31.07.2019 - 14:20 Uhr
Helena1411
104 Rezensionen
Helena1411
21
Yin und Yang
Schwärze. Im ersten Moment undurchdringlich. Alles ruhig. Sie liegt mit offenen Augen wach, starrt in die Dunkelheit. Die Geräusche der Nacht schreien förmlich in die Stille, die sich durch die Dunkelheit schleicht, als wollten sie den Bann brechen und aufzeigen, es sei noch Leben in dem Schwarzblau der Nacht vorhanden.
Ihr eigener Atem erscheint ihr störend laut, deplatziert, nicht eins mit der Nacht. Sie hört ihr eigenes Herz in unerbittlicher Lautstärke dröhnen, ihr Blut rauscht in ihren Ohren.
Ihr Atem gegen das Seufzen der Nacht, ihr Herzschlag gegen den Puls der Nacht. Ihr ist, als gewinne die Nacht.
Und das Gedankenkarussell dreht sich, Runde um Runde, Stunde um Stunde.
Unablässig. Unerschöpflich. Unerbittlich.
Und sie kreist mit, wieder und wieder, in den überdimensionierten Schatten der Nacht.
‚Anhalten‘ kommt ihr in den Sinn. Es muss angehalten werden. Muss.
Aufstehen, ins Bad, Wasser ins Gesicht, in die Küche. Nächtliche Automatismen, ebenso wiederkehrend wie die Gedanken.
Vor dem erneuten Einstieg in die Nacht, in das Bett, in das Karussell, in den Sog das Kopfkissen beduften, die Handgelenke ebenso, ebenfalls automatisiert, im Hinterkopf jedoch der Gedanke von Fürsorgepflicht. Gegen sich selbst, für sich selbst, wie auch immer.
Und das Karussell nimmt Anlauf, alle Plätze sind belegt, es kann losgehen:
Auf den Pferden sitzen die Reiter Fleiß, Pflichtgefühl, Ansporn, Disziplin, Unerbittlichkeit. In den Kutschen lassen sich die Schwestern Selbstzweifel und Unsicherheit in die Runde fahren. Die Sorge sitzt gemeinsam mit der Angst in der Gondel, die beide ein Auge auf alle Passagiere haben.
Und das Karussell nimmt Fahrt auf. Immer mehr und mehr. Schneller und schneller.
Ihr wird schwindelig. Sie muss atmen, ganz ruhig atmen, sonst verliert sie die Kontrolle über das Karussell. Und mit jedem ruhigen Atemzug strömt ihr ein sanfter Geruch entgegen, zart, weich, beruhigend. Vor allem aber warm.
Wie nur kann etwas warm riechen? Sie erinnert sich, der Lotus. Ebenso wie er rein riecht. Aber nicht klar, eher milchig. Und es erscheint ihr fast so, als dringe das milchige Weiß durch die bedrängende Dunkelheit, als kämpfe Licht gegen Schatten, und sie sei nur ein Zuschauer am Rande.
Ihre Atemzüge werden gleichmäßiger.
Sie riecht die milchige, warme Reinheit, fast schon baumwollweich, in die sich ein Hauch von Getreide hineinmischt. Sie überlegt. Hiobstränensamen, auch Yi-Yi-Ren genannt, sind dafür verantwortlich. Ein Schmunzeln stiehlt sich auf ihre Lippen. Wie ein Getreide so einen bedeutungsschwangeren Namen erhalten kann... Anstatt ihrem Namen alle Ehre zu machen, erzeugen sie ein Gefühl der pudrigen Wohligkeit und Wärme, Hand in Hand mit dem weißen Lotus, in der Dunkelheit ihrer Nacht.
Ihr kommt wieder in den Sinn, dass die Hiobstränensamen auch in der traditionellen chinesischen Medizin zur Anwendung kommen. Tonisierend sollen sie wirken. Und auch weiß sie um die beruhigende Wirkung, die der Lotusblüte zugesprochen wird. All das hat sie nachgelesen, bei Tag, nach einer dieser vielen Nächte, karusselldrehend und schlaflos. Eine dieser Nächte, in denen sie sich das erste Mal das Kopfkissen beduftet hatte. Und verwundert feststellte, welch angenehme Wirkung dieser sanfte, warme Duft auf sie hatte. Der auch anhält bis zum nächsten Morgen, dann nur noch eine Ahnung von der Nacht, und sich im Tageslicht langsam verflüchtigt wie die Dunkelheit.
Ein Duft, der sie nicht fordert, der keine Kapriolen schlägt, der einfach nur da ist und sein darf.
Und während sie über all das nachdenkt, werden die Geräusche der Nacht sanfter, stimmen zu einer nächtlichen Symphonie an, tanzen die Schatten ein zartes Ballett an den Wänden, durchzieht die Düsternis ein milchiger Schleier, hält das Karussell in seinem scheinbar unbezwingbarem Kreis langsam an.
Und sie versinkt langsam in einen Schlaf, erholsam und tief, am Karussell stehen jedoch zu beiden Seiten das Vertrauen und die Gewissheit und nicken sich zu.
Auch morgen beginnt wieder ein neuer Tag.
Ihr eigener Atem erscheint ihr störend laut, deplatziert, nicht eins mit der Nacht. Sie hört ihr eigenes Herz in unerbittlicher Lautstärke dröhnen, ihr Blut rauscht in ihren Ohren.
Ihr Atem gegen das Seufzen der Nacht, ihr Herzschlag gegen den Puls der Nacht. Ihr ist, als gewinne die Nacht.
Und das Gedankenkarussell dreht sich, Runde um Runde, Stunde um Stunde.
Unablässig. Unerschöpflich. Unerbittlich.
Und sie kreist mit, wieder und wieder, in den überdimensionierten Schatten der Nacht.
‚Anhalten‘ kommt ihr in den Sinn. Es muss angehalten werden. Muss.
Aufstehen, ins Bad, Wasser ins Gesicht, in die Küche. Nächtliche Automatismen, ebenso wiederkehrend wie die Gedanken.
Vor dem erneuten Einstieg in die Nacht, in das Bett, in das Karussell, in den Sog das Kopfkissen beduften, die Handgelenke ebenso, ebenfalls automatisiert, im Hinterkopf jedoch der Gedanke von Fürsorgepflicht. Gegen sich selbst, für sich selbst, wie auch immer.
Und das Karussell nimmt Anlauf, alle Plätze sind belegt, es kann losgehen:
Auf den Pferden sitzen die Reiter Fleiß, Pflichtgefühl, Ansporn, Disziplin, Unerbittlichkeit. In den Kutschen lassen sich die Schwestern Selbstzweifel und Unsicherheit in die Runde fahren. Die Sorge sitzt gemeinsam mit der Angst in der Gondel, die beide ein Auge auf alle Passagiere haben.
Und das Karussell nimmt Fahrt auf. Immer mehr und mehr. Schneller und schneller.
Ihr wird schwindelig. Sie muss atmen, ganz ruhig atmen, sonst verliert sie die Kontrolle über das Karussell. Und mit jedem ruhigen Atemzug strömt ihr ein sanfter Geruch entgegen, zart, weich, beruhigend. Vor allem aber warm.
Wie nur kann etwas warm riechen? Sie erinnert sich, der Lotus. Ebenso wie er rein riecht. Aber nicht klar, eher milchig. Und es erscheint ihr fast so, als dringe das milchige Weiß durch die bedrängende Dunkelheit, als kämpfe Licht gegen Schatten, und sie sei nur ein Zuschauer am Rande.
Ihre Atemzüge werden gleichmäßiger.
Sie riecht die milchige, warme Reinheit, fast schon baumwollweich, in die sich ein Hauch von Getreide hineinmischt. Sie überlegt. Hiobstränensamen, auch Yi-Yi-Ren genannt, sind dafür verantwortlich. Ein Schmunzeln stiehlt sich auf ihre Lippen. Wie ein Getreide so einen bedeutungsschwangeren Namen erhalten kann... Anstatt ihrem Namen alle Ehre zu machen, erzeugen sie ein Gefühl der pudrigen Wohligkeit und Wärme, Hand in Hand mit dem weißen Lotus, in der Dunkelheit ihrer Nacht.
Ihr kommt wieder in den Sinn, dass die Hiobstränensamen auch in der traditionellen chinesischen Medizin zur Anwendung kommen. Tonisierend sollen sie wirken. Und auch weiß sie um die beruhigende Wirkung, die der Lotusblüte zugesprochen wird. All das hat sie nachgelesen, bei Tag, nach einer dieser vielen Nächte, karusselldrehend und schlaflos. Eine dieser Nächte, in denen sie sich das erste Mal das Kopfkissen beduftet hatte. Und verwundert feststellte, welch angenehme Wirkung dieser sanfte, warme Duft auf sie hatte. Der auch anhält bis zum nächsten Morgen, dann nur noch eine Ahnung von der Nacht, und sich im Tageslicht langsam verflüchtigt wie die Dunkelheit.
Ein Duft, der sie nicht fordert, der keine Kapriolen schlägt, der einfach nur da ist und sein darf.
Und während sie über all das nachdenkt, werden die Geräusche der Nacht sanfter, stimmen zu einer nächtlichen Symphonie an, tanzen die Schatten ein zartes Ballett an den Wänden, durchzieht die Düsternis ein milchiger Schleier, hält das Karussell in seinem scheinbar unbezwingbarem Kreis langsam an.
Und sie versinkt langsam in einen Schlaf, erholsam und tief, am Karussell stehen jedoch zu beiden Seiten das Vertrauen und die Gewissheit und nicken sich zu.
Auch morgen beginnt wieder ein neuer Tag.
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