Bel Ami 1986 Eau de Toilette

8.1 / 10 481 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Hermès für Herren, erschienen im Jahr 1986. Der Duft ist ledrig-würzig. Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich. Es wird noch produziert. Der Name bedeutet „Schöner Freund”.
Aussprache

Duftrichtung

Ledrig
Würzig
Holzig
Rauchig
Orientalisch

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
MandarineMandarine BergamotteBergamotte SalbeiSalbei ZitroneZitrone
Herznote Herznote
GartennelkeGartennelke BasilikumBasilikum IriswurzelIriswurzel JasminJasmin PatchouliPatchouli ZederZeder
Basisnote Basisnote
LederLeder EichenmoosEichenmoos StyraxStyrax VetiverVetiver KokosnussKokosnuss VanilleVanille

Parfümeur

Bewertungen
Duft
8.1481 Bewertungen
Haltbarkeit
8.2381 Bewertungen
Sillage
7.5375 Bewertungen
Flakon
7.7366 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
7.7111 Bewertungen
Eingetragen von DonVanVliet, letzte Aktualisierung am 13.04.2024.

Rezensionen

35 ausführliche Duftbeschreibungen
7
Preis
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ponticus

63 Rezensionen
Ponticus
Ponticus
Top Rezension 84  
Lederhosenkinder
Ich gehöre zur der Generation der Baby-Boomer mit der landläufig die Geburtenjahrgänge in etwa von 1950 bis 1970 benannt werden. Als solcher litt ich nie Mangel an Spielkameraden, durfte in chaotischen, schülerstarken Klassen lernen, war bei Bewerbungen, Prüfungen oder Anmeldungen nie allein und bei fast jedweden Kaufabsichten war die Warteschlange unvermeidbarer Begleiter. Es war immer und überall voll und immer und überall war etwas los, man war nie allein, selten einsam, hatte echte Freunde und reale Feinde. Ein Leben direkt zum anfassen, welches sich hauptsächlich draußen abspielte.

Für diese Abenteuer in der freien Natur besaß damals fast jedes Kind eine kurze Lederhose! Neu und zu Anfang einige Nummern zu groß, noch mit Trägern dran und Brustportmonnaie, wuchs ein Jeder mit der Zeit in seine Hose hinein um dann, nach etlichen Jahren, jetzt hauteng, die ersten pubertären Veränderungen eher zu verstärken als zu verbergen. Alle Jungs in unserer ländlich geprägten Gegend trugen sie von März bis November so lange es die Temperaturen zuließen und auch einige Mädchen waren mit dabei. Diese Hosen gingen nie kaputt, wurden nie dreckig und folglich auch nicht gewaschen und waren Aufbewahrungsort für alles was man den lieben langen Tag draußen brauchte oder fand. Eine zweite neue Lederhose gab es meistens nicht, war man der ersten erstmal entwachsen. Oft wurde sie aber weitergegeben an den Bruder, Freund oder den, der eine suchte. Niemals wurde sie weggeworfen, lieber eingelagert um eines Tages den eigenen Kindern ebenfalls gute Dienste zu leisten.

Als vor vielen Jahren meine liebe Oma starb, fand ich die Meinige in einem Pappkarton in ihrer Abstellkammer. Meine Kinder waren schon zu groß dafür, aber sie hätten sie sowieso nicht angezogen, auch keine Neue. Kürzlich fand ich sie erneut wieder, meine alte Lederhose, diesmal auf meinem eigenen Boden. Natürlich habe ich sie mir genau besehen, überall gerochen und vieler der aufkommenden Erinnerungen gedacht. Kaum noch wildes Leder zu sehen, überall glatt und speckig, fleckig, abgeschabt und abgeranzt, sogar eine offene Naht ist zu sehen. Ihr Geruch ist leicht muffig-erdig, recht herb und kräftig ledrig. Zusätzlich kommen Erinnerungen auf an die vollgestopften Seitentaschen in denen die Kirschen, Äpfel und Pflaumen Platz fanden, die wir an den vielen Straßenalleen plückten und die auch ansonsten immer gut gefüllt waren mit unseren Kinderschätzen, mit Essen und anderem mehr. Etwas verschämt denke ich auch daran, wie schnell es gehen mußte, wenn man beim spielen „plötzlich“ von einem Bedürfnis überrascht wurde und dabei die Hose in der Eile mehr als einmal etliche Tropfen abbekommen hatte. Spätestens jetzt rieche ich diesen strengen, animalisch-trockenen Geruch auch bei meiner Hose.

Die Neuentdeckung meiner Lederhose ging zeitlich, aber zufällig mit dem Kauf eines neuen Parfüms, Bel Ami EdT von Hermès, einher. Das Parfüm wird geprägt von seiner Ledernote! Diese markante Ledernote macht Bel Ami aus, sowohl die Facetten die man geradeheraus riecht, als auch jene die man sucht und hofft zu finden. Bel Ami ist für mich ein Erinnerungsduft und ein Teil davon erinnert mich an meine glückliche Kindheit, an unser Freiheit im Alltag und an meine Lederhose in der ich all die Abenteuer erleben durfte.

Würzig-herb geht es bei Bel Ami los in Gestalt einer frischen, krautigen Fruchtigkeit, die schon einen leichten Drift ins ledrige für mich hat. Zügig erreicht Bel Ami eine beachtliche Tiefe in der die fruchtige Frische schnell verschwindet und aus der heraus etwas angeschmutztes Leder immer mehr Raum gewinnt. Das Leder ist nicht dreckig, eher knarzig, rauchig, aschig und mit etwas Erde daran. Die Ledernoten sind zeitlich immer präsent, aber dominieren Bel Ami nicht. Holzig-moosiges Eichenmoos, lockend-würzige Blumigkeit und eine zurückhaltende sehr aromatisch-vanillige Süße flankieren die Ledernote sehr elegant und geben dem Duft eine gewisse schroffe Harmonie. Die Haltbarkeit des Duftes reicht über den gesamten Tag, der Geruch ist nicht aufdringlich, aber die Bemerkbarkeit könnte besser sein. Bel Ami ist kein klassischer Lederduft, eher ein ledriger Klassiker für den eleganten Herrn und eine markante Alternative zu den heute überhand nehmenden Süßlingen und den älteren, bewährten Frisördüften.

Erinnerungen evoziert Bel Ami für mich vor allem durch die riechbaren Lederfacetten des Parfüms, ohne damit auch nur andeuten zu wollen, daß Bel Ami wie meine alte Lederhose riecht. Dennoch komme ich dann beim Zurückblicken ins Schwärmen, schaue mir die alten Fotos an, sprühe das Parfüm auf und bin an solchen Tagen etwas glücklicher als an anderen und riechen tue ich auch gut. Den kurzzeitigen Vorsatz meine alte Lederhose nun meinen Enkeln anzubieten, habe ich schnell aufgegeben! Sie sind zwar genau im richtigen Alter, aber heute ist eine andere Zeit mit anderen Moden, anderen Aktivitäten, viel weniger draußen und seien wir ehrlich, etwas eklig wäre es denn auch schon.

Herzlichen Dank an Euch für die erwiesene Aufmerksamkeit!
68 Antworten
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Profumo

284 Rezensionen
Profumo
Profumo
Top Rezension 43  
Zigarrenasche, kalter Rauch und jede Menge Leder
Dass es diesen Duft noch gibt ist eigentlich ein kleines Wunder, denn nähme man die Gesetze des Marktes zum alleinigen Maßstab, so müsste seine Produktion längst eingestellt sein.
Die Erwartungen die vor gut einem viertel Jahrhundert an ‚Bel Ami’ geknüpft waren, hat der Duft allesamt nicht erfüllt – er floppte vom Anbeginn seiner Einführung an, und ich vermute er ist bis heute ein ‚slow-seller’ geblieben. Dass man ihn dennoch im Hause Hermès wertzuschätzen weiß, zeigt allein die Tatsache, dass Bel Ami noch heute in den Regalen zu finden ist – nicht an vorderster Front, eher in der zweiten Reihe, oder ein wenig verschämt am Rande, aber immerhin: Bel Ami ist noch da, was man von einigen seiner Zeitgenossen – man denke nur an Patou pour Homme, an Ebène von Balmain, an Versailles pour Homme von Désprez und andere – leider nicht sagen kann.
Dass dieser Duft also nach wie vor das Portfolio von Hermès schmücken darf, ist aufschlussreich, denn obwohl er ein Flop wie kaum ein zweiter war (gemessen an den Erwartungen die an ihn gestellt wurden), scheint man an der Qualität des Duftes nicht zu zweifeln – zu Recht, wie ich meine.

Geblendet vom sagenhaften Erfolg von Chanels Antaeus, sah man sich bei Hermès zu Beginn der achziger Jahre genötigt ein eigenes Leder-Chypre für den Herren zu konzipieren, denn wer wenn nicht Hermès wurde mit den feinsten Lederwaren assoziiert – Chanel jedenfalls mit Sicherheit nicht. Es gab zwar schon das legendäre Eau d´Hermès, komponiert vom großen Edmond Roudnitska, und ein Lederduft der Extraklasse – doch für die hedonistischen achziger Jahre und deren Sucht nach kräftigen, ja fast krawalligen Düften war dieses feine ‚Eau’ dann doch zu feingliedrig, zu dezent, zu sehr ‚old world’. ‚Caléche’ und ‚Equipage’, die ruhmreichen Nachfolger, beide von Guy Robert geschaffen, trafen den Geschmack der Zeit und waren allseits anerkannte Meisterwerke. Doch nachdem es mit der Einführung der berühmten aromatischen Fougères wie Paco Rabanne pour Homme und Azzaro pour Homme, sowie der großen Leder-Chypres Van Cleef & Arpels pour Homme und Antaeus sozusagen zum Big-Bang auf dem Markt der maskulinen Düfte kam, war auch Hermès aufgefordert sich mit einem neuen Duft zu positionieren. Man heuerte Jean-Louis Sieuzac an, den Erschaffer von Opium, Yves-Saint Laurents großem Welterfolg, in der –nicht unbegründeten – Hoffnung, dass diesem ein zweites Mal ein derart großer Wurf gelänge. Doch es kam anders, aber vor allem kam der neue, nach einer Novelle Guy de Maupassants ‚Bel Ami’ genannte Duft, um einige Jahre zu spät. Als er 1986 lanciert wurde hatten die vorher genannten Düfte den Zenit ihres Erfolges schon überschritten und einige andere Düfte waren in ihren Windschatten mehr oder weniger erfolgreich mitgesegelt. Aber die Genres (Leder-Chypre & aromatisches Fougère) hatten sich am erhitzten Markt doch ein wenig erschöpft. Das ebenfalls 1986 lancierte Zino markierte dann den halbwegs erfolgreichen Versuch dem Marktgeschehen einen neuen Weg zu weisen, in Richtung reichhaltig-orientalisch – mit einigem zeitlichen Abstand folgten Egoïste und Heritage. Die eigentliche Revolution, bzw. Neuorientierung des Marktes fand aber schon zwei Jahre später, nämlich 1988 mit der Einführung von Davidoffs Cool Water statt. Die Geburtstunde von Bel Ami konnte also unglücklicher kaum sein – ein viel zu später Nachkömmling, als alle Welt schon auf die nächste Sensation wartete, die auch prompt wenig später mit besagtem Cool Water kam.
Wäre Bel Ami aber zehn Jahre früher, und somit vor Antaeus, auf den Markt gekommen, es zehrte heute vielleicht noch von seinem einstmalig durchschlagenden Erfolg. So aber ist dieser ihm versagt geblieben und kaum dass es das Licht der Welt erblickt hatte, rollte eine neue Modewelle durch die Lande und ließ Bel Ami trotz jugendlichem Alter verdammt alt aussehen.
Nun, wie gesagt, verdient hat Bel Ami das nicht, denn ich denke man kann es mit Fug und Recht zu den überzeugendsten Leder-Chypres rechnen. Dabei ist es eigen, sehr eigen sogar, und alle die immer wieder behaupten der Duft sei eine Kopie von Antaeus sollten sich mal die Nase putzen: wer diese beiden Düfte nicht zu unterscheiden vermag, der sollte den Versuch Düfte unterscheiden zu wollen lieber gleich sein lassen, denn verschiedener können – zugegeben: artverwandte – Düfte kaum sein. Antaeus: süß, animalisch, holzig versus Bel Ami: herb, ledrig, rauchig.
Wer Bel Ami aufsprüht, dem steigt zunächst einmal ein sehr komplexes, eher krautig-herbes, als frisch-zitroniges Aroma in die Nase. Fast gleichzeitig aber öffnet sich der gesamte Bel Ami-Kosmos mit seiner atemberaubenden Tiefe, bis ganz hinunter zu den Abgründen von herber Vanille und Asche. Doch zunächst dominieren Koriander, Salbei und Basilikum und vor allem: Leder, Leder und noch mal Leder. In der Kopfnote, im Herzen und in der Basis: Leder. Zu Beginn krautig akzentuiert, anschließend floraler, mit leicht verschämten Blüten-Akkorden die kaum zu isolieren sind, und schließlich mit rauchigem Styrax, Vetiver, unsüßer Vanille und Eichenmoos. Alles in allem ein herbes, wenn man möchte: ein männliches Aroma - vom Anfang bis zum Ende. Was nicht heißen soll, dass nicht auch Frauen diesen Duft tragen könnten, denn die wenigen süßeren Komponenten kommen auf weiblicher Haut besser zur Geltung. Und wenn ich sage: männlich, so meine ich nicht die mit animalischen Essenzen bis an die Grenze des Erträglichen beladenen Ultra-maskulinen Düfte wie Jules, Yatagan, Azzaro p.H. oder Kouros. Nein, ich meine eher die trocken-herben Kreationen wie Balafre von Lancôme oder das alte Monsieur Rochas. Gerade mit letzterem verbindet Bel Ami zwar nicht die kräftige Fougère-Struktur, wohl aber diese seltsam rauchige Basis, die viel eher nach kalter Zigarrenasche riecht, als nach frisch entzündetem, aromatischem Pfeifentabak. Vermutlich werden jetzt manche, bei alleiniger Erwähnung kalter Zigarrenasche, schaudern – zu Recht! Denn diese Phase der Duftentwicklung ist wirklich gewöhnungsbedürftig, und der Geruch von Zigarrenasche unseren heutigen Nasen obendrein kaum mehr präsent. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, wie ich früher des Abends, wenn mein Großvater zu Bett gegangen war, dessen marmornen Aschenbecher mit den Resten einer gerauchten Virginia-Zigarre wegräumte. Meist mochte ich diesen Geruch nicht, aber manchmal war er mir gar nicht so unangenehm, und hin und wieder roch ich sogar noch einmal dran und erfreute mich an meinem Schaudern.
Hermès nannte diesen Duft früher einmal ihren ‚bedroom-scent’.... Nun, die Zeiten haben sich wahrlich geändert: trüge ein junger Mann von Heute diesen Duft, und legte sich zu seiner Liebsten ins Bettchen – sie schickte ihn vermutlich erst einmal unter die Dusche. Für heutige, im Zeitalter der ozonisch-maritimen Kreationen trainierten Nasen ist dieser Duft in der Tat eine Zumutung. Und wer zeigt schon heute noch stolz sein Brusthaar und duftet obendrein gerne nach kaltem Rauch? Zugegeben: ich habe manchmal eine solche Tendenz. Hin und wieder habe ich all das Metrosexuelle, all das Uneindeutige, Verschwommene einfach satt. Dann brauche ich eben das Eindeutige, das Klare, will sagen: Bel Ami! (Hermès spricht in einem Beipackzettel den es früher zu Bel Ami gab sogar von ‚unendlicher Männlichkeit’)
Recht schnell aber bin ich in der Regel von diesen Ausflügen kuriert.....

Zu erwähnen bleibt noch, dass das alte Bel Ami, in den ursprünglichen, Cocktail-Shakern ähnlichen Flakons, etwas anderer Natur war: der Auftakt war deutlich zitroniger, der ganze Duft insgesamt dissonanter – was ihn allerdings noch reizvoller machte. Irgendwann – warum auch immer – wurde der Duft reformuliert, die Dissonanzen sind weitgehend verschwunden und Bel Ami duftet heute nicht nur harmonischer, sondern vor allem krautiger. Geblieben ist eine sehr komplexe, reichhaltige und langlebige Komposition, deren einzelne Noten extrem gut verblendet sind.

Ein großer und ein schwieriger Duft. In erster Linie aber ein unzeitgemäßer, von herb maskulinem Reiz – man muss ihm nur erliegen können!
6 Antworten
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Salva

78 Rezensionen
Salva
Salva
Top Rezension 35  
Vom Roman zum Parfum - Eine äußerst gelungene Kreation
Bel Ami - Schöner Freund

Wie kommt so ein Name zustande?

Der Name ist auf den 1885 erschienenen gleichnamigen Roman von Guy de Maupassant zurückzuführen, der den beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg eines Unteroffiziers im Paris des 19. Jahrhunderts erzählt.

Ein ungebildeter, geltungssüchtiger und beinahe mittelloser Herr namens Duroy trifft auf seinen ehemaligen Kumpel Forestier, der für eine Zeitung arbeitet. Dank seinem Freund erhält Duroy bei dieser Zeitungsredaktion ebenfalls eine Stelle. Schnell stellt er aber fest, dass er für‘s Schreiben weniger talentiert ist und sucht daher sein „Glück“ auf anderem Wege.

Nicht nur den Job, sondern auch die Bekanntschaft mit der höher gestellten Gesellschaft Paris’ hat Duroy seinem Freund zu verdanken. Alsbald nennt man ihn „Bel Ami“; sein Spitzname, unter dem er bekannt wird. Dass er nach dem Tod Forestier‘s seine Witwe zur Gemahlin nimmt und weiterhin diverse Affären mit anderen Damen hat, spiegelt indes seinen boshaften und opportunistischen Charakter wieder.

Seine zweite Heirat mit der Tochter des Zeitungsherausgeber‘s eröffnet ihm endgültig den Aufstieg an die Spitze der Gesellschaft.

[...]

Nun, was erwartet man denn von einem Duft, der so benannt ist? Mit Blick auf den Protagonisten des Roman‘s könnte man zwar meinen, dass es sich bei diesem Parfum um einen v.a. sehr verführerischen Duft handelt. Ich persönlich aber habe nichts erwartet, um ehrlich zu sein. Denn das Testen dieses Duftes habe ich sehr lange vor mir hergeschoben, da mich das hier aufgelistete Leder stets aufhielt; gehört es nämlich nicht zu den Noten, die ich bevorzuge.

Als ich vor geraumer Zeit hier endlich eine Abfüllung bestellte, testete ich ihn natürlich ausgiebig. Und er hat mich ziemlich überrascht, und zwar im positiven Sinne.

Er wird hier zwar als ledrig-würzig klassifiziert und Leder gehört nicht unbedingt zu meinen Lieblingsnoten, aber glücklicherweise ist es in diesem Duft nur als Nebendarsteller eingebunden; zumindest empfind ich es so.

Für mich startet er sehr frisch-aromatisch mit hesperidischen Noten wie der Bergamotte und Zitrone sowie einem ersten herb-würzigen Akkord, welchen ich auf den Salbei zurückführe.
Nach kurzer Zeit gesellen sich weitere Gewürze dazu, die die anfänglichen Zitrusnoten zurückdrängen und sich in den Mittelpunkt stellen. Diese empfinde ich im weiteren Verlauf aber als sanfter und angenehmer als zu Beginn; nicht stechend oder piksend in der Nase.
Das Leder nehme ich wenn, dann erst zur Basis wahr, doch dort auch nur dezent im Hintergrund. Hier preschen nämlich grünes Moos und Vetiver hervor, die dem Duft einen leicht holzig- und chypreartigen Charakter verleihen, was ich so schätze und mag.

[...]

Für den Sommer ist er v.a. aufgrund der Gewürze mMn nicht so geeignet, doch sehe ich ihn in allen anderen Jahreszeiten problemlos tragbar. Bevorzugt jedoch vielleicht im Herbst und an kühleren Frühlingstagen.

Die Haltbarkeit lässt sich mit etwa 7 h bei 5-6 Spritzern auf meiner Haut sehr sehen, und eine Duftwolke nehme ich an mir selber die ersten 2 h auch wahr.

[...]

Fazit:

Auch wenn für mich persönlich nach wie vor Terre d‘Hermès EdT als bester Duft des Hauses gilt, gefällt mir der Bel Ami EdT auch sehr.

Er ist ein männlich markanter, klassisch geprägter, würzig aromatischer Duft mit leichten Chypreanklängen, bei dem zum Glück das Leder nicht so sehr im Mittelpunkt steht.

In der Tat strahlt er gar eine leicht sinnliche Verführer-Aura aus, die ich schon wahrnahm, bevor ich mich überhaupt mit den Hintergründen bzgl. der Namensgebung auseinandersetzte. Diese verführerische Note jedoch ist sehr subtil und zurückhaltend in seinem gesamten Auftreten. Sie ist überhaupt nicht aufdringlich, sondern sehr höflich und zivilisiert.

Und vermutlich hat auch Duroy wohl die Damen so erobert...

[...]

Vielen Dank für‘s Lesen!
26 Antworten
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
FabianO

1005 Rezensionen
FabianO
FabianO
Top Rezension 23  
Würzigwarmer Winterschmeichler
Nachdem mir bisher nur der vetivertönige Ableger, Ellenas jüngst kreierter "Bel Ami Vetiver" bekannt war, muss ich mich nun endlich dem Klassiker widmen.

Generell ist Ellenas Variation durchaus nah am Original orientiert, driftet durch besagtes, recht betontes Vetiver und einen gewissen Schwarztee-Aspekt noch eher ins Vegetabile.

Der 28 Jahre alte Ur-Hermès nun tendiert eher zum Blumig-Rauchig-Ledrigen, wobei das Ganze stilistisch von deutlichen orientalischen Einsprengseln geprägt wird.

Der Start fällt ziemlich herbfruchtig und trocken-würzig aus - Mandarinen, die in einer Obstschale ein paar Tage in einer Havanna-Lounge standen. Salbei verstärkt den würzigen Eindruck noch in Form von leicht grün-bitter-ätherischer Untermalung.

Der durchaus kraftvoll zu bezeichnende Auftakt pendelt sich recht rasch in einem, um es mal farblich zu fassen, dunkelgrün-bräunlichen Aromenspektrum ein. Das Patchouli der Herzphase verströmt eine tiefherbstliche Erdigkeit, Nelke (in dieser Konstellation dezent weihnachtlich) deutet hierbei einen Winter an, dessen Ankunft seine Schatten vorauswirft.

Insofern finde ich Cappellusmans unten stehende Bezüge zu einem gemütlichen Aufenthalt in einer verschneiten Berghütte mit Kamin als sehr passend - "Bel Ami" verströmt wirklich eine behagliche Atmosphäre.

Kuschelig? Ja, aber in einem anderen (gegenteiligen?) Sinn als etwa "Dior Homme Intense" oder "L´Instant de Guerlain Extrême". Die beiden stellen quasi das postmoderne, gourmandig geprägte Gegenstück der Gemütlichkeit zur eher "klassisch"-maskulinen "Bel Ami"-Kuscheligkeit dar, die eher durch einen Zigarre rauchenden, Chianti oder Whisky schwenkenden Mann alten Schlages verkörpert wird.

Die Basis, übrigens recht langlebig, wird dann von durch Styrax (immer noch) leicht loungerauchigen und couchledrigen Facetten durchzogen, wobei dezente Vetivereinsätze einen minimal vegetabilen Bezug andeuten.

Ein wirklich schöner, vielschichtiger und besonderer Duft der alten Schule.
5 Antworten
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Siebenkäs

63 Rezensionen
Siebenkäs
Siebenkäs
Top Rezension 27  
Freundschaft
Amp kaputt, Fernbedienung verlegt, kein Tee im Haus.
Ich also Jacke geschnappt und auf zu Richie.
Aber vorher noch die große Bel Ami-Probe eingesteckt.
Klingelingeling.
„Was willst du denn?“
„Dir was Gutes tu, du Looser...“
„Und womit?“
Ich wedel‘ mit der deutlich beschrifteten Bel Ami-Probe
rum.
„Also ehrlich, wenn das die Vintage-Version is... die is‘
so was von geil...“
„Äh, Richie, könntste bitte... ich mein‘ du bist grad live
auf Parfumo, da find’ich dieses Adjektiv nich‘ gerade...“
„Wie bist du denn drauf? Aber o.k., also dann anders:
der Vintage in der Shaker-Flasch‘
is‘ wie beim Kniffelspiel das Pasch...“
„Schön, Richie, ham‘ wir alle kapiert, aber glaub‘ mir das
ewige Vintage-Geschwärme bzw. Klagen ist nicht
besonders originell oder entertaining. Probier‘ doch mal
ganz vorbehaltlos diese Version...“
Ich sprüh ihm also paar Ladungen vom 2019er auf den
Handrücken und lass ihm ein paar Momente... (Schnüffel,
schnüffel, skeptisch-guck...) Dann versuch‘ ich mal
behutsam vorzustoßen:
„Meinste echt der Ellena hätt‘ nix lieber gemacht, als so
eine Ikone mal eben zu versauen..?“
„Nö, das nicht, aber... was sollt‘ er denn machen? Die Ifra,
die Vorschriften...“
„Das, was er am besten kann – ein Parfüm, das rundum
funktioniert...“
„Das klingt doch schon eiskalt, oder?“
„Quatsch. Riecht das etwa eiskalt?“
„Na ja, nee... eher schon warm... das Zitrische ist anfangs
nicht mehr so heftig, das Hölzern-Ledrige scheint schon
früher zu kommen, das reibt nicht mehr so zwischen sauer
und Leder... zahmer irgendwie...“
„Aber schlechter? Mal ehrlich?“
(Schnupper, grübel, sinnier...)
„Auf jeden Fall anders...“
„O.K., aber heißt das automatisch weniger gut?“
„Ja nein... nicht direkt... lass‘ mich mal weiterdenken...“
„Denk‘ nur... so viel du willst...“
Wir lassen tatsächlich einige Minuten dahinziehen.
Schweigend. Believe it or not.
„Also, ich sag‘ mal – der ist schon... auch... der umschifft
alle Klippen so elegant... kaum noch Aschenbecher,
aber trotzdem ein wenig Rauch, weicher, süßerer Rauch, vielleicht etwas Zigarrenasche...“
„Genau da seh‘ ich zeitweise Berührungspunkte zu Antaeus, allerdings ein wenig anders gelagert, beim Antaeus isses mehr Zigarrenkiste...“
„Stimmt, die Zigarre bleibt aus beim Chanel, beim Bel Ami
wird sie mal kurz angezündet... trockene Gesellen sind sie beide, trotz aller Unterschiede.“
„Seh‘ ich auch so... schön, wie wir uns versteh’n.“
„Und etwas Leder nach der Art von Clubsesseln gibt’s noch,
aber nicht derb, sondern sophisticated... und immer wieder Wölkchen von dezenter Süße, aber an die Kandare genommen...“
„Wenn das nicht passt... die Kandare kommt doch aus der
Pferdewelt, also Hermès-Stammland...“
„...und natürlich ist da auch ne Gewürzmelange drinne...
die hat schon fast was 80er-mäßiges...“
„Na, das ist doch wohl ein Kompliment, oder?“
„Ja, an sich...“
„Und Kraft hat er doch auch noch, oder?“
„Schon...“
„Also kein Power-Reihenhäuschen?“
„Eher ein Powerhouse mit Solarzellen auf‘m Dach...“
„Gut gesagt, Richie! Irgenwie is‘ da doch Sonne drin,
kein Wunder, der Ellena arbeitet ja in Südfrankreich...“
„Erinnert an einen gediegenen englischen Club, den man
in die Berge oberhalb von St-Tropez verfrachtet hat...“
„Genau ...und die Projektion?“
„Nicht direkt laut, aber wahrnehmbar...“
“Ein Wummser mit Schallschutz also...“
„So was wie ein total kernsanierter Altbau...“
„...sogar mit Klimaanlage...“
„Stimmt, da is‘ auch so was Frisches...“
„Und doch auch schmeichelnd... Vanille?“
„Melde jehorsamst: anwesend!“
„Aber zackig is‘ hier doch garnix...“
„Nö, das nicht, eher verträumt...“
„Aber ein Traum mit Power...“
„Auf keinen Fall so ein beknacktes „Träumchen“!“
„Das Wort geht mir so was von auf die Nerven...“
Wir beide schweigen jetzt wieder ein wenig.
Des amis n’ont pas peur du silence.
Dann fällt mir noch was ein...
„Du, Riechie, mein Freund, willst du den Leuten nicht
noch was sagen, so zum Jahresende, was Besinnliches...?
„Nö, kannst du besser...“
„Ach was, die wollen auch mal was von dir hören!“
„Aber ich weiß nix. Höchstens, dass ich was zitier...“
„Bitte, feel free...“
Also, das is‘ von New Order, aus dem Song „Game“,
gei... äh starke Nummer...“
„Schieß los...!“
“Echt...?”
“Ja, Mann!”
“Also gut:
It’s so clear, but we can’t see it...
It’s in the air that we breathe in...
It’s so near, but we can’t touch it...
But it is here, and we love it...”
“Du, Richie...”
“Was denn?”
“Gänsehaut!”
16 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

70 kurze Meinungen zum Parfum
AxiomaticAxiomatic vor 8 Monaten
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Wenn eine ehrliche Freundschaft auf feinem Leder mit tiefgrünen Kräutern besiegelt und in einer edlen Zederntruhe aufbewahrt wird.
Bestand*
47 Antworten
TherisTheris vor 2 Monaten
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Präsenter Landesnelkennebel
Mit würzigen Teilchen
Durchdringt leichtrauchig
Die moosige Kräuterdecke
Lederglatt gebügelt
Wie ne Gartenhecke
29 Antworten
Melisse2Melisse2 vor 4 Jahren
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Angenehm weichledriger Duft mit ein bisschen Zigarettentabak. Vetiver steuert hier eine leichte Frische bei, wobei die gemütlichen Aspekte
23 Antworten
NuiWhakakoreNuiWhakakore vor 3 Jahren
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Schöner Freund bringt Zitronen
würziges Grün, Moos
ein Zedernfloß
hält sich mit Kokonille zurück
dafür ein bisschen Leder
welch ein Glück
22 Antworten
SalvaSalva vor 2 Jahren
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Schöner Freund
Frisch Dein Haar
Mit würzigem Salbei
Dein Sakko SlimFit
Lederschuhe poliert
Stehst Du immer zu mir
Wie eine LöwenMama
22 Antworten
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Diskussionen

Themen zum Parfum im Forum
LotusLotus vor 12 Jahren
Herren-Parfum
belami von hermes
Hi, ich grabe den alten Thread einfach mal wieder aus, bevor ich einen neuen aufmache.Das erste Mal probierte ich Bel Ami im Herbst in einer Hermès-Boutique auf Papierstreifen (da meine Haut schon anderweitig...

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