09.06.2016 - 16:31 Uhr
M3000
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28
Der Cowboy im weissen Hemd
So sieht Andy Tauer selbst seinen Lonesome Rider, das Bild hat er in Interviews gezeichnet: Der Cowboy im weissen Hemd. - Je länger ich mich mit diesem Duft-Kunstwerk auseinander setze, desto besser verstehe ich dieses Bild.
Nach den ersten Ankündigungen Anfang des Jahres war ich auf die enthaltenen Noten Leder, Rauch und Vetiver fixiert - genau meine Wellenlänge, die Vorfreude war gross! Den Flakon habe ich im Pre-Order zum grosszügigen Einführungspreis blind bestellt, die zunehmenden Infos auf www.lonesomerider.website verschlungen, gewartet, endlich gerochen... - und wurde aus der Bahn geworfen. Meine Erwartung war falsch, ich wurde enttäuscht. Dann habe ich bei Null angefangen und der Cowboy konnte mich mit jedem Tragen mehr auf seine Seite ziehen.
Gedankliche Vorgänger sind zum einen Tauers dritter Duft, das bereits 10 Jahre alte "Lonestar Memories" (der zweite war der Türöffner "L'Air du Désert Marocain") und zum anderen das mir leider unbekannte "Orris" etwa gleichen Alters, das nur limitiert erschien. Während "Lonestar Memories" noch ein dreckiger Kracher ist, der mit ledrigen und animalischen Tönen die Tür aus Birkenholz eintritt, ist Lonesome Rider viel ruhiger. Ein komplexer Duft von feinsinniger Präsenz, der selbstbewusst auftritt, aber nicht laut ist.
Ein knackiger Auftakt von herber Bergamotte mischt sich mit bitteren Grapefruit-Spritzern. Das gilt als Zitrus-Akkord, ok, frisch ist dieser Start trotzdem nicht. Belebend aber doch! Sehr zügig betritt dann die pudrige Iris die Bühne, die sogleich von borstigem Pfeffer aufgewirbelt wird. Diese beiden Linien bindet dann - mit nur minimalster Spur von Sauberkeit, ich bin da empfindlich - eine trockene Rose. Dem Ganzen haftet etwas Kreide-artiges an, so pulvrig, aber auch metallische Töne. Das ist ganz schwer auf den Punkt zu bringen. Einfach schön.
Irgendwo hier erhebt sich auch der Rauch. Kein Vergleich zum Lagerfeuer aus Lonestar Memories, zum Glück auch kein klerikaler Weihrauch - ich fühle eher dichte weisse Rauchfahnen, als dass ich sie rieche.
Und noch etwas, ein Gegenpol: Ein Hauch von animalischem Unterton bringt mit schönem Gruss aus dem Pferdestall das bisherige Konstrukt zum harmonischen Schwingen. Sekret-Töne sind problematisch, wirken oft etwas gezielt provokant, gewollt unschön. Nicht so in Lonesome Rider, die Harmonie ist perfekt!
Dem Leder - es sei der Sattel auf dem besagten Pferderücken, vielleicht auch die Hose-schützenden Chaps oder die Lederjacke - wird in etlichen Besprechungen viel Raum gegeben. Für mich ist es zumindest nicht dominant, ich empfinde LR beileibe nicht als Lederduft. Aber eine gewisse Knarzigkeit macht da weiter, wo der Pfeffer aufgehört hat, reibend spielt sie den Gegenpart zum zart blumigen Körper der Rose und bereits dem ambratischen Brummen. Ob auch mein geliebter Vetiver dazu beiträgt, vermag ich nicht zu sagen, ungewöhnlicherweise identifiziere ich den nicht einmal im Drydown. Holzige Noten bestimmen den späten Ausklang...
"Noten dicht verwoben" heisst es allzu oft in Parfum-Reviews, aber für Tauer-Düfte gilt das (vielleicht neben denen Duchaufours) ganz besonders. Lonesome Rider wirkt als einheitliches und schlüssiges Ganzes, keine Noten drängen sich auf. Wer aber einen solchen Duft viele Male trägt und sich konzentriert mit den Bestandteilen auseinander setzt (im Rahmen seiner (hier: meiner) Möglichkeiten), der lernt und findet ein paar Teile einer Summe, ohne die Magie brechen zu können.
Nach den ersten Ankündigungen Anfang des Jahres war ich auf die enthaltenen Noten Leder, Rauch und Vetiver fixiert - genau meine Wellenlänge, die Vorfreude war gross! Den Flakon habe ich im Pre-Order zum grosszügigen Einführungspreis blind bestellt, die zunehmenden Infos auf www.lonesomerider.website verschlungen, gewartet, endlich gerochen... - und wurde aus der Bahn geworfen. Meine Erwartung war falsch, ich wurde enttäuscht. Dann habe ich bei Null angefangen und der Cowboy konnte mich mit jedem Tragen mehr auf seine Seite ziehen.
Gedankliche Vorgänger sind zum einen Tauers dritter Duft, das bereits 10 Jahre alte "Lonestar Memories" (der zweite war der Türöffner "L'Air du Désert Marocain") und zum anderen das mir leider unbekannte "Orris" etwa gleichen Alters, das nur limitiert erschien. Während "Lonestar Memories" noch ein dreckiger Kracher ist, der mit ledrigen und animalischen Tönen die Tür aus Birkenholz eintritt, ist Lonesome Rider viel ruhiger. Ein komplexer Duft von feinsinniger Präsenz, der selbstbewusst auftritt, aber nicht laut ist.
Ein knackiger Auftakt von herber Bergamotte mischt sich mit bitteren Grapefruit-Spritzern. Das gilt als Zitrus-Akkord, ok, frisch ist dieser Start trotzdem nicht. Belebend aber doch! Sehr zügig betritt dann die pudrige Iris die Bühne, die sogleich von borstigem Pfeffer aufgewirbelt wird. Diese beiden Linien bindet dann - mit nur minimalster Spur von Sauberkeit, ich bin da empfindlich - eine trockene Rose. Dem Ganzen haftet etwas Kreide-artiges an, so pulvrig, aber auch metallische Töne. Das ist ganz schwer auf den Punkt zu bringen. Einfach schön.
Irgendwo hier erhebt sich auch der Rauch. Kein Vergleich zum Lagerfeuer aus Lonestar Memories, zum Glück auch kein klerikaler Weihrauch - ich fühle eher dichte weisse Rauchfahnen, als dass ich sie rieche.
Und noch etwas, ein Gegenpol: Ein Hauch von animalischem Unterton bringt mit schönem Gruss aus dem Pferdestall das bisherige Konstrukt zum harmonischen Schwingen. Sekret-Töne sind problematisch, wirken oft etwas gezielt provokant, gewollt unschön. Nicht so in Lonesome Rider, die Harmonie ist perfekt!
Dem Leder - es sei der Sattel auf dem besagten Pferderücken, vielleicht auch die Hose-schützenden Chaps oder die Lederjacke - wird in etlichen Besprechungen viel Raum gegeben. Für mich ist es zumindest nicht dominant, ich empfinde LR beileibe nicht als Lederduft. Aber eine gewisse Knarzigkeit macht da weiter, wo der Pfeffer aufgehört hat, reibend spielt sie den Gegenpart zum zart blumigen Körper der Rose und bereits dem ambratischen Brummen. Ob auch mein geliebter Vetiver dazu beiträgt, vermag ich nicht zu sagen, ungewöhnlicherweise identifiziere ich den nicht einmal im Drydown. Holzige Noten bestimmen den späten Ausklang...
"Noten dicht verwoben" heisst es allzu oft in Parfum-Reviews, aber für Tauer-Düfte gilt das (vielleicht neben denen Duchaufours) ganz besonders. Lonesome Rider wirkt als einheitliches und schlüssiges Ganzes, keine Noten drängen sich auf. Wer aber einen solchen Duft viele Male trägt und sich konzentriert mit den Bestandteilen auseinander setzt (im Rahmen seiner (hier: meiner) Möglichkeiten), der lernt und findet ein paar Teile einer Summe, ohne die Magie brechen zu können.
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