18.08.2011 - 20:41 Uhr
Apicius
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Apicius
Top Rezension
29
Ungewöhnliches für den gewöhnlichen Käufer
Wenn irgendwo ein neuer oder auch nur selten verwendeter Duftstoff in einem Parfum zitiert wird, dauert es meist nicht lange, bis es andere dem Erstverwender nachtun. Das muss man nicht immer als Plagiat abwerten – manchmal sind es eben feine Nuancen, ein etwas anderer Stil, die im Nachahmer zu einem anderen Charakter und damit zu einem anderen Käuferpublikum führen.
Es sind Jasper Konrads Mister, sowie das vor einem Jahr erschienene Le Vetyver – Itasca von Lubin, welches diese wunderbare alkoholisch-krautige Note vor Potion präsentierten (Mit dem Kopf von Gucci pour Homme sehe ich im Gegensatz zu meinem Vorredner nur eine entfernte Verwandschaft). Für diese Note gibt es keinen bekannten Namen und keine eindeutige Entsprechung – vermutlich ist sie ein künstliches Produkt, wenngleich sie keine synthetische Anmutung mit sich führt. Das bedingt phantasiereiche Duftbeschreibungen: Was bei Potion als Thymian und Moschus bezeichnet wird, heißt bei Jasper Conrans Mister Beifuß und Basilikum, wiederum mit Moschus (Lies: Moschus-Keton, nicht weißer Moschus!). Bei Itasca wären es dann Muskatellersalbei, Kiefer, Tannenbalsam und die etwas streng riechende Tagetes. Man denke sich also die Mitte aus allem, dann landet man vielleicht ungefähr bei dieser Note.
Zu schwierig? Tja, da hilft nur eines: ausprobieren!
Während der Senior des Trios, der Mister, ein besoffener Macho ist, ist Itasca auf parfumo von Usern beiderlei Geschlechts positiv aufgenommen worden, und in gewisser Weise sehe ich in Itasca die vorläufige Referenz dieser Richtung. Hier ist die grün-alkoholische Note prägnant und mit zusätzlicher Komplexität durch Holz und Vetiver dargestellt worden. Die Nebenlinien hatten hier die Funktion, den Charakter dieser neuen Duftnote zu unterstützen, zu präzisieren und sehr deutlich herauszuarbeiten. Obwohl Lubin nach eigenem Selbstverständnis – ich hatte mal die Gelegenheit, mich mit dem Geschäftsführer zu unterhalten – keine Nischenmarke ist, und insbesondere preislich gerade mal am oberen Mainstream-Bereich anschließt, ist Itasca eine Interpretation, wie sie eben typischerweise bei einer hochpreisigen Marke vorkommen kann: für ein interessiertes, erfahrenes oder zumindest experimentierfreudiges Publikum, das auch Neues und Ungewöhnliches zu schätzen weiß – ganz im Gegenteil zu den unsicheren und verunsicherten Käufern, die im Bereich Mainstream unterwegs sind.
Und an dieser Stelle kommt Potion ins Spiel - ich habe es heute bei Douglas entdeckt – jener Kette, die seit geraumer Zeit in der Auswahl der Herrendüfte an Einfallslosigkeit kaum noch zu überbieten ist. Für die dortigen Kunden darf es nichts Exotisches sein – man beobachte einmal, wie schüchtern die meisten männlichen Besucher sich in diesen Ladengeschäften bewegen. Da kann in der Breite nur Vertrautes über die Theke gehen!
Was also für eine Aufgabe, eine innovative Duftnote so zu präsentieren, dass sie für dieses Publikum akzeptabel ist! Ist das nicht ein wenig wie die Quadratur des Kreises?
Ich finde, Annick Menardo hat das ganz hervorragend gemacht. Der krautig-alkoholischen Note werden im wesentlichen zwei gute Bekannte zur Seite gestellt. Zum einen ist da Holzigkeit – wer Dsquared kennt, der weiß, dass die dafür einen besonderen Sinn haben. Die Dsquared-Holzigkeit ist meist sehr puristisch, ohne überflüssige Begleiter, und oft sehr edel riechend. Im Fall von Potion ist die Holzigkeit angenehm herbe ausgefallen. Hiermit verankert Annick Menardo das neue Potion bei den Freunden dieser Marke.
Auf der anderen Seite rieche ich orientalische Noten – nichts besonderes: eben der übliche Tonka – Benzoe – Patchouli- Kram, wie man ihn im aktuellen Mainstream-Bereich an jeder Ecke findet. Damit wird schließlich der typische Kunde der Mainstream-Parfümerie angesprochen – das kennt er, und so lässt er sich vielleicht für Potion gewinnen.
Muss ich noch erwähnen, dass diese 3 Säulen von Potion über weite Strecken in perfekter Balance gehalten werden?
Insgesamt ist auch Potion ein typischer, puristischer Dsquared-Duft, und schon deshalb gefällt er mir. Dass diesmal statt des Holzrahmens ein so langweiliges Flakon-Design gewählt wurde, ist zwar schade, letztlich kommt es aber auf die inneren Werte an.
Potion wird als Eau de Parfum bezeichnet – wohl aus dem Grund, dass die krautig-alkoholische Note ziemlich klebt. Mit Wasser und Seife ist ihr doch recht schwer beizukommen. So zieht sich der Kopf von Potion bis in die Basis durch – man sollte hier von der üblichen Dreiteilung der Duftentwicklung besser absehen.
Ich halte es durchaus für denkbar, dass auch Potion noch in meine Sammlung wandert. Die disziplinierte Ausrichtung des Ungewöhnlichen am Massengeschmack erzeugt vor allem eines – Tragbarkeit! So sehr ich Itasca und auch Mister zu schätzen weiß – sie sind halt anspruchsvoll. Man kann anderen damit auf den Zeiger gehen, aber sich auch selber überfordern. So trage ich beispielsweise das wunderbare Itasca ausgesprochen gerne, aber doch eher selten. Nach einem ganzen Tag mit krautig-alkoholischen Noten habe ich für einige Zeit schlicht die Nase voll. Ich denke, Potion geht da behutsamer mit uns um.
Es sind Jasper Konrads Mister, sowie das vor einem Jahr erschienene Le Vetyver – Itasca von Lubin, welches diese wunderbare alkoholisch-krautige Note vor Potion präsentierten (Mit dem Kopf von Gucci pour Homme sehe ich im Gegensatz zu meinem Vorredner nur eine entfernte Verwandschaft). Für diese Note gibt es keinen bekannten Namen und keine eindeutige Entsprechung – vermutlich ist sie ein künstliches Produkt, wenngleich sie keine synthetische Anmutung mit sich führt. Das bedingt phantasiereiche Duftbeschreibungen: Was bei Potion als Thymian und Moschus bezeichnet wird, heißt bei Jasper Conrans Mister Beifuß und Basilikum, wiederum mit Moschus (Lies: Moschus-Keton, nicht weißer Moschus!). Bei Itasca wären es dann Muskatellersalbei, Kiefer, Tannenbalsam und die etwas streng riechende Tagetes. Man denke sich also die Mitte aus allem, dann landet man vielleicht ungefähr bei dieser Note.
Zu schwierig? Tja, da hilft nur eines: ausprobieren!
Während der Senior des Trios, der Mister, ein besoffener Macho ist, ist Itasca auf parfumo von Usern beiderlei Geschlechts positiv aufgenommen worden, und in gewisser Weise sehe ich in Itasca die vorläufige Referenz dieser Richtung. Hier ist die grün-alkoholische Note prägnant und mit zusätzlicher Komplexität durch Holz und Vetiver dargestellt worden. Die Nebenlinien hatten hier die Funktion, den Charakter dieser neuen Duftnote zu unterstützen, zu präzisieren und sehr deutlich herauszuarbeiten. Obwohl Lubin nach eigenem Selbstverständnis – ich hatte mal die Gelegenheit, mich mit dem Geschäftsführer zu unterhalten – keine Nischenmarke ist, und insbesondere preislich gerade mal am oberen Mainstream-Bereich anschließt, ist Itasca eine Interpretation, wie sie eben typischerweise bei einer hochpreisigen Marke vorkommen kann: für ein interessiertes, erfahrenes oder zumindest experimentierfreudiges Publikum, das auch Neues und Ungewöhnliches zu schätzen weiß – ganz im Gegenteil zu den unsicheren und verunsicherten Käufern, die im Bereich Mainstream unterwegs sind.
Und an dieser Stelle kommt Potion ins Spiel - ich habe es heute bei Douglas entdeckt – jener Kette, die seit geraumer Zeit in der Auswahl der Herrendüfte an Einfallslosigkeit kaum noch zu überbieten ist. Für die dortigen Kunden darf es nichts Exotisches sein – man beobachte einmal, wie schüchtern die meisten männlichen Besucher sich in diesen Ladengeschäften bewegen. Da kann in der Breite nur Vertrautes über die Theke gehen!
Was also für eine Aufgabe, eine innovative Duftnote so zu präsentieren, dass sie für dieses Publikum akzeptabel ist! Ist das nicht ein wenig wie die Quadratur des Kreises?
Ich finde, Annick Menardo hat das ganz hervorragend gemacht. Der krautig-alkoholischen Note werden im wesentlichen zwei gute Bekannte zur Seite gestellt. Zum einen ist da Holzigkeit – wer Dsquared kennt, der weiß, dass die dafür einen besonderen Sinn haben. Die Dsquared-Holzigkeit ist meist sehr puristisch, ohne überflüssige Begleiter, und oft sehr edel riechend. Im Fall von Potion ist die Holzigkeit angenehm herbe ausgefallen. Hiermit verankert Annick Menardo das neue Potion bei den Freunden dieser Marke.
Auf der anderen Seite rieche ich orientalische Noten – nichts besonderes: eben der übliche Tonka – Benzoe – Patchouli- Kram, wie man ihn im aktuellen Mainstream-Bereich an jeder Ecke findet. Damit wird schließlich der typische Kunde der Mainstream-Parfümerie angesprochen – das kennt er, und so lässt er sich vielleicht für Potion gewinnen.
Muss ich noch erwähnen, dass diese 3 Säulen von Potion über weite Strecken in perfekter Balance gehalten werden?
Insgesamt ist auch Potion ein typischer, puristischer Dsquared-Duft, und schon deshalb gefällt er mir. Dass diesmal statt des Holzrahmens ein so langweiliges Flakon-Design gewählt wurde, ist zwar schade, letztlich kommt es aber auf die inneren Werte an.
Potion wird als Eau de Parfum bezeichnet – wohl aus dem Grund, dass die krautig-alkoholische Note ziemlich klebt. Mit Wasser und Seife ist ihr doch recht schwer beizukommen. So zieht sich der Kopf von Potion bis in die Basis durch – man sollte hier von der üblichen Dreiteilung der Duftentwicklung besser absehen.
Ich halte es durchaus für denkbar, dass auch Potion noch in meine Sammlung wandert. Die disziplinierte Ausrichtung des Ungewöhnlichen am Massengeschmack erzeugt vor allem eines – Tragbarkeit! So sehr ich Itasca und auch Mister zu schätzen weiß – sie sind halt anspruchsvoll. Man kann anderen damit auf den Zeiger gehen, aber sich auch selber überfordern. So trage ich beispielsweise das wunderbare Itasca ausgesprochen gerne, aber doch eher selten. Nach einem ganzen Tag mit krautig-alkoholischen Noten habe ich für einige Zeit schlicht die Nase voll. Ich denke, Potion geht da behutsamer mit uns um.
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