10.11.2013 - 19:33 Uhr
Siebter
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Siebter
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17
Amphetamine Sun
Das Jahr 2000 scheint mir rückblickend keine besonders aufregende Zeit in Sachen Parfum gewesen zu sein. In den Herrenabteilungen der Parfümerien waren neben den Klassikern vor allem aquatische Düfte angesagt, CK One und Be verkauften sich noch ganz gut, der Rest verlief sich in der Fougère-Sackgasse. Allerdings verbrachte ich damals zusammengerechnet etwa zwölf Minuten pro Jahr in Parfümerien, eventuell hält meine Darstellung einer historischen Prüfung nicht ganz stand. Wäre ich damals über Rush gestolpert, hätte ich ihn mir bestimmt geholt, aber ich erinnere mich nicht, ihn damals schon gesehen zu haben. Heute werden die letzten Flakons von Rush für viel Geld bei eBay angeboten, ich selbst hatte Glück und konnte ihn für eine relativ moderate Summe erwerben.
Die bei eBay aufgerufenen Preise würde ich nicht auf den Tisch legen, aber ich kann verstehen, dass er eine loyale Gefolgschaft hat, denn noch heute gibt es nur wenige Düfte, die einen ähnlichen Vibe haben. Rush ist ein Holzduft mit viel Weihrauch, aber im Gegensatz zu den ebenfalls der Tom Ford'schen Gucci-Ära entsprungenen Retro-Düften Envy und Gucci Pour Homme sehr zeittypisch und modern. Typisch für seine Zeit und dennoch nicht retrospektiv wirkend, vielleicht deshalb, weil die Zeit damals anti-retro war, unbedingt nach vorne schauend und erwartungsfroh.
Rush ist zunächst mal ein Geschwindigkeitsrausch. Der hyperdynamische Auftakt gehört für mich zu den besten Eröffnungen, die ich je erlebt habe; wie ein gleißend heller Tornado umtost mich dieser Duft in der ersten Stunde. Eiskalter Weihrauch, Moschus und eine blaubeerige Note, die ich sonst nirgends erwähnt sehe, stehen im Zentrum, bald setzt auch der koniferige Holzakkord ein, den ich gleich näher beschreiben werde. Rush wirkt in meiner Nase nicht synthetisch, trotzdem ist dies kein Waldduft. Hätte der Auftakt von Rush einen Klang, so wäre es der eines Laserschwerts, welches eingeschaltet wird. Ich meine das durchaus positiv, denn dieser Duft ist nicht aggressiv, er vermittelt eine angenehme innere Anspannung, eine go-for-it!-Mentalität, die ich ziemlich cool finde.
Bei Holz und Weihrauch muss ich sofort an Comme des Garçons denken, die beides oft thematisieren, und ohne Frage könnte Rush ein Duft von CdG sein. Es gibt sogar einen Duft von CdG, mit dem Rush oft verglichen wird: Wonderwood. Wer beide Düfte kennt, wird die Ähnlichkeiten kaum übersehen können, obwohl sie doch recht unterschiedlich sind. Was sie eint, ist der prägnante Holzakkord, der insbesondere auf Zeder, Zypresse und Sandelholz basiert, in beiden Düften finden sich zudem Weihrauch und Patschuli. Vielleicht kennt das der eine oder andere: wenn man Rindenmulch aufhäuft, über Nacht stehen lässt und am nächsten Morgen ansticht, entweicht ein harzig-ätherischer Dampf, sehr holzig, aber nicht trocken, sondern unglaublich frisch und ein wenig ölig. Der YouTube-Reviewer Kristo umschrieb das im Zusammenhang mit Wonderwood mal als "stardust soaked in motoroil". Genau diesen Geruch bilden beide Düfte für mich perfekt ab. Wonderwood ist jedoch dunkler, nicht so transparent wie Rush und zudem monothematischer, Rush dagegen hat eine klar verlaufende Entwicklung mit abgegrenzten Phasen.
Das ätherisch-holzige Herz bestimmt den größten Teil des Duftverlaufes. Der Duftwolkenumfang ist eher begrenzt, aber beständig; man wird keine Säle damit füllen, aber innerhalb seiner Aura ist dieser Duft sogar ziemlich dominant. Nur allmählich etwas dunkler werdend, wirkt er immer noch sprudelnd, frisch und absolut optimistisch, zudem vermittelt er mir einen nicht unbedingt sinnlichen, aber durchaus hedonistischen Vibe. Holzige Düfte sind oft trocken, dunkel und bisweilen sogar knarzig, dieser Duft ist es trotz seiner ausgeprägten Holzigkeit niemals. Wenn ich Rush trage, so tue ich dies, weil ich mich entscheidungsfreudig fühle, spontan und selbstbewusst.
Die Haltbarkeit ist ganz okay, EdT-typisch so um die sieben Stunden, manchmal weniger. Die Basis wird von sehr weichem Sandelholz geprägt, dem gegenüber stehen Moschus und Patschuli, beide geradezu absurd clean, wodurch dieser Duft bis zum Schluss uplifting bleibt. Ich mag den abwechslungsreichen Verlauf von Rush sehr, er verfolgt einen klaren roten Faden, ohne langweilig zu werden. Und hey: das duftet einfach richtig gut, High-End-Designer haben selten Besseres zuwege gebracht. Trotz der CdG-Anumutung ist dieser Duft zudem ein unglaublich guter Allrounder. Er hält wohl keinem Wintersturm stand und passt nicht unbedingt zu einer Totenmesse, aber sonst eigentlich immer. Rush ist kein unisex-Duft im klassischen Sinne, mittlerweile halte ich die Kategorisierung als unisex-Duft in vielen Fällen aber eh für ebenso einschränkend wie die Unterteilung in femme- und homme-Düfte; Rush ist ein maskuliner Duft, der auch von einer Frau getragen werden kann. Auch darin ähnelt er Wonderwood.
Die bei eBay aufgerufenen Preise würde ich nicht auf den Tisch legen, aber ich kann verstehen, dass er eine loyale Gefolgschaft hat, denn noch heute gibt es nur wenige Düfte, die einen ähnlichen Vibe haben. Rush ist ein Holzduft mit viel Weihrauch, aber im Gegensatz zu den ebenfalls der Tom Ford'schen Gucci-Ära entsprungenen Retro-Düften Envy und Gucci Pour Homme sehr zeittypisch und modern. Typisch für seine Zeit und dennoch nicht retrospektiv wirkend, vielleicht deshalb, weil die Zeit damals anti-retro war, unbedingt nach vorne schauend und erwartungsfroh.
Rush ist zunächst mal ein Geschwindigkeitsrausch. Der hyperdynamische Auftakt gehört für mich zu den besten Eröffnungen, die ich je erlebt habe; wie ein gleißend heller Tornado umtost mich dieser Duft in der ersten Stunde. Eiskalter Weihrauch, Moschus und eine blaubeerige Note, die ich sonst nirgends erwähnt sehe, stehen im Zentrum, bald setzt auch der koniferige Holzakkord ein, den ich gleich näher beschreiben werde. Rush wirkt in meiner Nase nicht synthetisch, trotzdem ist dies kein Waldduft. Hätte der Auftakt von Rush einen Klang, so wäre es der eines Laserschwerts, welches eingeschaltet wird. Ich meine das durchaus positiv, denn dieser Duft ist nicht aggressiv, er vermittelt eine angenehme innere Anspannung, eine go-for-it!-Mentalität, die ich ziemlich cool finde.
Bei Holz und Weihrauch muss ich sofort an Comme des Garçons denken, die beides oft thematisieren, und ohne Frage könnte Rush ein Duft von CdG sein. Es gibt sogar einen Duft von CdG, mit dem Rush oft verglichen wird: Wonderwood. Wer beide Düfte kennt, wird die Ähnlichkeiten kaum übersehen können, obwohl sie doch recht unterschiedlich sind. Was sie eint, ist der prägnante Holzakkord, der insbesondere auf Zeder, Zypresse und Sandelholz basiert, in beiden Düften finden sich zudem Weihrauch und Patschuli. Vielleicht kennt das der eine oder andere: wenn man Rindenmulch aufhäuft, über Nacht stehen lässt und am nächsten Morgen ansticht, entweicht ein harzig-ätherischer Dampf, sehr holzig, aber nicht trocken, sondern unglaublich frisch und ein wenig ölig. Der YouTube-Reviewer Kristo umschrieb das im Zusammenhang mit Wonderwood mal als "stardust soaked in motoroil". Genau diesen Geruch bilden beide Düfte für mich perfekt ab. Wonderwood ist jedoch dunkler, nicht so transparent wie Rush und zudem monothematischer, Rush dagegen hat eine klar verlaufende Entwicklung mit abgegrenzten Phasen.
Das ätherisch-holzige Herz bestimmt den größten Teil des Duftverlaufes. Der Duftwolkenumfang ist eher begrenzt, aber beständig; man wird keine Säle damit füllen, aber innerhalb seiner Aura ist dieser Duft sogar ziemlich dominant. Nur allmählich etwas dunkler werdend, wirkt er immer noch sprudelnd, frisch und absolut optimistisch, zudem vermittelt er mir einen nicht unbedingt sinnlichen, aber durchaus hedonistischen Vibe. Holzige Düfte sind oft trocken, dunkel und bisweilen sogar knarzig, dieser Duft ist es trotz seiner ausgeprägten Holzigkeit niemals. Wenn ich Rush trage, so tue ich dies, weil ich mich entscheidungsfreudig fühle, spontan und selbstbewusst.
Die Haltbarkeit ist ganz okay, EdT-typisch so um die sieben Stunden, manchmal weniger. Die Basis wird von sehr weichem Sandelholz geprägt, dem gegenüber stehen Moschus und Patschuli, beide geradezu absurd clean, wodurch dieser Duft bis zum Schluss uplifting bleibt. Ich mag den abwechslungsreichen Verlauf von Rush sehr, er verfolgt einen klaren roten Faden, ohne langweilig zu werden. Und hey: das duftet einfach richtig gut, High-End-Designer haben selten Besseres zuwege gebracht. Trotz der CdG-Anumutung ist dieser Duft zudem ein unglaublich guter Allrounder. Er hält wohl keinem Wintersturm stand und passt nicht unbedingt zu einer Totenmesse, aber sonst eigentlich immer. Rush ist kein unisex-Duft im klassischen Sinne, mittlerweile halte ich die Kategorisierung als unisex-Duft in vielen Fällen aber eh für ebenso einschränkend wie die Unterteilung in femme- und homme-Düfte; Rush ist ein maskuliner Duft, der auch von einer Frau getragen werden kann. Auch darin ähnelt er Wonderwood.
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