3rdear

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Rezensionen
3rdear vor 6 Jahren 18 8
Goa-Rave im PinienWald (durch nen Sepia-Filter)
Der 2o. März 2o22 ist ein dunstiger Abend - die Luft wurde in der Nacht nach vielen sonnigen Tagen endlich wieder durchfeuchtet, die Wärme aber ist nicht weniger geworden - im Gegenteil: das Setting ist besonders kuschelig: die Pinien und Kiefern, der Waldboden, das Feuer strahlen Wärme aus, die Boxen vibrieren, im Hexenkessel baden einige NochnichtVerdruffte. Der Himmel ist rot über Darkover. Das 'Fille en aiguilles' hat von der Suppe gekostet und ist dabei, sich selbst zu vergessen - mit dem Wind, der nicht weht, zu vergehen ... aber wir sind hier nicht unter Werbetextern! Deshalb zur Kritik: 20Mars2022 ist kein 'Weihrauch-Duft' in erster Linie - irgendeiner klaren Linie ist hier eh der Mittelfinger geküsst - wir haben es eher mit Dampfluft zu tun. Und die ist bei aller Präsenz erfreulich weich und leicht. Und angenehm würzig: würden da nicht Liebstöckel und rosa Pfeffer in der Notenpyramide stehen, ich würde Liebstöckel und rosa Pfeffer sagen. Oder Spekulatius - Gourmand-Skeptiker seien also vielleicht gewarnt! Dabei ist heuig-staubiges Labdanum, also dezent bepisste Melisse, vordergründig - manchmal. Und irgendjemand trägt hier den fruchtig angehauchten Lutens-Weihrauch, aber was ist das für eine Frucht? Merkwürdiger Duft. Das Fille ist jetzt jedenfalls eine Katze im Sommerfell. Wo waren wir? Ach ja, bei der Kritik: Herr Arturetto Landi, ich verneige mich vor dieser und der anderen Schöpfung (diesem rosig-dampfigen Milchreis-Weihrauch vom o3. April 1968) für diese komische Mode?Marke. Kennen Sie eigentlich die Parfums von Pozzo di Borgo?
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3rdear vor 6 Jahren 10 6
The Smell of Us
Warum hat er diesen Duft 'Aperture' genannt und nicht etwa 'Instagram'? Beworben wird er nämlich mit einem Foto von Olivia Bee (*1994 und damit Gen Y), das die Silhouette eines Bengels im Hoodie vor purpurnem Himmelweit zeigt. Melancholie und Sehnsucht - Introspektion. Und ein wenig Larry Clark, der dieses Parfum vielleicht 'The Smell of Us' genannt hätte. Promoting also zum einen. Aber der Begriff 'Aperture' ist doppeldeutig, und wenn man diesen Duft dann riecht, könnte man den Bezug zur Fotografie vergessen! ... Als ich kürzlich Amouage's 'Figment Man' in der Nase hatte, ratterte es im Archiv - bis mir vor meinem inneren Auge endlich jene Silhouette erschien: der versiffte Kiffer in der Dämmerung! Dieser Muff! Nur ohne das Grünzeug und die Zitrone vom Amouage und damit abstrakter, aber nur dahingehend interessanter, als man nicht nur ans Wildschwein im feuchten Humus, sondern auch an bestimmte Gegenden in der herbstlichen Großstadt erinnert werden könnte, wo man Gefahr läuft, in etwas zu treten, das zuvor durch ähm eine Öffnung gepresst wurde. Sagen wir's unumwunden: 'Aperture' ist ein ziemlicher Stinker. Okay, ein halbstarker. Einer, der vielleicht vorgestern zum letzten Mal geduscht hat und sich die nächste Mische mit billigem Tabak dreht. Leichtherzig ist er nicht mehr, war es vielleicht nie. Irgendwie möchte man ihn in den Arm nehmen.
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3rdear vor 9 Jahren 11 2
Gourmand für eine Nacht
Was ich zu hoffen kaum gewagt hätte: dass sich mir einmal die Pforte zur Welt der Gourmands öffnen wird. L'Oiseau de Nuit, die Nachteule, war der passende Schlüssel dazu, ein Schlüssel, der eher eine Praline ist - aus dunkler Schokolade mit einer Artemisia-Creme-Füllung. Aufgesprüht, ist es sofort Abend, der Wald vom Scheinwerferlicht der untergehenden Sonne rotbraun beleuchtet, lange Schatten ragen in die Dunkelheit. Es duftet trocken-herb nach blühenden Gräsern, während mir im Mund das Stück Schokolade mit ihrem 50%-Kakao-Anteil auf der Zunge zergeht. Warum ausgerechnet 50 Prozent? Weil ich auch einen geringen Milch-Anteil erschmecke, einen süßen Schmelz, Bourbon-Vanille. Ist die Praline erst mal gelutscht, bleibt auf der Haut eine noch entfernt an Schokolade erinnernde ausgetrocknet-grasige Leder-Note. Die Sillage, die nun auf ein zivilisiertes Maß geschrumpft ist, bleibt vom dunkel-warmen Pralinen-Ton geprägt, dabei aber abstrakt genug, um unterschiedlichste Assoziationen bei den Mitmenschen hervorzurufen. L'Oiseau de Nuit passt eher in die dunkle Jahreszeit, hat mit seinem originellen Duft-Akkord großen Wiedererkennungswert. Er ist gerade so viel oder besser gesagt so wenig Gourmand, dass er mir nicht über wird und abgesehen von der gewaltigen Sillage kurz nach dem Aufsprühen gut kontrollierbar, schwindet mit der Zeit und ist bei Morgendämmerung verflogen.
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3rdear vor 9 Jahren 13 5
Sonnenschein der Hedione
Wollte ich APOM nachbauen, ich würde einen nicht allzu süßen, etwas staubigen Amber nehmen für den Eindruck von bröckelnden Tempelruinen, gekalkten Wänden und trockener Erde. Dann die Zeder - vom Amber in ihrer eigentlich strengen Holzigkeit besänftigt, die dezent-frische Harzigkeit von einem luftigen Lavendel unterstützt. Ein sanfter Wind weht und bringt Erinnerungen an die blühenden Orangenbäume und den Basar mit seinen Gewürzen, vor allem Zimt und Cumin, mit. Das alles ist belebt vom strahlenden Sonnenschein der Hedione, was den Duft dauern und dauern lässt. Auf der Haut eher holzig und dezent schmutzig-animalisch (ein Zusammenspiel vom Amber und der leicht indolisch wirkenden Qualität der Orangenblüte), ist die Sillage von würzig-süßer Wärme und enorm. So sommerlich-levantisch das Thema auch sein mag, ich trage APOM lieber in der kalten Jahreszeit und an stressigen Tagen - APOM wirkt entspannend, beruhigend und lässt die Sonne in dein Herz scheinen.
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