Norne 2012

Version von 2012
Meggi
14.02.2016 - 13:29 Uhr
35
Top Rezension
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft

Götterdämmerung, Kellergeschoss

Zu Beginn von Richard Wagners Oper ‚Götterdämmerung‘ führen die drei Nornen ein Gespräch, während Sie das Schicksals-Seil kreuz und quer durch die Gegend werfen und spannen. Bis es reißt. Das Wissen um das Schicksal endet, die drei flüchten zu Mama (sic!). „Hinab!“ heißt es übrigens. Vielleicht ist Mama gerade im Keller und macht die Wäsche.

Parallelen zu Klein-Fritzchen, der erschrocken nach Hause läuft, weil er irgendwo eine Scheibe zerdeppert hat, sind unübersehbar. Hier freilich geht es nicht um ein Stück Glas. Es geht um eine Weltordnung - die Götterdämmerung steht bevor. Da kann man erst recht einen Schrecken bekommen, zumal, wenn man nicht mit einem Stein, sondern mit dem Schicksal herumgeworfen hat.

Der ‚weihevolle Weltenklatsch‘ (Thomas Mann) der drei…äh…Frauen fand nicht, wie man meinen würde, in einem Café vor einem Schuhgeschäft statt. Nicht einmal in der eigenen Souterrain-Wohnung im - gemäß Original-Mythologie - Untergeschoss der Welt-Esche Yggdrasil. Es heißt als Ortsangabe vielmehr: „Auf dem Walkürenfelsen“. Wenig später singt die erste Norn: „…muss mir die Tanne taugen zu fesseln das Seil…“. Wohlgemerkt: Nadelholz! Bereits im „Siegfried“ gab es zum Bewuchs dort einen entsprechenden botanischen Hinweis: „…im schattigen Tann…“. Wer noch zweifelt, greife zu einer Portion „Norne“. Mehr Nadelholz geht nicht.

Und nun zum Rauch. Perspektiven-Wechsel. Wer schon immer wissen wollte, wie es angehen kann, dass ein paar Palast-Bedienstete des in wirklich jeder Hinsicht mittelmäßigen Königs Gunther in der Lage waren, einen Scheiterhaufen zu errichten, der am Schluss der ‚Götterdämmerung‘ zu einem lodernden Weltenbrand wird - die Antwort ist einfach: Sie waren es nicht.

Der oberste Gott Wotan hat in Anbetracht seines selbstverschuldeten Falls in die Bedeutungslosigkeit frustriert die welke Weltesche fällen lassen. Seine Belegschaft, bestehend aus lauter toten Helden, musste das Holz rund um die Burg Walhall aufschichten. Solche Brandlasten zu erzeugen, gibt normalerweise mächtig Ärger mit der Berufsgenossenschaft. Und in puncto Versicherungsschutz dürfen wir anstelle grober Fahrlässigkeit definitiv Vorsatz annehmen. Die Gesundheitsgefahren halten sich im vorliegenden Fall indes in Grenzen, schließlich sind die Helden ja alle schon tot.

Mit der Welt-Esche war allerdings ohnehin nicht mehr viel los gewesen, seit Wotan in jungen Jahren (sehr, sehr lange her) einen Ast davon abbrach, um sich einen Speer daraus zu schnitzen. Der Baum verdorrte, die Quelle an den Wurzeln versiegte und die Nornen mussten umziehen. In Richtung Nadelbaum. Doch das hatten wir weiter oben.

Und wenn die Gottestochter und Ex-Walküre Brünnhilde eine Fackel in den menschengemachten Scheiterhaufen wirft, so auch den göttlichen entzündet und damit den Weltenbrand entfacht, dann kracht und rummst und ballert es auf der Opernbühne und im Orchestergraben, wie es im Musiktheater einzigartig sein dürfte. Dies zu ver-duften, mag einem anderen Parfüm vom Kaliber Rundholz 03.Apr.1968 vorbehalten bleiben.

Aber die dichten, schwelenden Dämpfe, die einen leicht abgekühlten Geruch von Holz und Rauch durch den moosigen, mit Koniferen-Nadeln bedeckten Waldboden bis ins Kellergeschoss der Welt tragen - dafür ist Norne genau der passende Duft.

Ich bedanke mich bei Duro und Puck 1. Beide hatten mich mit je einer Probe bedacht. Und angesichts der Ergiebigkeit des Stoffes bin ich vermutlich auf Jahre hinaus be-nornt.
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