabei vielmehr ein Wegbegleiter für sie. Es passt.
Wie die Faust aufs Auge.
Dies ist kein erfolgreicher und weitausgedehnter Kommentar. Nicht besonders hilfreich. Es ist nur eine Seite von Poison, die ich hier heranziehe. Persönlich und frei...
Der Krieg hallt noch hinterher in der Heimat, die Leute sind noch erzürnt, verletzt, bedroht und überall verstreut. Viel war die kleine Ergreifend unterwegs. Auch zu Kriegszeiten, immer und überall war sie unterwegs , um ihre Verwandten zu besuchen und zu versorgen. Mit ihrem Papa, der Knize trug und dabei das ganze Auto mit diesem Geruch einnahm. Dabei lag immer eine Mehldecke drüber.
Doch in der kleinen Wohnung der immer dunkel gekleideten Tante, in Slowenien, ist es ruhig. Heimelig und vertraut. Als wäre nichts gewesen. Da ging es auch immer wieder hin, wenn sie einsam war und nach den Kindern der Geschwister Sehnsucht hatte. Denn die Tante hat keinen. Keine Kinder, keinen Ehemann. Sie ist schwer gezeichnet vom Leben.
War man bei ihr, so war man auch mit Poison konfrontiert. Das ist und bleibt einfach ihr Duft. Die ganze Wohnung ist dabei in Schichten von Gewürzen geteilt, tief versunken in einem nie endenden Schlaf der Dunkelheit, die so schwarz ist, so dass man nicht mal seinen eigenen Finger vor den Augen sieht. Sogar die Möbel rochen nach Poison. Möbel, die schon mehrere Jahre auf dem Buckel haben. Dazu noch die schöne Altbauwohnung. Meine Tante tiefdunkel gekleidet, mit einem kleinem Lächeln im Gesicht. Die Atmosphäre jagt mir immer eine Gänsehaut über den Buckel. Diese Tiefe und diese Liebe zu Dunklem habe ich definitiv von ihr.
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Poison ist und bleibt jedem bekannt. Manche lieben ihn, manche hassen ihn und meiden ihn wie der Teufel das Kreuz. Ich habe kein Trauma davongetragen, habe auch noch heute keines erlitte, auch wenn Poison überall war und ist, wenn ich sie besuche.
Diese schwere Würze, die sich richtig satt in der Süße der Vanille eingefressen hat, umschachtelt von reifen Blumen, gekreuzt von zig anderen Komponenten, die mal ins Holzige, dann wiederrum ins Fruchtige abdriften und dabei immer von einem dichten Nebel aus dem Orient umgeben werden, haben mich nie irritiert. Nie hatte ich das Gefühl, dass sie oder die Wohnung zu überladen sind. Im Gegenteil. Der Duft hat regelrecht eine Faszination ausgelöst. Mehr als diesen Absatz gibt es von meiner Seite nichts mehr zu sagen, was den Duftverlauf anbelangt. Er kommt schnell in Fahrt, bildet diese Phase, die ich gerade kurz beschrieben habe, endet dabei nach einem Jahrhundert im Nichts. Langsam, ja schon fast schleichend geht ihm die Luft aus. Dem lieben alten Poison. Ich kann und werde ihn nicht sezieren. Dafür ist er einfach nicht gemacht.
Poison ist vielmehr ein Teil der Nacht. Ein Gesicht von vielen, die die Nacht an sich hat. Denn es gibt so vieles, was die Nacht einem bereit hält. Wie heißt es so schön? So manche schöne Dinge, passieren doch in der Nacht. Denn diese hatte schon seit Menschen denken können, faszinierendes und geheimnisvolles an sich. Auch hat sie einiges einfach verschluckt, versteckt und einfach so verschwinden lassen.
So ist Poison auch. Faszinierend und Geheimnisvoll in einem. Ein Duft, der für die raue Nacht geschaffen ist. Da er so prall und mächtig ist, dass er so manche Schatten der Umgebung vertreibt, wenn er seine Luft aus
den Lungen lässt.
Meine Tante ist und war ein Nachtmensch. Poison ist dabei vielmehr ein Wegbegleiter für sie. Es passt.
Wie die Faust aufs Auge.
Dies ist kein erfolgreicher und weitausgedehnter Kommentar. Nicht besonders hilfreich. Es ist nur eine Seite von Poison, die ich hier heranziehe. Persönlich und frei...
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