22.06.2015 - 14:01 Uhr
Sarungal
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Sarungal
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9
Die Süßgras-Chroniken – Teil III: Der Atem des Olymp
Nicht nur angesichts des durchaus nicht unpathetischen Titels war ich versucht, meinen Kommentar in eine Erzählung zum Duft zu betten. Seltsamerweise wollte das nicht gelingen, obwohl keiner der bislang besprochenen Düfte mir so nah, so vertraut ist wie dieser. Stattdessen gibt’s jetzt ein trockenes Referat über Einen wie Keinen…
Wie alle iso-e-super-geboosterten Düfte braucht Kenzos Vetiverkomposition die Haut als Katalysator, um Wirkung zu entfalten. Auf Papier bleibt nämlich vom Start kaum etwas Anderes übrig als eine beinahe waffenscheinpflichtige lakritzschwangere Anisattacke. Die gehört auch auf der Haut zum Eröffnungsakkord; dort aber schmückt die Bergamotte mit einem Hauch leicht bitterer Frische die steife süßholzige Brise. Sehr zart ergänzt die Würze des Kümmels das Auftakt-Bouquet - und baut einem nicht übermäßig gut erzogenen, etwas ungebändigten Vetiver die Brücke für seinen Einsatz.
Frei von jeder Seifigkeit schleicht sich die Süßgraswurzel ins Fundament des Eröffnungsakkords. Während der Vetiver anschließend seine graubraunen Vibrationen verstärkt, schwächt sich die Anisnote ab, ohne völlig im Süßgras zu versinken. Stattdessen verbündet sie sich mit dem Engelwurz. Das Ergebnis ist eine harzig anmutende Lakritzahnung von balsamischer Weichheit, die dem Vetiver Textur verleiht und sein ungehobeltes Auftreten mit zurückhaltendem Glanz veredelt.
Dank Iso-E-Super entwickelt Kenzo Air Intense bereits in der Herznote eine spannende Sprunghaftigkeit – als arbeiteten olfaktorische Feuerwerker daran, den Duftverlauf durch kurze, aber signifikante Reminiszenzen an die Eröffnungssequenz zu beleben. Dadurch gewinnt der Duft eine Verspieltheit, die man seinem eher dunklen Charakter kaum zutrauen würde. Kenzo Air Intense zeigt Witz, wo sein olfaktorischer Verwandter Encre Noire lieber in den Abgrund blickt.
Die Duftbasis greift mit Amber die balsamische Farbe der Herznote auf und umhüllt den Vetiver mit einer harzigen Knautschzone. In dieser Gummizelle beruhigt er sich endgültig und strahlt, jetzt weitaus manierlicher brummend, seine Holzigkeit ins Bouquet. Überraschend ist die Standfestigkeit des Anis, der sich noch immer nicht ganz verflüchtigen will. Seine lakritzige Note allerdings ist inzwischen so vollendet mit dem Süßgras verblendet, dass sie wie natürlich gewachsen erscheint. Die weißen Hölzer der Pyramide machen auf dem Papier einen besseren Eindruck als im Aroma; dort spielen sie bestenfalls insofern eine Rolle, als Kenzo seinem Kollegen Encre Noire nicht in vergleichbare Tiefen folgen möchte. Dennoch ist es eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, die beiden Düfte im Drydown zu unterscheiden – Anis hin oder her.
Die Haltbarkeit von Kenzo Air Intense ist anständig: 7 bis 8 Stunden bleibt er seinem Träger treu - und bügelt damit die einzig relevante Schwäche aus, die sein Stammvater Kenzo Air hatte: der war so flüchtig wie sein Name es nahelegt. Überhaupt ist mir die Bezeichnung „Air“ ein Rätsel – soll das insinuieren, Maurice Roucel habe einen luftigen Aquaten komponiert? Ein Lebenselixier erschaffen? Die Luft besungen? Ich passe – denn gleichgültig, wie das Wässerchen nun heißt: Es ist ein großartiges Werk, das in meinem Duftolymp nicht umsonst eine herausragende Position einnimmt. Er steht weit oben auf den wolkenverhangenen Gipfeln, dort, wo die Luft sehr dünn wird. (Ha – und damit haben wir auch den Grund für seinen Namen).
Seine Sillage ist ein wenig heimtückisch – und sollte besser nicht unterschätzt werden. Eine echte Bedrohung für die Umwelt ist sie aber nicht, denn ungeachtet seiner Sperrigkeit auf dem Teststreifen ist Kenzo Air Intense ein offensichtlich gern gerochener Duft. (Für alle, die es gerne deutlicher hätten: Er ist quasi mein Aventus…)
Der Flakon ist Geschmackssache; ich bin Blau-Fetischist und insofern gut bedient. Der Sprühkopf ist integriert und bedarf eines beherzten Drucks – dann aber leistet er gute Arbeit.
Ob Kenzos vermutlich ambitioniertestes Eau de Toilette seine kurze Lebensspanne der Tatsache verdankt, dass es sich nicht nahtlos in den Mainstream der Nullerjahre einfügte, bleibt Spekulation. Die Schattenseite dieses überschaubaren Erfolgs ist sein traurig-früher Tod: Der Duft wird heute anscheinend tatsächlich nicht mehr produziert; einige wenige Parfümerien verkaufen allerdings noch Restbestände, die sie sich bedauerlicherweise entsprechend gut bezahlen lassen.
Kommt also bitte ja nicht auf die Idee, die verbliebenen Quellen anzuzapfen – sonst schreibe ich einen neuen Kommentar und verreiße Kenzo Air Intense darin aufs Übelste… ;o)
Wie alle iso-e-super-geboosterten Düfte braucht Kenzos Vetiverkomposition die Haut als Katalysator, um Wirkung zu entfalten. Auf Papier bleibt nämlich vom Start kaum etwas Anderes übrig als eine beinahe waffenscheinpflichtige lakritzschwangere Anisattacke. Die gehört auch auf der Haut zum Eröffnungsakkord; dort aber schmückt die Bergamotte mit einem Hauch leicht bitterer Frische die steife süßholzige Brise. Sehr zart ergänzt die Würze des Kümmels das Auftakt-Bouquet - und baut einem nicht übermäßig gut erzogenen, etwas ungebändigten Vetiver die Brücke für seinen Einsatz.
Frei von jeder Seifigkeit schleicht sich die Süßgraswurzel ins Fundament des Eröffnungsakkords. Während der Vetiver anschließend seine graubraunen Vibrationen verstärkt, schwächt sich die Anisnote ab, ohne völlig im Süßgras zu versinken. Stattdessen verbündet sie sich mit dem Engelwurz. Das Ergebnis ist eine harzig anmutende Lakritzahnung von balsamischer Weichheit, die dem Vetiver Textur verleiht und sein ungehobeltes Auftreten mit zurückhaltendem Glanz veredelt.
Dank Iso-E-Super entwickelt Kenzo Air Intense bereits in der Herznote eine spannende Sprunghaftigkeit – als arbeiteten olfaktorische Feuerwerker daran, den Duftverlauf durch kurze, aber signifikante Reminiszenzen an die Eröffnungssequenz zu beleben. Dadurch gewinnt der Duft eine Verspieltheit, die man seinem eher dunklen Charakter kaum zutrauen würde. Kenzo Air Intense zeigt Witz, wo sein olfaktorischer Verwandter Encre Noire lieber in den Abgrund blickt.
Die Duftbasis greift mit Amber die balsamische Farbe der Herznote auf und umhüllt den Vetiver mit einer harzigen Knautschzone. In dieser Gummizelle beruhigt er sich endgültig und strahlt, jetzt weitaus manierlicher brummend, seine Holzigkeit ins Bouquet. Überraschend ist die Standfestigkeit des Anis, der sich noch immer nicht ganz verflüchtigen will. Seine lakritzige Note allerdings ist inzwischen so vollendet mit dem Süßgras verblendet, dass sie wie natürlich gewachsen erscheint. Die weißen Hölzer der Pyramide machen auf dem Papier einen besseren Eindruck als im Aroma; dort spielen sie bestenfalls insofern eine Rolle, als Kenzo seinem Kollegen Encre Noire nicht in vergleichbare Tiefen folgen möchte. Dennoch ist es eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, die beiden Düfte im Drydown zu unterscheiden – Anis hin oder her.
Die Haltbarkeit von Kenzo Air Intense ist anständig: 7 bis 8 Stunden bleibt er seinem Träger treu - und bügelt damit die einzig relevante Schwäche aus, die sein Stammvater Kenzo Air hatte: der war so flüchtig wie sein Name es nahelegt. Überhaupt ist mir die Bezeichnung „Air“ ein Rätsel – soll das insinuieren, Maurice Roucel habe einen luftigen Aquaten komponiert? Ein Lebenselixier erschaffen? Die Luft besungen? Ich passe – denn gleichgültig, wie das Wässerchen nun heißt: Es ist ein großartiges Werk, das in meinem Duftolymp nicht umsonst eine herausragende Position einnimmt. Er steht weit oben auf den wolkenverhangenen Gipfeln, dort, wo die Luft sehr dünn wird. (Ha – und damit haben wir auch den Grund für seinen Namen).
Seine Sillage ist ein wenig heimtückisch – und sollte besser nicht unterschätzt werden. Eine echte Bedrohung für die Umwelt ist sie aber nicht, denn ungeachtet seiner Sperrigkeit auf dem Teststreifen ist Kenzo Air Intense ein offensichtlich gern gerochener Duft. (Für alle, die es gerne deutlicher hätten: Er ist quasi mein Aventus…)
Der Flakon ist Geschmackssache; ich bin Blau-Fetischist und insofern gut bedient. Der Sprühkopf ist integriert und bedarf eines beherzten Drucks – dann aber leistet er gute Arbeit.
Ob Kenzos vermutlich ambitioniertestes Eau de Toilette seine kurze Lebensspanne der Tatsache verdankt, dass es sich nicht nahtlos in den Mainstream der Nullerjahre einfügte, bleibt Spekulation. Die Schattenseite dieses überschaubaren Erfolgs ist sein traurig-früher Tod: Der Duft wird heute anscheinend tatsächlich nicht mehr produziert; einige wenige Parfümerien verkaufen allerdings noch Restbestände, die sie sich bedauerlicherweise entsprechend gut bezahlen lassen.
Kommt also bitte ja nicht auf die Idee, die verbliebenen Quellen anzuzapfen – sonst schreibe ich einen neuen Kommentar und verreiße Kenzo Air Intense darin aufs Übelste… ;o)
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