31.10.2013 - 16:27 Uhr
Profumo
284 Rezensionen
Profumo
Top Rezension
27
Der König ist tot. Es lebe der König!
Na endlich, „Patou pour Homme“ ist wieder da - was lange währt, wird endlich gut!
Wirklich gut?
Zunächst: der Duft, der sich heute „Patou pour Homme“ nennt, ist so schlecht nicht – ein orientalisches Fougère, mit frischem, grün-bitterem Start, einem würzig-aromatischen Herzen und ledrigem Finish, mit dezenter, harziger Süße.
Der Duft hat Ausdauer und zumindest zu Beginn eine recht ordentliche Abstrahlung, zieht sich dann aber zügig auf die Haut zurück. Dem Träger und jenen die ihm nahe kommen, bleibt er als dezenter Schmeichler, der hin und wieder, selbst Stunden später, diskret aufzublühen vermag, noch lange erlebbar.
Offensiv oder auftrumpfend ist er dabei in keiner Phase des Verlaufes, vielmehr ein solides Werk, altmodisch anmutend (irgendwie riechen Fougères für mich immer ein wenig gestrig; was nicht heißen soll, dass ich sie nicht mag, ganz im Gegenteil – sie haben nur so etwas von „der guten, alten Zeit“ an sich, dass zwar einerseits anrührt, aber trotzdem meilenweit von „modern“ entfernt ist), konservativ und mit einer gewissen statuarischen Eleganz. Ja, genau das vermittelt mir dieser Duft: „well-dressed“ zu sein, aber dabei in einem etwas statischen Anzug zu stecken, oder anders gesagt: ich empfinde diesen Duft als etwas steif.
So weit, so gut. Ein mehr als akzeptabler Duft, mit einiger Raffinesse, maskulin und klassisch.
Aber „Patou pour Homme“ ist halt nicht irgendein Duft, dessen Meriten hiermit schon ausreichend abgehandelt wären. Nein, „Patou pour Homme“ ist eine Legende und wurde in den Jahren seiner Abwesenheit umso legendärer, je länger diese anhielt, was zur Folge hatte, dass die immer kläglicher werdenden Reste zu immer schwindelerregenderen Preisen angeboten wurden (erst kürzlich wieder 120ml EdT für 999,95€...).
Jene, die ihn noch zu Hause im Schrank stehen hatten, verteidigten ihn strikt als den größten (Herren-)Duft der je geschaffen wurde, während er zeitgleich für die immer größer werdende Anzahl jener, die seiner nicht mehr habhaft werden konnten, zum unerreichbaren Sehnsuchtspunkt mutierte.
Aber, oh Wunder, auf einmal ist er wieder da, und ich prophezeie, dass alle, wirklich alle enttäuscht sein werden.
Denn, mal ehrlich, wer bitte kennt diesen solcherart mit Erwartungen überfrachteten Duft denn noch wirklich wie er vor über dreißig Jahren, zur Zeit seiner Einführung, tatsächlich roch?
Ich wage zu behaupten: niemand.
Alle, die noch Reste von ihm horten (inklusive meiner selbst), sollten bedenken, dass diese – mögen sie noch so stattlich sein, denn je voller ein Flakon, desto besser hält sich sein Inhalt – stark gealtert sind. Ähnlich wie Wein verändert sich ein Duft im Laufe der Jahre, wird dunkler, schwerer, gewissermaßen „reifer“. Die zumeist zitrischen Kopfnoten sind dann in aller Regel oxidiert und die gealterten Düfte bekommen häufig eine Sherry- oder Portwein-artige Note, die den Charakter des Duftes vollkommen verändert.
Diese vermutlich allesamt überlagerten Reste mit jenem neuen Duft selbigen Namens zu vergleichen, ist also äußerst schwierig, zumal man darüber hinaus noch in Betracht ziehen sollte, dass viele der originalen Inhaltstoffe heute entweder dem Banne der IFRA unterliegen, oder mangels Nachfrage überhaupt nicht mehr produziert werden.
Das neue „Patou pour Homme“ kann also nur der Versuch einer Annäherung an das alte sein, keinesfalls ein vollgültiger Ersatz.
Ähnliches gilt übrigens auch für Düfte wie „Derby“, „JHL“, „Cravache“, „Man Pure“ oder „Havana“, bzw. für die noch wiederzubelebenden „Ebène“, „Macassar“ oder „Monsieur de Rochas“ – sie alle sind, oder werden nicht sein, was sie früher einmal waren, sind mitunter freizügige Neu-Interpretationen wie „Cravache“, oder doch erstaunlich nahe am Original wie „JHL“.
Für mich ist das neue „Patou pour Homme“ irgendwo dazwischen – keine komplette Neu-Interpretation, aber auch nur halbwegs in der Nähe des Originales, zumindest jenes Originales, das ich mein Eigen nenne (abzüglich der Überlagerungs-Erscheinungen, die wegzudenken mir schwer fällt...).
Beide Düfte nebeneinander gerochen bieten kaum Überschneidungen: hier die schwere und dunkle Würze von Salbei und Piment, auf einem üppigen, orientalischen Fond, dort das mit einer ordentlichen Prise Estragon aromatisierte Lavendel-Herz auf ledriger Fougère-Basis.
Selbst wenn ich alle Einwände bedenke, die ich selbst gemacht habe gegen das Vergleichen von dreißig Jahre alten Originalen mit deren aktuellen Nachfolgern, muss ich gestehen, eine Ähnlichkeit zwischen beiden Versionen zu finden fällt schwer.
Die schon genannten „JHL“ oder „Havana“ habe ich sofort wiedererkannt, bei „Derby“ brauchte es eine Weile, aber „Patou pour Homme“ erkenne ich hier nicht, oder doch nur ganz, ganz leise. Denn ein bisschen von der Würze schwingt schon mit, auch die Hölzer, Sandelholz und Zeder, sind zur Not – mit etwas Einbildung – zu erahnen. Aber wo ist das berauschende Zibet, das grün flirrende Vetiver?
Wenn ich die beduftete Stelle direkt unter meine Nase halte und ganz langsam tief einatme, dann, und nur dann, kann ich einen Hauch davon erahnen.
Aber sei´s drum. Solche Vergleiche ziehen zu wollen ist müßig. Das alte „Patou pour Homme“ kann in der originalen Fassung nicht wiedererstehen, aber zugleich vermute ich, dass man mit der neuen trotzdem versucht hat, der alten so nahe wie nur irgend möglich zu kommen (immerhin soll ja Jean Kerléo mit von der Partie gewesen sein, als es um die Rekonstruktion ging!).
Wie gesagt, der Duft ist meines Erachtens gut gelungen – für die vermeintlichen „Patou pour Homme“-Kenner wird er mit Sicherheit eine Zumutung sein, für die allermeisten aber, die nie die Gelegenheit hatten das Original kennenzulernen, könnte er eine Entdeckung werden. Auch ist er in seiner jetzigen Fassung ein schönes Beispiel dafür, was aromatische Fougères (in diesem Falle mit orientalischer Tendenz) jenseits von Drogerie-Massenware zu bieten imstande sind. Hier trifft das neue „Patou pour Homme“ durchaus auf Konkurrenten wie „Fougère Royale“ (im Gegensatz zu PpH wirklich eine Neu-Schöpfung), „Invasion Barbare“ oder „Sartorial“ – und sieht dabei so schlecht nicht aus!
Nach anfänglicher Enttäuschung gefällt mir dieser Duft zusehends besser und ich bin froh nicht gleich einen Kommentar verfasst zu haben, der vermutlich deutlich harscher ausgefallen wäre. Ja, ich muss sogar zugeben, dass ich mich so langsam für ihn begeistern kann und dass mich irgendwie das Gefühl beschleicht, es könne doch etwas mehr dran sein als nur lose Verwandtschaft mit jenem von mir so hoch gepriesenen Original (immerhin habe ich mich ja auch mit dem neuen „Derby“ versöhnt).
Mal schauen also, wohin die Reise noch geht – ich bin da guter Dinge!
Und um zu meiner eingangs gestellten Frage zurückzukehren:
Wirklich gut!
Wirklich gut?
Zunächst: der Duft, der sich heute „Patou pour Homme“ nennt, ist so schlecht nicht – ein orientalisches Fougère, mit frischem, grün-bitterem Start, einem würzig-aromatischen Herzen und ledrigem Finish, mit dezenter, harziger Süße.
Der Duft hat Ausdauer und zumindest zu Beginn eine recht ordentliche Abstrahlung, zieht sich dann aber zügig auf die Haut zurück. Dem Träger und jenen die ihm nahe kommen, bleibt er als dezenter Schmeichler, der hin und wieder, selbst Stunden später, diskret aufzublühen vermag, noch lange erlebbar.
Offensiv oder auftrumpfend ist er dabei in keiner Phase des Verlaufes, vielmehr ein solides Werk, altmodisch anmutend (irgendwie riechen Fougères für mich immer ein wenig gestrig; was nicht heißen soll, dass ich sie nicht mag, ganz im Gegenteil – sie haben nur so etwas von „der guten, alten Zeit“ an sich, dass zwar einerseits anrührt, aber trotzdem meilenweit von „modern“ entfernt ist), konservativ und mit einer gewissen statuarischen Eleganz. Ja, genau das vermittelt mir dieser Duft: „well-dressed“ zu sein, aber dabei in einem etwas statischen Anzug zu stecken, oder anders gesagt: ich empfinde diesen Duft als etwas steif.
So weit, so gut. Ein mehr als akzeptabler Duft, mit einiger Raffinesse, maskulin und klassisch.
Aber „Patou pour Homme“ ist halt nicht irgendein Duft, dessen Meriten hiermit schon ausreichend abgehandelt wären. Nein, „Patou pour Homme“ ist eine Legende und wurde in den Jahren seiner Abwesenheit umso legendärer, je länger diese anhielt, was zur Folge hatte, dass die immer kläglicher werdenden Reste zu immer schwindelerregenderen Preisen angeboten wurden (erst kürzlich wieder 120ml EdT für 999,95€...).
Jene, die ihn noch zu Hause im Schrank stehen hatten, verteidigten ihn strikt als den größten (Herren-)Duft der je geschaffen wurde, während er zeitgleich für die immer größer werdende Anzahl jener, die seiner nicht mehr habhaft werden konnten, zum unerreichbaren Sehnsuchtspunkt mutierte.
Aber, oh Wunder, auf einmal ist er wieder da, und ich prophezeie, dass alle, wirklich alle enttäuscht sein werden.
Denn, mal ehrlich, wer bitte kennt diesen solcherart mit Erwartungen überfrachteten Duft denn noch wirklich wie er vor über dreißig Jahren, zur Zeit seiner Einführung, tatsächlich roch?
Ich wage zu behaupten: niemand.
Alle, die noch Reste von ihm horten (inklusive meiner selbst), sollten bedenken, dass diese – mögen sie noch so stattlich sein, denn je voller ein Flakon, desto besser hält sich sein Inhalt – stark gealtert sind. Ähnlich wie Wein verändert sich ein Duft im Laufe der Jahre, wird dunkler, schwerer, gewissermaßen „reifer“. Die zumeist zitrischen Kopfnoten sind dann in aller Regel oxidiert und die gealterten Düfte bekommen häufig eine Sherry- oder Portwein-artige Note, die den Charakter des Duftes vollkommen verändert.
Diese vermutlich allesamt überlagerten Reste mit jenem neuen Duft selbigen Namens zu vergleichen, ist also äußerst schwierig, zumal man darüber hinaus noch in Betracht ziehen sollte, dass viele der originalen Inhaltstoffe heute entweder dem Banne der IFRA unterliegen, oder mangels Nachfrage überhaupt nicht mehr produziert werden.
Das neue „Patou pour Homme“ kann also nur der Versuch einer Annäherung an das alte sein, keinesfalls ein vollgültiger Ersatz.
Ähnliches gilt übrigens auch für Düfte wie „Derby“, „JHL“, „Cravache“, „Man Pure“ oder „Havana“, bzw. für die noch wiederzubelebenden „Ebène“, „Macassar“ oder „Monsieur de Rochas“ – sie alle sind, oder werden nicht sein, was sie früher einmal waren, sind mitunter freizügige Neu-Interpretationen wie „Cravache“, oder doch erstaunlich nahe am Original wie „JHL“.
Für mich ist das neue „Patou pour Homme“ irgendwo dazwischen – keine komplette Neu-Interpretation, aber auch nur halbwegs in der Nähe des Originales, zumindest jenes Originales, das ich mein Eigen nenne (abzüglich der Überlagerungs-Erscheinungen, die wegzudenken mir schwer fällt...).
Beide Düfte nebeneinander gerochen bieten kaum Überschneidungen: hier die schwere und dunkle Würze von Salbei und Piment, auf einem üppigen, orientalischen Fond, dort das mit einer ordentlichen Prise Estragon aromatisierte Lavendel-Herz auf ledriger Fougère-Basis.
Selbst wenn ich alle Einwände bedenke, die ich selbst gemacht habe gegen das Vergleichen von dreißig Jahre alten Originalen mit deren aktuellen Nachfolgern, muss ich gestehen, eine Ähnlichkeit zwischen beiden Versionen zu finden fällt schwer.
Die schon genannten „JHL“ oder „Havana“ habe ich sofort wiedererkannt, bei „Derby“ brauchte es eine Weile, aber „Patou pour Homme“ erkenne ich hier nicht, oder doch nur ganz, ganz leise. Denn ein bisschen von der Würze schwingt schon mit, auch die Hölzer, Sandelholz und Zeder, sind zur Not – mit etwas Einbildung – zu erahnen. Aber wo ist das berauschende Zibet, das grün flirrende Vetiver?
Wenn ich die beduftete Stelle direkt unter meine Nase halte und ganz langsam tief einatme, dann, und nur dann, kann ich einen Hauch davon erahnen.
Aber sei´s drum. Solche Vergleiche ziehen zu wollen ist müßig. Das alte „Patou pour Homme“ kann in der originalen Fassung nicht wiedererstehen, aber zugleich vermute ich, dass man mit der neuen trotzdem versucht hat, der alten so nahe wie nur irgend möglich zu kommen (immerhin soll ja Jean Kerléo mit von der Partie gewesen sein, als es um die Rekonstruktion ging!).
Wie gesagt, der Duft ist meines Erachtens gut gelungen – für die vermeintlichen „Patou pour Homme“-Kenner wird er mit Sicherheit eine Zumutung sein, für die allermeisten aber, die nie die Gelegenheit hatten das Original kennenzulernen, könnte er eine Entdeckung werden. Auch ist er in seiner jetzigen Fassung ein schönes Beispiel dafür, was aromatische Fougères (in diesem Falle mit orientalischer Tendenz) jenseits von Drogerie-Massenware zu bieten imstande sind. Hier trifft das neue „Patou pour Homme“ durchaus auf Konkurrenten wie „Fougère Royale“ (im Gegensatz zu PpH wirklich eine Neu-Schöpfung), „Invasion Barbare“ oder „Sartorial“ – und sieht dabei so schlecht nicht aus!
Nach anfänglicher Enttäuschung gefällt mir dieser Duft zusehends besser und ich bin froh nicht gleich einen Kommentar verfasst zu haben, der vermutlich deutlich harscher ausgefallen wäre. Ja, ich muss sogar zugeben, dass ich mich so langsam für ihn begeistern kann und dass mich irgendwie das Gefühl beschleicht, es könne doch etwas mehr dran sein als nur lose Verwandtschaft mit jenem von mir so hoch gepriesenen Original (immerhin habe ich mich ja auch mit dem neuen „Derby“ versöhnt).
Mal schauen also, wohin die Reise noch geht – ich bin da guter Dinge!
Und um zu meiner eingangs gestellten Frage zurückzukehren:
Wirklich gut!
9 Antworten