03.05.2018 - 04:48 Uhr
loewenherz
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loewenherz
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50
Und wir haben vergessen, wie Brot schmeckt...
Ich weiß ja: in anthropologisch-philosophischer (und auch sonst so ziemlich jeder) Hinsicht ist das Sein viel edler und erstrebenswerter als das Haben. Und doch ist es manchmal das Haben, das eben so viel mehr Spaß macht. Und einer, den ich wirklich gerne haben möchte - im Sinne von 'als Originalflakon besitzen' - ist Parure von Guerlain. Nicht, weil ich ihn selber tragen möchte. Nicht, weil sein Flakon so wunderschön ist. Sondern tatsächlich schlicht um des Habens Willen. Weil er hohe Kunst ist und ein Stück Parfumgeschichte. Und eine Liebkosung der Nase.
Obwohl ich ein überzeugter Vertreter des 'jede(r) soll denjenigen Duft tragen, der ihr oder ihm eben gefällt' - egal, ob derjenige nun eben zufällig als Damen- oder Herrenduft gelabelt ist (und das auch selber sehr konsequent praktiziere): Parure kann ich mir an einem Herrn nicht gut vorstellen. So einschmeichelnd und hinschmelzend, so ruhig und ernst und so empfangend ist er - wie die Saiten eines Cellos in einem lichtlosen Raum verklingen, voll versehrter Weichheit und feingliedriger Grazie, wie dunkelgoldene Sommerabendsonne auf sachte bebender Pfirsichhaut.
Pfirsich - Früchte überhaupt - sind ganz deutlich wahrnehmbar, aber ganz anders, als man es von zeitgenössischen 'Fruchtdüften' kennt. Voluminös. Unglaublich präzise arrangiert. Parure ist von Anfang ein fordernder Duft, der Erkenntnis verspricht, lässt man sich denn auf ihn ein. Auf den man sich im Grunde gar nicht nicht einlassen kann - lockt sein Verlauf die Nase doch wie ein schwebendes Licht immer tiefer hinein in sein olfaktorisch unfassbar dicht gewebtes Timbre aus nächtlichen Blüten, süßbitteren Früchten und sienafarbenem Holz.
Parure ist Guerlains Tribut an die Fraulichkeit. Weit mehr als Mitsouko, Jicky oder L'Heure Bleue, die allesamt auch von (verwegenen) Männern gut getragen können. Selbst mehr als die rezenten, mitunter verfehmten Zuckerwasser aus der Feder des Herrn Wasser. Parure legt sich wie ein Flüstern auf die Haut, ist Taube und Schlange zugleich - und erzählt in geschliffenster Guerlainscher Sprache (die zu beschreiben 'Chypre' hier viel zu kurz gesprungen ist), was es bedeutet, Frau zu sein. Einer, der die (oder den) ihn einmal in der Nase hatte, nicht mehr loslässt.
Fazit: 'Und wir haben vergessen, wie Brot schmeckt. Wie Bäume flüstern. Wie der Wind streichelt. Sogar unseren Namen haben wir vergessen...' So berichtet der Halbling Sméagol, wie der 'Schatz' ihn veränderte, nachdem er sich seiner gewaltsam bemächtigt hatte - und das verfluchte Geschöpf Gollum aus ihm machte. Vielleicht doch nicht so schlecht, dass ich diesen einen hier nicht besitze - Parure, den Godfather unter den Chypres von Guerlain - den, der vergessen zu machen in der Lage ist, wie Brot schmeckt. Wie Bäume flüstern. Wie der Wind streichelt.
Obwohl ich ein überzeugter Vertreter des 'jede(r) soll denjenigen Duft tragen, der ihr oder ihm eben gefällt' - egal, ob derjenige nun eben zufällig als Damen- oder Herrenduft gelabelt ist (und das auch selber sehr konsequent praktiziere): Parure kann ich mir an einem Herrn nicht gut vorstellen. So einschmeichelnd und hinschmelzend, so ruhig und ernst und so empfangend ist er - wie die Saiten eines Cellos in einem lichtlosen Raum verklingen, voll versehrter Weichheit und feingliedriger Grazie, wie dunkelgoldene Sommerabendsonne auf sachte bebender Pfirsichhaut.
Pfirsich - Früchte überhaupt - sind ganz deutlich wahrnehmbar, aber ganz anders, als man es von zeitgenössischen 'Fruchtdüften' kennt. Voluminös. Unglaublich präzise arrangiert. Parure ist von Anfang ein fordernder Duft, der Erkenntnis verspricht, lässt man sich denn auf ihn ein. Auf den man sich im Grunde gar nicht nicht einlassen kann - lockt sein Verlauf die Nase doch wie ein schwebendes Licht immer tiefer hinein in sein olfaktorisch unfassbar dicht gewebtes Timbre aus nächtlichen Blüten, süßbitteren Früchten und sienafarbenem Holz.
Parure ist Guerlains Tribut an die Fraulichkeit. Weit mehr als Mitsouko, Jicky oder L'Heure Bleue, die allesamt auch von (verwegenen) Männern gut getragen können. Selbst mehr als die rezenten, mitunter verfehmten Zuckerwasser aus der Feder des Herrn Wasser. Parure legt sich wie ein Flüstern auf die Haut, ist Taube und Schlange zugleich - und erzählt in geschliffenster Guerlainscher Sprache (die zu beschreiben 'Chypre' hier viel zu kurz gesprungen ist), was es bedeutet, Frau zu sein. Einer, der die (oder den) ihn einmal in der Nase hatte, nicht mehr loslässt.
Fazit: 'Und wir haben vergessen, wie Brot schmeckt. Wie Bäume flüstern. Wie der Wind streichelt. Sogar unseren Namen haben wir vergessen...' So berichtet der Halbling Sméagol, wie der 'Schatz' ihn veränderte, nachdem er sich seiner gewaltsam bemächtigt hatte - und das verfluchte Geschöpf Gollum aus ihm machte. Vielleicht doch nicht so schlecht, dass ich diesen einen hier nicht besitze - Parure, den Godfather unter den Chypres von Guerlain - den, der vergessen zu machen in der Lage ist, wie Brot schmeckt. Wie Bäume flüstern. Wie der Wind streichelt.
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