02.07.2015 - 11:36 Uhr
Sarungal
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21
Die Süßgras-Chroniken - Teil IV: Urbaner Seifenstaub
Luca Turin äußert sich zum großen Bruder ‚Infusion d’Homme’ recht vernichtend: Das sei eine „billige Iris“, nichts weiter als eine blasse, irregeleitete Imitation von Lutens ‚Iris Silver Mist’. Mit einem knackigen „Avoid!“ schließt er seinen Verriss.
Ich nehme die Kritik zur Kenntnis, schätze ‚Infusion d’Homme’ aber dennoch – und halte den Vergleich mit Lutens Iris-Komposition für komplett falsch. Nach meiner Wahrnehmung sind die Prada-Düfte der Infusion-Serie sehr gut gemachte Lifestyle-Produkte, die keine künstlerische Attitüde vortäuschen. Stattdessen stehen sie für eine olfaktorische Perspektive, die unter der Überschrift „Lichte Pudrigkeit“ eine beinahe schwerelose Alternative zur vergleichsweise schwülstigen Süße mancher Mainstreamdüfte im Herrensegment anbieten. Damit geht Prada einen (gerne etwas seifen-lastigen) Weg, der in den letzten Jahren sehr erfolgreich zur Firmen-Signatur ausgebaut wurde.
Dass ich selbst mich von diesem speziellen Duftcharakter habe anfixen lassen, verwundert mich nach wie vor: Eigentlich liegt mir dieser Puderkram überhaupt nicht. Das zumindest dachte ich bis vor kurzem – und musste mich (bereitwillig) eines Besseren belehren lassen. Natürlich habe ich mir deshalb auch noch ‚Infusion de Vetiver’ gesichert, bevor die letzten Restbestände abverkauft sind.
Nach Luca Turins Logik müsste ich jetzt wohl Guerlains ‚Vetiver’ zum Vergleich heranziehen, aber ich schenke mir die Suche nach Parallelen; die erschöpfen sich sowieso weitestgehend im Namen. Pradas Vetiver zeigt uns eine quasi fein gemahlene, puderzarte Version des Süßgras’ frei von jener typischen Erdigkeit, die sonst mit Vetiver assoziiert wird.
Bestenfalls im Vergleich zu ‚Infusion d’Homme’ könnte man dem Süßgras hier einen Hauch von Wurzeligkeit unterstellen, aber selbst dieser Gedanke verbietet sich: zu artifiziell begegnet uns das Süßgras in beiden Düften. Deren signifikante Ähnlichkeit erscheint mir ohnehin frappierend: ‚Infusion de Vetiver’ hinterlässt bei mir beinahe den Eindruck, man habe die homöopathische Süßgras-Dosis aus ‚d’Homme’ etwas intensiviert und parallel ein wenig den Lieblichkeitsfaktor zurückgefahren – et voilà: fertig ist der Vetiver-Bruder. (Dass die Iris in keiner Duftpyramide Erwähnung findet, überrascht mich dann doch: ich würde Stein und Bein schwören, dass sie auch in ‚Infusion de Vetiver’ eine nicht unwichtige Rolle spielt…)
Vermutlich lässt sich die im Vergleich weniger liebliche Kopfnote auf den Einsatz von Pfeffer und Estragon zurück führen; vor allem der würzige Auftakt macht ‚Infusion de Vetiver’ schon beim Start eine Spur grüner als den Bruder. Verschiedentlich wurde hier die Assoziation zu geschnittenem Gras geschildert; in meiner Wahrnehmung zerstäubt die Pudrigkeit des Dufts diese Idee sehr rasch – übrig bleibt ein wenig Heu. Das sorgt für eine seltsam trockene Frische – und provoziert den Gedanken an eine handgeschöpfte Kräuterseife, die in einem beinahe steril eingerichteten Hochhausapartment die Ablage auf dem Designerwaschtisch ziert: ein Hauch von Landleben im clean gestylten Großstadtchic.
Überhaupt sind beide hier thematisierten Pradas ausgesprochen künstliche und in diesem Sinne urbane Vertreter: sie bemühen sich nicht um eine naturnahe Erzählung ihrer Ingredienzien, sondern stellen deren wortwörtlich raffinierte Essenz in einen sehr modernen, dem Einen oder Anderen vielleicht etwas zu stylischen Kontext. Das muss man nicht mögen, aber man kann es immerhin bewundern – oder das androgyne Resultat in seiner fast monothematischen Pudrigkeit rundheraus ablehnen.
Mir gefällt’s sehr gut - ebenso wie der geradlinige, nur innen leicht geschwungene Glasflakon, der sich perfekt in jedes großstädtische Apartment einfügt. Die Haltbarkeit ist – ähnlich wie bei ‚Infusion d’Homme’ – auf meiner Haut weder blamabel noch überragend, die Sillage in beiden Fällen recht vornehm geraten: ein wenig mehr PS wären zumindest mir nicht unangenehm.
Fazit: Meine Neugier auf den Unisex-Nachfolger 2015 ist in jedem Fall geweckt, auch wenn ich nur eine Notwendigkeit für diesen Neustart sehe – die unverdiente Einstellung von ‚Infusion de Vetiver’.
Ich nehme die Kritik zur Kenntnis, schätze ‚Infusion d’Homme’ aber dennoch – und halte den Vergleich mit Lutens Iris-Komposition für komplett falsch. Nach meiner Wahrnehmung sind die Prada-Düfte der Infusion-Serie sehr gut gemachte Lifestyle-Produkte, die keine künstlerische Attitüde vortäuschen. Stattdessen stehen sie für eine olfaktorische Perspektive, die unter der Überschrift „Lichte Pudrigkeit“ eine beinahe schwerelose Alternative zur vergleichsweise schwülstigen Süße mancher Mainstreamdüfte im Herrensegment anbieten. Damit geht Prada einen (gerne etwas seifen-lastigen) Weg, der in den letzten Jahren sehr erfolgreich zur Firmen-Signatur ausgebaut wurde.
Dass ich selbst mich von diesem speziellen Duftcharakter habe anfixen lassen, verwundert mich nach wie vor: Eigentlich liegt mir dieser Puderkram überhaupt nicht. Das zumindest dachte ich bis vor kurzem – und musste mich (bereitwillig) eines Besseren belehren lassen. Natürlich habe ich mir deshalb auch noch ‚Infusion de Vetiver’ gesichert, bevor die letzten Restbestände abverkauft sind.
Nach Luca Turins Logik müsste ich jetzt wohl Guerlains ‚Vetiver’ zum Vergleich heranziehen, aber ich schenke mir die Suche nach Parallelen; die erschöpfen sich sowieso weitestgehend im Namen. Pradas Vetiver zeigt uns eine quasi fein gemahlene, puderzarte Version des Süßgras’ frei von jener typischen Erdigkeit, die sonst mit Vetiver assoziiert wird.
Bestenfalls im Vergleich zu ‚Infusion d’Homme’ könnte man dem Süßgras hier einen Hauch von Wurzeligkeit unterstellen, aber selbst dieser Gedanke verbietet sich: zu artifiziell begegnet uns das Süßgras in beiden Düften. Deren signifikante Ähnlichkeit erscheint mir ohnehin frappierend: ‚Infusion de Vetiver’ hinterlässt bei mir beinahe den Eindruck, man habe die homöopathische Süßgras-Dosis aus ‚d’Homme’ etwas intensiviert und parallel ein wenig den Lieblichkeitsfaktor zurückgefahren – et voilà: fertig ist der Vetiver-Bruder. (Dass die Iris in keiner Duftpyramide Erwähnung findet, überrascht mich dann doch: ich würde Stein und Bein schwören, dass sie auch in ‚Infusion de Vetiver’ eine nicht unwichtige Rolle spielt…)
Vermutlich lässt sich die im Vergleich weniger liebliche Kopfnote auf den Einsatz von Pfeffer und Estragon zurück führen; vor allem der würzige Auftakt macht ‚Infusion de Vetiver’ schon beim Start eine Spur grüner als den Bruder. Verschiedentlich wurde hier die Assoziation zu geschnittenem Gras geschildert; in meiner Wahrnehmung zerstäubt die Pudrigkeit des Dufts diese Idee sehr rasch – übrig bleibt ein wenig Heu. Das sorgt für eine seltsam trockene Frische – und provoziert den Gedanken an eine handgeschöpfte Kräuterseife, die in einem beinahe steril eingerichteten Hochhausapartment die Ablage auf dem Designerwaschtisch ziert: ein Hauch von Landleben im clean gestylten Großstadtchic.
Überhaupt sind beide hier thematisierten Pradas ausgesprochen künstliche und in diesem Sinne urbane Vertreter: sie bemühen sich nicht um eine naturnahe Erzählung ihrer Ingredienzien, sondern stellen deren wortwörtlich raffinierte Essenz in einen sehr modernen, dem Einen oder Anderen vielleicht etwas zu stylischen Kontext. Das muss man nicht mögen, aber man kann es immerhin bewundern – oder das androgyne Resultat in seiner fast monothematischen Pudrigkeit rundheraus ablehnen.
Mir gefällt’s sehr gut - ebenso wie der geradlinige, nur innen leicht geschwungene Glasflakon, der sich perfekt in jedes großstädtische Apartment einfügt. Die Haltbarkeit ist – ähnlich wie bei ‚Infusion d’Homme’ – auf meiner Haut weder blamabel noch überragend, die Sillage in beiden Fällen recht vornehm geraten: ein wenig mehr PS wären zumindest mir nicht unangenehm.
Fazit: Meine Neugier auf den Unisex-Nachfolger 2015 ist in jedem Fall geweckt, auch wenn ich nur eine Notwendigkeit für diesen Neustart sehe – die unverdiente Einstellung von ‚Infusion de Vetiver’.
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