10.04.2012 - 16:04 Uhr
Profumo
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Profumo
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So macht der alternde Beau auch heute wieder 'bella figura'!
Gérald Ghislains Konzept für Histoires de Parfum - posthum historischen Persönlichkeiten Celebrity-Düfte aufzunötigen - fand ich zunächst alles andere als überzeugend, erinnerte mich solches Gebaren doch zwangsläufig an die unselige Creed-Masche, nur dass es Monsieur Ghislain noch dreister trieb.
Doch weit gefehlt: Gérald Ghislain behauptet schließlich nicht Casanova habe ‚1725’ getragen, was Creed-scher Unsinn wäre, sondern allein, dass diese historische Gestalt ihn zu diesem Duft inspiriert habe.
So muss ich nach anfänglicher Skepsis nun doch gestehen: die Ergebnisse sprechen fast ausnahmslos für sich.
Neben Gérald Ghislain, dem kreativen Kopf des Unternehmens, wird immer wieder Sylvie Jourdet genannt. Madame Jourdet ist Meisterpafümeurin, sowie Managerin von ‚Creassence’, langjährige Leiterin der ‚French Society of Perfumers’, Professorin an der ‚IPISCA -Institut Supérieur International du Parfum de la Cosmétique et de l'Aromatique’ – und seit einiger Zeit, auf Empfehlung der heutigen IWF-Chefin Christine Lagarde, Trägerin des Ordens ‚Chevalier de la Legion d’Honneur’. Beide bilden eine Art Tandem hinter den Düften von ‚Histoires de Parfums’. Ob Madame Jourdet auch für die letzten Werke des Unternehmens, das Tuberosen- sowie das allerneuste Oud-Trio, verantwortlich ist, weiß ich nicht, für die Jahreszahlen-Düfte wurde sie jedenfalls von Gérald Ghislain bestätigt.
Alle diese Düfte sind meiner Ansicht nach wirklich gut gelungen, aber besonders gut gerieten ‚1740 Marquis de Sade’, und mit kleinem Abstand dahinter ‚1725 Casanova’.
Dabei ist es ja ziemlich heikel solche Gestalten zu Paten zu wählen, assoziiert doch so gut wie jeder die immergleichen Stereotypen mit ihnen: Marquis de Sade - dekadenter und liderlicher, Lüstling; Giacomo Casanova - unverbesserlicher Schürzenjäger unter gepuderter Perücke. Wie jedoch die olfaktorischen Entsprechungen dieser Stereotypen riechen könnten, darüber dürfte es deutlich weniger Einvernehmen geben, empfindet doch der Eine den Geruch von Leder und Imortelle als gar nicht lüstern und dekadent, während den Anderen Lavendel und Mandel überhaupt nicht verführen, sondern eher kalt lassen.
Es handelt sich also nur um äußerst anfechtbare Versuche der Annäherung an allseits bekannten Personen, vermittels Düften, die solch starke Charaktere wiederzuspiegeln versuchen.
Nicht jeder wird sie darin erkennen.
Ich, für meinen Teil, erkenne in ‚1725 Casanova’ viele Mandeln, einen ganzen Sack voll Mandeln. Aber auch Lavendel, jede Menge blühenden Lavendel. Dazu eine Kiste bitter-herber Zitrusfrüchte und eine große Schale voller Vanilleschoten und Lakritzschnecken. Ja, der Duft ist üppig bemessen, aber dennoch sehr konzentriert.
Mandeln, das ist Italien, Casanovas Herkunft. Zitrusfrüchte und Lavendel, das ist klassische männliche Gepflegtheit. Vanille und Lakritz, auf einem Bett von weißem Moschus, das ist die Verführung - nicht brachial und animalisch, nein, raffiniert und unwiderstehlich.
Dieser Verführer hat Stil, ist frisch gebadet und gepudert, hat Esprit. Nicht das Testosteron-geladene Überrumpeln mithilfe betäubender animalischer Sekrete ist seine Sache, nein, vielmehr das geistreiche Sprühen seines Intellektes, sein Charme, sein galanter Auftritt, gepaart mit allerbesten Manieren.
Und so wie Casanova Frauen (angeblich reihenweise) verführte, so verführt auch dieser Duft: mit der an klassische Colognes erinnernden Frische der Hesperiden, gefolgt von pudrig-krautigem Lavendel und dem nussig, bitter-herben Ton der Mandeln. Bald locken weiche Vanillenoten und zieht aromatisch-würziger Sternanis in den Bann, und ehe man sich versieht, liegt man in den kräftigen Armen von sanftem Moschus und dezentem Amber.
Nichts Dunkles umwölkt diesen Duft, er ist klar, sonnig und heiter, von italienischem Gemüt und französischer Eleganz.
Ganz im Gegensatz zum eher düstren und wollüstigen ‚1740’, das ernst und gemessen daherkommt, aber auch intensivere Leidenschaften verspricht.
Schön an ‚1725’ empfinde ich auch, dass es diesem Duft gelingt ein klassisches Thema mit einem modernen Touch zu versehen, ohne dass sich hier ein alternder Beau der Jugend anbiederte und man dieses Ansinnen als unpassend empfände: So trifft das Lavendel-Vanille-Thema des bedächtigen, alten Herren ‚Pour un Homme de Caron’ auf die angesagten It-Boys Sternanis, Süßholz und Mandel - und siehe da: man versteht sich prächtig!
Dank Madame Jourdet, die dieses Treffen sorgfältig vorbereitete und in Szene setzte.
Der Duft besitzt zudem eine großartige Balance, entwickelt sich wunderbar, hat eine intensive aber nicht offensive Abstrahlung und ist ausgesprochen haltbar.
Chapeau Madame!
Doch weit gefehlt: Gérald Ghislain behauptet schließlich nicht Casanova habe ‚1725’ getragen, was Creed-scher Unsinn wäre, sondern allein, dass diese historische Gestalt ihn zu diesem Duft inspiriert habe.
So muss ich nach anfänglicher Skepsis nun doch gestehen: die Ergebnisse sprechen fast ausnahmslos für sich.
Neben Gérald Ghislain, dem kreativen Kopf des Unternehmens, wird immer wieder Sylvie Jourdet genannt. Madame Jourdet ist Meisterpafümeurin, sowie Managerin von ‚Creassence’, langjährige Leiterin der ‚French Society of Perfumers’, Professorin an der ‚IPISCA -Institut Supérieur International du Parfum de la Cosmétique et de l'Aromatique’ – und seit einiger Zeit, auf Empfehlung der heutigen IWF-Chefin Christine Lagarde, Trägerin des Ordens ‚Chevalier de la Legion d’Honneur’. Beide bilden eine Art Tandem hinter den Düften von ‚Histoires de Parfums’. Ob Madame Jourdet auch für die letzten Werke des Unternehmens, das Tuberosen- sowie das allerneuste Oud-Trio, verantwortlich ist, weiß ich nicht, für die Jahreszahlen-Düfte wurde sie jedenfalls von Gérald Ghislain bestätigt.
Alle diese Düfte sind meiner Ansicht nach wirklich gut gelungen, aber besonders gut gerieten ‚1740 Marquis de Sade’, und mit kleinem Abstand dahinter ‚1725 Casanova’.
Dabei ist es ja ziemlich heikel solche Gestalten zu Paten zu wählen, assoziiert doch so gut wie jeder die immergleichen Stereotypen mit ihnen: Marquis de Sade - dekadenter und liderlicher, Lüstling; Giacomo Casanova - unverbesserlicher Schürzenjäger unter gepuderter Perücke. Wie jedoch die olfaktorischen Entsprechungen dieser Stereotypen riechen könnten, darüber dürfte es deutlich weniger Einvernehmen geben, empfindet doch der Eine den Geruch von Leder und Imortelle als gar nicht lüstern und dekadent, während den Anderen Lavendel und Mandel überhaupt nicht verführen, sondern eher kalt lassen.
Es handelt sich also nur um äußerst anfechtbare Versuche der Annäherung an allseits bekannten Personen, vermittels Düften, die solch starke Charaktere wiederzuspiegeln versuchen.
Nicht jeder wird sie darin erkennen.
Ich, für meinen Teil, erkenne in ‚1725 Casanova’ viele Mandeln, einen ganzen Sack voll Mandeln. Aber auch Lavendel, jede Menge blühenden Lavendel. Dazu eine Kiste bitter-herber Zitrusfrüchte und eine große Schale voller Vanilleschoten und Lakritzschnecken. Ja, der Duft ist üppig bemessen, aber dennoch sehr konzentriert.
Mandeln, das ist Italien, Casanovas Herkunft. Zitrusfrüchte und Lavendel, das ist klassische männliche Gepflegtheit. Vanille und Lakritz, auf einem Bett von weißem Moschus, das ist die Verführung - nicht brachial und animalisch, nein, raffiniert und unwiderstehlich.
Dieser Verführer hat Stil, ist frisch gebadet und gepudert, hat Esprit. Nicht das Testosteron-geladene Überrumpeln mithilfe betäubender animalischer Sekrete ist seine Sache, nein, vielmehr das geistreiche Sprühen seines Intellektes, sein Charme, sein galanter Auftritt, gepaart mit allerbesten Manieren.
Und so wie Casanova Frauen (angeblich reihenweise) verführte, so verführt auch dieser Duft: mit der an klassische Colognes erinnernden Frische der Hesperiden, gefolgt von pudrig-krautigem Lavendel und dem nussig, bitter-herben Ton der Mandeln. Bald locken weiche Vanillenoten und zieht aromatisch-würziger Sternanis in den Bann, und ehe man sich versieht, liegt man in den kräftigen Armen von sanftem Moschus und dezentem Amber.
Nichts Dunkles umwölkt diesen Duft, er ist klar, sonnig und heiter, von italienischem Gemüt und französischer Eleganz.
Ganz im Gegensatz zum eher düstren und wollüstigen ‚1740’, das ernst und gemessen daherkommt, aber auch intensivere Leidenschaften verspricht.
Schön an ‚1725’ empfinde ich auch, dass es diesem Duft gelingt ein klassisches Thema mit einem modernen Touch zu versehen, ohne dass sich hier ein alternder Beau der Jugend anbiederte und man dieses Ansinnen als unpassend empfände: So trifft das Lavendel-Vanille-Thema des bedächtigen, alten Herren ‚Pour un Homme de Caron’ auf die angesagten It-Boys Sternanis, Süßholz und Mandel - und siehe da: man versteht sich prächtig!
Dank Madame Jourdet, die dieses Treffen sorgfältig vorbereitete und in Szene setzte.
Der Duft besitzt zudem eine großartige Balance, entwickelt sich wunderbar, hat eine intensive aber nicht offensive Abstrahlung und ist ausgesprochen haltbar.
Chapeau Madame!
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