17.05.2018 - 14:57 Uhr
Meggi
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„Herr Doktor, das mag vielleicht auf dem Klavier gehen…“
Richard Strauss‘ Oper „Die Frau ohne Schatten“ ist textlich wie musikalisch außerordentlich anspruchsvoll. Fünf hochklassige Sängerinnen und Sänger sind zur Besetzung der Hauptrollen vonnöten. Das Libretto aus der Feder von Hugo von Hofmannsthal ist nicht minder harter Tobak, durchwirkt von psychologischen Symbolen und Anspielungen. Kostprobe? Gern: Am Ende des ersten Aktes singen die Fische in der Bratpfanne – mit den Stimmen von fünf ungeborenen Kindern. Zum glücklichen Ende der Oper dürfen Letztere dann ihr Bald-nicht-mehr-ungeboren-sein verkünden.
Auf dem langen Weg dorthin hat’s auch das Orchester nicht leicht. Von den Proben zur Uraufführung unter der Leitung des Komponisten im Oktober 1919 ist überliefert, dass sich einer der Musiker beschwerte: „Herr Doktor, das mag vielleicht auf dem Klavier gehen, aber auf meiner Oboe niemals!“ Worauf der Maestro erwiderte: „Nun beruhigen Sie sich doch, auf dem Klavier geht es auch nicht.“
Rhabarber – Heliotrop – Oud – Weihrauch – wasweißich? Das geht doch nie und nimmer! Verblüffenderweise geht es. Das liegt daran, dass… Pssst, wir wollen nicht vorgreifen.
Von vorne: Es gibt relativ zahmen Rhabarber, wie Rhabarbergrütze. Rasch zurückgenommen und in eine Reihe gestellt mit einer Spur süßen Rauchs à la 03.Apr.1968 (zufälligerweise ebenfalls von Arturetto Landi). Meinetwegen ein Anflug von Oud-Säuerlichkeit aus der Derb-Leder-Ecke. Aber vor allem holzig, mit Verwandtschaft zu Mythical Woods (zufälligerweise ebenfalls von Arturetto Landi, wenngleich jünger). Und völlig unzufälligerweise entfaltet das eine Nähe zu Black Afgano, nur halt „sandeliger“ und cremiger. Ich vermeide bewusst den Begriff „Sandelholz“ – siehe unten mein PS.
Der Black-Afgano-Eindruck verstärkt sich im Laufe der Zeit sogar noch, flankiert durch gleichermaßen anschwellende Süße, mit partieller Vanille-Attitüde - aha, Rhabarbergrütze mit Vanille-Soße, offenbar kalorienarm aus Heliotrop hergestellt. Nach zwei Stunden schmunzele ich über einen Hauch von Erdnuss. Das alles darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Duft ziemlich stabil ist. Erst um die Mittagszeit wird es milder, noch „sandeliger“. Statt Weihrauch hätte ich mehr auf Myrrhe getippt.
Der Und-ob-das-geht-Schnick ist nun, dass der Rhabarber als Sticker fungiert, nicht als Banner. Auf der ineinander verschmolzenen Black-Sandalo-Creme hüpft einfach bis in den Nachmittag hinein stets eine gewisse Säure (vermutlich Oxalsäure…) herum, ohne indes dominant zu werden. Das erfrischt und steuert ein wenig Luftigkeit bei, die ich als sehr wohltuend empfinde. Doch auch nach Entschwinden der Säure gelingt es, das Cremige durch eine Beigabe typischer oud-haften Holzes mit gar minimal medizinischem Einschlag auszutarieren. Eine winzige Prise feiner Vanille liefert eine Art Italianità.
Da hat Herr Landi zweifellos die eine oder andere Anleihe nicht allein bei sich selbst genommen. Ich verstehe zudem alle, die den Duft für seltsam halten; un-oboig, um die obige Analogie aufzuwärmen. Wer überdies Sept.21.1966 eher effektvoll als raffiniert nennt: Volle Zustimmung.
Mir egal. Ich mag es. Anscheinend trifft Herr Landi bei mir einen Nerv.
PS – In Anbetracht des bereits im Kommentar von Aura aufgebrachten Themas Sandelholz stelle ich mir folgende Frage: Es gibt ja diesen Synthetik-Ersatz Javanol (den angeblich pur zu riechen ich bislang lediglich mit einem Papierstreifen von Molecule 04 das Geringvergnügen hatte). Ist womöglich eine eingedickte, konzentrierte Spielart davon für den Black-Afgano-Gedanken (mit)-verantwortlich? Sachdienliche Hinweise sind wie immer willkommen.
Ich bedanke mich bei Yatagan für die Probe.
Auf dem langen Weg dorthin hat’s auch das Orchester nicht leicht. Von den Proben zur Uraufführung unter der Leitung des Komponisten im Oktober 1919 ist überliefert, dass sich einer der Musiker beschwerte: „Herr Doktor, das mag vielleicht auf dem Klavier gehen, aber auf meiner Oboe niemals!“ Worauf der Maestro erwiderte: „Nun beruhigen Sie sich doch, auf dem Klavier geht es auch nicht.“
Rhabarber – Heliotrop – Oud – Weihrauch – wasweißich? Das geht doch nie und nimmer! Verblüffenderweise geht es. Das liegt daran, dass… Pssst, wir wollen nicht vorgreifen.
Von vorne: Es gibt relativ zahmen Rhabarber, wie Rhabarbergrütze. Rasch zurückgenommen und in eine Reihe gestellt mit einer Spur süßen Rauchs à la 03.Apr.1968 (zufälligerweise ebenfalls von Arturetto Landi). Meinetwegen ein Anflug von Oud-Säuerlichkeit aus der Derb-Leder-Ecke. Aber vor allem holzig, mit Verwandtschaft zu Mythical Woods (zufälligerweise ebenfalls von Arturetto Landi, wenngleich jünger). Und völlig unzufälligerweise entfaltet das eine Nähe zu Black Afgano, nur halt „sandeliger“ und cremiger. Ich vermeide bewusst den Begriff „Sandelholz“ – siehe unten mein PS.
Der Black-Afgano-Eindruck verstärkt sich im Laufe der Zeit sogar noch, flankiert durch gleichermaßen anschwellende Süße, mit partieller Vanille-Attitüde - aha, Rhabarbergrütze mit Vanille-Soße, offenbar kalorienarm aus Heliotrop hergestellt. Nach zwei Stunden schmunzele ich über einen Hauch von Erdnuss. Das alles darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Duft ziemlich stabil ist. Erst um die Mittagszeit wird es milder, noch „sandeliger“. Statt Weihrauch hätte ich mehr auf Myrrhe getippt.
Der Und-ob-das-geht-Schnick ist nun, dass der Rhabarber als Sticker fungiert, nicht als Banner. Auf der ineinander verschmolzenen Black-Sandalo-Creme hüpft einfach bis in den Nachmittag hinein stets eine gewisse Säure (vermutlich Oxalsäure…) herum, ohne indes dominant zu werden. Das erfrischt und steuert ein wenig Luftigkeit bei, die ich als sehr wohltuend empfinde. Doch auch nach Entschwinden der Säure gelingt es, das Cremige durch eine Beigabe typischer oud-haften Holzes mit gar minimal medizinischem Einschlag auszutarieren. Eine winzige Prise feiner Vanille liefert eine Art Italianità.
Da hat Herr Landi zweifellos die eine oder andere Anleihe nicht allein bei sich selbst genommen. Ich verstehe zudem alle, die den Duft für seltsam halten; un-oboig, um die obige Analogie aufzuwärmen. Wer überdies Sept.21.1966 eher effektvoll als raffiniert nennt: Volle Zustimmung.
Mir egal. Ich mag es. Anscheinend trifft Herr Landi bei mir einen Nerv.
PS – In Anbetracht des bereits im Kommentar von Aura aufgebrachten Themas Sandelholz stelle ich mir folgende Frage: Es gibt ja diesen Synthetik-Ersatz Javanol (den angeblich pur zu riechen ich bislang lediglich mit einem Papierstreifen von Molecule 04 das Geringvergnügen hatte). Ist womöglich eine eingedickte, konzentrierte Spielart davon für den Black-Afgano-Gedanken (mit)-verantwortlich? Sachdienliche Hinweise sind wie immer willkommen.
Ich bedanke mich bei Yatagan für die Probe.
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