18.03.2016 - 15:30 Uhr
loewenherz
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Als wir Leierbündchen trugen
Ende der 80er – zur Geburtsstunde von Roma (und damit zumindest hierzulande auch der Geburtsstunde der Marke Laura Biagiotti) – waren es im Wesentlichen drei Plagen, von denen die deutsche Frau gepiesackt wurde. Schrecklichster aller Schrecken - manch eine(r) wird sich noch schaudernd dran erinnern - waren die nur halb ausgetrunkenen Kaffeetassen, wenn Besuch da war (Schwiegereltern!): 'Tja, mit der Krönung wäre dir das nicht passiert!' Dass die Familie Mutti nicht mehr lieb hat, wenn die Handtücher kratzen, ist ja bis heute so geblieben – wohingegen ich von der dritten Plage seitdem nie wieder hörte: den Leierbündchen! Man trug ja in den 80er sehr gerne Sweartshirt (mit Schulterpolstern, verschiedenfarbig eingesetzten Fledermausärmeln und geknöpften Taschenklappen an komischen Stellen, unter denen dann keine Tasche drunter war) – und wenn man nun 'herkömmliches' Waschmittel benutzte, konnte es passieren, dass die Bündchen ausleierten – ratloser Blick der Hausfrau - und man nicht mehr zu Gartenfesten eingeladen wurde.
Inmitten dieses Jammertals wurde uns 1988 Laura Biagottis Roma geschenkt und brachte gleich südliche Leichtigkeit in deutsche Wasch- und Kaffeeküchen. Ein blumig-pudriger Duft in einem matt altrosa-pfirsichfarbenen Flakon in echt römischer (!) Säulenform trug seine Benutzerin binnen Sekunden fort aus Meppen, Mettmann oder Memmingen – und auf den Sozius einer Vespa hinter einen dunkellockigen Luigi oder Luca. Roma versprach Sonne, Temperament und Leidenschaft - und einen Hauch Trastevere. Und beinahe verspürte frau Lust, Suppenteller oder Blumentöpfe vom Balkon zu werfen statt wie sonst nur einfach rumzumeckern, wenn der Göttergatte bockig war. Roma war Sinnlichkeit und Sommer und ewiger Urlaub, war begehren und begehrt werden zugleich. Gemeinsam mit Raguletto (Pastasauce aus dem Schraubglas, damals hieß 'Pasta' auch noch 'Nudeln'), Dr. Oetkers Ristorante-Pizza und Gino Ginelli-Eiscreme war Roma Italiens alltagskultureller Botschafter jener Jahre - und wir liebten jeden einzelnen von ihnen.
Roma - das ist der schwülpudrige Kuscheltraum einer Zeit vor Schengen und vor Billigfliegern – als eine Reise nach Italien aufwändig war und höchstens einmal im Jahr im Sommer gewagt wurde, Inntalstau und Brenner inklusive. In meiner Erinnerung ist Roma - und sein kraftvolles Wesen straft dies im Grunde Lügen - ein Sommerduft - einer, der nie jung war und nie alt sein wird. Meine seinerzeit beste Freundin trug ihn täglich - und eigentlich ist er kein Duft für Heranwachsende. Wir fanden ihn lässig und gediegen, mondän, aber nicht affektiert. Ein bisschen ignoriere ich, dass es ihn noch immer gibt, denn mehr als alle anderen Parfums seiner Kohorte ist er für mich ein Duft meiner Vergangenheit – ein Duft von warmen (deutschen) Juli- und Augustnächten, von Raguletto und von Ristorante-Pizza, Gino Ginelli Stracciatella und Torrone, von halbausgetrunkenen Kaffeetassen, kratzigen Handtuchstapeln, in die der Teddy nicht einsinken wollte – und von ausgebleichten Sweatshirts, dank herkömmlichem Waschmittel oft mit Leierbündchen...
Fazit: einer von denen, die das Tor der Massenbeduftung ganz weit aufstießen. Ein furchtbarer Flakon. Und dennoch ein für mich bis heute aufrichtig positiv besetzter Duft. Ciao bello!
Inmitten dieses Jammertals wurde uns 1988 Laura Biagottis Roma geschenkt und brachte gleich südliche Leichtigkeit in deutsche Wasch- und Kaffeeküchen. Ein blumig-pudriger Duft in einem matt altrosa-pfirsichfarbenen Flakon in echt römischer (!) Säulenform trug seine Benutzerin binnen Sekunden fort aus Meppen, Mettmann oder Memmingen – und auf den Sozius einer Vespa hinter einen dunkellockigen Luigi oder Luca. Roma versprach Sonne, Temperament und Leidenschaft - und einen Hauch Trastevere. Und beinahe verspürte frau Lust, Suppenteller oder Blumentöpfe vom Balkon zu werfen statt wie sonst nur einfach rumzumeckern, wenn der Göttergatte bockig war. Roma war Sinnlichkeit und Sommer und ewiger Urlaub, war begehren und begehrt werden zugleich. Gemeinsam mit Raguletto (Pastasauce aus dem Schraubglas, damals hieß 'Pasta' auch noch 'Nudeln'), Dr. Oetkers Ristorante-Pizza und Gino Ginelli-Eiscreme war Roma Italiens alltagskultureller Botschafter jener Jahre - und wir liebten jeden einzelnen von ihnen.
Roma - das ist der schwülpudrige Kuscheltraum einer Zeit vor Schengen und vor Billigfliegern – als eine Reise nach Italien aufwändig war und höchstens einmal im Jahr im Sommer gewagt wurde, Inntalstau und Brenner inklusive. In meiner Erinnerung ist Roma - und sein kraftvolles Wesen straft dies im Grunde Lügen - ein Sommerduft - einer, der nie jung war und nie alt sein wird. Meine seinerzeit beste Freundin trug ihn täglich - und eigentlich ist er kein Duft für Heranwachsende. Wir fanden ihn lässig und gediegen, mondän, aber nicht affektiert. Ein bisschen ignoriere ich, dass es ihn noch immer gibt, denn mehr als alle anderen Parfums seiner Kohorte ist er für mich ein Duft meiner Vergangenheit – ein Duft von warmen (deutschen) Juli- und Augustnächten, von Raguletto und von Ristorante-Pizza, Gino Ginelli Stracciatella und Torrone, von halbausgetrunkenen Kaffeetassen, kratzigen Handtuchstapeln, in die der Teddy nicht einsinken wollte – und von ausgebleichten Sweatshirts, dank herkömmlichem Waschmittel oft mit Leierbündchen...
Fazit: einer von denen, die das Tor der Massenbeduftung ganz weit aufstießen. Ein furchtbarer Flakon. Und dennoch ein für mich bis heute aufrichtig positiv besetzter Duft. Ciao bello!
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