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3lbows vor 23 Tagen 6 3
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Duft
Bitter fruchtige Medizin für interessante Zeiten
Befremdlich, wie die Zeit an einem vorbeirast. Du bummelst entschleunigt durch die Fußgängerzone zwischen addrett bebarteten Mitt-Dreissigern (oder -Zwanzigern?) mit pomadiertem Quiff-Cut, und fühlst Dich überholt von Elektroroller, TikTok, ChatGPT, GenZ und Zeitenwende. Du denkst – gerade eben war ich doch noch der Uniabgänger, drauf und dran der Berufswelt deine produktivsten Jahre anzubieten, und dann ist der CEO beim Kundenbesuch sicher 10 Jahre jünger als du und die Leute im Bus beginnen, für dich aufzustehen.

Wann ist das alles denn passiert, verdammt! Fast 40 Jahre Dornröschenschlaf im Wirtschaftswunderland und dann: BAM – Pandemie, Rohstoffkrise, Krieg, Zeitenwende.
Alles überall und auf einmal, und Du: mittendrin, genauso fehl am Platz (oder besser in der Zeit) wie Patrick Stewart und der Rest der Picard-Besetzung.
Dein Geburtsjahr ist von der Weimarer Republik ebensoweit entfernt wie von LGBTQ+. Du findest heraus, wie die Menschen wirklich ticken, und glaubst, in einer anderen Welt aufgewachst zu sein: Kalt, polarisiert, resigniert. Und gerade als Du befürchtet hast, mit den nie enden wollenden und bestenfalls von den Transformers unterbrochenen Superheldenadaptionen wird die Filmindustrie wohl bis ins Unabsehbare vom Murmeltier gegrüßt, schiebt Disney eine entseelte Star Wars Iteration nach der anderen in den Streaming Äther.

Mögest Du in interessanten Zeiten leben – Danke, Merkel!

Was hat das mit "Kalan | Parfums de Marly" zu tun? Diese Duft-DNA im Allgemeinen, und Kalan im Speziellen verdichtet für mich Gefühl und Stimmung, welche ich einleitend und zugegeben – out of topic - zu beschreiben versuchte.
Da ist ein aromatischer, ledriger, synthetischer Grundton, umspielt von fruchtigen Noten. Ja, die Blutorange ist prominent zu erkennen, sowie auch die Schärfe des Pfeffers. Die Komposition wirkt auf mich aber unorganisch, befremdlich und – obwohl durchaus würzig – eher kalt. Hier ist zusammen gestellt, was nicht zusammen gehört, oder so in der Natur zusammen nicht vorkommt – außer vielleicht wenn Du sofort nach dem Reifenwechsel eine Orange überfährst. Aber nicht falsch verstehen: Das Konzept ist schlüssig und handwerklich gut, sowie mit Bezug auf die Rohstoffe durchaus wertig umgesetzt. Parfum als Ausdruck duftgestalterischer Kreativität und Freiheit jenseits natürlicher Zwänge und gesellschaftlicher Konventionen. Mit salzigem Karamell hat´s ja auch geklappt. Und es klappt auch hier, denn übel riechen tut Kalan nicht – nur eben außerhalb der Schubladen, die mein Duftgehirn für Parfum reserviert hat. Kalan ist weder würziger Orientale, noch Fougere. Hier ist nichts Sauberes oder Seifiges, nichts Cologneartig frisches oder ambriert Gourmandiges, nichts Pudriges, nichts Animalisches, nichts klassisch »Parfumiges«, und doch wird der Träger als angenehm beduftet wahrgenommen.

Der Drydown schwankt in meiner Wahrnehmung zwischen leicht süß und bitter/herb, fast so, als wäre Safran enthalten. Vergleiche zu "Baccarat Rouge 540 (Eau de Parfum) | Maison Francis Kurkdjian" wie auch "Instant Crush | Mancera" oder "Spirito Fiorentino | Tiziana Terenzi" kann ich verstehen, spielen doch alle unterschiedliche Instrumente im selben Orchester. Die medizinisch-ledrige, bei Kalan durch den Pfeffer schon fast kratzige Grundnote ist allen gemein. Diese Safran-DNA ist derzeit nicht umsonst einer der meist-gedupten Duftkompositionen (insbesondere BR540) und nach 12:50 Uhr in jeder deutschen Shopping Mall praktisch omnipräsent.

Wer in der Warteschlange für die neuen Sneaker auffallen möchte, der ist mit Kalan gut bedient, da er weit genug von BR540 entfernt ist, um eigene Akzente zu setzen, und mit seiner Fruchtigkeit auch ganzjahrestauglich daherkommt. An Strahlkraft und Haltbarkeit mangelt´s ebenso nicht: Kurz vor dem Büro aufgetragen, dann Nachmittags flott in die knöchelfreie Slimfit-Trainingshose geschlüpft, heimst der Helikopterpapa auch nach 8 Stunden beim Cheerdance-Auftritt des Töchterleins noch die anerkennenden Blicke der gleichgesinnten Männerschaft ein. So muss dass.
Kalan begleitet dich den ganzen Tag, das ganze Jahr über – eher casual als smart und eher extrovertiert als für´s intime Date aber sonst wirklich vielseitig einsetzbar, außer vielleicht für die Generation Patrick Stewart – dafür fehlt es ihm an Seriosität und Klasse.

Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass mit dieser DNA, wie übrigens auch der komplett anderen, aber ebenso ledrig-synthetischen Richtung die z.B. "Ganymede (Eau de Parfum) | Marc-Antoine Barrois" einschlägt, eine Zeitenwende auch im Duftbusiness angebrochen ist, die spätere Parfumogenerationen über "1 Million (Eau de Toilette) | Paco Rabanne" und "Sauvage (Eau de Toilette) | Dior" ähnlich sentimental sinnieren lassen wird wie meine Generation über Kouros und Cool Water.
Tja, anscheinend muss ich diese DNA lernen, oder weiterhin Sauvage tragen. Zumindest wird man mir damit bald keinen Meinstream mehr vorwerfen. Denn der wird meiner Meinung nach gerade ordentlich überholt.
Diese Rezension wurde übrigens ohne Zuhilfenahme künstlicher Intelligenz erstellt. Hab höchstens mal was gegoogelt. Bin ja noch von gestern.
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3lbows vor 5 Monaten 20 3
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Duft
Wer ist eigentlich Alex oder: Fruchtig? - Nee, cremig!
Die bei ZARA veröffentlichen ja wie die Wilden – Vornehmlich Dupes und/aber großteils gut gemacht, die Namen auch schön hip gewählt, um ja die Suchfunktion bei Parfumo nicht zu unterfordern.

Bestimmte Grundthemen wiederholen sich, so dass man oft das Gefühl hat, den einen oder anderen Duft schon vorher bei Zara gerochen zu haben. So geht´s mir z.B. bei "#Tobacco Collection - Rich/Warm/Addictive | Zara" , "Warm Black | Zara" , "TOB/03 Tabac-Treasure | Zara" – nicht identisch aber dasselbe tabakwarm-fruchtige Gerüst nutzend.

Dafür bekommt man bei ZARA Gelegenheit, in die großen Marken reinzuschnuppern, ohne einen Heidenobulus investieren zu müssen – 100ml Abfüllungen, wenn man so will.

Oftmals muss man schon flott zugreifen, da die Spanier ihre Produktionen schneller rotieren als die Bundesregierung ihre Pläne zum Heizungstausch. Mir zuletzt passiert mit "Coastal Salty Forest | Zara" – gestern noch in der Merkliste, heute schon nirgends mehr zu finden.
Nicht weniger flüchtig ist übrigends auch die Performance der meisten Zara-Düfte, irgendwo muss ja der Haken sein.

Sind die nun wirklich so voller Kreativität, oder ist das einfach nur Zara´s Geschäftsmodell, um beim Kunden Torschlusspanik zu generieren?

Die Statements oder Rezensionen zu Zara Düften sind voll zu Verweisen zu den kopierten Originalen. Da fndet man von Aventus in zig Iterationen über Tobacco Vanille und Imagination bis hin zu Alexandria II allerlei Nobelzeugs im gar nicht mal so üblen Discountflakon. Ein Zeichen von Ideenreichtum ist das nicht, oder doch?
Muss man die ZARAs als Parfumnarr überhaupt noch testen, oder kennen wir einen und damit alle?

Bei der Masse an Releases gibt´s tatsächlich immer wieder Ausnahmen, die einem ein »Oha! – der ist von Zara?« aus der Kauleiste fallen lassen. Testet z.B. mal "TOB/02 Tobacco Tango | Zara" ! Und dann gibt es da natürlich auch noch Eigenkompositionen bekannter Parfumeure wie Jo Malone´s "Zara Emotions N°01 - Vetiver Pamplemousse (Eau de Parfum) | Zara" , so dass es auch an Klasse bei Zara nicht zwingend mangelt - an Preis/Leistung sowiso nicht.

Mein neuestes Zara-Aha-Erlebnis war dann Somewoody, besonders, da ich Alex II nicht kannte.
Dass Somewoody wie Alex riecht, wissen alle, die sich die Statements dazu durchgelesen haben. Aber wie riecht er denn nun für jemanden, der ersteren nicht kennt?
Wie viele Zaras startet Somewoody zunächst synthetisch-alkoholisch, fast kratzig. Das legt sich aber schnell und es bleibt ein milchig-cremiger Amberduft, holzig, etwas süß, mit frischen Nuancen. Diese holzige Frische bleibt den gesamten, sehr gelungenen Drydown über erhalten, umspielt von Weißblühern, bevor er dann in einer körpernahen Moschusaura ausklingt. Der in den Noten angegebene Lavendel hat sich übrigens bestens in der Duftpyramide versteckt. Ich zumindest konnte ihn nicht finden.
Die Performance bewegt sich im oberen Bereich des Zara-Portfolios: 6 Stunden hält er sicher, auch wenn er nie so richtig potent abstrahlt, was für mich aber eher Kaufgrund als Hindernis ist, da er sich so wesentlich vielseitiger einsetzen lässt.
Zu Alex kann ich, wie gesagt, keine Vergleiche ziehen, wohl aber sehe ich Parallelen zu "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" , wenngleich die würzigen Elementebei Somewoody wesentlich zarter ausgelegt sind, und zur holzigen Frische aus "Imagination | Louis Vuitton" , allerdings hier gänzlich unfruchtig.

Somewoody ist ein warmer, heller und sympathischer Tagesduft, ein klassischer Immergeher, unaufgeregt – fast harmlos, aber dennoch speziell, da diese DNA (noch) relativ unverbraucht ist. Somewoody ist nicht »Schau, was ich in der Hose habe«, sondern »Komm, lass uns bei einem gemütlichen Kaffee quatschen«.
Einzig diese Synthetik, die ich bei fast allen Zaras finde, verleidet mir mein Gesamterlebnis etwas. Ich habe teilweise sogar das Gefühl, einen sauren Geschmack auf der Zunge zu spüren – subjektiv, zugegebenermaßen, aber dennoch präsent. Dieser Effekt lässt im Drydown jedoch nach und so kann ich nur jedem empfehlen, 16 Euronen zu investieren um diese DNA kennen zu lernen und rauszufinden, ob er damit leben kann. Wert ist er es allemal.
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3lbows vor 1 Jahr 20 3
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Duft
Louis packt den Wal in die Flasche.
Wie man Ambra anno dazumal gewann und vor allem, wer herausfand, dass man das stinkende Zeugs als Fixativ für Parfum verwenden kann ist mir schleierhaft. Der Kerl muss schon eine lebhafte Fantasie (französisch "imagination“) gehabt haben.
Wir sprechen hier von bis zu 10kg schweren – unseren Tonsillensteinen in Konsistenz und Geruch nicht unähnlichen Brocken aus dem Verdauungstrakt des Pottwals, die durch Tod, Erbrechen oder Defäkation ihren Weg an die Meeresoberfläche finden.
Erst durch das – nennen wir es mal Nachreifen in Sonne und Salzwasser verwandelt sich das wohl durch schwer verdauliche Bestandteile von Kraken und Tintenfischen verursachte Dyspepsieprodukt des großen Meeressäugers in etwas Wohlriechendes. Sachen gibt´s.
Geruchsgebend ist unter anderem der Inhaltsstoff “Ambrinol” oder “Ambrox”, der heute natürlich künstlich hergestellt wird und seine Verwendung in vielen Zugpferden der Parfumindustrie findet, allen voran "Baccarat Rouge 540 (Eau de Parfum) | Maison Francis Kurkdjian" , "Aventus | Creed" , "Sauvage (Eau de Toilette) | Dior" , "L'Immensité | Louis Vuitton" und letzlich auch "Imagination | Louis Vuitton" .
Holzig, cremig, seidig, süßlich-blumig, salzig, auch etwas herb, moschusartig, mineralisch-erdig, nach Haut riechend - an der langen Adjektivliste erkennt ihr schon, dass der Dufteindruck stark subjektiv ist. Ein gemeinsamer Nenner wäre aber eine warme, sinnliche, verführerische Grundtextur, die jede Duft-DNA – salopp – aphrodisierend zu pimpen vermag.
In "Imagination | Louis Vuitton" wird Ambroxan gekonnt in Verbindung mit zitrischen Noten und einem Hauch Zimt zu einem Sommer-Immergeher verwoben, der Seinesgleichen sucht. Im Auftakt noch durch grüne Noten begleitet, die sich mir eher grasig als teeartig erschließen, projiziert Imagination nach 30 Minuten eine in sich ruhende, warme, zitrisch-cremige, leicht angesüßte Aura, die mir bei jedem »whiff« ein Lächeln auf´s büroverdrossene Gesicht zaubert. "Imagination | Louis Vuitton" ist wahnsinnig anziehend, »likeable«, hier kratzt nichts, hier passt alles. Der Duft strahlt angenehm austariert ab, geht niemandem auf die Nerven und ist auch am Abend noch hautnah wahrnehmbar. Und am nächsten Morgen. Und am Tag darauf, vom Kopfkissen wieder auf den Nacken übertragen und – sofern kein anderes Parfum aufgelegt – hautnah aber deutlich wahrnehmbar.
Da in der Basis - obwohl vorhanden - nicht Hölzer, sondern Ambroxan den Ton angibt, und dessen anziehende Wirkung nicht eindeutig geschlechtsspezifisch zu verorten ist, kann "Imagination | Louis Vuitton" gerne unisex getragen werden. Der Duft ist überhaupt universell einsetzbar: Frisch genug für den Sommer, laut genug für den Winter, ausreichend verspielt zu Sweater und Sneakers, hochwertig genug zu Smart- oder Business Casual.
Allein für einen Nischenduft fehlen ihm die Ecken und Kanten, die Überraschungen, das Besondere. Wer einen bärbeißigen Retroduft für Corporate-Alphas sucht, den nicht jeder trägt, oder auf ein vielschichtiges Avantgarde-Experiment, das ihm neue Duftsphären erschließt, der ist hier fehl am Platze.
Wer aber auf unprätentiöse Sommerbeduftung mit Suchtpotenzial abzielt, der wird bei LV bestens bedient, wenn auch der Preis ihm das Potential zum Megaseller verwehrt. Vielleicht ist das aber auch gut so.
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3lbows vor 1 Jahr 6 4
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Flakon
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Haltbarkeit
8.5
Duft
Verwechslung ausgeschlossen.
Alle Welt kennt und lobpreist "The One for Men (Eau de Parfum) | Dolce & Gabbana" , und trotz meiner nun schon 4 Jahre andauernden Duftreise hatte dieses Odeur bis vor Kurzem noch nicht den Weg unter mein Riechorgan gefunden.

Also auf zur Drogerie meines Vertrauens und nachgeholt, was unbedingt nachzuholen war: Einen ordentlichen Sprühstoß aus dem wohl dosierenden Zerstäuber des wertigen, schwarzen (sic!) Flakons auf die Hand gebracht und »Äha – der gefällt!« Mit einer teeigen, zaghaften – und so auch noch nicht gerochenen - Süße, glatt angewürzt mit Kardamom und einem Hauch Leder hat mich diese homogene, herausragene Mischung mit Tiefe, sofort in ihren Bann gezogen. Zurückhaltend ist er, keine Frage, wobei: So schwach, wie alle Welt wehleidig jammert, nun auch nicht, hält er doch gut und gerne 6-8 Stunden, allerdings zugegeben - körpernah. Von Tabak und Orangenblüte allerdings keine Spur. Und Moment: War der Flakon oben nicht orange-braun ?

Ah. Ok. Ich habe "The One for Men (Eau de Parfum Intense) | Dolce & Gabbana" getestet. Auch gut. Nein besser! Nur niemandem von diesem dilettantischen Fauxpas erzählen, sonst halten sie dich noch für nasenblind, oder noch schlimmer: Einen Parfumneuling. Da kann ich ja gleich zugeben, dass mir Sauvage gefällt…

Also auf in die Offensive: Ich gebe 10 Parfumos, die sich zwar online informiert, aber noch keinen The One unter der Nase hatten, den Schwarzen in die Hand und behaupte er sei das EdP. Ohne das Wissen, dass es sich hierbei »nur« um den ungeliebten Flanker handelt, fällt das Urteil wesentlich wohlwollender aus. Wetten? Ja, ich gehe sogar soweit zu sagen, dass 6 von 10 den Intense im blinden Riechtest besser bewerten als den OG. Zwei von den restlichen vier drehen mir jetzt einen Strick aus der Tatsache, dass das das EdP ja letztlich auch nur ein Flanker ist. Die verbliebenen zwei gehen erst mal ´nen Döner essen und legen dann "Emporio Armani - Stronger With You Intensely | Giorgio Armani" auf.

Warum wird das EdP Intense von der Community aber nun mit Nichtbeachtung gestraft? Weil es ganz einfach nicht den Erwartungen entspricht. Und zugegeben: Eine haltbarere, intensivere Version des OG ist das Edp Intense nicht. Es ist sogar relativ weit weg davon, was viele wohl dazu verleitet, ihm den Cash-Cow-Flanker-Stempel zu verpassen. Dabei sind durchaus Gemeinsamkeiten zu seinem Verwandten aus den Parfumo Top 15 zu entdecken: Beide teilen diesen warm-würzigen Kern, handwerklich fein gestrickt um eine wirklich anbetungswürdige Kardamom-Note, die die The One-DNA für mich ausmacht: Hier geht´s nicht um das Auffallen auf dem Weihnachtsmarkt oder das Panty-Droppen, wie bei so vielen anderen nicht unbedingt schlechteren Vertretern der Zunft wie "Le Mâle Le Parfum | Jean Paul Gaultier" oder "La Nuit de L'Homme (Eau de Toilette) | Yves Saint Laurent" . Hier wird das süßlich-scharfe Ingwergewürz behutsam eingesetzt, um eine wärmede, gleichzeitig aber kühl-anfrischende Aura zu erzeugen. Bei "The One for Men (Eau de Parfum Intense) | Dolce & Gabbana" Intense ist dieses jedoch um einiges weniger »intense«, und an die Stelle der hesperidisch-fruchtigen Noten des Edp wandert hier ein Hauch Neroli, sozusagen als kühler Gegenspieler, zusammen mit einer ebenso zarten Ledernote, die den Tabak beim Edp ersetzt. Der Dufteindruck wird für mich damit etwas weniger heimelig und anziehend, weniger intim, dafür aber reifer. Das Edp Intense lässt sich deswegen auch außerhalb von Date-Situationen in der kühleren Jahreshälfte bis in den Frühling universell, auch und gerade im Büro einsetzen.

Worauf ich mit meiner Rezension eigentlich hinaus wollte: Unser Wohlwollen gegenüber Düften hängt stark von unserer Erwartungshaltung ab. Mein Vorredner Hughes069 trifft bereits den Kern der Sache. Und das ist insbesondere in den so stark von subjektiven Eindrücken geprägten Sphären unserer Hobbywelt schade, denn so verpassen wir sicher das eine oder andere Dufterlebnis nur weil wir es bereits im Voraus etikettieren.
Ich kann euch daher nur raten das Edp Intense zumindest einmal unvoreingenommen abzufüllen. Eine Verwechselung mit dem EdP ist ausgeschlossen, wenn sie aber zu neuen, interessanten Erfahrungen führt definitiv erwünscht!
4 Antworten
3lbows vor 1 Jahr 4 1
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Flakon
7
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Haltbarkeit
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Duft
Darf es auch etwas anders sein? Oder muss es gar?
Ganz gemäß dem Zeitgeist bewusster verbaler Kommunikation darf man ja nun alles, was man früher musste: Wir dürfen lernen…, Du darfst das zunächst einmal überdenken, Ich darf mich nun entscheiden… Ob das nun Selbstwirksamkeit und Eigenständigkeit fördern, Selbstverantwortung ausdrücken, oder einfach die Schärfe, aber auch Verbindlichkeit aus dem Mitteilungsmiteinader nehmen soll, kann ich nicht so recht beurteilen. Irgendwie komme ich mir mit meiner Wahrnehmung dieses Phänomens ohnehin recht alleine vor.

Damit aber genug vom Thema abgeschwiffen und hin zur Flankerdebatte, diesmal: Stronger With You von Armani.

Wie weit darf – moment - muss denn ein Flanker vom Original entfernt sein und wie darf, bzw muss man denn heute die Modalverben müssen und dürfen verwenden? Auf das Grundkonzept der Linie will ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen, wird es doch von sämtlichen Fragrance-Influencern rauf- und runtergehypt. "Emporio Armani - Stronger With You Leather | Giorgio Armani" verschiebt die DNA-typischen Duftbausteine Zimt, Vanille und Kastanie in ihrer Gewichtung und ergänzt sie mit einer dezent-derben, aber leider etwas synthetischen Ledernote. Man will damit wohl ein Stück weit raus aus der Gourmand-Ecke, bleibt allerdings, von der Beschneidung von Sillage und Haltbarkeit einmal abgesehen überraschend nahe am Original. Die SWYs stehen – im Vergleich zu vielen anderen aktuellen Flankerriegen – überhaupt sehr nahe beieinander, unterscheiden sich bestenfalls in Nuancen und sind dem Grundthema im Wesentlichen treu. Kennst Du einen, kennst Du alle.

Darf das so sein? Muss das so sein? Muss, bzw. darf man denn Leather unbedingt haben, wenn man schon einen seiner Mitstreiter sein Eigen nennt? Man kann gar nicht so ohne Weiteres, denn in unseren Breiten macht sich der Goldene, der wohl für den arabischen Markt gedacht ist eher rar. Wer noch keinen SWY hat, aber möchte, der darf oder muss, kann aber in jedem Fall wählen:

- "Emporio Armani - Stronger With You | Giorgio Armani", den universellen OG,

- den synthetisch aufgefrischten, auf ausgehwütige Jungspunde (sog. Clubber) zugeschnittenen "Emporio Armani - Stronger With You Only | Giorgio Armani" (oder besser dessen eingestellter Vorgänger "Emporio Armani - Stronger With You Freeze | Giorgio Armani" – der Schuss Invictus war bei dem schon ein genialer Twist)

- Den leicht boozy angehauchten "Emporio Armani - Stronger With You Absolutely | Giorgio Armani" - Santa´s choice auf dem Lehnensessel, nach einem langen Arbeitstag – nicht zu stark, aber eichenfass-urig

- "Emporio Armani - Stronger With You Intensely | Giorgio Armani" , das Toffifee-Performancemonster mit Weihnachtsmarkt-Auffallgarantie,

- "Emporio Armani - Stronger With You Oud | Giorgio Armani" (hatte ich noch nicht unter der Nase, tektonische Verschiebungen erwarte ich aber auch hier nicht),

oder eben diesen hier, der mit einem Hauch Animalik nicht nur arabische Geschäftsleute zur kalten Jahreszeit klebrig-modern zu kleiden versteht, sondern auch hierzulande seine Abnehmer im Büro finden würde - passend zum Weihnachtsstrickpullover an den Dezember-Freitagen. Man muss (darf?) sie nicht alle haben, aber die Auswahl tut gut und ebenso, dass Armani hier eine eindeutige und wiedererkennbare Duftmarke setzt. Und wer will oder möchte, darf (muss aber nicht) sammeln, denn die Flakons mit der unterschiedlichen Tönung der Flüssigkeit machen sich hervorragend im hinterleuchteten Glasregal.

Wem SWY Leather gefällt, aber an dessen Marktverfügbarkeit scheitert, muss und darf übrigens unbedingt "L'Eau d'Issey pour Homme Noir Ambré | Issey Miyake" abfüllen, einen Bruder im Geiste und seinerseits Flanker eines Unterflankers einer Linie, die weitaus weniger DNA-treu mehr marketingtechnische Namensauslutsche als thematische Variation betreibt. Der Duft ist zwar gelungen, aber kann, nein – muss, halt – darf (!) man ihn dann noch als Flanker vermarkten?
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