Vetiver 1959 Eau de Toilette

Vetiver (Eau de Toilette) von Guerlain
Flakondesign Robert Granai
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7.9 / 10 1035 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Guerlain für Herren, erschienen im Jahr 1959. Der Duft ist grün-würzig. Es wird noch produziert.
Aussprache
Gut kombinierbar mit Green Vetiver
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Duftrichtung

Grün
Würzig
Holzig
Frisch
Zitrus

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
BergamotteBergamotte ZitroneZitrone OrangeOrange
Herznote Herznote
MuskatMuskat PfefferPfeffer
Basisnote Basisnote
VetiverVetiver TabakTabak TonkabohneTonkabohne

Parfümeur

Bewertungen
Duft
7.91035 Bewertungen
Haltbarkeit
7.6848 Bewertungen
Sillage
7.0824 Bewertungen
Flakon
7.5808 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
8.0309 Bewertungen
Eingetragen von DonVanVliet, letzte Aktualisierung am 14.04.2024.

Rezensionen

72 ausführliche Duftbeschreibungen
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Can777

240 Rezensionen
Can777
Can777
Top Rezension 72  
Le coeur vert/Das grüne Herz
Ohne Frage! Ich liebe beide Fassungen von Vetiver,doch tragen tue ich nur die alte Formulierung. Warum dies so ist? Sagen wir mal so! Stellen wir uns vor beide Fassungen wären Bilder die das selbe Motiv darstellt. Das eine Bild ist in Öl gemalt. Man sieht die Spuren des Pinsels auf der Leinwand. Man spürt die Furchen und Erhebungen wenn man mit den Fingerspitzen darüber gleitet. Man sieht unterschiedliche warme Lichtbrechungen und Reflexe auf der Oberfläche wenn man sie um das Ölbild bewegt. Das andere vom Motiv identische Bild ist ein digitaler Kunstdruck. Es ist auf Papier gedruckt. Die Oberfläche ist clean,glatt und makellos. Keine Furchen und Erhebungen. Es gibt keine Tiefen und Höhen. Die Reflexe die es zurück wirft sind verzerrt und blendend. Es wirkt perfekt,ist aber sehr kühl und statisch dabei! Ich persönlich würde das Ölbild bevorzugen. Ähnlich ist es auch mit Vetiver in der alten Formulierung!

Meinen ersten Vetiver trug ich mit einundzwanzig Jahren. Dies ist mittlerweile dreißig Jahre her. Ich habe lange gesucht einen möglichst alten Flakon zu bekommen der nach Möglichkeit weit zurück ging in der Zeit. Und es gibt sie noch! Ich hatte allerdings mehr als Glück einen der wirklich sehr,sehr alten Flakons zu bekommen die eine kurze Periode sogar mit Treibgas vertrieben wurden. Dieser scheint aus den 70er Anfang 80er Jahren zu stammen. Er ist perfekt erhalten äußerlich wie innerlich. Diese Fassungen und Formulierung ist so gut wie unverändert und unverfälscht. Es ist sozusagen die Quintessenz des alten Vetiver und noch die alte Handschrift von Jean-Paul Guerlain!

Vetiver-Vintage
Sprüht man sie die alte Formulierung von Vetiver auf die Haut,ist er erstmal nichts charmant,gefällig und sanft. Das Parfum ist eine Urgewalt und nichts für zarte Gemüter und Nasen zu Beginn. Es ist als würden einen alle Aromen und Duftstoffe gebündelt treffen. Mächtig,wild und ziemlich zügellos. Ein Bruchteil von Sekunden ist die Bergamotte und Zitrik zu erkennen,die schnell verschwunden ist. Sofort ist ein grün-brauner,satter und fast fleischiger Tabak sehr präsent. Reif und noch nicht geerntet. Eine schwüle,erdige und schwitzige Note mischt sich mit bei die von Öl der Gostuswurzel herrührt. Begleitet von einer leicht stechenden und unterschwelligen Zibet-Note. Diese beiden Noten sind gänzlich in der neuen Formulierung verschwunden. Sie wurden auch nie offiziell in der Duft-Pyramide erwähnt,waren aber immer in minimalen Dosierungen vorhanden. Nebenbei bemerkt! Würzig,scharfen und zerstoßenen Pfeffer und das Vetiver ist auch augenblicklich zu erkennen. Nach ungefähr fünf Minuten legt sich dieser Tornado aus Aromen und der Duft wird ruhiger. Er scheint in seine Bestandteile zu zerfallen und sich aufzulösen,was allerdings täuscht und nicht der Fall ist. Er ordnete sich nur neu und kommt erneut nach oben. Alle Noten fügen sich in höchster Perfektion und Harmonie zusammen. Erdig und würzige Muskatnuss arbeiten sich empor und der wohl einzigartige wild-grüne und rauchige Vetiver der ihn den Namen gab. Nach ungefähr einer Viertelstunde scheint der Duft nicht mehr auf der Haut zu sein,sondern über ihr zu schweben wie eine zweite transparente Haut. Zwar leicht,aber unglaublich dicht dabei. Der Duft hat was Pulsierendes in seiner Aura und Ausstrahlung was einem Herzschlag gleich kommt. Ist man ruhig und entspannt ist er es auch. Kommt man in Wallung strahlt das Parfum immens ab und prescht nach vorne. Etwas was persönlich sehr mag! Im Gegensatz zur neuen Formulierung die tendenziell frisch-würzig bleibt,bekommt die alte Formulierung einen leicht unterschwelligen,warmen angeschwitzten und menschelnden Unterton der wesentlich mehr Tiefe und Wärme hat. Die stärkere Konzentration und Dichte ist auch schon optisch zu erkennen. Stellt man beide Varianten nebeneinander sieht man das die ältere Version aussieht wie goldgelber,zu lange gezogener Kamillentee und die neuere Variante wie zart-grüner,verwässerter Weizengras-Saft. Was die Haltbarkeit betrifft,so ist das alte Vetiver dem Neueren weit überlegen. Die Haltbarkeit lieht bei zwölf bis sechzehn Stunden und noch darüber hinaus. Auf Kleidung sogar Tage. Ganz weg ist er so gut wie nie!

Fazit
Wie ich schon sagte. Beide Versionen haben ihre Vorzüge,die sich nicht nur in der Zusammensetzung sondern auch im Preis wieder spiegeln. Eine alte Version kostet auch schon mal wesentlich mehr als eine neue Version. Aber es lohnt sich wenn man den alten Geist des Jean-Paul Guerlain und seinem Vetiver um sich haben möchte. Ein Parfum was eine fast schon unverschämte und provozierend,männlich-wilde Eleganz verbreitet. Und dies seit mittlerweile einundsechzig Jahren. Man(n) sollte sich nur entscheiden welche Version man möchte. Die glatte,leichte und softe Variante oder die raue,schwerere und kantigere Variante mit wesentlich mehr Tiefgang. Jede hat ihre Liebhaber und Vorzüge. Und um noch mal auf meine Einleitung zurück zu kommen....

Ich bevorzuge das Ölbild,....immer noch!
47 Antworten
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Kovex

29 Rezensionen
Kovex
Kovex
Top Rezension 41  
Zurück zu den Wurzeln oder wie alles begann
Zu Beginn meiner Parfumo-Zeit, als ich noch unangemeldet hier herumschlich, bezog ich meine Parfümproben in Ermangelung der Kenntnis eines Souks, überwiegend auf Online-Plattformen. Dies führte dazu, dass ich Unwissender teilweise an Vintage-Proben gekommen bin (und diese selbstverständlich auch verbrauchte), für die der ein oder andere Liebhaber sicherlich eine Fingerkuppe geben würde. Ok, sei´s drum. Es diente der olfaktorischen Erweiterung meines Bewusstseins, insofern alles gut.

Wie viele Neulinge dienten auch mir die Top100 als erste Orientierungshilfe. Schnell wurde mir klar, dass Guerlain hier eine besondere Position einnahm. Vetiver war mir gänzlich unbekannt und meine Neugierde war umso mehr geweckt, als auch diese Duftnote aus Vetivergraswurzeln niemals bewusst Einzug in meine Nase gehalten hatte.

Als ich den Verschluss des Vintage-Mini-Flakons öffnete, wusste ich noch nicht, dass dies der Beginn einer großen Duftleidenschaft werden sollte. Es war meine erste aktiv besorgte Probe.

*

Als sich der 21 jährige Jean-Paul Guerlain an einem Frühlingsmorgen im Jahre 1958 auf den Weg in die Firma seines Onkels machte, ahnte er noch nicht, dass er den Auftrag erhalten sollte Großes zu vollbringen.

Sein Onkel Jean-Pierre Guerlain, der damals zusammen mit seinen Bruder Jacques das Unternehmen leitete, beobachtete mit Argwohn, wie der 1957 lancierte Vetiver-Duft von Carven sich immer größerer Beliebtheit erfreute. Auch der Umstand, dass Guerlain schon seit Erscheinen von Mouchoir de Monsieur im Jahre 1904 keinen eigenständigen Herrenduft mehr kreiert hatte, veranlasste ihn dazu, seinen Neffen mit der Modernisierung der Duftpalette zu beauftragen.

Inspiriert durch Carvens Vetiver wollte Jean-Paul den Geruch eines Gärtners erschaffen. Tabak und Gras sollten die zentralen Duftnoten sein. Symbolisch stand ihm hierbei der Gitanes-rauchende Gärtner einer befreundeten Familie Pate.

*

Vorsichtig und neugierig tröpfelte ich mir vermutlich die Urversion von Vetiver auf den Handrücken. Der Auftakt wirkte leicht aldehydisch. Er erinnerte an die kühle, dunstige Frische eines nebligen Morgens auf dem Land. Die Art, wie Mandarine, Koriander, Muskat und Holz auf Grundlage der rauchigen Vetivergraswurzel ein grün-frisches und zugleich heiseres Cello spielten, war einzigartig. Im weiteren Verlauf schuf Jean-Paul eine seinerzeit einzigartige salzig-aschige Note, welche golden und klar wie halbgetrocknete Tabakblätter roch.

*

Als Jacques, welcher seinerzeit noch Chefparfumeur war, die Kreation seines Neffen das erstemal roch, bekam er Gänsehaut, so authentisch war ihm das Gärtner-Thema gelungen. Als er dem damaligen Guerlain Sprecher – ein gewisser Roja Dove – davon erzählte, fasste man den Entschluss, entgegen der ursprünglichen Planung, Vetiver nicht nur in Südamerika zu vertreiben, wo Vetivergras schon seit 1840 bekannt war und in vielfältiger Weise verwendet wurde.

Aus unbestätigten Quellen (Lang lebe die Legende!) geht hervor, dass Vetiver drei Reformulierungen durchgemacht haben soll. Die 1988 lancierte Version gilt auch heute noch unter Kennern als die Rundeste und Grünste im besten Sinne des Wortes (wobei Vetiveröl eher rauchig als blättrig-grün riecht). Sie entfaltete eine rauhe, windgeblasene, natürliche Wärme aus getrocknetem Gras und feuchten Wurzeln, der eine minimale Seifigkeit anhing.

Die Version aus 2000 hatte eine hellere und freundlichere Ausstrahlung mit intensivierten Zitrusfrüchten und Baummoos, als Ersatz für das zarte Eichenmoos, welches der Allergen-Verordnung zum Opfer fiel. Diese Version wurde jedoch von all jenen dankbar angenommen, die mit der typischen Seifigkeit vieler Düfte vergangener Zeiten ihre Schwierigkeiten hatten.

Der aktuell erhältlichen Version (die mit dem grünen Holzdeckel) wurden nun sämtliche potentiell allergen wirkenden Inhaltsstoffe ausgetrieben. Gerüchten zufolge soll der Wechsel auf die heutige Version mit der Vereinheitlichung der Flakons im Jahre 2016 einhergegangen sein.

Hier hat frisches, grün-saftiges Vetiver von Anfang an das Zepter in der Hand. Zitrusnoten, so pikant-frisch, wie ein sonniger Frühlingsmorgen nach einer verregneten Nacht. Die wärmende Morgensonne spiegelt sich in den Tautropfen auf der Wiese. Lüstern reckt sich das Gras auf dem feucht-dampfenden Boden der Sonne entgegen. Während mit der Zeit Muskat und Pfeffer ein wenig Ernsthaftigkeit beisteuern, wirkt der Duft stets sauber, seriös und markant männlich.
Während bei vielen Vetiverdüften die rauchig-würzigen Noten im Vordergrund stehen und unter Umständen auch recht harsch wirken können, ist es Guerlain gelungen dem Vetiver eine grüne Leichtigkeit und Frische einzuhauchen, die ihn auch - und vielleicht gerade deswegen - perfekt für die wärmeren Tage machen.

Wenn Jean-Paul auch heute mitunter noch behauptet, die Formulierung sei noch die Gleiche wie damals, nehme ich das augenzwinkernd zur Kenntnis und freue mich darüber, dass dieser grandiose Klassiker sehr gelungen in die heutige Zeit reformuliert wurde. Unbedingt möchte ich ihn auch Jüngeren empfehlen, die dem gängigen Duftgeschmack etwas entgegenhalten wollen. Aus meiner Sicht hat er eventuell assoziierte Opaduft-Attitüden gänzlich abgelegt.

Ich hatte mich nach dem Test meiner Vintage-Probe zunächst über Guerlains „Vetiver Extreme“ (der eine jüngere Klientel ansprechen soll) dem Thema genähert. Umso mehr freue ich mich heute, beim Original gelandet zu sein.

21 Antworten
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Profumo

284 Rezensionen
Profumo
Profumo
Top Rezension 42  
Ein Denkmal
Guerlains ‚Vetiver’ ist eine Legende, vergleichbar nur ganz wenigen anderen - Diors ‚Eau Sauvage’, oder dem originalen ‚Aramis’ vielleicht.
Allen dreien gemeinsam ist aber nicht nur ihr Status als duftende Legende, sondern auch das Image eines altmodischen und altväterlichen Colognes.

Was haben wir uns aber auch satt gerochen an diesen Großtaten der Parfumkunst, oder? Und hatte nicht jeder in seinem familiären Umfeld mindestens einen Vater, Großvater oder Onkel, vielleicht auch einen Lehrer, einen älteren Kollegen oder Vorgesetzten, der nach einem dieser glorreiche Drei geduftet hat, oder womöglich sogar noch immer duftet?

Ja, ich gestehe: ich – Jahrgang 65, und quasi mit ihnen aufgewachsen – konnte sie nicht mehr riechen. Im wahrsten Sinne der Worte hatte ich ‚die Nase voll’.
Nun aber, da doch einige Jahre ins Land gegangen sind und ich mich für unzählige Parfums habe begeistern können, tritt das Besetzt-Sein mit so vielen Erinnerungen doch etwas zur Seite. Zusehends lösen die Düfte sich von den Bildern jener Menschen die sie trugen und mit denen ich sie jahrzehntelang assoziierte. Und auf einmal – bar nicht jeglicher, aber fast aller Ressentiments – stelle ich fest, welcher Qualität sie sind.
Nicht, dass ich mich auf einmal für sie derart begeistern könnte, um sie völlig vorurteilsfrei und mit Genuss tagein tagaus zu tragen - nein. Eine gewisse Unsicherheit, ein leiser Vorbehalt sind geblieben: riechen sie nicht doch etwas altmodisch, verströmen sie nicht doch diesen ‚Daddy-Vibe’?

Am ehesten kann ich‚Eau Sauvage’ tragen – es erinnert mich einfach an meine Frankreich-Urlaube als Kind. Mit ‚Aramis’ ist es schon schwieriger – ein Lehrer trug es. Ja, und Guerlains ‚Vetiver’, das trug wiederum ein Kollege meines Vaters, und meine Geschäftspartnerin trägt es noch heute. Immerhin kann ich – wie gesagt –den Wert dieser Düfte heute anerkennen, wenngleich ich mit ‚Vetiver’ – analog zum Verhältnis zu meiner Partnerin – die meisten Schwierigkeiten habe. Ich weiß nicht, ob ich sagen kann: ich mag den Duft. Auf jeden Fall achte, ja bewundere ich ihn.
Vorallem das Bild des Gärtners auf dem Familiengut, der immer nach frischem Gras und Erde roch, und einem Päckchen Tabak, das er bei sich trug – dieses Bild, das den kaum volljährigen Jean-Paul Guerlain zu diesem Duft inspirierte, es gefällt mir außerordentlich, da es so wunderbar umgesetzt wurde. Ein Hauch von diesem Duft, und exakt dieses Bild ersteht vor meinem inneren Auge: gemähtes Gras und heller Tabak.
Aber natürlich ist ‚Vetiver’ viel komplexer. Der Gärtner hat nämlich – warum auch immer - ein paar Muskatnüsse in der Tasche. Deren würziges Aroma passt aber wunderbar zum herben Grün des Grases und den feinen Tabaknoten. Und ganz im Hintergrund, da lauert auch noch – allerdings dezent in Szene gesetzt - der ganze Kosmos des Guerlain´schen Erbes: die berühmte ‚Guerlinade’, jene Melange provençalischer Kräuter, pudrig-süßer Noten und leichter aromatischer Nuancen.

Sicher stand der junge Jean-Paul noch unter der Aufsicht des großen Jacques, als er diesen Duft schuf – sein erstes großes Meisterwerk. Zumindest wird er sich mit ihm beraten haben. Immerhin war es sein Großvater, der den bizarren und facettenreich zwischen grün-erdig-rauchig changierenden, zugleich aber zur Dominanz neigenden Duft des Vetiveröls zum ersten Mal etwas mehr Raum gab (‚Sous le Vent’), ja ihm schon fast eine Hauptrolle gönnte (‚Djedi’). Es als Soliflor heraus zu streichen wagte er jedoch – noch – nicht. Erst als Carven mit einem solchen herauskam, und zwei Jahre später Givenchy nachzog, bestand akuter Handlungsbedarf. Guerlain, als erstes Haus am Platz, fühlte sich einmal mehr berufen zu zeigen, dass es etwas besser kann als andere: nämlich Parfums machen. Waren die Konkurrenten vielleicht innovativer, Guerlain war besser. So folgte ‚Jicky’ auf ‚Fougère Royale’, ‚Mitsouko’ auf François Cotys ‚Chypre’, ‚Shalimar’ auf Cotys ‚Emeraude’, und eben das eigene ‚Vetiver’ auf dasjenige von Carven.
In allen Fällen gelang ihnen nicht nur eine bessere und interessantere Umsetzung der ursprünglichen Idee, sondern auch deren Sublimierung; und so verwundert es nicht, dass sämtliche Vorgängerdüfte verschwanden, während die Kreationen des Hauses Guerlain all die Jahre hindurch unbestritten die vordersten Plätze einnahmen und zu Legenden der Parfumkunst wurden.
Leider können wir heute diesen Akt der Sublimierung kaum mehr nachvollziehen, da – wie gesagt – die Vorgängerdüfte größtenteils verschwunden sind, bzw. falls sie wieder eingeführt wurden, wie kürzlich das jahrzehntelang verschollene ‚Fougère Royale’, in der Regel als moderne Interpretationen der ursprünglichen Idee gelten können.

Doch auch die Düfte von Guerlain haben sich nach so manch notwendig gewordener Reformulierung ein gutes Stück verändert und sind dem herrschenden Zeitgeschmack angepasst worden. Das hauseigene ‚Vetiver’ ist ein gutes Beispiel dafür.
War es früher viel grüner, dunkler, ja fast öliger, mit voluminöser Basis, ist es heute frischer, strahlender, transparenter und stark Gewichtsreduziert. Die Koordinaten Zitrus-Muskatnuss-Vetiver-Tabak bilden zwar nach wie vor das Gerüst des Duftes, doch ist dieses längst nicht mehr so massiv. Der Duft ist durchweg stark verschlankt. Ähnliches wird von der Neu-Einführung von Carvens ‚Vetiver’ berichtet, das allerdings kaum mehr wieder zu erkennen sei, während die Neu-Einführung von Givenchys ‚Vetyver’ als halbwegs gelungen gepriesen wird.
Ich kenne die alten Vetivers von Carven und Givenchy nicht, nur dasjenige von Guerlain – aber ich gäbe einiges dafür, sie einmal alle drei nebeneinander in ihrer ursprünglichen Fassung riechen und vergleichen zu können.
So bleiben mir nur die heutigen Ausgaben, und ich muss sagen: Guerlain hat immer noch ein klein wenig die Nase vorn – auf jeden Fall weit vor Carvens (meines Erachtens) missratenem neuen Vetiver. Der Vergleich mit Givenchys berühmter Kreation – sie war Hubert de Givenchys Signaturduft – ist da schon ergiebiger: hinsichtlich der Exzellenz der Komposition und der exquisiten Materialien sind sie beide auf gleicher Höhe. Nur ist das Vetiver von Givenchy introvertierter und zurückhaltender, während Guerlains offensiver und extrovertierter ist. Und wie es fröhlicheren und temperamentvolleren Menschen eben zu Eigen ist: sie stellen die leisen, schüchternen gerne mal ein wenig in den Schatten.
So fristete Givenchys Vetiver jahrzehntelang tatsächlich eine Art Schattendasein, und wird es auch weiterhin fristen – aller Exzellenz zum Trotz. Guerlains Variation auf dieses Thema wird es auch in Zukunft mit Aplomb überstrahlen.
Anders sieht es schon mit moderneren Interpretation zum Thema Vetiver aus: Kompositionen wie Dominique Ropions ‚Vetiver Extraordinaire’ für Frédéric Malle, Jacques Floris ‚Vetiver’ für Etro oder auch Jacques Polges ‚Sycomore’ richten den Fokus eher auf die erdigen und rauchigen Seiten dieser Graswurzel, und weniger auf deren grüne Triebe. Sie können ohne weiteres neben Guerlains Vetiver bestehen, da sie sich erst gar nicht auf einen Zweikampf einlassen. Allein Patricia de Nicolaï wagt ein direktes Duell, und (als großer Fan von ihr muss ich leider gestehen) unterliegt nach Punkten. Obwohl ihr ‚Vetyver’ gut ist, sehr gut sogar, doch ist es ein wenig zu sperrig, zu kopflastig. Als Mitglied des Hauses Guerlain musste sie sich vermutlich dieser Aufgabe stellen, womöglich aber reizte sie ja auch der direkte Vergleich mit dem berühmten Werk ihres Onkels.
Hieran wird allerdings auch erkennbar, wie schwierig es ist, sich als Parfumeur diesem epochalen Werk zu nähern. Man kann es nicht besser machen, höchstens anders. Wer das eigene Werk im Umfeld des Duftes von Guerlain zu errichten gedenkt, wird bis auf weiteres in dessen Schatten stehen. Sich aber anderenorts auf dem weiten und facettenreichen Feld zu positionieren, scheint dringend geboten, möchte man auch mal für ein Weilchen in der Sonne stehen.
Sogar Jean-Paul Guerlain selbst musste es sich gefallen lassen, dass - anlässlich seiner ‚Vetiver Extreme’ genannten Variante - Kübelweise Unrat auf ihn nieder prasselte. Dabei ist der Duft gar nicht mal so schlecht, nur empfinden es offenbar viele schon als absoluten Faux-Pas, wenn selbst der Erschaffer des großen Werkes an diesem zu rühren wagt – so sakrosankt ist es mittlerweile.

Ein unverrückbares Denkmal eben.

Egal ob altmodisch oder altväterlich: ich habe mir vorgenommen es öfter zu tragen – es ist einfach zu gut!
2 Antworten
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Tofuwachtel

36 Rezensionen
Tofuwachtel
Tofuwachtel
Top Rezension 51  
Was ist schon Zeit
Als wir uns trafen warst Du
Spritzig und charmant

Du wirktest
Frisch und verlässlich

Du hattest
Pfeffer und Esprit

Du liebtest
Erde und Kraut

Du trugst
Anzug und Jeans

Du warst
Würze und Leben

Du mochtest
Rauch und Holz

Du zeigtest
Stil und Lässigkeit

Du kanntest
Wagner und Wacken

Wir sind älter geworden
Aber geändert …. hat sich nichts
35 Antworten
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Konsalik

86 Rezensionen
Konsalik
Konsalik
Top Rezension 33  
Kontext und Rahmung
Mein Verhältnis zu Vetiver ist uneindeutig. Seit meiner (immer noch nicht so recht bewältigten) Primärerfahrung mit Laliques "Encre Noire" fällt es mir schwer, dominantem Vetiver unvoreingenommen gegenüberzutreten und schnell fällt die innere Klappe zu, auf der geschrieben steht: "Vetiver macht aus einem Parfum einen Geruch". Und so steht schon seit Monaten Guerlains Oberklassiker aus dem Jahre 1959 beinahe unangetastet in seinem beschrifteten Taschenzerstäuber auf dem Regalbrett, da der erste Geruchstest mein ankonditioniertes Vorurteil zu bestätigen schien: "Vetiver EdT" duftete für mich nicht, es roch vielmehr - wenn auch nicht unangenehm. Aber eben doch kalt, ohne Geschichte und Zweck; die übliche, eindimensionale Bleistiftmine eben. Wieviel interessanter nahm sich dagegen etwa "Timbuktu" von L'Artisan Parfumeur aus...

Einige Monate später gehe ich (nicht zum ersten Mal, mea culpa) einem meiner Freunde ungefragt mit meiner jungen Leidenschaft auf den Keks. Sprüh, sprüh. Verriech, verriech. Nichts dringt wirklich zu ihm durch, bis es zu Guerlains "Vetiver" kommt. Da sitzt mit einem Mal der olfaktorische Meißelschlag und schon bricht es aus ihm heraus: Der Bach hinter dem Vereinsheim, an dem er als Kind gespielt hat. Das Moos, die Steine: Kopfkino deluxe. Haben-muss-Litanei. Auch wenn es sich hierbei um eine sehr biographische, für mich naturgemäß nicht nachvollziehbare Assoziation handelt, brachte sie mich doch dazu, dem Duft noch eine Chance zu geben und siehe da: Gar so unzugänglich ist er gar nicht mehr. Das Gefühl, einen wenig kunstvoll präsentierten "Primär-Geruch" auf der Haut zu tragen, klingt ab. So etwas wie Freude kommt auf!

Der Duft bleibt kühl und reserviert, ja. Aber nicht abweisend-gleichgültig wie eine Bauhaus-Mustersiedlung, sondern eher Respekt erheischend wie ein klassizistisches Theatergebäude: Ebenfalls primär monochrom, aber eben mit Details gespickt, die dem Ganzen Kontext und Form geben; die reine, brutalistische "Fläche" wird vermieden. Ganz deutlich spürt man, nachdem der zitrische Auftakt abgeklungen ist, den durchaus mit Schwung dosierten Pfeffer. Hinzu kommt eine Würze, von der ich nicht genau sagen kann, ob sie vom gelisteten Tabak, oder doch dem Muskat herrührt. Gleichgültig: Mit wenigen Handgriffen wird dem Vetiver ein Rahmen geschaffen, der ihn wirklich zu einem Parfum werden lässt. Die snobistische Arroganz wird zu einer aristokratischen Distanz, die Raum und Verbindlichkeit schafft. So etwas kann man dann wohl durchaus als Gentleman-Duft bezeichnen, wenn mir die Verwendung dieses abgegriffenen Schlagworts gestattet sein darf.
10 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

137 kurze Meinungen zum Parfum
PinseltownPinseltown vor 2 Jahren
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Mon cher Ami,
Wie schön dein Besuch gestern
Ich dein frischgrünrauchig Charisma genoss
und wir an gemeinsam tolle Zeiten dachten
Dein Pinsel
30 Antworten
SchoeibksrSchoeibksr vor 4 Monaten
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Zitrusfrischer Rasiermorgen
Sonnenstrahlen reflektiert von der scharfen Muskatklinge blenden mich
Aua !
Süßer Balsam auf die Veti-Wunde*
45 Antworten
Can777Can777 vor 4 Jahren
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Wie er war in der ersten Generation? Dunkelgrün,Costus geschwängert,Tabak schwülstig,Katzen gleich und provozierend elegant. Formidable!
17 Antworten
DelightfulDelightful vor 2 Jahren
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
In old Vintage sprichst Du
Hesperidenfrisch der Dialekt
Würzig tabaktrocken Deine Worte
Mit herbwurzel fester Stimme
Fesselnd rauchige Lyrik
33 Antworten
SalvaSalva vor 3 Jahren
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Einfach nur Wow!
Blind bestellt, gerochen, verliebt!
Guerlain’sche Meisterwerk-Frische mit würzigem Touch&eingebettet
in feinstem Vetiver
19 Antworten
Weitere Statements

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Diskussionen

Themen zum Parfum im Forum
AavaAava vor 12 Jahren
Beratung
Für meinen Vater
Pour monsieur von Pierre Cardin ist noch ziemlich gut erhältlich z.B. bei ebay oder bei cheapsmells. Ob es eingestellt worden ist weiß ich nicht.
ApiciusApicius vor 13 Jahren
Herren-Parfum
Guerlains neues Vetiver ist da!
Ja ja ja, sie kommt, die grüne Vetyverylacetat-Note. Lecker. Warum sollte sowas den Damen vorenthalten bleiben? Ts...
CoriolonCoriolon vor 12 Jahren
Herren-Parfum
Guerlain's Vetiver - zurück zu den Wurzeln
danke nase.ja hast recht wetter und stimmung spielen einre rolle...ja haste recht organisiere mir tester...gruss

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