AmyAmy

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1 - 5 von 54
AmyAmy vor 5 Jahren 14 3
7
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Very special
Laut Wikipedia ist Max Perttula, der Kopf und die Nase hinter dem Label Max Joacim, der einzige Parfumeur Finnlands. Finnland ist generell kein besonders parfumaffines Land und selbst in Helsinki gibt es nur wenige, kleine Läden, die diese Marke führen. Ich hatte mir im letzten Jahr vorab die Parfumerie mit dem lustig klingenden Namen Meikkipussi, was wohl Schminktasche heißt, im sogenannten Design District als Bezugsquelle herausgesucht und ich habe noch lebhaft in Erinnerung, wie dort die freundliche Dame im weißen Kittel mehrmals über „Suopursu“ sagte, dieser Duft sei „special, very special“, was ein wenig wie eine Warnung klang. Oder war das nur eine Fehlinterpretation meinerseits oder nur auf den nicht so umfangreichen englischen Wortschatz der Dame zurückzuführen? Egal, „speziell“ kling für mich jedenfalls sehr verlockend!

„Suopursu“ ist der Sumpfporst, eine weiß blühende Pflanze, die unter anderem in Skandinavien noch weit verbreitet ist, in vielen Ländern aber auf der Roten Listen der gefährdeten Pflanzenarten steht und in Deutschland nahezu ausgerottet ist. Der Sumpfporst wird seit langer Zeit als Medizin genutzt, auch heutzutage noch verbirgt er sich hinter dem homöopathischen Mittel Ledum. Alle Teile der Pflanze sind leicht giftig und die Einnahme kann Vergiftungserscheinungen nicht unbeträchtlichen Ausmaßes zur Folge haben. Selbst der Aufenthalt in Porstbeständen kann angeblich Rauschzustände hervorrufen, weshalb die Pflanze einst auch beim Brauen von Bier zugesetzt wurde, um die alkoholische Wirkung zu verstärken.

Genug der Hintergrundinformation, aber ich finde es einfach ziemlich spannend, wie die Beschäftigung mit Parfum immer wieder den Horizont erweitert, vor allem im Bereich der Botanik. Andere Namen von Sumpfporst sind Ledum Palustre, March Tea, Skvattram (diese drei Namen stehen auch auf der Verpackung und dem Flakon) und Labrador Tea.

Auf der Homepage ist „Suopursu“ übertitelt mit „Sumpf und Wald“ und das trifft es auch recht gut. Kurz zusammengefasst würde ich „Suopursu“ beschreiben als (ohne Gewichtung) 1) sehr frisch, wässrig, aber ohne aquatische Noten, 2) sauber, aber nicht seifig, 3) erdig, aber nicht schwer und 4) natürlich mit einer Vielzahl von grünen Noten. Punkt 2) und 3) stehen scheinbar im Gegensatz, aber das ist so meine Wahrnehmung. Die frischen Noten sind anfangs fast kampferartig und wecken lavendelblatt- und rosmarinähnliche Assoziationen, Das Ganze ist sehr prickelnd, auch im Sinne von erfrischend, eigenartig und very special, indeed! Irgendwie ist dieser Duft auch sehr finnisch, da er auf der einen Seite die nordische Natur als Ausgangspunkt nimmt, dann aber auch im Gesamtergebnis sonderbar und leicht schräg ist, auch durch die Hinzufügung von synthetischen Noten, die hier mit Sicherheit auch drin sind.

Ob dieser Duft annähernd das Dufterlebnis des wild wachsenden Sumpfporstes wiedergibt, der charakteristisch für den finnischen Sommer ist, kann ich leider nicht beurteilen. Aber immerhin ist mir der Sumpfporst dann doch noch in Helsinki begegnet, und zwar im Finnisch Museum of Natural History namens Luonnontieteelli Museo. Dort wurde die Pflanze anhand eines Textes und eines Fotos vorgestellt und es gab gar ein kleines Fläschchen, an dem man schnuppern konnte. Aber dieser Sud war weit entfernt von verlockend, eher muffig. Da bevorzuge ich doch die aromatische und phantasievolle Interpretation des Themas durch Max Joacim!
3 Antworten
AmyAmy vor 6 Jahren 17 8
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Stimmungsaufheller
“Ectoplasm” wurde zu Halloween 2018 erstmalig als Parfum veröffentlicht, damit in Zusammenhang steht auch der für mich erklärungsbedürftige Name. Laut Wikipedia handelt es sich um einen Begriff aus der Parapsychologie, der einen Stoff bezeichnet, der angeblich bei einem Medium aus den Körperöffnungen tritt. Ektoplasma soll grau-weiß oder rosa, schaumig oder leichte Fäden ziehend sein….

Eigentlich würde der Name „Sun“ viel besser zu diesem Duft passen, wenn es von Lush nicht schon einen Duft selben Namens geben würde. Aber während „Sun“ zwar nett und angenehm ist, auf der anderen Seite aber auch etwas blass und langweilig und vor allem durch geringe Haltbarkeit negativ auffällt, ist „Ectoplasm“ ein wirklich sonniger Duft, sehr kraftvoll und zudem mit einer wesentlich besseren Haltbarkeit.

„Ectoplasm“ duftet nach Zitrusfrüchten, diese werden aber nicht nur in der Kopfnote versteckt, sondern sie sind durchgehend präsent, prall, üppig und saftig, Grapefruit, orange Zitrusfrüchte und Zitrusschalen. Das Ganze ist verlockend, zesty und sehr lush-y.

Eine der weiteren Duftnoten, die sich unter dem nicht näher definierten Inhaltsstoff „Parfum“ verbirgt, ist meiner Wahrnehmung nach eindeutig die Tonkabohne. Ich habe sie beim allerersten Testen sofort wahrgenommen und besonders in der Basis zeigt sie sich deutlich. Aber obwohl die Tonkabohne keine von mir geschätzte Duftnote ist (besonders, wenn sie mit schweren und süßen Noten wie Vanille kombiniert wird), passt sie hier sehr schön rein, und was wichtig ist, sie ist weit davon entfernt, den Duft ins Süßlich-Klebrig-Erdrückende zu ziehen, er behält stets seinen sonnigen und anziehenden Charakter.

Die Haltbarkeit ist wirklich – wie schon kurz erwähnt – für einen nahezu rein zitrischen Duft ausgezeichnet. Am Abend vor dem Schlafengehen einmal aufgesprüht (was aus aromatherapeutischer Sicht vielleicht nicht die allerbeste Idee ist, aber immerhin wird Litsea cubeba auch eine entspannende Wirkung nachgesagt), ist er auch am Morgen noch deutlich wahrnehmbar. Empfehlenswerter ist aber wohl die Benutzung tagsüber.

Dieser Duft macht keine großartige Entwicklung durch und man könnte jetzt einwenden „Ist „Ectoplasm“ nicht ein recht simpler Duft?“. Ja, ist er vielleicht, aber er ist so simpel wie schön und schlichtweg überzeugend. Wenn man ein Freund von saftigen Zitrusdüften ist, wird man ihn sehr genießen können, ohne dafür von einfach gestricktem Gemüt sein zu müssen.
8 Antworten
AmyAmy vor 6 Jahren 12 4
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Spannender Kontrast
Von einem Duft namens „Charcoal“ erwartet man die rauchigen Noten eines Lagerfeuers und die gibt es hier auch, durchgehend und präsent, aber was diesen Duft so besonders macht, sind dazu in Kontrast stehende, fast schon luftig wirkende, grüne Noten, die ebenso unerwartet wie schön sind und einen hellen und sauberen Gegenpol zu den dunklen und dreckigen Noten darstellen. Aus der Verbindung der rauchigen mit den grünen Noten geht im weiteren Verlauf eine intensive und würzige, sehr schöne Wacholdernote hervor, die ich als sehr dominant empfinde.

Dieser Duft, den ich hier jetzt mal so kurz beschrieben habe, hat aber einen weitaus emotionaleren Hintergrund, denn Lyn Harris hat sich hierbei von glücklichen Zeiten inspirieren lassen, die sie mit Ihrem Großvater in Schottland verbracht hat, von Erinnerungen an seinerzeitige Gerüche, wie gehacktes Holz, Hände, die nach Gartenarbeit riechen, saubere, nach Seife duftende Haut, Pfeifentabak. Diese Hintergrundinformation entstammt einem Text der Ausstellung „Perfume“, die im Sommer 2017 im Somerset House in London zu sehen war und in der „Charcoal einer der zehn dort dargestellten ungewöhnlichen zeitgenössischen Düfte war. Weitere dort noch genannte Duftnoten, die nicht in der offiziellen Auflistung enthalten sind, sind Galbanum, Moos, Elemi, Engelwurz, Iso E Super und Moschus.

„Charcoal“ ist kein gewöhnlicher Alltags- und Geht-immer-Duft, aber trotzdem nicht schwierig zu tragen. Die bei rauchigen Noten oft empfundene „Speckigkeit“ ist auch hier vor allem am Anfang vorhanden, sie tritt aber zusehends in den Hintergrund und macht dem spannenden und ungewöhnlichen Kontrast von rauchig und grün Platz, der diesen Duft so besonders macht.

Meine ersten Tests von weiteren Düften im Perfumer H Laden in London (mit sehr ansprechendem und schicken Interieur und überaus erfreulicher und freundlicher Beratung) deuten an, dass da noch viele potentielle Kaufkandidaten auf mich warten, so viel Schönheit, wenn doch nur die Preise etwas moderater wären…
4 Antworten
AmyAmy vor 7 Jahren 36 13
7
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Souvenir aus Margate
Kürzlich war ich zum ersten Mal in Margate und schon vorher war mir klar, dass ich dann auch unbedingt den Laden von Haeckels besuchen musste.

Bei kaum einer anderen Marke wird durch das gesamte Auftreten dermaßen schnell deutlich, woher sie kommt, was nicht nur daran liegt, dass der Haeckels-Laden sich in Margate befindet, ebenso wie das eigene Labor, in dem alles vor Ort destilliert und hergestellt wird. Auch setzt sich deren Gründer Dom Bridges aktiv für den Schutz und Erhalt der Küste von Margate ein und es wird nicht etwa mit dem Spruch „Made in Margate“ geworben, sondern gar „Made from Margate“, was sich auf einen Großteil der in und um Margate herum gesammelten Inhaltsstoffe bezieht, allem voran auf die verschiedenen Arten von Algen, die dort zuhauf vorkommen und entweder pulverisiert den Gesichts- und Körperpflegeprodukten beigegeben werden oder auch in Öl eingelegt werden, um ein Extrakt für die Parfums und Duftkerzen zu gewinnen.

Bei den Parfums von Haeckels wird der Bezug zu Margate nochmals überdeutlich, denn hinter jedem der Namen verbirgt sich ein dort oder in der Umgebung real existierender Ort. Diese Orte haben die Inspiration für die Düfte gegeben und auch einen Teil der Inhaltsstoffe geliefert, wann immer es möglich war. Das Kuriose daran ist, dass das genaue Datum inklusive des Wetters angegeben wird, an dem dieser „Duft-Schnappschuss“ gesammelt wurde, was bedeutet, dass ein Duft mit den exakt selben GPS-Daten, wenn er in einer anderen Jahreszeit oder bei anderem Wetter „festgehalten“ wird, komplett anders ausfallen kann. Diese Möglichkeit wurde zumindest von Dom Bridges erwähnt, ob das tatsächlich für die Zukunft geplant ist, bleibt offen.

„Ohne synthetische Inhaltsstoffe“, „lokal wachsende botanische Inhaltsstoffe“, „im eigenen Labor hergestellt“, „Wild Fragrance“, da lassen sich doch gleich offensichtliche Parallelen zu der US-amerikanischen Marke Juniper Ridge ziehen, die sich auf die verschiedenen Regionen der USA bezieht, während Haeckels ausschließlich das Thema Margate und Umgebung und speziell die Küsten umsetzt. Aber die Düfte von Juniper Ridge empfinde ich doch im Vergleich als wesentlich „wilder“ als die des englischen Pendants (was natürlich nicht negativ gemeint ist, ich schätze Juniper Ridge sehr), während ich die Düfte von Haeckels trotz einer gleichwohl unleugbaren „Wildheit“ doch als ein wenig, sagen wir mal „parfum-mäßiger“ empfinde, auch vielfältiger in ihren Aussagen und Inhaltsstoffen, mehr Richtung moderne Nische (was natürlich ebenfalls nicht negativ gemeint ist, ich schätze auch Haeckels mittlerweile sehr).

51° 19‘ 9“ N 1° 21‘ 30“ E wurde an einem sonnigen Tag Ende Juli 2014 destilliert und als durchaus sonnig empfinde ich diesen Duft auch, üppig und gutgelaunt. Bei der Fülle der Duftnoten kann ich natürlich nicht jede einzelne explizit herausriechen, aber wenn man die Duftnoten liest und dann an dem Duft schnuppert, ist für mich jede einzelne Komponente nachvollziehbar, lediglich das Patchouli will sich mir nicht zeigen und Buchu habe ich noch nie wissentlich gerochen. Die zitrischen Noten sind sehr zesty, kräftig und nicht flüchtig. Grüne Noten sind durchgehend präsent, nicht so sehr von Blattgrün, Stengeln oder Baumnadeln, vielmehr tatsächlich fenchelig, hell und luftig. Gerade in Verbindung mit den Zitrusschalen ergibt das Hellgrün für mich den Eindruck einer schönen Fruchtigkeit, aber ohne Süße. Dann ist da noch eine konstante Würze, besonders der Pfeffer zeigt sich, Lavendel und eine milde Minze mit geringem Mentholgehalt meine ich auch wahrzunehmen. Letztendlich gesellt sich zu der vormals vorherrschenden Frische eine tiefe Holzigkeit hinzu. Die ganze Mixtur ist äußerst aromatisch und ansprechend, zusammenfassend würde ich sagen, ein ungewöhnlicher grüner Duft, der sich aber sehr gut tragen lässt, ich bin begeistert! Auch Haltbarkeit und Sillage empfinde ich als sehr gut.

Wenn ich mir einen Kritikpunkt erlauben darf: Griffig sind die Namen der Parfums nicht. Was antwortet man, wenn man nach seinem Duft gefragt wird? Aber egal, die Idee dahinter finde ich jedenfalls sehr ansprechend.

Auch der Haeckels-Laden ist schön und interessant gestaltet, sehr stylish zwischen Industrial Chic und old-school Apothekenstil mit botanischen Referenzen.

Haeckels-Düfte gibt es als 100 ml Eau de Parfum Spray, 30 ml Parfumöl in der Pipettenflasche und Duftkerze aus Sojawachs im Glas. Allerdings hat die handgefertigte Messingdose des Parfumöls so ihre Tücken: erstens ist die Dose richtig schwer und massiv, zweitens lässt sie sich nur sehr schwer öffnen und schließen und drittens wurde ich auf der Rückfahrt beim Einchecken im Eurostar prompt vom Sicherheitspersonal aufgefordert, meinen Koffer zu öffnen: „There’s metall in your suitcase“…. Aber ich habe meinen neuen Duft dann doch noch problemlos nach Hause bekommen.

Ich hätte mir als Parfumo wohl kaum ein schöneres und passenderes Souvenir aus Margate mitbringen können!
13 Antworten
AmyAmy vor 7 Jahren 16 10
8
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Klein und unscheinbar, aber oho!
Zugegeben, dieser Duft macht optisch nichts her. Man muss schon auf den schlichten „Apothecary Style“ stehen, um sich von diesem unscheinbaren Parfumöl-Roller überhaupt etwas zu versprechen. Lediglich der Name „Cannabis Perfume Oil“ könnte einen mit dem reizvollen Versprechen locken, sich mit einem zwielichtigen Hauch der Illegalität zu umgeben. Aber in Wahrheit ist dieser Duft weder langweilig, noch drogengeschwängert, sondern…, ja, was eigentlich?

Nüchtern betrachtet hat „Cannabis“ nichts, was nicht hunderte von durchschnittlichen Mainstream-Düften auch haben: Es gibt zitrische Frische, fruchtige Noten, pfeffrige Würze, erdig-holzige Noten, alle gelisteten Noten sind herausriechbar. Aber hier scheint tatsächlich die vielzitierte Magie, die entsteht, wenn die Summe der Einzelteile mehr ist als das Ganze, im Spiel zu sein.

„Cannabis“ ist sonnig, fruchtig und frisch, trotz der zitrischen Noten aber weit von einem klassischen Cologne entfernt, und trotz der Feige auch kein typischer Feigenduft, da hier die damit oft einhergehende kokosähnliche Cremigkeit völlig fehlt. Auch wer gar nicht auf Patchouli steht, sollte diesem Duft eine Chance geben, denn diese Duftnote spielt sich nicht in den Vordergrund, alle Duftnoten sind perfekt miteinander verwoben. Lediglich der Pfeffer, der die fruchtigen mit den holzigen Noten perfekt verbindet, ist für meine Nase am konstantesten wahrnehmbar.

Das Ganze ist rund und verlockend, belebend und stimmungsaufhellend, weder weiblich, noch männlich, trotzdem sehr sinnlich, und irgendwie dann doch mit Suchtpotential…

Auch über die Haltbarkeit des Duftes und die Anwendung des Roll-Ons lässt sich nur Positives berichten. Ich liebe es, dass man diesen Duft in jede kleine Tasche stecken kann und ihn bei Bedarf dezent auftragen kann, ohne gleich einen ganzen Raum zu beduften, aber trotzdem schon wenige Tupfer hiervon einen großen und vor allem langanhaltenden Effekt erzielen.
10 Antworten
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