23.06.2016 - 14:29 Uhr
Meggi
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Meggi
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27
Variationen von Paprika
Ein strenger, patchouli-rauer Auftakt, der sofort im Anschluss ins Bittere dreht. Eiche? Womöglich Eicheln? Darauf wäre ich von allein nie gekommen, aber meinetwegen. Eichenlaub und Eicheln enthalten ordentlich Gerbstoffe, Tannine und so’n Zeugs.
Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen, da haben wir als Kinder natürlich alles untersucht und gesammelt. Tütenweise haben wir insbesondere Eicheln nach schräg gegenüber zu Herrn D. geschleppt, einem Förster, der sich über Futter für seine tierischen Schützlinge freute und uns dafür stets ein paar Mark gab. Der herbstliche Geldsegen endete jäh, als Familie D. eines Tages nach Kamerun auswanderte.
Leider warfen die beiden großen Eichen vor unserem Haus außerdem Massen an Laub ab, das wir immer praktisch bis zum letzten Blatt aufharken mussten, weil davon schlichtweg nichts in akzeptabler Zeit verrotten wollte. Wahrscheinlich geht da kein Pilz ran, der seine fünf Sinne beisammen hat. Ist denen zu zäh und herb. Also: Gerbstoff-bitter, das nehmen wir jetzt einfach mal hin.
Doch nun endlich zu den diversen Gesichtern der Paprika. Zunächst dachte ich an das Gewürz, denn es riecht binnen zwei, drei Minuten tatsächlich verblüffend nach Rosenpaprika-Pulver aus dem Streuer. Finde ich viel deutlicher als den in den bisherigen Kommentaren zumeist herausgehobenen Pfeffer. Das Zeug hier hat seine beste Zeit allerdings hinter sich und ist ein bisschen muffig geworden. Meine Mutter hatte ein solches Relikt im Küchenschrank, es kam in der überwiegend gutbürgerlichen Küche meiner Kindheit vielleicht zu selten zum Einsatz und wurde daher irgendwann ältlich.
Das Gewürz kontrastiert apart mit Kühlendem. „Grüne Noten“ geht in Ordnung, freilich nicht das, was man sich gemeinhin dabei vorstellt. Ich denke an … Salatgurke? Oder – na klar! - an grüne Paprika. Es riecht plötzlich nach dem Bulgur-Salat, den meine Frau neulich mit Ajvar sowie Salatgurke und Paprika zubereitet hat.
Drittens erscheint eine Spur Süße. Paprika edelsüß? Sie vervollständigt das Paprika-Trio, das mich dazu veranlasst, mich in der ersten Stunde des Duftes ziemlich gut unterhalten zu fühlen.
Im Anschluss gewinnt wärmende Glut die Oberhand. Die Paprika (die ich unverändert vor dem Pfeffer nennen würde) enthüllt ihre Schärfe. Darunter bildet sich wie eine zweite Schicht eine stechende Gumminote. Schwarzes, weiches Gummi in der Sonne. Eine Idee von süßem, hellem und obertonreichem Rauch aus einer Quelle, die ich nicht identifizieren kann, komplettiert den gewandelten Duft-Eindruck. Besagte Glut weicht schon in der zweiten Stunde wieder zurück, der Pfeffer tritt hervor, es wird holziger, schärfer, im Charakter auch ein wenig distanzierter.
Die mehrfach erwähnten Leder-Assoziationen kann ich im Mittelteil problemlos nachvollziehen. Meine Lieblingskollegin äußerte sich sogar ohne jede Vorbefassung entsprechend. Die Pfeffer-Würze hat sich ein Stück beruhigt, eine raue, staubige Patchouli-Unterlage wird freigelegt. Bereits seit geraumer Zeit habe ich ohnehin den Verdacht, dass Patchouli und Leder duftmäßig zuweilen sehr eng kooperieren. Weiches, helles, raues Leder, sacht bewürzt. Passt prima.
Am Nachmittag dringt eine etwas fad und leicht künstlich geratene Holznote durch. Offenbar vergeht der maßgebliche Teil des Duftverlaufs ungefähr mit der fünften, sechsten Stunde allmählich. Der zunehmend bananige Einschlag im stetig weiter isolierten Holz bestärkt mich in dieser Vermutung schließlich.
Fazit: Hm. Edel. Und nicht unoriginell. Zumindest rund sechs Stunden lang. Kommt mir nicht derart reduziert und statisch vor, wie ich befürchtet hatte. Nur hätte ich mir eine bessere Haltbarkeit des Hauptteils gewünscht.
Ich bedanke mich bei Turandot für die Probe.
Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen, da haben wir als Kinder natürlich alles untersucht und gesammelt. Tütenweise haben wir insbesondere Eicheln nach schräg gegenüber zu Herrn D. geschleppt, einem Förster, der sich über Futter für seine tierischen Schützlinge freute und uns dafür stets ein paar Mark gab. Der herbstliche Geldsegen endete jäh, als Familie D. eines Tages nach Kamerun auswanderte.
Leider warfen die beiden großen Eichen vor unserem Haus außerdem Massen an Laub ab, das wir immer praktisch bis zum letzten Blatt aufharken mussten, weil davon schlichtweg nichts in akzeptabler Zeit verrotten wollte. Wahrscheinlich geht da kein Pilz ran, der seine fünf Sinne beisammen hat. Ist denen zu zäh und herb. Also: Gerbstoff-bitter, das nehmen wir jetzt einfach mal hin.
Doch nun endlich zu den diversen Gesichtern der Paprika. Zunächst dachte ich an das Gewürz, denn es riecht binnen zwei, drei Minuten tatsächlich verblüffend nach Rosenpaprika-Pulver aus dem Streuer. Finde ich viel deutlicher als den in den bisherigen Kommentaren zumeist herausgehobenen Pfeffer. Das Zeug hier hat seine beste Zeit allerdings hinter sich und ist ein bisschen muffig geworden. Meine Mutter hatte ein solches Relikt im Küchenschrank, es kam in der überwiegend gutbürgerlichen Küche meiner Kindheit vielleicht zu selten zum Einsatz und wurde daher irgendwann ältlich.
Das Gewürz kontrastiert apart mit Kühlendem. „Grüne Noten“ geht in Ordnung, freilich nicht das, was man sich gemeinhin dabei vorstellt. Ich denke an … Salatgurke? Oder – na klar! - an grüne Paprika. Es riecht plötzlich nach dem Bulgur-Salat, den meine Frau neulich mit Ajvar sowie Salatgurke und Paprika zubereitet hat.
Drittens erscheint eine Spur Süße. Paprika edelsüß? Sie vervollständigt das Paprika-Trio, das mich dazu veranlasst, mich in der ersten Stunde des Duftes ziemlich gut unterhalten zu fühlen.
Im Anschluss gewinnt wärmende Glut die Oberhand. Die Paprika (die ich unverändert vor dem Pfeffer nennen würde) enthüllt ihre Schärfe. Darunter bildet sich wie eine zweite Schicht eine stechende Gumminote. Schwarzes, weiches Gummi in der Sonne. Eine Idee von süßem, hellem und obertonreichem Rauch aus einer Quelle, die ich nicht identifizieren kann, komplettiert den gewandelten Duft-Eindruck. Besagte Glut weicht schon in der zweiten Stunde wieder zurück, der Pfeffer tritt hervor, es wird holziger, schärfer, im Charakter auch ein wenig distanzierter.
Die mehrfach erwähnten Leder-Assoziationen kann ich im Mittelteil problemlos nachvollziehen. Meine Lieblingskollegin äußerte sich sogar ohne jede Vorbefassung entsprechend. Die Pfeffer-Würze hat sich ein Stück beruhigt, eine raue, staubige Patchouli-Unterlage wird freigelegt. Bereits seit geraumer Zeit habe ich ohnehin den Verdacht, dass Patchouli und Leder duftmäßig zuweilen sehr eng kooperieren. Weiches, helles, raues Leder, sacht bewürzt. Passt prima.
Am Nachmittag dringt eine etwas fad und leicht künstlich geratene Holznote durch. Offenbar vergeht der maßgebliche Teil des Duftverlaufs ungefähr mit der fünften, sechsten Stunde allmählich. Der zunehmend bananige Einschlag im stetig weiter isolierten Holz bestärkt mich in dieser Vermutung schließlich.
Fazit: Hm. Edel. Und nicht unoriginell. Zumindest rund sechs Stunden lang. Kommt mir nicht derart reduziert und statisch vor, wie ich befürchtet hatte. Nur hätte ich mir eine bessere Haltbarkeit des Hauptteils gewünscht.
Ich bedanke mich bei Turandot für die Probe.
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