25.04.2013 - 22:54 Uhr
Siebter
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Siebter
Top Rezension
30
Elementarkreis
Hinoki ist einer der zahlreichen Düfte von Comme des Garçons, die in Zusammenarbeit mit anderen Marken entstanden sind. Bislang erschienen in der Monocle-Reihe zwei Düfte. Monocle bezeichnet sich als Lifestyle- und Nachrichtenmagazin, ich hatte beim Durchblättern am Bahnhofskiosk aber eher den Eindruck, eine Trendhinterherhechlerzeitschrift für eigentümlich juvenile Geschäftsleute in der Hand zu halten. Der Duft zieht aber keine nachvollziehbaren Querverweise zur Publikation, so viel sei schon mal gesagt.
Im Gegenteil, Hinoki ist ab der ersten Sekunde ziemlich jenseits irgendwelcher Trends. Kampfer und Terpentin kann man schon fast als bewusste Ablehnung des Wunsches nach einem gefälligen Duft sehen; diese Noten verstehen sich durchaus nicht als vage Annäherung, sie sind "echt", ebenso echt wie der ebenfalls gleich zu Beginn einsetzende und enorm kräftige Holzakkord - der zunächst knarzenden Holzigkeit wird eine wilde und frische Harzigkeit an die Seite gestellt, nicht unbedingt Tränen in die Augen treibend, aber doch recht medizinisch und aseptisch. Für einige Minuten übernehmen Terpentin und Kampfer sogar fast vollständig das Regiment. Mir persönlich war das beim ersten Test mehr als einen Tick zu extrem, nach kurzer Zeit war ich mir sicher, mit Hinoki einen interessanten, aber untragbaren Duft kennen gelernt zu haben.
Distanz und deren Verkürzung oder Aufhebung - Elemente, die ich bei vielen Düften von Comme des Garçons wieder finde. Schon nach wenigen Minuten erscheint Hinoki weitaus weicher und weniger herausfordernd, dabei jedoch auch vielschichtiger und entspannter. Drei wesentliche Pole offenbaren sich in der Herzphase; Holz, Erde und Wasser. Diese drei Pole sind jedoch weit gefasst, so umschließt der erdige Pol auch eine würzige und blättrige Nuance, das Wasser ist stark mineralisch und das Holz bisweilen rauchig, aber auch moosig. Hinoki ist dicht, kräftig und keineswegs so linear und transparent, wie es der Bezug zur japanischen Kultur erahnen lässt, dennoch erscheint mir das Bild, welches ich mit Hinoki sehe, sehr klar: ein koniferer Wald, es liegt frischer Schnee, ein hölzerner Badezuber, heißes Quellwasser, Zeitlosigkeit und Stille beherrschen die Atmosphäre. Theoretisch ist Hinoki ein ziemlich exzentrischer Duft, und meiner Erfahrung nach wird er durchaus als solcher wahrgenommen, weil er sich zwar klar als Parfum zu erkennen gibt, aber typischen Erwartungshaltungen kaum entspricht. Ich selber brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass es sich bei Hinoki keinesfalls um einen Duft handelt, der provozieren will - im Gegenteil, es geht um Abkehr, Kontemplation und Klarheit, Hinoki spricht eigentlich zu niemanden, Brücken werden gekappt. Hinoki ist trotz fehlender Referenzen in sich absolut harmonisch, auf nichts angewiesen.
Dunkelgrün geräuchertes Holz beherrscht über viele Stunden den Duft, die Schärfe des Auftakts ist noch wahrnehmbar, aber sie hat sich millimetergenau in den Kreis aus Wasser, Holz und Erde eingefügt. Dieser Kreis lässt sich auseinanderpflücken, ich erkenne schnell Weihrauch und Vetiver als weitere entscheidende Komponenten, diese Art der Analyse empfinde ich bei diesem Duft aber als unpassend. Der Duftverlauf ist nicht linear, die einzelnen Phasen überlagern sich jedoch stark. Meine Nase nimmt die namensgebende Hinoki-Zypresse erst spät wahr - grundsätzlich ist Hinoki ein unfassbar holziger Duft. Wonderwood aus dem selben Hause thematisiert Holz praktisch ausschließlich, dennoch empfinde ich Hinoki noch als weitaus holziger, und dies, obwohl im Vergleich zu Wonderwood eine größere Bandbreite von Duftnoten verwendet wird. Was immer in Georgien an Hölzern wächst, zusammen mit Zeder und Kiefer ergeben sie ein für mich unglaublich vielschichtiges und tiefes Holzelixier, das ist wirklich Holz zum schwelgen, verharzt, gesplittert, roh. Die erst in der Basis dazustoßende Hinoki-Zypresse mutet ganz anders an: samtweich, zitrisch, ein klein wenig süß und doch mit holziger Textur, wenn auch deutlich filigraner; erst hier wird der Duft im klassischen Sinne unisex, während er bis dahin ziemlich maskulin auftritt.
Hinoki lungert in meiner inneren Top Ten ziemlich zuverlässig auf einen der drei ersten Plätze herum. Wer Holz wirklich mag, findet mit diesem Duft eine seiner spektakulärsten Inszenierungen, die Haltbarkeit ist deutlich überdurchschnittlich, die Sillage ist beeindruckend und überaus kontrastreich, gerade bei warmen Wetter liegt sogar eine sparsame Anwendung nahe. In der Basis gefällt Hinoki den meisten, denn die eigentliche Hinoki-Zypresse duftet wirklich ausgesprochen fein, fast lieblich - bis dahin muss aber ein Weg beschritten werden, den nicht jeder mag, zum Beispiel las ich mal, dass dieser Duft an einen modrigen Hamsterkäfig in einem Keller erinnern würde, wo alte Pinsel eingeweicht werden. Ich kann das zumindest nachvollziehen. Ein Blogger namens Nathan Branch warnt sogar all jene vor Hinoki, die nicht Klebstoff schnüffelnd in der Nachbarsgarage aufgewachsen sind, auf sie würde dieser Duft allenfalls wie ein großes "Fuck you!" wirken. Hm. Hinoki ist zumindest ein sehr eigenwilliger Duft, keiner wird ihn tragen, um klassisch, elegant oder allgemeinverständlich sexy zu wirken, und überhaupt will ich nicht der Marketingexperte sein, der die für Hinoki angemessenen Anlässe aufzählt. Es ist ganz schlicht: wer ihn mag, wird ihn tragen. Ich trage ihn nicht gerade jeden Tag, aber missen will ich ihn auf keinen Fall, ich kenne keinen Duft, der diesen wunderschönen Kreis aus Holz, Wasser und Erde nachzuzeichnen vermag.
Hinoki scheint ein wenig abseits des Fokus der meisten Parfumliebhaber zu sein, zumindest sorgt er nicht gerade für Furore. Eigentlich ist das verwunderlich, betrachtet man, wie originell und konsequent dieser Duft ist. Andererseits passt das ganz gut zu Hinoki. Er ist einfach nicht korrumpierbar.
Im Gegenteil, Hinoki ist ab der ersten Sekunde ziemlich jenseits irgendwelcher Trends. Kampfer und Terpentin kann man schon fast als bewusste Ablehnung des Wunsches nach einem gefälligen Duft sehen; diese Noten verstehen sich durchaus nicht als vage Annäherung, sie sind "echt", ebenso echt wie der ebenfalls gleich zu Beginn einsetzende und enorm kräftige Holzakkord - der zunächst knarzenden Holzigkeit wird eine wilde und frische Harzigkeit an die Seite gestellt, nicht unbedingt Tränen in die Augen treibend, aber doch recht medizinisch und aseptisch. Für einige Minuten übernehmen Terpentin und Kampfer sogar fast vollständig das Regiment. Mir persönlich war das beim ersten Test mehr als einen Tick zu extrem, nach kurzer Zeit war ich mir sicher, mit Hinoki einen interessanten, aber untragbaren Duft kennen gelernt zu haben.
Distanz und deren Verkürzung oder Aufhebung - Elemente, die ich bei vielen Düften von Comme des Garçons wieder finde. Schon nach wenigen Minuten erscheint Hinoki weitaus weicher und weniger herausfordernd, dabei jedoch auch vielschichtiger und entspannter. Drei wesentliche Pole offenbaren sich in der Herzphase; Holz, Erde und Wasser. Diese drei Pole sind jedoch weit gefasst, so umschließt der erdige Pol auch eine würzige und blättrige Nuance, das Wasser ist stark mineralisch und das Holz bisweilen rauchig, aber auch moosig. Hinoki ist dicht, kräftig und keineswegs so linear und transparent, wie es der Bezug zur japanischen Kultur erahnen lässt, dennoch erscheint mir das Bild, welches ich mit Hinoki sehe, sehr klar: ein koniferer Wald, es liegt frischer Schnee, ein hölzerner Badezuber, heißes Quellwasser, Zeitlosigkeit und Stille beherrschen die Atmosphäre. Theoretisch ist Hinoki ein ziemlich exzentrischer Duft, und meiner Erfahrung nach wird er durchaus als solcher wahrgenommen, weil er sich zwar klar als Parfum zu erkennen gibt, aber typischen Erwartungshaltungen kaum entspricht. Ich selber brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass es sich bei Hinoki keinesfalls um einen Duft handelt, der provozieren will - im Gegenteil, es geht um Abkehr, Kontemplation und Klarheit, Hinoki spricht eigentlich zu niemanden, Brücken werden gekappt. Hinoki ist trotz fehlender Referenzen in sich absolut harmonisch, auf nichts angewiesen.
Dunkelgrün geräuchertes Holz beherrscht über viele Stunden den Duft, die Schärfe des Auftakts ist noch wahrnehmbar, aber sie hat sich millimetergenau in den Kreis aus Wasser, Holz und Erde eingefügt. Dieser Kreis lässt sich auseinanderpflücken, ich erkenne schnell Weihrauch und Vetiver als weitere entscheidende Komponenten, diese Art der Analyse empfinde ich bei diesem Duft aber als unpassend. Der Duftverlauf ist nicht linear, die einzelnen Phasen überlagern sich jedoch stark. Meine Nase nimmt die namensgebende Hinoki-Zypresse erst spät wahr - grundsätzlich ist Hinoki ein unfassbar holziger Duft. Wonderwood aus dem selben Hause thematisiert Holz praktisch ausschließlich, dennoch empfinde ich Hinoki noch als weitaus holziger, und dies, obwohl im Vergleich zu Wonderwood eine größere Bandbreite von Duftnoten verwendet wird. Was immer in Georgien an Hölzern wächst, zusammen mit Zeder und Kiefer ergeben sie ein für mich unglaublich vielschichtiges und tiefes Holzelixier, das ist wirklich Holz zum schwelgen, verharzt, gesplittert, roh. Die erst in der Basis dazustoßende Hinoki-Zypresse mutet ganz anders an: samtweich, zitrisch, ein klein wenig süß und doch mit holziger Textur, wenn auch deutlich filigraner; erst hier wird der Duft im klassischen Sinne unisex, während er bis dahin ziemlich maskulin auftritt.
Hinoki lungert in meiner inneren Top Ten ziemlich zuverlässig auf einen der drei ersten Plätze herum. Wer Holz wirklich mag, findet mit diesem Duft eine seiner spektakulärsten Inszenierungen, die Haltbarkeit ist deutlich überdurchschnittlich, die Sillage ist beeindruckend und überaus kontrastreich, gerade bei warmen Wetter liegt sogar eine sparsame Anwendung nahe. In der Basis gefällt Hinoki den meisten, denn die eigentliche Hinoki-Zypresse duftet wirklich ausgesprochen fein, fast lieblich - bis dahin muss aber ein Weg beschritten werden, den nicht jeder mag, zum Beispiel las ich mal, dass dieser Duft an einen modrigen Hamsterkäfig in einem Keller erinnern würde, wo alte Pinsel eingeweicht werden. Ich kann das zumindest nachvollziehen. Ein Blogger namens Nathan Branch warnt sogar all jene vor Hinoki, die nicht Klebstoff schnüffelnd in der Nachbarsgarage aufgewachsen sind, auf sie würde dieser Duft allenfalls wie ein großes "Fuck you!" wirken. Hm. Hinoki ist zumindest ein sehr eigenwilliger Duft, keiner wird ihn tragen, um klassisch, elegant oder allgemeinverständlich sexy zu wirken, und überhaupt will ich nicht der Marketingexperte sein, der die für Hinoki angemessenen Anlässe aufzählt. Es ist ganz schlicht: wer ihn mag, wird ihn tragen. Ich trage ihn nicht gerade jeden Tag, aber missen will ich ihn auf keinen Fall, ich kenne keinen Duft, der diesen wunderschönen Kreis aus Holz, Wasser und Erde nachzuzeichnen vermag.
Hinoki scheint ein wenig abseits des Fokus der meisten Parfumliebhaber zu sein, zumindest sorgt er nicht gerade für Furore. Eigentlich ist das verwunderlich, betrachtet man, wie originell und konsequent dieser Duft ist. Andererseits passt das ganz gut zu Hinoki. Er ist einfach nicht korrumpierbar.
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