10.02.2016 - 13:39 Uhr
Meggi
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36
Abends hart am Wind
Der Auftakt von Soleil de Jeddah ist schwer zu beschreiben. Bitter. Kamille? Da wäre ein Korbblütler auf die Spitze getrieben worden. Meist ist Korbblütlern (und wer kennt das von der Kamille nicht) eine gewisse strenge Luftigkeit zu eigen. Die hat Herr Lucas gut versteckt. Und mit Kamillentee hätte dieses mehr grün-bittere als luftige Wenn-überhaupt-Korbblütler-Gestank-Konzentrat schon mal gar nichts zu tun.
Dazu eine fruchtige Säure, die alles Mögliche sein könnte, Zitrone geht daher in Ordnung. Die mildere und süßere Fruchtigkeit von Osmanthus nicke ich bloß ab (pur habe ich das eh nie gerochen), geht ohnehin ziemlich unter gegen… Und jetzt zögere ich. Kamille trifft es schlichtweg nicht. Eher Gummi. Ich fühle mich an den Stil von Andy Tauer erinnert, der uns an einigen Stellen derlei zumutet. Ja, das passt ganz gut.
Ergebnis: Bitteres Gummi mit Zitrus-, oder besser Zitronensäure-Gepiekse. So könnte es riechen, wenn ein Toast Hawaii im Ofen anbrennt. Iris? Muss ihrerseits ein Konzentrat sein. Luftig ist aus der Ecke jedenfalls auch nichts. Doch – o Wunder – mit ein wenig Abstand von der Haut mischt sich das zu einem zwar keineswegs gefälligen, aber charaktervollen bitter-sauer-floralen Dreiklang.
Das beinharte Gummi wird in der zweiten Stunde ins Teerige überdreht und weist damit bereits den Weg in Richtung des Leders aus der Basis. Basis Eins (siehe unten). Tja, die Sonne in Dschidda dürfte mächtig brennen, womöglich dampft dann der Asphalt und das erklärt den teerigen Geruch. Die verbliebene Blumennote hat etwas Morbides angenommen.
Im Laufe der dritten Stunde mildert ein Anflug von Süßholz ein bisschen ab. Trotzdem kommen angeriechts der Zunahme von Harz und Teer Erinnerungen an das boshafte Rien Intense Incense hoch und der Gedanke an Tauers fordernde Kreationen liegt erneut nahe. Immer noch ist ein Spritzer Zitrone dabei, die ab und zu raffiniert aufblitzt. Statt erdiger Noten hätte ich von grünen oder gar grasigen Noten gesprochen. Sie stellen eine stille, gleichwohl willkommene Durchlüftung dar. Außerdem Ambra. Nur Ambra? Ich hätte eine breitere Palette an Viehzeug vermutet, bis hin zu einer winzigen Spur Katze. Daneben setzt sich das lange Crescendo der Leder-Note fort, die ab der fünften Stunde in verändertem Gewand komplett das Zepter übernimmt.
Konkret: Als Halspastillen-Leder. Seltsam, nach dem vielen Teer zuvor. Unverdrossen zwinkert gelegentlich was Saures. Die (neben Ambra) animalische Note ist weiterhin nur direkt auf der Haut erahnbar. Ganz sicher bin ich mir ihrer sowieso nicht mehr. Zudem wird es abermals süßer, behutsam.
Zum (Erst)-Abschluss - der Basis Eins - entsteht ab der sechsten Stunde allmählich eine Melange aus tabakhaft-dunkler Ambra mit ordentlich viehischem Einschlag. Dazu Vanille und wieder teeriges Leder. Hier und da bilde ich mir sogar ein, es müsse auch ein floraler Rest aus der Iris beteiligt sein.
Allerdings - deshalb ‚Basis Eins‘ - war dieser Abschluss kein Abschluss. Es folgt eine Basis Zwei. Dreck wie von stinkiger Rosengeranie, vielleicht tabakblatt-flankiert. Schon am Nachmittag geruchlich vorbereitet, kommt er am Abend richtig hervor. Bei zurückhaltender Dosierung des Duftes fällt der Effekt zwar maßvoll aus, bleibt dennoch deutlich bemerkbar. Der Ungewaschen-Stink segelt hart am Wind, hält sich also stets knapp diesseits der Erträglichkeits-Grenze. Dabei hilft zweierlei: Erstens bleibt durchweg eine Portion Ambra-Vanille-Süße spürbar. Viel erstaunlicher ist jedoch zweitens ein Anflug von Jasmin-Seifigkeit, der wie ein Sauber-Keil in den Dreck der Basis hineinragt. Und, verdammich, da ist mehr Viehzeug drin. „Eppur si puzza“ – frei nach Galilei und hoffentlich korrekt konjugiert.
Und mit jener tadellos ausgesteuerten Balance hält das Zeug bis weit in den Abend, Überbleibsel bis zum kommenden Tag.
Fazit: Ein – je nach Sichtweise – hochspannender oder reichlich verwirrender oder einfach nur anstrengender Duft mit einer achterbahnhaften Duftentwicklung und diversen Ansatzpunkten der Annäherung. Meine erratisch hüpfende Schilderung ist kein Zufall und die zahlreichen unterschiedlichen Nennungen unserer Community bei der Duft-Typ-Einordnung sprechen ebenfalls eine klare Sprache. Ich finde den Duft schwierig, aber nicht uninteressant.
Dazu eine fruchtige Säure, die alles Mögliche sein könnte, Zitrone geht daher in Ordnung. Die mildere und süßere Fruchtigkeit von Osmanthus nicke ich bloß ab (pur habe ich das eh nie gerochen), geht ohnehin ziemlich unter gegen… Und jetzt zögere ich. Kamille trifft es schlichtweg nicht. Eher Gummi. Ich fühle mich an den Stil von Andy Tauer erinnert, der uns an einigen Stellen derlei zumutet. Ja, das passt ganz gut.
Ergebnis: Bitteres Gummi mit Zitrus-, oder besser Zitronensäure-Gepiekse. So könnte es riechen, wenn ein Toast Hawaii im Ofen anbrennt. Iris? Muss ihrerseits ein Konzentrat sein. Luftig ist aus der Ecke jedenfalls auch nichts. Doch – o Wunder – mit ein wenig Abstand von der Haut mischt sich das zu einem zwar keineswegs gefälligen, aber charaktervollen bitter-sauer-floralen Dreiklang.
Das beinharte Gummi wird in der zweiten Stunde ins Teerige überdreht und weist damit bereits den Weg in Richtung des Leders aus der Basis. Basis Eins (siehe unten). Tja, die Sonne in Dschidda dürfte mächtig brennen, womöglich dampft dann der Asphalt und das erklärt den teerigen Geruch. Die verbliebene Blumennote hat etwas Morbides angenommen.
Im Laufe der dritten Stunde mildert ein Anflug von Süßholz ein bisschen ab. Trotzdem kommen angeriechts der Zunahme von Harz und Teer Erinnerungen an das boshafte Rien Intense Incense hoch und der Gedanke an Tauers fordernde Kreationen liegt erneut nahe. Immer noch ist ein Spritzer Zitrone dabei, die ab und zu raffiniert aufblitzt. Statt erdiger Noten hätte ich von grünen oder gar grasigen Noten gesprochen. Sie stellen eine stille, gleichwohl willkommene Durchlüftung dar. Außerdem Ambra. Nur Ambra? Ich hätte eine breitere Palette an Viehzeug vermutet, bis hin zu einer winzigen Spur Katze. Daneben setzt sich das lange Crescendo der Leder-Note fort, die ab der fünften Stunde in verändertem Gewand komplett das Zepter übernimmt.
Konkret: Als Halspastillen-Leder. Seltsam, nach dem vielen Teer zuvor. Unverdrossen zwinkert gelegentlich was Saures. Die (neben Ambra) animalische Note ist weiterhin nur direkt auf der Haut erahnbar. Ganz sicher bin ich mir ihrer sowieso nicht mehr. Zudem wird es abermals süßer, behutsam.
Zum (Erst)-Abschluss - der Basis Eins - entsteht ab der sechsten Stunde allmählich eine Melange aus tabakhaft-dunkler Ambra mit ordentlich viehischem Einschlag. Dazu Vanille und wieder teeriges Leder. Hier und da bilde ich mir sogar ein, es müsse auch ein floraler Rest aus der Iris beteiligt sein.
Allerdings - deshalb ‚Basis Eins‘ - war dieser Abschluss kein Abschluss. Es folgt eine Basis Zwei. Dreck wie von stinkiger Rosengeranie, vielleicht tabakblatt-flankiert. Schon am Nachmittag geruchlich vorbereitet, kommt er am Abend richtig hervor. Bei zurückhaltender Dosierung des Duftes fällt der Effekt zwar maßvoll aus, bleibt dennoch deutlich bemerkbar. Der Ungewaschen-Stink segelt hart am Wind, hält sich also stets knapp diesseits der Erträglichkeits-Grenze. Dabei hilft zweierlei: Erstens bleibt durchweg eine Portion Ambra-Vanille-Süße spürbar. Viel erstaunlicher ist jedoch zweitens ein Anflug von Jasmin-Seifigkeit, der wie ein Sauber-Keil in den Dreck der Basis hineinragt. Und, verdammich, da ist mehr Viehzeug drin. „Eppur si puzza“ – frei nach Galilei und hoffentlich korrekt konjugiert.
Und mit jener tadellos ausgesteuerten Balance hält das Zeug bis weit in den Abend, Überbleibsel bis zum kommenden Tag.
Fazit: Ein – je nach Sichtweise – hochspannender oder reichlich verwirrender oder einfach nur anstrengender Duft mit einer achterbahnhaften Duftentwicklung und diversen Ansatzpunkten der Annäherung. Meine erratisch hüpfende Schilderung ist kein Zufall und die zahlreichen unterschiedlichen Nennungen unserer Community bei der Duft-Typ-Einordnung sprechen ebenfalls eine klare Sprache. Ich finde den Duft schwierig, aber nicht uninteressant.
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