Warum gibt es eigentlich kaum noch Parfums/Extraits?
vor 7 Jahren
Warum gibt es eigentlich keine Parfums mehr? Ich meine: Düfte in Parfum-Konzentration. Ja, ich weiß, diese Produktgattung ist nicht komplett aus der Welt, aber früher gab es fast alle Düfte (Mainstream und sogar Drogerie) auch als Konzentrat. Jedenfalls, wenn sie nicht von vorneherein als Eau fraîche oder so konzipiert waren.
Ich habe in den 80er/90ern wahl- und wohl auch sehr gnadenlos alles getragen, was mir damals gefallen hat und in der eher ländlichen Region, in der ich aufgewachsen bin, käuflich erworben werden konnte: Ich hatte Poison, Magie Noir, ich hatte diesen Aigner-Duft, von dem ich nicht mehr weiß , ober der damals Provocation oder Explosion hieß, ich hatte ein Flascherl Shalimar, ich hatte Dioressence, ich hatte Anais Anais und L’air du Temps und so weiter, aber ich hatte sie immer und ausschließlich als Parfum-Konzentration.
Mir hat diese Geste gefallen, einen winzigen Hauch Flüssigkeit vom Stöpselchen auf meine Haut zu übertragen und sofort eine Detonation auszulösen. Mir hat die Komplexität und Dichte gefallen, die Parfums zu eigen ist, diese innige und gereifte Verbundenheit der Aromen, die Haltbarkeit, die lange Entwicklung, die sie auf meiner Haut durchmachten.
Ab Ende der 90er habe ich aufgehört, Düfte zu tragen. Ich weiß nicht warum, es ist einfach so gekommen. Vor einigen Jahren habe ich wieder angefangen, mit komplett verändertem Duftgeschmack. Und dem Wissen, daß der falsche Duft am falschen Ort eine Heimsuchung für die Umgebung sein kann, für die der/die TrägerIn ohne irgendwelche Umstände an die Wand genagelt gehörte. Ich suche mir meine Düfte anders aus als früher und trage sie anders und rücksichtsvoller.
Aber ich vermisse Parfums. Ich vermisse diese elegante Geste, ein Stöpselchen an meinen Puls zu tupfen; ein Spühstoß ist so etwas Tumbes im Vergleich. Und ich vermisse diese Innigkeit , diese Dichte, diese Entwicklung, die ich in Eaux-was-auch-immer so nicht finden kann.
Naja, und ich kucke mir die Parfumwerbung an und denke: Du armseeliges billiges kleines Dummdämchen, das Du den dicken fetten Bling-Bling-Opium-Noir-Sprühbembel mit karpfenartigem Gesichtsausdruck an Deinen Hals drücken mußt – weißt Du gar nicht, wie albern das aussieht? Und denke mit Wehmut an Werbung wie die von Scherrer, an diese beispiellose Eleganz, diese kühle Präzision, mit der die „Smoking-und-sonst-nix“-tragende Damenbüste den Scherrer-Glasstöpsel mit wohlmanikürten Fingern und wie eine Kostbarkeit präsentiert.
So und jetzt nochmal die Eingangsfrage: Warum gibt es keine Parfums mehr? Und: Bin ich die einzige, die sie vermißt?
Herzliche Grüße
Susanne
Ich habe in den 80er/90ern wahl- und wohl auch sehr gnadenlos alles getragen, was mir damals gefallen hat und in der eher ländlichen Region, in der ich aufgewachsen bin, käuflich erworben werden konnte: Ich hatte Poison, Magie Noir, ich hatte diesen Aigner-Duft, von dem ich nicht mehr weiß , ober der damals Provocation oder Explosion hieß, ich hatte ein Flascherl Shalimar, ich hatte Dioressence, ich hatte Anais Anais und L’air du Temps und so weiter, aber ich hatte sie immer und ausschließlich als Parfum-Konzentration.
Mir hat diese Geste gefallen, einen winzigen Hauch Flüssigkeit vom Stöpselchen auf meine Haut zu übertragen und sofort eine Detonation auszulösen. Mir hat die Komplexität und Dichte gefallen, die Parfums zu eigen ist, diese innige und gereifte Verbundenheit der Aromen, die Haltbarkeit, die lange Entwicklung, die sie auf meiner Haut durchmachten.
Ab Ende der 90er habe ich aufgehört, Düfte zu tragen. Ich weiß nicht warum, es ist einfach so gekommen. Vor einigen Jahren habe ich wieder angefangen, mit komplett verändertem Duftgeschmack. Und dem Wissen, daß der falsche Duft am falschen Ort eine Heimsuchung für die Umgebung sein kann, für die der/die TrägerIn ohne irgendwelche Umstände an die Wand genagelt gehörte. Ich suche mir meine Düfte anders aus als früher und trage sie anders und rücksichtsvoller.
Aber ich vermisse Parfums. Ich vermisse diese elegante Geste, ein Stöpselchen an meinen Puls zu tupfen; ein Spühstoß ist so etwas Tumbes im Vergleich. Und ich vermisse diese Innigkeit , diese Dichte, diese Entwicklung, die ich in Eaux-was-auch-immer so nicht finden kann.
Naja, und ich kucke mir die Parfumwerbung an und denke: Du armseeliges billiges kleines Dummdämchen, das Du den dicken fetten Bling-Bling-Opium-Noir-Sprühbembel mit karpfenartigem Gesichtsausdruck an Deinen Hals drücken mußt – weißt Du gar nicht, wie albern das aussieht? Und denke mit Wehmut an Werbung wie die von Scherrer, an diese beispiellose Eleganz, diese kühle Präzision, mit der die „Smoking-und-sonst-nix“-tragende Damenbüste den Scherrer-Glasstöpsel mit wohlmanikürten Fingern und wie eine Kostbarkeit präsentiert.
So und jetzt nochmal die Eingangsfrage: Warum gibt es keine Parfums mehr? Und: Bin ich die einzige, die sie vermißt?
Herzliche Grüße
Susanne
Zuletzt bearbeitet von Ttfortwo am 11.01.2017, 10:01, insgesamt einmal bearbeitet