Rive Gauche 1970 Eau de Toilette

Version von 1970
Rive Gauche (1970) (Eau de Toilette) von Yves Saint Laurent
Flakondesign Pierre Dinand
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7.7 / 10 188 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Yves Saint Laurent für Damen, erschienen im Jahr 1970. Der Duft ist blumig-chypreartig. Die Produktion wurde offenbar eingestellt. Der Name bedeutet „linkes Ufer”.
Aussprache
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Duftrichtung

Blumig
Chypre
Würzig
Frisch
Pudrig

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
AldehydeAldehyde BergamotteBergamotte Ylang-YlangYlang-Ylang FreesieFreesie
Herznote Herznote
RoseRose JasminJasmin
Basisnote Basisnote
EichenmoosEichenmoos MyrrheMyrrhe VetiverVetiver MoschusMoschus

Parfümeure

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Duft
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Haltbarkeit
7.9125 Bewertungen
Sillage
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Flakon
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Preis-Leistungs-Verhältnis
7.315 Bewertungen
Eingetragen von Kankuro, letzte Aktualisierung am 18.11.2023.

Rezensionen

13 ausführliche Duftbeschreibungen
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Rivegauche

39 Rezensionen
Rivegauche
Rivegauche
Top Rezension 45  
rive gauche ist rive gauche ist rive gauche
Wenn man seinem Profil dem Namen "rive gauche" gibt, sollte man den ersten Beitrag auch diesem Duft widmen.

Als "rive gauche" (rg) 1971 lanciert wurde, wurde er mit einer jungen Frau in einem grauen Hosenanzug aus Wollflanell an einem blauen Telefon beworben, mit dem Slogan "Le parfum des femmes imprévisible." Der Duft für "unberechenbare Frauen," im Saint Laurent'schen Universum also der Duft für starke, unabhängige Frauen, die Ihren eigenen Weg gehen. Unterstützt wurde das durch die simple Blechdose mit den Ringen, in der rg bis heute verkauft wird. In Blech, bzw. Aluminium ist Parfum sehr gut haltbar.

So überrascht es nicht, dass es mein Vater war, der Ende der Siebziger Jahre einige Jahre lang sich bei unseren sommerlichen Reisen in den Süden im Flugzeug sein "riff gautsch" kaufte…leider spricht er bis heute kein französisch ;-) Im übrigen benutzt meine Mutter bis heute "Paco Rabanne pour homme," so viel zu Geschlechterrollen.

Danach hatte ich den Duft lange vergessen, bis ich das Haus YSL vor gut zehn Jahren in 2000 wiederentdeckte.

Tom Ford, der damalige Kreativdirektor (wenn es um Mode geht, bevorzuge ich die Arbeit des derzeitigen Kreativdirektors Stefano Pilati wesentlich mehr) machte sich 2003 auf, rg verjüngen zu wollen, den seine Mutter selbst so liebte. Zeitgleich wurde der Herrenduft "rive gauche pour homme" lanciert, man war ich nervös. Meine Verkäuferin des Vertrauens am YSL Counter in Berlin reichte mir kurz vor der Einführung eine Hochglanzklappkarte und einen schwarzen Hochglanzbriefumschlag in "rive gauche Optik," in dem von beiden Düften Proben enthalten waren...das war echt ultrachic und habe ich immernoch.

Der Duft wird heute beworben mit dem Slogan "mehr als ein Duft, eine Geisteshaltung, ein Lebensstil, die Unverschämtheit des Pariser Chic." Und genau das ist es, was mich als frankophilen Menschen so begeistert. Mit "rive gauche" ist das linke Seineufer in Paris gemeint, das Viertel um Saint Germain. Für mich heißt das: verrauchte Cafés, laisser-faire, fünfziger bis siebziger Jahre, Studenten in schwarzen Rollkragenpullovern, die junge Catherine Deneuve trifft Francois Truffaut, Juliette Gréco und Miles Davis spielen in dunklen Jazzclubs, Sartre und Beauvoir, sexuelle Befreiung, Francoise Hardy, Ente fahren mit Louis Vuitton Gepäck auf dem Rücksitz, Hochwasser - oder Schlaghosen, Trenchcoats, rote Lippen, Godard und Belmondo, schwarze unfrisierte Locken, eine geerbte Uhr von Patek-Philippe am Handgelenk...bla bla bla.

Aber wie riecht rg ? Andere Mitglieder haben es schon erläutert. Die alte rg Version vor 2003 startet zitrisch, grün und sehr aldehydig, gleitet über in eine strengere Rosennote, fast teerig, begleitet von Jasmin. Die harsche Aldehydnote bleibt bis zum Ende erhalten und verleiht dieser Version eindeutig den alten Charme. Ein Freund von mir meint, mit rg rieche man wie eine alte Lehrerin, tja... Der Duft endet mit dem etwas bitteren von Eichenmoos (eine kräftige Ahnung Chypre), mit Vetiver und Holznoten. Ein wenig Myrrhe nicht vergessen, was etwas Weichheit schenkt. Die Rose ist noch da und auch die grüne Note, aber das grüne kann ich nicht genau einordnen. Der Duft ist sehr präsent und hat eine gute Silage. Insgesamt ist die alte Version herber, vielleicht sogar metallisch und männlicher durch den Anteil von Eichenmoos und der Strenge der Aldehyde.

Bei der reformulierten Version ab 2003 ist die Duftaura von rg grundsätzlich erhalten geblieben. Der Duft aber ist heller, klarer und blumiger durch Freesie und Ylang Ylang. Das Eichenmoos ist nicht mehr so präsent und die strenge Aldehydnote wurde ganz klar vermindert...Aldehyde sind im Moment nicht Trend... durch eine weichere Rosennote und Moschus. Im Fond bleiben die Vetiver und Holznoten mit der grünen Rose und etwas Eichenmoos erhalten. Ein chypreartiger Charakter ist geblieben. Trotz der Reformulierung ist der Duft ganz klar nicht als neuer und moderner Duft erkennbar. Wer retro mag, kann rg testen.

Für mich ist er noch immer das YSL Parfum schlechthin. Ich finde ihn wunderbar.

Die Haltbarkeit des Duftes ist hervorragend und kann am Abend...oder am Morgen danach... noch wunderbar wahrgenommen werden.

Leider sind heute (2011) nur noch das Eau de Toilette und das "eau libre" Deodorant Spray erhältlich. Man muss rg, wie jeden alten Duft, immer mit der Zeit seiner Entstehung in Verbindung bringen, um diese Düfte zu verstehen.

Rg war viele Jahre unglaublich erfolgreich, (für die damalige Zeit war der Duft sehr modern) was auch über die lange Zeit erhältliche große Bade - und Duftlinie erklärt. Es gab über Dusch - und Badegel und Körpercreme hinaus Seifen, ein Extrait in verschiedenen Glasflaschen, rg fraicheur in einer Mattglasflasche, ein Parfum de Toilette, ein Eau de Parfum (nicht verwechseln mit dem Intense), Körperpuder, Deosticks und Körperölspray etc...im übrigen waren die damaligen Zerstäuber im "Atomiseur" mit Gas. Das erklärt auch einen alten Werbeslogan für rg "mit einem Pscht..." da man mit nur einen Druck auf den Zerstäuber quasi unendlich lang sprühen konnte. Die Schüttflaschen hingegen waren nicht aus Blech, sondern aus Klarglas, auf dem die Farbringe aufgebracht waren.

Es ist überliefert, dass die Mitarbeiterinnen den Duft rund um die Straßen und aus den Fenstern des YSL-Stammhauses auf Anordnung von Monsieur Saint Laurent versprühen mussten, voilà.
22 Antworten
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Palonera

467 Rezensionen
Palonera
Palonera
Top Rezension 45  
Tage wie diese
Sie war die erste Parfumista, der ich in diesem Leben begegnet bin.

1987 war es, ich war gerade 19 geworden und sie nicht viel älter.
Ich liebte Loulou, Senso, Estée Lauders "Private Collection" und noch ein paar Vergessene; sie trug Shalimar, Samsara, Youth Dew und alles, was laut war und krachte – betrat man ihre WG im Studentenwohnheim, konnte man schon vor der Tür mit Sicherheit sagen, ob sie anwesend war oder nicht.
Ihre Duftschleier waren endlos, auf dem ganzen Campus gab es niemanden, der sie hätte überriechen können.
Übersehen ging schon eher, auch wenn sie mit ihren einsfünfzig ausschließlich Absätze nicht unter acht Zentimetern trug und sich darauf schneller fortbewegte als ich mich in Turnschuhen – Italienerin halt, in Mailand geboren und in Venedig groß geworden.
Sie hätte als Ornella Mutis kleine Schwester durchgehen können – doch wer immer so dumm oder dreist war, auf diese Ähnlichkeit hinzuweisen, wurde mit tödlicher Mißachtung gestraft.
Eine zweite Oriana Fallaci wollte sie sein, die zwar nicht so schön war wie die andere O., aber dafür in ihrem intellektuellen Universum der am allerhellsten leuchtende Stern.
Und es bestand überhaupt kein Zweifel daran, daß sie eines Tages ebenso hell strahlen würde.

Doch noch befanden wir uns in jener Zeit, in der ein abgebrochener Fingernagel oder eine Laufmasche zur Katastrophe mutieren konnten, in der ein kritisches Wort des Lieblingsprofessors oder der ein wenig zu lange Blick, den der Mann an ihrer Seite der kurvigen Blondine aus der Nachbar-WG schenkte, die Welt in ihren Grundfesten erschüttern konnten.
In solchen Augenblicken konnte auch die beste Freundin nicht helfen, machten Pasta dick statt glücklich und ein Blumenstrauß vom falschen Verehrer alles nur noch schlimmer.
Dann half nur noch jener merkwürdig metallische, fast schon stechende und überaus futuristisch anmutende Duft im schwarz-blau-silbern geringten Flacon, der ausschließlich an Tagen wie diesen zum Einsatz kam.
Kühl an der Grenze zur Kälte, abweisend und zugleich seltsam anziehend hüllte er sie in eine Aura kompromißloser Autonomie, unberührbar und unverletzlich, ließ sie um mindestens zehn Zentimeter wachsen und hob ihr Kinn, bis sie stolz und ein wenig von oben herab auf all die Kleinigkeiten und Unwichtigkeiten des Lebens und des Liebens herabschaute, einen Hauch Ironie in den Augenwinkeln und Scarlett O'Haras berühmtes "Morgen ist auch noch ein Tag!" auf den Lippen.
Hätte Yves Saint Laurent geahnt, daß er mit "Rive Gauche" ein Psychotherapeutikum zum Aufsprühen lanciert hatte, hätte er die Originalversion vermutlich patentieren lassen und jeder Verhunzung (sprich: Reformulierung) vorgebeugt.
So aber...

Viele, sehr viele Jahre später zog auch bei mir ein Metallbehälter vom linken Ufer ein.
Blind gekauft als Reminiszenz an jene Frau, deren Weg ich einige Jahre lang als Freundin und Vertraute begleiten durfte, bevor wir uns an einer Gabelung trennten.
Abgeschwächt sind meine Erinnerungen, abgeschwächt ist auch der Duft in seiner heutigen Präsenz.
Noch immer dominiert kühles Metall den Auftakt, schafft Distanz und vermittelt nahezu androgyne Eleganz, doch schon bald wird "Rive Gauche" durch hellpudrige Blütenlastigkeit gefälliger, sanfter, domestizierter fast.
Nicht alltäglich und nicht für jeden Tag, heute wie damals nicht jedermanns Liebling und niemals verwechselbar – doch über sich selbst hinaus wachsen lassen wird "Rive Gauche" heute wohl niemanden mehr.
19 Antworten
6
Preis
10
Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Gold

256 Rezensionen
Gold
Gold
Top Rezension 29  
Ihr Parfum hieß "Rive Gauche"
Auf Seite 191 der englischen Ausgabe des Romans "The Children Act" (erschienen 2014 bei Jonathan Cape, London) findet sich ein Satz, der die Persönlichkeit der Richterin Fiona Maye in einer einzigen Duftassoziation perfekt beschreibt: “Ihr Parfum war Rive Gauche”.

McEwans Roman über eine Frau, die immer die Kontrolle behalten will, ist eine perfekte psychologische Studie, die mich mehr als nachdenklich zurückließ. Fiona, eine erfolgreiche und kultivierte Richterin am High Court in London, ist 60 Jahre alt und hat sich in ihrem Beruf, in ihrem Stadthaus in London und mit ihrem intellektuellen Ehemann, der Professor für Latein und Geschichte ist, fest in der Gesellschaft etabliert. Selbst die schwierigsten gerichtlichen Fälle scheint sie ruhig und konzentriert zu lösen. Ihr eleganter Schreibstil ist vielen bei Gericht ein Vorbild, auch und gerade ihren männlichen Kollegen. Wir lernen Fiona Maye in dem Moment kennen, als ihr langjähriger Ehemann ihr – für sie aus heiterem Himmel – eröffnet, daß er eine Affaire haben wolle, da er ihr Sexualleben als unbefriedigend empfinde und sie in ein geschwisterliches Verhältnis abgeglitten seien. Nach einer sehr kurzen Auseinandersetzung verläßt der Ehemann das Haus mit einem Koffer und Fiona bleibt allein. Doch sie verliert nicht die Contenance. Ja, control oder keeping a stiff upper lip, das sind bezeichnende Ausdrücke für Fiona Maye. Im Verlauf des Romans erleben wir, wie sie über einen fast 18-jährigen Jugendlichen ein weitreichendes, lebensentscheidendes Urteil verhängt. Als Mitglied der “Zeuge Jehovahs” verweigert Adam nämlich mit Unterstützung seiner Familie eine Bluttransfusion, die er wegen seiner Krebserkrnkung dringend benötigen würde. Die kluge Richterin rettet mit ihrer einstweiligen Verfügung das Leben des jungen Mannes, kommt aber dann nicht damit zurecht, daß dieser sich persönlich an sie wendet, ihr schreibt, sie sogar “stalkt”, indem er ihr ins nordenglische Newcastle hinterher reist.

Wie in der Beziehung zu ihrem Ehepartner, so ist sie auch in dieser Angelegenheit unfähig, Gefühle zu zeigen, sich auf einen Kontakt einzulassen, dem jungen Mann zu antworten, der sich von ihr mehr erwartet als ein gut formuliertes Gerichtsurteil. Fiona, die selbst kinderlos geblieben ist, da bei ihr der “richtige Zeitpunkt” für ein Kind aus beruflichen Gründen niemals gegeben war, findet die Balance aus Nähe und Distanz nicht. Zwar schickt sie Adam von Newcastle aus zügig wieder nach Hause, doch gibt sie ihm zum Abschied einen Kuß auf den Mund; eine verwirrende Geste, sowohl für ihn als auch für sie.

Einen weiteren Brief des nunmehr 18-jährigen, der ein bedeutungsschwangeres Gedicht enthält, ignoriert sie und beantwortet sie ebenso wenig wie die vorherigen Versuche, schriftlich mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Dabei ist Fiona nur äußerlich so kühl und kontrolliert. Ian McEwan schreibt seinen Roman konsequent aus ihrer Perspektive heraus und zeichnet so das Bild einer von gesellschaftlichen Ritualen und Konventionen geprägten Frau, die lediglich in der klassischen Musik durch ihr Klavierspiel bzw. ihre Tätigkeit als Liedbegleiterin für einen Richter-Kollegen ihre tiefen Emotionen zeigen kann. Jazz-Improvisationen bekommt Fiona am Klavier nicht hin, da sie zu sehr auf Regeln fixiert ist. Doch Bach-Fugen lernt sie auswendig und als Liedbegleiterin meistert sie Berlioz und sogar Mahlers Rückert-Lied “Ich bin der Welt abhanden gekommen” (von ihrem Kollegen allerdings auf Englisch gesungen, was es noch wirkungsvoller macht, wenn man bedenkt, in welcher Situation Fiona dieses Lied vor Publikum spielen muß). Denn der Roman “The Children Act” kulminiert in dem Konzert, das Fiona zusammen mit ihrem Kollegen gestaltet. Kurz bevor sie sich ans Klavier setzt, erfährt sie nämlich, daß sich der junge Mann, dem sie noch vor einigen Monaten im Eilverfahren das Leben gerettet hat, nun als Volljähriger gegen eine Bluttransfusion entschieden hat, als er zum zweiten Mal hätte wegen Leukämie behandelt werden müssen.

Adam ist tot. Und Fiona muß auftreten und eines der traurigsten Kunstlieder begleiten, das jemals komponiert worden ist. Am Ende des Konzerts bricht sie fast zusammen, als sie als Zugabe auch noch “The Sally Gardens” in der Version von Britten spielen muß, jenes Volkslied, das sie seinerzeit an Adams Krankenbett zusammen geübt hatten; er als Anfänger auf der Violine und sie mit ihrer Stimme.

Hätte sie Adams Briefe beantwortet, ihm in seinem Kampf gegen den religiösen Fanatismus seiner Eltern den Rücken gestärkt, er wäre vielleicht nicht zurückgefallen in den Schoß der Familie und in eine Glaubensgemeinschaft, die für ihn nur den Tod vorsah. Doch Fiona hat weder die Empathiefähigkeit noch den Mut gehabt, aus ihrer Rolle als überlegene Richterin auszubrechen. So war sie nicht in der Lage, die Signale richtig zu deuten und liest erst nachdem sie von Adams Tod gehört hat, seinen letzten Brief mit dem Gedicht, das eine Todesankündigung enthält, so wie sie es schon gleich hätte tun sollen: mit Bewußtsein für ihre Verantwortung.

Dennoch verurteilt man als Leserin diese beherrschte, rationale Frau nicht. McEwan hat sie so subtil dargestellt, daß man ihre Zurückhaltung versteht, ihren täglichen Kampf für Gerechtigkeit als wahrhaftig ansieht, ja, daß man diese fiktive Person respektiert und für ihre Disziplin sogar bewundert. Englische Tugenden werden hier vorgeführt, deren Kehrseite eben genau in der Tragödie liegen, die im Roman entfaltet wird. Falls McEwan überhaupt “Gesellschaftskritik” im weitesten Sinne üben wollte, so tut er dies hier auf eine unaufdringliche Weise. Fiona Maye und ihr Professoren-Ehemann sprechen sehr selten offen über ihre Gefühle, besonders sie vermeidet jede Aggression, hasst die offene Auseinandersetzung. Wenn diese Art des Umgangs für die hier dargestellte spezielle Gesellschaftsschicht als “normal” angesehen werden soll, so könnte man sich freuen, nicht unter solchen “Contenance-Fetischisten” in England geboren worden zu sein. Das steife Zeremoniell (auch bei Gericht), die Abgeschlossenheit der Kaste der “Höheren Richter”, die ständige Angst, das Gesicht zu verlieren: um all diese Zwänge beneidet sicherlich kaum ein Leser die englische upper middle class bzw. upper class.

Und treffender als mit der Wahl des kühlen, eleganten “Rive Gauche” als Parfum für Fiona Maye hätte der Autor seine Hauptfigur nicht “markieren” können. Niemals aufdringlich, immer angenehm, geschmackvoll und dennoch im Herzen (aufgrund der Rose) emotional und tiefgründig: so ist der Duft “Rive Gauche”. Und so profund wie dieses außergewöhnlich gute Parfum ist auch der exzellente Roman “The Children Act”.

Well, well… offensichtlich kennt Ian McEwan sich sogar mit Parfums aus. What a fabulous writer. I’m in awe.
11 Antworten
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Kugeldistel

101 Rezensionen
Kugeldistel
Kugeldistel
Top Rezension 23  
Von Lady Cool zu Mrs. French Chic
Kürzlich traf ich eine alte Bekannte wieder, die ich seit vielen Jahren nicht gesehen hatte: Rive Gauche, eine Pariserin reinsten Wassers. Während unseres belanglosen Geplauders überkam mich mehr und mehr das Gefühl, dass sie seit unserer letzten Begegnung doch so einiges an Esprit und Savoir-vivre eingebüsst hatte. Verstohlen musterte ich mein Gegenüber. Sie sah immer noch unheimlich cool in ihrem schwarz-blau-silbernen Outfit aus und strahlte auf den ersten Blick noch die gleiche Unnahbarkeit aus wie damals. Und doch hatte sie etwas von ihrer Harschheit verloren, auch ihre Stimme klang nicht so metallisch wie früher, sondern weicher und einschmeichelnder.
Als die herbe Schönheit im Smoking und in transparenter Bluse das gesellschaftliche Parkett in Paris betrat, regierte unter der rebellierenden Jugend die Hippie- und Rockkultur, unter den Arrivierten standen hingegen immer noch erzkonservative Werte hoch im Kurs. Im Juli 1971 setzte Jim Morrison in Paris seinem Leben ein Ende. 1971 gingen auch zahlreiche prominente Frauen in Frankreich auf die Straße um gegen das Abtreibungsverbot zu protestierten. Noch drei Jahre zuvor mündeten die durch Studentenproteste ausgelösten Unruhen in einem wochenlangen Generalstreik, der das ganze Land lahm legte. Ein gesellschaftliches Klima des Umbruchs also, indem eine Lady Cool wie Rive Gauche zur Hochform auflief. Sie hätte auch wunderbar in die Existenzialistenkeller der unmittelbaren Nachkriegsjahre gepasst, wo sie mit Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre oder Albert Camus heiße Diskussionen geführt oder sich mit Juliette Greco die Nächte um die Ohren geschlagen hätte. Rive Gauche ging neue Wege, wollte nicht gefallen und war von unverkennbarem, fast maskulinem Charakter. Sie war schon cool bevor dieses Wort Eingang in den globalen Sprachschatz fand. Sie gab sich beim ersten Kontakt fast abweisend und harsch mit Aldehyde, Bergamotte, Freesie und Ylang-Ylang, metallisch-distanziert und doch verführerisch mit Rose und Jasmin wenn man sie näher kannte und schließlich nach längerer Bekanntschaft herb-würzig mit Eichenmoos und Vetiver.
Die Rive Gauche von heute war eine Mrs. French Chic, die weitaus femininer geworden ist und viel von ihrer Strenge verloren hatte. Sie tritt den Leuten ungezwungener und spritziger mit zitrischen und grünen Noten gegenüber, um dann mit weißen Blüten, Iris und Rose zu bezaubern, bevor sie ihre warme Seite mit Tonkabohne, Ambra, Vetiver und Eichenmoos offenbart. Sie wirkt heute weniger distanziert, nahbarer und auch jünger als damals.
3 Antworten
10
Haltbarkeit
9
Duft
Medusa00

802 Rezensionen
Medusa00
Medusa00
Sehr hilfreiche Rezension 23  
Das Jahr 1971
Während ich immer und immerwieder aus dem Mini (und ich denke, es ist ein Vintage) ein paar Tröpfchen genieße, denke ich auch zwingend über das Jahr 1971 nach und was da Denkwürdiges passiert ist.
1971, waren viele Parfumos, die hier Kommis schreiben, lesen oder einfach nur Member sind, noch gar nicht auf der Welt.
Folgende, geschichtsträchtige Ereignisse sind im Jahr 1971 passiert:
Rive Gauche kam auf den Markt.
Einführung des Wahlrechtes für Frauen in der Schweiz. (Die Eidgenossen kamen also aus ihren Tupperbüchsen gekrochen)
Ab sofort sollen alle unverheirateten, weiblichen Berufsttätigen mit "Frau" und nicht mehr mit "Fräulein" angeredet werden. Gut so, man sagt ja auch zu Junggesellen nicht Herrchen oder Männchen.
Bei der unglücklichen Landung von Sojus 11 kamen alle 3 Besatzungsmitglieder um`s Leben.
Mangos und Kiwis werden als Obst anerkannt.
Kongo wird in Zaire umbenannt.
Abends ist mit zunehmender Dunkelheit zu rechnen.
Hohe Schuhe sind wärmer als braune.
Medusa ist in die 8. Klasse gekommen.
RG ist schön und ein typischer Chypre, aber er ist nicht so schön, daß ich für ihn meine letztes Hemd riskieren würde. Chypres haben ja immer mal wieder ein Revival erlebt und so auch in den 1970iger und 80iger Jahren Jedes namhafte Parfümhaus bemühte sich einen oder mehrere Donnerchypres auf den Markt zu werfen. Nun ein Donnerchypre ist RG nicht. Er startet mit der typischen und fast cologneartigen seifigen Alte Hütte und Zitrusnote und gibt dann sofort ab an eine gewisse Blumigkeit, strange, kühl, staubig, nicht mal die verwunschenen Ylang-Ylang Blüten dominieren.
Die Basis ist grün, moosig und ganz typisch Chypre!
Na gut RG, gefällt mir gut, aber ich reiße mir keine Feder vom Hut, um ihn zu bekommen. Meine Mini ist Revival genug.
16 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

12 kurze Meinungen zum Parfum
Eggi37Eggi37 vor 12 Monaten
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Strenger Aldehydesturm zieht über dem linken Ufer
Kühl-frostig wirds
Blumenfelder erstarren zu Metall
Seifenblasen über grün-herben Moos
53 Antworten
GoldGold vor 2 Jahren
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Am linken Ufer ein unsüßer Rosenchypre der großen Abstraktionsklasse. Aus der Mode gekommen. Diese kühle, starke Signatur der Eleganz.
13 Antworten
YataganYatagan vor 5 Jahren
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Diese ältere Version von Rive Gauche war noch markanter, aldehydstärker, grüner (Moos) - und ein Phänotyp französischer Düfte.
6 Antworten
GaukeleyaGaukeleya vor 4 Jahren
7
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
4
Duft
Wie ein schneller, harter Peitschenschlag. Metallisch. Seifig. Arrogant. Streng. Stark. Laut. Kann anziehend sein. Aber nicht für mich.
10 Antworten
FrauFuFrauFu vor 9 Monaten
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Mein Heiliger Gral.Nie vergesse ich die Sekunde als ich dich zum ersten Mal roch. Nun habe ich dich wieder,100ml 1980er Splash.Ohne Worte
7 Antworten
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