23.01.2015 - 17:48 Uhr
Palonera
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Palonera
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48
das Vollweib
"Von einem schönen Teller kann man nicht essen!" hatte Großmutter mir warnend mit auf den Weg gegeben, tatkräftig unterstützt von Großvaters "Auf die inneren Werte kommt es an!".
Und während ich lange Zeit rätselte, weshalb die Ästhetik schönen Tischgeschirrs die Genießbarkeit der Speisen schmälern sollte, leuchtete die Weisheit der Werte mir unmittelbar ein.
Mogelpackungen brauchte kein Mensch, nicht im Einkaufskorb und erst recht nicht dort, wo sie wahres Unheil anrichten konnten.
Drum prüfe, was am Weg sich findet...
Manchmal aber - sehr, sehr manchmal - ist der äußere Schein so schön, daß ich mich blenden lasse, verführen und überreden, ohne zu wissen, wissen zu wollen, was sich verbirgt hinter der hübschen Larve.
Dann wird der Schein zum Sein, die Hülle wichtiger als der Inhalt und die Vernunft hat sich schmollend in die Ecke gesetzt.
So erging es mir an jenem Tag vor 15 Jahren, damals, als "Mauboussin" einzog in meinem zweiten Wohnzimmer, in Simones Parfümerie im Haus gegenüber.
Fasziniert und entzückt wie ein kleines Mädchen hielt ich ihn in der Hand, den schweren Flacon aus schillerndem Glas in Form einer Pyramide, dessen Boden sich so paßgenau in meine Handfläche schmiegte wie ein maßgefertigtes Schmuckstück.
Daß Mauboussin ebenso für gehobene Juwelierkunst stand wie Bvlgari, Chopard und Cartier, war mir zu jenem Zeitpunkt noch nicht bekannt - dazu mußte mich mein Weg erst zu Parfumo führen.
Ungetestet kaufte ich den Duft, der hätte sein können, wie er wollte – in diesem besonderen Fall war es mir gleichgültig, ging es um Optik und Haptik und sonst gar nichts.
Das hätte selbst Opa verstanden.
Doch weil Opa nun einmal mein Opa war und Inhalte durchaus ihren Reiz haben, beließ ich es nicht dabei, mein neues Schätzchen verzückt zu bewundern.
Dunkelorangewarmgolden schwappte es im Inneren der Pyramide und mahnte zur Vorsicht:
Das sah nicht so aus wie eines jener Leichtfrischharmlosdüftchen, die zur Jahrtausendwende den Markt überschwemmten, eher schon wie ein Vollblutkracher aus den späten Achtzigern.
Ein beherzter Sprüher, ein vorsichtiges Schnuppern – "Vollblut" war nicht untertrieben, selten lagen Schein und Sein so nahe beieinander.
"Mauboussin" klopft nicht an – "Mauboussin" ist da, vom ersten Augenblick an, kraftvoll und präsent, ohne freilich mit der Tür ins Haus zu fallen.
Süffig-sinnliche Pflaumenaromen vermählen sich mit prachtvoll-lasziver Rose und samtigem Pfirsich, dicht und schwer und "komm zu mir".
Runde Hüften, dralle Schenkel, weiche Brüste - rosigwarme Frauenhaut auf bernsteingoldenem Plüsch.
"Roma" kommt mir in den Sinn mit ihrem Strudel aus Blüten und Früchten und Leidenschaft, ihrer überbordenden Lebensfreude und kaum verhüllten Erotik, der sich keine Männernase entziehen konnte.
Doch "Mauboussin" kann auch anders.
Am nächsten Tag tanzt mir anstelle der schönen Römerin "Relax" in der Nase herum, schnippen meine Synapsen den Takt jenes bittersüßen, würzigwarmen Herzensbrechers, dem ich nicht erst erlag im Bett aus Amber und Benzoe.
"Mauboussin" changiert, oszilliert von Tag zu Tag, bei Warm und Kalt mal in diese, mal in jene Richtung zwischen aromatisch-halbtrockener Frucht, samtsinnlich gepuderter Blütenfülle und einer nahezu mütterlich anmutenden Wärme, die keinen Zweifel daran läßt, daß ihre Trägerin eine Frau ist, ein Weib, ein Vollweib gar mit Herz und Seele, mit Charakter, Hirn und Cupido, das deutlich mehr zu bieten hat als eine hübsche Larve.
Die inneren Werte eben.
Sie hätten auch Opa gefallen.
Und während ich lange Zeit rätselte, weshalb die Ästhetik schönen Tischgeschirrs die Genießbarkeit der Speisen schmälern sollte, leuchtete die Weisheit der Werte mir unmittelbar ein.
Mogelpackungen brauchte kein Mensch, nicht im Einkaufskorb und erst recht nicht dort, wo sie wahres Unheil anrichten konnten.
Drum prüfe, was am Weg sich findet...
Manchmal aber - sehr, sehr manchmal - ist der äußere Schein so schön, daß ich mich blenden lasse, verführen und überreden, ohne zu wissen, wissen zu wollen, was sich verbirgt hinter der hübschen Larve.
Dann wird der Schein zum Sein, die Hülle wichtiger als der Inhalt und die Vernunft hat sich schmollend in die Ecke gesetzt.
So erging es mir an jenem Tag vor 15 Jahren, damals, als "Mauboussin" einzog in meinem zweiten Wohnzimmer, in Simones Parfümerie im Haus gegenüber.
Fasziniert und entzückt wie ein kleines Mädchen hielt ich ihn in der Hand, den schweren Flacon aus schillerndem Glas in Form einer Pyramide, dessen Boden sich so paßgenau in meine Handfläche schmiegte wie ein maßgefertigtes Schmuckstück.
Daß Mauboussin ebenso für gehobene Juwelierkunst stand wie Bvlgari, Chopard und Cartier, war mir zu jenem Zeitpunkt noch nicht bekannt - dazu mußte mich mein Weg erst zu Parfumo führen.
Ungetestet kaufte ich den Duft, der hätte sein können, wie er wollte – in diesem besonderen Fall war es mir gleichgültig, ging es um Optik und Haptik und sonst gar nichts.
Das hätte selbst Opa verstanden.
Doch weil Opa nun einmal mein Opa war und Inhalte durchaus ihren Reiz haben, beließ ich es nicht dabei, mein neues Schätzchen verzückt zu bewundern.
Dunkelorangewarmgolden schwappte es im Inneren der Pyramide und mahnte zur Vorsicht:
Das sah nicht so aus wie eines jener Leichtfrischharmlosdüftchen, die zur Jahrtausendwende den Markt überschwemmten, eher schon wie ein Vollblutkracher aus den späten Achtzigern.
Ein beherzter Sprüher, ein vorsichtiges Schnuppern – "Vollblut" war nicht untertrieben, selten lagen Schein und Sein so nahe beieinander.
"Mauboussin" klopft nicht an – "Mauboussin" ist da, vom ersten Augenblick an, kraftvoll und präsent, ohne freilich mit der Tür ins Haus zu fallen.
Süffig-sinnliche Pflaumenaromen vermählen sich mit prachtvoll-lasziver Rose und samtigem Pfirsich, dicht und schwer und "komm zu mir".
Runde Hüften, dralle Schenkel, weiche Brüste - rosigwarme Frauenhaut auf bernsteingoldenem Plüsch.
"Roma" kommt mir in den Sinn mit ihrem Strudel aus Blüten und Früchten und Leidenschaft, ihrer überbordenden Lebensfreude und kaum verhüllten Erotik, der sich keine Männernase entziehen konnte.
Doch "Mauboussin" kann auch anders.
Am nächsten Tag tanzt mir anstelle der schönen Römerin "Relax" in der Nase herum, schnippen meine Synapsen den Takt jenes bittersüßen, würzigwarmen Herzensbrechers, dem ich nicht erst erlag im Bett aus Amber und Benzoe.
"Mauboussin" changiert, oszilliert von Tag zu Tag, bei Warm und Kalt mal in diese, mal in jene Richtung zwischen aromatisch-halbtrockener Frucht, samtsinnlich gepuderter Blütenfülle und einer nahezu mütterlich anmutenden Wärme, die keinen Zweifel daran läßt, daß ihre Trägerin eine Frau ist, ein Weib, ein Vollweib gar mit Herz und Seele, mit Charakter, Hirn und Cupido, das deutlich mehr zu bieten hat als eine hübsche Larve.
Die inneren Werte eben.
Sie hätten auch Opa gefallen.
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