15.05.2018 - 03:25 Uhr
FlirtyFlower
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FlirtyFlower
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27
Der graue Tag
Wie Wasserfälle rinnt es aus meinen Augen. Unbändig, unverständlich, unaufhaltsam.
Wie nur ein Augenblick einen Menschen, ein ganzes Leben – dein ganzes Herz verändern kann. Wie nichts mehr ist wie es einmal war. Du nicht mehr bist, wer du einst warst.
Als ich aus dem Fenster sehe, regnet es unerwarteterweise nicht mehr. Und die Welt, die bis vor kurzem noch ein weißes Winter-Wonderland war, ist nun gekleidet in schönstem Grün und verspricht wider willen einen neuen Tag und ein neues Leben.
In der Früh verpasse ich fast den Aufzug zur U-Bahn. Doch ich halte ihn auf, da noch ein Mädchen im Rollstuhl mit ihrer Begleitung rein will. Und natürlich habe ich die U-Bahn verpasst und komme zu spät zur Arbeit.
Abends gehe ich in mein Duftstammlokal, den grünen Tempel. Und eigentlich weiß ich auch schon, dass ich einen von den Splashes testen möchte, da sie im Angebot sind und ich Cucumber lange Zeit sehr geliebt habe.
Und für 30 Euro würde ich für den Preis heute auch nichts falsch machen. Als ich ihn aufsprühe, nehme ich zunächst nur seine Waschmittelfrische wahr. Es riecht irgendwie leicht würzig und unerklärlich. Doch ich ahne zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welch Tiefe er mir noch bescheren sollte.
Auf dem Rückweg aus dem Einkaufszentrum kommt mir die Rollstuhlfahrerin mit ihrer Begleiterin entgegen. Sie erkennt mich und wider Willen lächelt sie mir zu und winkt. Wie klein die Welt doch ist. Trotz des schwierigen Tages muss auch ich lächeln und winke auch ihr.
Am nächsten Tag sprühe ich Rain das erste Mal für einen Arbeitstag auf und freue mich auf diesen neuen Duftflirt.
Natürlich weiß ich, dass der Tag bescheiden werden wird, aber dass er so bescheiden werden würde, hätte ich nicht gedacht. Aber Rain hilft mir auch bei Ungerechtigkeiten ruhig zu bleiben. Mir ins Gedächtnis zu rufen mich nicht aus der Reserve locken zu lassen. Zu wissen, dass es wichtigeres gibt, als der schlechten Laune mancher Leute nachzugeben. Und es klappt. Sogar als die Kollegin eine Scherzmail von meinem Account geschickt hat, lache ich nur und sage, „ja gut, dass die andere wusste, dass nicht ich diese obskuren Worte für sie verfasst habe und sie die Scherze der anderen schon kennt.“
Was mir das Ganze eingebracht hat? Rain hat meine Emotionen in Balance gehalten, durch seine reine saubere und doch würzige Art – und diese Balance wurde belohnt. Ich bekam unverhofft die Gelegenheit auf eine Schulung zu gehen, die mich wirklich interessierte. Weil ein anderer nicht konnte und ja ich hätte sie sonst nicht bekommen, aber hey einem geschenkten Gaul...
Und ich freute mich über das Herz dieser Person (dem Kollegen), die sich im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen selbstlos verhält. Die Person, die eigentlich immer wieder jemandem etwas gönnt, um seinen Kollegen auch etwas Gutes, etwas von Herzen zu gönnen, was nicht immer mit Geld zu tun hat.
Natürlich gehe ich auch am nächsten Tag wieder einen weiteren Duftflirt mit Rain ein und fahre zur Schulung. Heute entwickelt sich Rain ein klein wenig anders, da das Wetter in der Früh kalt ist und ich muss an das Statement von Herbstblond denken, in der sie schreibt, dass Rain an den Duft von Kopfsteinplaster nach dem Regen erinnert. Denn heute treffen ihre Worte, wie die Faust aufs Auge.
Natürlich läuft wieder etwas schief, nein, diesmal habe ich die U-Bahn geschafft, dafür geschieht etwas anderes unerwartetes und wieder läuft etwas schief. Und was habe ich durch Rain gelernt – ruhig bleiben lohnt sich. Kurzerhand entschließe ich mich 10 Euro in ein Taxi zu investieren, da ich sonst den ganzen Vorspann verpassen würde. Und Voila – tatsächlich finde ich auch schnell eines.
Ein schwarzer gut gelaunter Taxifahrer in bunten langen Kleidern ist also der Retter in meiner Not und fragt mich, wohin es gehen soll und warum ich so aufgeregt bin. Und ich erzähle ihm alles. Er ist sehr nett und vor allem sehr positiv und sagt zu mir: „Sieh doch das Positive, das Wetter ist so schön. Und du gehst nicht zu einem Vorstellungsgespräch, du gehst zu einer Schulung, die du geschenkt bekommen hast. Das ist doch alles so toll. Kein Grund so negativ zu sein. Das Leben ist schon schlecht genug, man muss das Gute sehen damit es lebenswert bleibt!“
Er war so nett, dass er mich bis zur Haustür fuhr und ich ihm 5 Euro Trinkgeld gönnte. Er freute sich so sehr und war so derart gerührt, dass er Tränen in den Augen hatte. Und mit ihm, ich gleich mit.
Und als ich vor dem Schulungsgebäude stehe und mich entspanne, entwickelt sich Rain rauchig, als hätte ich mir eine Waschmittelzigarette angezündet. Irgendwie lecker.
Und was soll ich euch sagen der Taxifahrer hatte recht. Auch wenn das Leben oft nicht so schön ist, lohnt es sich die schlechten Dinge manchmal durchzuhalten und sich auf das schöne zu konzentrieren.
Auch wenn es man manchmal einen Sommerregen, manchmal einen Sturm oder ein manchmal ein Donnerwetter braucht, um dein Herz und deine Sinne wieder zu reinigen. Und auch wenn es manchmal einen netten Menschen braucht, der dir wieder die Augen für das Wesentliche und das Positive öffnet.
Denn weißt du, manchmal ist das dann der entscheidende Augenblick um zu erkennen, dass das Leben weitergeht. Auch wenn du schon daran geglaubt hattest, dass dein Herz aufgehört hat zu schlagen.
EPILOG
Der graue Tag
Der Tag war grau, als er begann.
Schwer das Gemüt, wie dichte
Nebelschwaden.
Die Seele geknebelt, damit sie
nicht schreien konnte.
Der Geist gefangen, damit er sich
nicht befreien konnte.
Der Tag war grau, als er begann.
Die Augen blind, damit sie
nicht sehen konnten.
Die Ohren taub, damit sie
nicht hören konnten.
Der Mund stumm, damit er
nicht sprechen konnte.
Da sandte mir Gott einen Freund
und berührte mein Herz,
und sachte begann es zu schlagen.
Und ich vernahm die Stimme
des Herzens.
Begann zu sehen das Wunder des Lebens,
begann zu sprechen von der Liebe
zum Leben.
Der Tag war schön als er begann,
da hinter grauen Nebelschleiern
die zarte Röte des beginnenden
Tages ruhte.
Elfie A. Vetter aus dem Werk Gedanken wie Perlen
Wie nur ein Augenblick einen Menschen, ein ganzes Leben – dein ganzes Herz verändern kann. Wie nichts mehr ist wie es einmal war. Du nicht mehr bist, wer du einst warst.
Als ich aus dem Fenster sehe, regnet es unerwarteterweise nicht mehr. Und die Welt, die bis vor kurzem noch ein weißes Winter-Wonderland war, ist nun gekleidet in schönstem Grün und verspricht wider willen einen neuen Tag und ein neues Leben.
In der Früh verpasse ich fast den Aufzug zur U-Bahn. Doch ich halte ihn auf, da noch ein Mädchen im Rollstuhl mit ihrer Begleitung rein will. Und natürlich habe ich die U-Bahn verpasst und komme zu spät zur Arbeit.
Abends gehe ich in mein Duftstammlokal, den grünen Tempel. Und eigentlich weiß ich auch schon, dass ich einen von den Splashes testen möchte, da sie im Angebot sind und ich Cucumber lange Zeit sehr geliebt habe.
Und für 30 Euro würde ich für den Preis heute auch nichts falsch machen. Als ich ihn aufsprühe, nehme ich zunächst nur seine Waschmittelfrische wahr. Es riecht irgendwie leicht würzig und unerklärlich. Doch ich ahne zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welch Tiefe er mir noch bescheren sollte.
Auf dem Rückweg aus dem Einkaufszentrum kommt mir die Rollstuhlfahrerin mit ihrer Begleiterin entgegen. Sie erkennt mich und wider Willen lächelt sie mir zu und winkt. Wie klein die Welt doch ist. Trotz des schwierigen Tages muss auch ich lächeln und winke auch ihr.
Am nächsten Tag sprühe ich Rain das erste Mal für einen Arbeitstag auf und freue mich auf diesen neuen Duftflirt.
Natürlich weiß ich, dass der Tag bescheiden werden wird, aber dass er so bescheiden werden würde, hätte ich nicht gedacht. Aber Rain hilft mir auch bei Ungerechtigkeiten ruhig zu bleiben. Mir ins Gedächtnis zu rufen mich nicht aus der Reserve locken zu lassen. Zu wissen, dass es wichtigeres gibt, als der schlechten Laune mancher Leute nachzugeben. Und es klappt. Sogar als die Kollegin eine Scherzmail von meinem Account geschickt hat, lache ich nur und sage, „ja gut, dass die andere wusste, dass nicht ich diese obskuren Worte für sie verfasst habe und sie die Scherze der anderen schon kennt.“
Was mir das Ganze eingebracht hat? Rain hat meine Emotionen in Balance gehalten, durch seine reine saubere und doch würzige Art – und diese Balance wurde belohnt. Ich bekam unverhofft die Gelegenheit auf eine Schulung zu gehen, die mich wirklich interessierte. Weil ein anderer nicht konnte und ja ich hätte sie sonst nicht bekommen, aber hey einem geschenkten Gaul...
Und ich freute mich über das Herz dieser Person (dem Kollegen), die sich im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen selbstlos verhält. Die Person, die eigentlich immer wieder jemandem etwas gönnt, um seinen Kollegen auch etwas Gutes, etwas von Herzen zu gönnen, was nicht immer mit Geld zu tun hat.
Natürlich gehe ich auch am nächsten Tag wieder einen weiteren Duftflirt mit Rain ein und fahre zur Schulung. Heute entwickelt sich Rain ein klein wenig anders, da das Wetter in der Früh kalt ist und ich muss an das Statement von Herbstblond denken, in der sie schreibt, dass Rain an den Duft von Kopfsteinplaster nach dem Regen erinnert. Denn heute treffen ihre Worte, wie die Faust aufs Auge.
Natürlich läuft wieder etwas schief, nein, diesmal habe ich die U-Bahn geschafft, dafür geschieht etwas anderes unerwartetes und wieder läuft etwas schief. Und was habe ich durch Rain gelernt – ruhig bleiben lohnt sich. Kurzerhand entschließe ich mich 10 Euro in ein Taxi zu investieren, da ich sonst den ganzen Vorspann verpassen würde. Und Voila – tatsächlich finde ich auch schnell eines.
Ein schwarzer gut gelaunter Taxifahrer in bunten langen Kleidern ist also der Retter in meiner Not und fragt mich, wohin es gehen soll und warum ich so aufgeregt bin. Und ich erzähle ihm alles. Er ist sehr nett und vor allem sehr positiv und sagt zu mir: „Sieh doch das Positive, das Wetter ist so schön. Und du gehst nicht zu einem Vorstellungsgespräch, du gehst zu einer Schulung, die du geschenkt bekommen hast. Das ist doch alles so toll. Kein Grund so negativ zu sein. Das Leben ist schon schlecht genug, man muss das Gute sehen damit es lebenswert bleibt!“
Er war so nett, dass er mich bis zur Haustür fuhr und ich ihm 5 Euro Trinkgeld gönnte. Er freute sich so sehr und war so derart gerührt, dass er Tränen in den Augen hatte. Und mit ihm, ich gleich mit.
Und als ich vor dem Schulungsgebäude stehe und mich entspanne, entwickelt sich Rain rauchig, als hätte ich mir eine Waschmittelzigarette angezündet. Irgendwie lecker.
Und was soll ich euch sagen der Taxifahrer hatte recht. Auch wenn das Leben oft nicht so schön ist, lohnt es sich die schlechten Dinge manchmal durchzuhalten und sich auf das schöne zu konzentrieren.
Auch wenn es man manchmal einen Sommerregen, manchmal einen Sturm oder ein manchmal ein Donnerwetter braucht, um dein Herz und deine Sinne wieder zu reinigen. Und auch wenn es manchmal einen netten Menschen braucht, der dir wieder die Augen für das Wesentliche und das Positive öffnet.
Denn weißt du, manchmal ist das dann der entscheidende Augenblick um zu erkennen, dass das Leben weitergeht. Auch wenn du schon daran geglaubt hattest, dass dein Herz aufgehört hat zu schlagen.
EPILOG
Der graue Tag
Der Tag war grau, als er begann.
Schwer das Gemüt, wie dichte
Nebelschwaden.
Die Seele geknebelt, damit sie
nicht schreien konnte.
Der Geist gefangen, damit er sich
nicht befreien konnte.
Der Tag war grau, als er begann.
Die Augen blind, damit sie
nicht sehen konnten.
Die Ohren taub, damit sie
nicht hören konnten.
Der Mund stumm, damit er
nicht sprechen konnte.
Da sandte mir Gott einen Freund
und berührte mein Herz,
und sachte begann es zu schlagen.
Und ich vernahm die Stimme
des Herzens.
Begann zu sehen das Wunder des Lebens,
begann zu sprechen von der Liebe
zum Leben.
Der Tag war schön als er begann,
da hinter grauen Nebelschleiern
die zarte Röte des beginnenden
Tages ruhte.
Elfie A. Vetter aus dem Werk Gedanken wie Perlen
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