Hermann à mes Côtés me Paraissait une Ombre 2015

Hermann à mes Côtés me Paraissait une Ombre von Etat Libre d'Orange
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7.4 / 10 285 Bewertungen
Ein Parfum von Etat Libre d'Orange für Damen und Herren, erschienen im Jahr 2015. Der Duft ist würzig-synthetisch. Es wird noch produziert. Der Name bedeutet „An meiner Seite wirkte Hermann auf mich wie ein Schatten”.
Aussprache
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Duftrichtung

Würzig
Synthetisch
Frisch
Holzig
Rauchig

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
schwarzer Pfefferschwarzer Pfeffer GalbanumGalbanum Schwarze JohannisbeereSchwarze Johannisbeere
Herznote Herznote
WeihrauchWeihrauch GeosminGeosmin Rose AbsolueRose Absolue
Basisnote Basisnote
VetiverVetiver AmbroxanAmbroxan PatchouliPatchouli

Parfümeure

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Duft
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Haltbarkeit
7.8223 Bewertungen
Sillage
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Flakon
7.5212 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
7.1100 Bewertungen
Eingetragen von Michael, letzte Aktualisierung am 04.04.2024.

Rezensionen

8 ausführliche Duftbeschreibungen
8
Flakon
4
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Meggi

1019 Rezensionen
Meggi
Meggi
Top Rezension 35  
Gewürzt und tranchiert
Ein botanisch-duftig-luftiger Auftakt wird sofort ergänzt um hell-cremigen Weihrauch. Das Bitter-Stink-Vermögen des Unfrucht-Parts der Schwarzen Johannisbeere lässt sich stilistisch nicht lumpen. Es hält sich jedoch in puncto Lautstärke zurück, fernab von den leibhaftigen Gartenstinkern. Ein Tröpfchen Frucht hat sich zudem hineinverirrt. Johannisbeere mag in Ordnung gehen, ich würde es eher als laborielles Universal-Beeren-Obst bezeichnen.

Dazu rieche ich latent eine bananige Kunstholz-Note. Das Bananige weicht indes rasch und allein belüftetes Kunstholz bleibt. Offenbar eine Art Essbrett, denn es wird angerichtet: Was, weiß ich auch (noch!) nicht - es ist jedenfalls ordentlich gepfeffert. Die Holz-plus-X-Synthetik lehnt sich in der Tat an CdG an. Das importiert freilich unvermeidlicherweise zugleich jene gewisse „Über-Intellektualisierung“, mit der CdG womöglich in Verbindung gebracht wird.

Nach zwei Stunden entfaltet sich eine Klarheit, die sich sonst gelegentlich bei unpudriger Iris (sprich: aus der Karotten-Ecke) zeigt. Huch? Dieser Eindruck wird allerdings im Fortgang in Richtung Metall weitergedreht. Mittags ist der Duft in einer praktisch puren Synthetik angelangt, die mich im Stil - nicht als Verwandte! – jetzt nicht mehr in erster Linie an CdG, sondern vor allem an zwei Düfte von Geza Schön erinnert (viel mehr kenne ich ohnehin nicht): Ich denke an Escentric 02 und Knowledge. Beide halte ich persönlich in ihrer totalen Reduktion auf einen – ’tschuldigung! – pseudo-avantgardistischen Riecht-irgendwie-unauffällig-und-angenehm-Konsens für einen konzeptionellen Irrweg, der, um mal das ganz große Fass aufzumachen, allgemein-gesellschaftliche Entwicklungen genauer spiegelt, als mir lieb ist.

Eine Plastik-Note am frühen Nachmittag lässt mich die Angaben erneut studieren und vermuten, dass der Fülle an Zeugs aus der Düse ungenannte weitere Reagenzglas-Entsprungene ihre Moleküle beigesteuert haben könnten. Ein Experte für derlei bin ich leider überhaupt nicht und die meisten Begriffe unter den gelisteten Zutaten sind für mich eh tschechische Dörfer (immer politisch korrekt!); aber zumindest Iso-E-Super-Banalholz scheint mir neben den Ansagen sicher. Und so gleitet die Sache auf platter Künstlich-Frische in den Abend.

Tja, ich finde Hermann ab dem späten Vormittag nach außen hin vollkommen gefällig, ohne Ecken und Kanten. Da erregt wahrscheinlich – nochmal ’tschuldigung! – jedes Rasierwasser und jedes Aquaten-Duschgel mehr Aufmerksamkeit. Direkt auf der Haut mögen hier ja dolle Aromen mitspielen und ich bestreite keineswegs, dass es im Nahkampf bis nach hinten raus sogar kokelholzig-pieksefruchtig-bissig zugeht; ab ein paar Zentimetern Entfernung hingegen herrscht doch echt Ruhe. Die seelenlos-eintönige Ruhe eines offensiven Labor-Dufts.

Um Bilder und Vergleiche von oben wieder aufzunehmen, fasse ich wie folgt zusammen: Auf einem CdG-Holzbrett wurde ein Bekannter von Escentric 02 namens Hermann mit reichlich Pfeffer gewürzt und per just gewetztem Messer tranchiert.

Fazit: Für Synthetik-Fans

Ich bedanke mich bei Ergoproxy für die Probe.
19 Antworten
5
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8.5
Duft
loewenherz

881 Rezensionen
loewenherz
loewenherz
Top Rezension 36  
Saatchi Gallery, fast ganz allein
Die Düfte von Etat Libre d'Orange sind an nicht besonders vielen Orten 'offline' zu kriegen, nicht einmal in Städten, von denen es gemeinhin heißt, dort gäbe es alles, wie etwa London eine ist. Meines Kenntnisstandes nach - der lückenhaft sein mag - gibt es Etat Libre d'Orange (nur jeweils einen Teil der Kollektion) dort nur im House of Fraser auf der Oxford Street und im Conran Shop (Liberty und Fenwick haben die Produkte ehedem geführt, aber ausgelistet).

Es gibt wenige Dinge, die (selbst-)zufriedener machen als die Gewissheit (oder wenigstens das subjektive Gefühl), eine gute, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben. Übertroffen wird dieses Gefühl nur von den seltenen Augenblicken, wenn sich zusammenfindet, was man vorher gar nicht als zusammengehörig empfunden hatte - wenn einen Moment lang plötzlich auf einmal alles zueinander passt. Anfang der Woche wurde mir solch ein Augenblick geschenkt.

Aller Verpflichtungen und Termine ledig und eingehüllt von Hermann à mes Côtés me Paraissait une Ombre, den ich schon lange mal hatte ausprobieren wollen, habe ich einen Vormittag in Chelsea und in Kensington vertrödelt. Es war nicht warm und auch nicht kalt und regnete leicht, aber stetig - und ich war fast ganz alleine in der Saatchi Gallery und ihren weißen, kühlen, leeren Hallen, in denen eine Fotoausstellung namens 'From Selfie to Self-Expression' gezeigt wurde.

Die umfangreiche Sammlung des ebenso legendären wie umstrittenen Kunstmäzens und -händlers Charles Saatchi, die im ehemaligen Duke of York's Headquarter in der King's Road nahe dem Sloane Square präsentiert wird, ist keines der Museen in Londons allererster Reihe - und gerade deswegen ein wunderbarer Ort, an dem man besonders zeitgenössische Fotografien in sachlicher und stiller, fast kontemplativer Atmosphäre ansehen kann.

Und hier kam nun zusammen, was wunderbarerweise zusammenpasste: der heiter-kontemplative Müßiggang und die regenfeuchte Luft, der Vormittag in einer fast leeren Galerie und die dort ausgestellte Fotokunst - und eben Hermann à mes Côtés me Paraissait une Ombre, ein Parfum, das in seiner nüchternen Entrücktheit und seltsam kühlwarmen Ruhe, seiner lichten Grauheit und schwerelosen Traurigkeit der Bildkunst ein wundervolles olfaktorisches Echo gab.

Seine Ingredienzenliste liest sich beinahe wie ein Chemiebaukasten - und ja: da ist etwas Synthetisches, Artifizielles. Aber dieses Synthetische und seine kühle Melancholie - nicht schwarz und auch nicht weiß, nicht mehr hölzern und noch nicht metallisch, darin scheinbare Einsprengsel von Angelika, Wacholder, Birkenteer und kaum mehr als die Ahnung einer längst verwehten Süße - geben ihm eine Empfindsamkeit und Versehrtheit, die schön und sehr besonders ist.

Fazit: ein Duft wie ein vertrödelter Vormittag bei leichtem Regen unter einem tiefhängenden, grauen Sommerhimmel - und doch fast schwerelos. In einer leeren Galerie mit Fotokunst, begleitet nur vom Surren der Installationsprojektoren und dem Echo der eigenen Schritte. Tausend Gesichter fremder Menschen an den Wänden, manche von ihnen nach kurzem Betrachten schon seltsam vertraut. Und an meiner Seite wirkte Hermann auf mich wie ein Schatten...
2 Antworten
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
DaveGahan101

535 Rezensionen
DaveGahan101
DaveGahan101
Top Rezension 22  
Ist Hermann der French Lover?
Etat Libre d'Orange..coole Marke, Markenname, Markenwerte, Logo und Flakons(abgeflachte Ecke)...echt sympathisch..und trotzdem hatte ich bisher noch keinen einzigen Duft unter der Nase. Gestern Morgen war es dann endlich soweit..der grau-anthrazitfarbene Flakon hat mich sofort angesprochen..der lustige Duftname tat sein übriges dazu.
In heizungswarmer und trockener Ladenluft, suchte ich gestern einen frischen Immergeher, der gerne mal von einer anderen Marke, die ich sonst immer bevorzuge, sein durfte/sollte. Da kam Hermann genau richtig. Die moleculeartige , holzige Frische hat mir sofort gut gefallen, ließ mich tief durchatmen, das ging ja schon mal gut los:-)!
Seine metallische Kühle und eine gewisse "Härte" schlägt einem sofort ins Gesicht, synthetikgeschwängert komme er ein wenig rüber, was mich aber grundsätzlich nicht stört..an Düften allgemein nicht. Die Mini-Zitrusnote ist schon wieder weg, bevor der Duft auf der Haut richtig getrocknet ist, schade dass hätte ihm eine gewisse Strahlkraft oder Fröhlichkeit verliehen. So kommt er ein wenig "streng" oder humorlos rüber. Hermann besitzt ein ganz spezielle Würze, die mich durch das Grünkrautige an eine verwässerte French Lover-Version erinnert. Hatte in der Pyramide oben schon fest mit "Angelika" gerechnet..aber keine Spur davon!
French Lover war mir an manchen Tagen zu knarzig, immer dann wenn die Maggi-Angelika zu stark hevorkam, bei Hermann ist das deutlich gemäßigter. Könnte in dieser Form gut ne Mischung aus Molecule, Not a perfume, Laurel, French Lover und ein Hauch Kyoto sein. Man riecht frisch, sauber und recht maskulin...und trotzdem schwebt über dem Duft irgendwie ein melancholischer Schleiher. Novembergraumäßig, etwas streng und teilweise etwas abweißend...dadurch erinnert er mich phasenweise in seinem gesamten Wesen an Serge Luten's L'Orpheline..faszinierend, wenngleich nicht unbedingt lebensbejahend. Der silberne Weihrauch macht das ganze irgendwie wolkenverhangen. Ich mag ihn den Hermann, auch wenn er mich jetzt im Gegensatz zu gestern, nicht so richtig flashen will. Er ist total gelungen, spricht mich in vielen seiner Facetten auch an, aber als Gesamtes, sext er mich zu wenig an..oder wie hat Meggi mal geschrieben "bin zu wenig geil auf den Duft". Im Frühjahr/Sommer dürfte Hermann noch ein ganzes Stück besser wirken als bei tristem Winterwetter. Aber ich glaube nicht, dass er bei mir den Winter "überleben" wird...
Die Haltbarkeit ist mit über 6 Stunden sehr ordentlich, die Sillage ist auch im oberen Mittelfeld, sehe in deutlich mehr an Männer, ist aber auch von Frauen zu tragen. Ein Duft der sicherlich polarisieren wird, trotzdem ist er recht alltagstauglich.
8 Antworten
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Kovex

29 Rezensionen
Kovex
Kovex
Top Rezension 25  
Zeig Dich Hermann
Wer geht neben dir durch den Wald im Dunkel der Nacht? In Victor Hugos Gedicht „À quoi songeaient les deux cavaliers dans la forêt“ (Gedanken zweier Reiter im Wald) sagt der Erzähler: „Neben mir erschien mir Hermann wie ein Schatten.“

„Wir alle haben einen Schatten, selbst nachts im dunklen Wald. Du nennst ihn vielleicht anders: deinen unsichtbaren Freund. Dein Gewissen, deine Seele, vielleicht sogar dein Alter Ego. Dein Schatten könnte einen Namen haben, wie Hermann. Oder er könnte auch ein Parfum sein. Ein treuer Begleiter. Man kann mit ihm streiten, ihn herausfordern, die eigenen Grenzen an ihm austesten. Man kann mit ihm über den Sinn des Lebens diskutieren. Aber man wird ihn niemals verlieren. Er ist dein anderes Selbst. Während du durchs Leben gehst und über seine Bedeutung nachdenkst, stellst du Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Wenn dich die Unsicherheit überwältigt, dann betrachte deinen Schatten. Vielleicht gibt er dir eine Antwort. Vielleicht auch nicht. Aber zumindest hast du einen interessanten Gesprächspartner.“

Wer ist nun dieser Hermann und wie ist er olfaktorisch einzuordnen?

Ich muss gestehen, dass sich mir der etwas sperrige, aber äußerst kreative Name des Neulings aus dem Hause ELDO, durchaus erschließt. Doch dazu später mehr.

Der Duft startet leicht pfeffrig und schon nach wenigen Augenblicken gesellen sich ganz zarte schüchterne Maiglöckchen hinzu. Dieser blumige Eindruck entstammt der Duftkreation aus der Hand des Parfümeurs Givaudan. In der Duftpyramide als Petalia bezeichnet.
Begleitet wird dieser Auftakt von einem weiteren Riechstoff aus dem Haus ELDO.
Calypsone verleiht dem ohnehin schon zarten Auftakt eine zusätzliche Leichtigkeit und Luftigkeit, die man durchaus als ozonisch verstehen kann. Eine frische, saftige aber noch nicht ganz ausgereifte Melone rundet das Ganze im Hintergrund ab.

Aber wo ist Hermann?

Da ich nicht bis nach dem Duschen mit meinem ersten Test warten wollte, trug ich mir ein paar Tropfen vor dem Joggen auf das Handgelenk auf. Und tatsächlich hatte ich während des Laufens das diffuse Gefühl von einem imaginären Schatten begleitet zu werden, nicht optisch sondern olfaktorisch. Da lag ständig dieser leichte luftige Geruch in der Luft, der so gar nicht zu mir gehören mochte, als wäre er ein Fremder.

Immer wieder suchte mein Blick die ersten Frühlingsblumen am Wegesrand ab, aber es war wohl Hermann, der nicht von mir weichen wollte. Schon verrückt, was ein geniales Marketing-Konzept für Assoziationen in einem hervorruft, aber hier wirkte es stimmig auf mich.

Der weitere Duftverlauf ist eher harmlos. Wie schon bei den anderen beschriebenen Duftstoffen steht hier die Leichtigkeit im Vordergrund. Die Blümchen ziehen sich zurück und ein holziger Eindruck gesellt sich hinzu, aber eher von einem Holz, dass monatelang im Meer getrieben ist bis es blass und von Harzen befreit an den Strand gespült und von der Sonne gebeizt wurde. Das Patchouli hält sich dezent im Hintergrund und verleiht dem ganzen etwas Wärmendes und Geborgenes.

Aufgrund seiner Leichtigkeit ist „Hermann“ für mich ein Frühlings- und Sommerduft. Aber dann eher an Vollmondnächten, wenn der Wind durch die Bäume rauscht, sich die aufgehängten weißen Laken wölben und Hermann mir ins Ohr flüstert:

"Ich bin immer bei Dir, aber ich werde Dir nie gehören."
9 Antworten
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Skuhn

7 Rezensionen
Skuhn
Skuhn
Top Rezension 25  
Careful with that axe, Hermann
Hermann begleitet mich schon eine Weile, obschon wir ein gespaltenes Verhältnis zueinander haben. Er ist too cool for school, on the road less travelled, rebel rebel, understatement am start und wer kann der kann. Er macht es mir nicht leicht, und genau das macht mich an. Unter meine Nase kam er dank ELdO Mitarbeiter, neugierig auf die Reaktion des sadistischen Dünenmädchens mit Affinitäten zu intensivem Nichts. Überlange Namen nerven mich, ebenso ist mir diese offensichtliche Synthetik grenzwertig, und Hermann knallt sie mir eklatant, diskret verblümt und... erstaunlich tragbar ins Gesicht. Obwohl nicht mein Typ, schmiege ich mich regelmäßig an diesen Stürmer & Dränger, diesen distanzierten Dunkelromantiker und kühlen Einzelgänger in meinem Duftfreundeskreis. Schattenhermann ist nüchtern, geht zum Lachen in den Keller und behauptet sich sonst gut. Er ist für mich verwirrened, seltsam sperrig, unauffällig auf Krawall gebürstet, und genau deswegen ziemlich sexy.
Ich suchte einen anderen Frischeduft. Und da war Hermann – kühl, sauber, voller Gegensätze und doch mitmenschenkompatibel und fesselnd. Ohne sonnige Zitrik und Aquatik, nix Pudriges zum Glätten, stattdessen grau und kantig.
Etienne De Swardt im Interview: „Hermann, it's the first gothic perfum we have in the landscape of the perfum industry. It is dark and at the same time very depressive but it is beautiful.“ (Persolaise, Ep. 88).
Ich rieche ordentliche Pfefferwürze unterlegt mit Blattwerk und abstrakter Synthetikfrucht. Präsenter werdender Weihrauch mit für mich stark zitrisch-holziger Note, immer noch pfeffrig. Das zusätzliche Kitzeln in meiner Nase erinnert mich an Frühlingsgewitter, im Freibad mit dem Geruch von verdunstetem Chlorwasser auf Beton, Minimalrasen und Schwimmgeländer. Er klingt artifiziell aus, nicht sehr erdig, immer noch irgendwie frisch-grünlich, ganz dezent süß. Herman ist gradlinig, erstaunlich haltbar und zu fortgeschrittener Stunde ziemlich körpernah. Zuviel von diesem undurchsichtigen Chamäleon macht mir jedoch das Gift, dann haut er mir die Chlorophyll- und Waldboden-getränkte Holzaxt kräftigst um die Ohren. Dann kettet er mich mit kaltem Aluminum an einen hochprozentigen Chlorpool, Nachts im Kubawald.
Ich bin skeptisch, ob das was Längeres mit uns wird. Anziehung ist da aber es ist keine große Liebe. Mein Verhältnis zu ihm ist zunehmend gespalten. Unter der tragbaren, unkomplizierten Oberfläche bockt er mich ziemlich an. Mein Busen drängt sich nach ihm hin, und an anderen Tagen, Hermann, da graut's mir vor dir. Trotz meiner Ambivalenz ihm gegenüber, trotz seiner für mich stellenweise beißenden Synthetik und seiner unbeugsamen Dominanz in Layerversuchen, kommt er bemerkenswert regelmäßig zum Einsatz. An manchen Tagen nur minimal dosiert auf Armlängendistanz, sonst scharre ich im Drydown unruhig mit den Hufen. Gleichzeitig klebe ich mit meiner Nase an dieser wohldosierten Adrenalinspritze. Bin ich entspannt ist auch Hermann entspannt, dann flüstert er frisch-lockend, und ich genieße diesen Sonderling an mir, blind für seine Schatten.

Epilog: „Hermann à mes côtés me paraissait une ombre“

ist eine Zeile aus dem Gedicht À quoi songeaient les deux cavaliers dans la forêt von Victor Hugo (google bonjour poesie + Titel + Autor). Auf mein skeptisches Fragen nach Henne & Ei die Antwort, dass das Gedicht wirklich Ursprung des Dufts sei. Ob Marketingstrategie oder Parfüminspiration, wie nah Duft und Gedicht beieinander sind ist wohl subjektiv. Es spiegelt mein Duftempfinden relativ gut wieder, insbesondere die Dissonanz und das Halbverborgene. Hermann empfinde ich als persönlich, bei Zeiten bizarr und aufwühlend, dabei auf eine verquere Art anziehend und ausgesprochen schön, wie das Gedicht. Der Unterschied ist dass das Gedicht für mich über schwermütige Romantik hinaus geht, tiefschwarz und sehr finster ist. Für Interessierte hier eine krumme Übersetzung von Vicors Meisterwerk. Vieles funktioniert nicht, weder die für eine subtile Unruhe sorgende Dynamik, noch die Präzision, die beeindruckende Vieldeutigkeit bei Wortwahl, Zeit... Es ist zum Niederknien!

Woran die beiden Reiter im Wald dachten
Die Nacht war tiefschwarz und der Wald sehr finster.
Hermann an meiner Seite erschien mir wie ein Schatten.
Unsere Pferde galoppierten. In der Obhut Gottes!
Die Wolken am Himmel sahen aus wie Marmor.
Die Sterne flogen durch die Äste der Bäume
Wie ein Schwarm von Feuervögeln.

Ich bin voll von Reue. Gebrochen vom Leiden,
Hermanns tiefer Geist ist leer von Hoffnung.
Ich bin voll von Reue. O meine Liebsten, schlaft!
Nun, beim Durchqueren dieser grünen Einöden,
Sagt Hermann zu mir: "Ich sinniere über halboffene Gräber;"
Und ich sage zu ihm: "Ich denke an nun verschlossene Gräber."

Er schaut nach vorne: Ich schaue zurück,
Unsere Pferde galoppierten über die Lichtung;
Der Wind trug uns fernes Angelusläuten zu; sagt(e):
"Ich denke an diejenigen, die von der Existenz geplagt sind,
An die, die sind, an die, die leben. - Ich, sag(t)e ich,
Ich denke an die, die nicht mehr sind!"

Die Brunnen sangen. Was sagten die Brunnen?
Die Eichen murmelten. Was murmelten die Eichen?
Die Büsche flüsterten wie alte Freunde.
Hermann sagt(e) zu mir: "Niemals schlummern die Lebenden.
In diesem Augenblick weinen manche Augen, andere Augen wachen/sind wach".
Und ich sag(t)e zu ihm: "Ach! Die anderen schlafen!"

Hermann fuhr dann fort: "Das Unglück, das ist das Leben.
Die Toten leiden nicht mehr. Sie sind glücklich! Ich beneide
Ihr Grab, wo das Gras wächst, wo die Bäume sich entblättern.
Denn die Nacht streichelt sie mit ihren sanften Flammen;
Denn der strahlende Himmel beruhigt alle Seelen.
In allen Gräbern auf einmal!"

Und ich sag(t)e zu ihm: "Sei still! Respekt vor dem schwarzen Mysterium!
Die Toten ruhen liegend unter unseren Füßen in der Erde.
Die Toten, das sind die Herzen die dich einst liebten!
Das ist dein Engel, der nicht mehr ist! Das ist dein Vater und deine Mutter!
Lasst sie uns nicht mit bitterer Ironie betrüben.
Wie durch einen Traum hören sie unsere Stimmen".

Une songerie sur la mort als Zwiegespräch mit dem Alter Ego Hermann. Das Gedicht erschien Oktober 1853 in Les Contemplations, soll aber 1841 entstanden sein, inspiriert von Rheintalreisen. Zu einer Zeit wo Hermann einer der meistvergebenen Namen in Deutschland war und das Hermannsdenkmal erbaut wurde. Im Gedicht prallen im ambivalenten Dialog zwischen lyrischem Ich und zweifelhaftem Schatten-Ich zwei Vorstellungen vom Todesmysterium aufeinander. Es beginnt als surreale Träumerei in eine tiefschwarzen Nacht, in eine grüne Waldeinöde, das Spirituelle, Gemeinschaftliche ist weit fort (Kirchturmuhr in der Ferne), geheimnisvoll und unheimlich, ganz germanische Ballade. Kontraste & Widersprüche für den inneren Konflikt: Finster-Licht, Bewegung-Stillstand, Leichtigkeit-Schwere, nah-fern, fließen-stocken, Leben vs. Tod. Das zerissene Ich zwischen halboffenen Gräbern (sein unausweichlicher Tod) und verschlossenen Gräbern (die verstorbenen Geliebten). Hermann schaut nach vorne auf den Tod der das hoffnungslose Leiden beendet, das Ich schaut bereuend zurück auf den Verlust der Geliebten. Ist empört von Hermanns Nihilisms, den Tod als besser als das Leben zu betrachten. Denn die Natur sei unsterblich, Leben sei unsterblich, das Alter Ego betrübe die Geliebten mit respektloser, bitterer Ironie. Am Ende gebietet das Ich dem lebensverneinenden, todessehnsüchtigen Schatten zu schweigen, im finstren Wald.
3 Antworten
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Statements

75 kurze Meinungen zum Parfum
AxiomaticAxiomatic vor 2 Jahren
5
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Hermann trinkt pfeffrigen Almdudler, genießt den Weihrauch verlassener Kirchen, legt morbide Rosen auf Gräbern.
Der Schatten von Toy Boy.
17 Antworten
TofuwachtelTofuwachtel vor 2 Jahren
7
Flakon
7
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8
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8.5
Duft
Scharf Sinnig
Kraut Rocker
Pilz Sammler
Holz Wurm

Zwerg Rose
Mineral Staub
Wasser Dunst

Klang Farben
Wunder Bar
In
Caverna Magica
20 Antworten
SchatzSucherSchatzSucher vor 4 Jahren
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6
Duft
Hermann riecht nach Heilkräutern, Venensalbe, Hustenbonbons, ist recht sperrig und distanziert. An meiner Seite sehe ich ihn eher nicht.
14 Antworten
BosworthBosworth vor 1 Jahr
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Synthetisches, dunkles Grün nach starkem Regen. Leicht bitter, leicht rauchig. Ungewöhnlich. Hat was.
17 Antworten
NuiWhakakoreNuiWhakakore vor 3 Jahren
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft
Fruityfloral Gewürzduschgel
Ozonloch unter der Dusche
Geweihte Rose raucht Balsastäbchen
entschwindet in Ambroxseifenschaum
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