AndYouAndI

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1 - 5 von 21
AndYouAndI vor 7 Jahren 23 2
7
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7
Duft
Whatever floats your boat ...
Vor einigen Jahren, während meines Referendariats an einem Wolfsburger Gymnasium, trug ich täglich ein und denselben Duft (heute würde ich dazu ganz parfumocool „Signature Scent“ sagen), und zwar „Acqua di Gioia“. Ich kaufte den Duft sogar nach und verbrauchte während der zwei Jahre zwei große Flakons. Mit Düften hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt kaum befasst, aber ich besaß seit meinem 14. Lebensjahr Parfums, vornehmlich Drogeriedüfte von Esprit etc., aber auch einige von Armani, Hugo Boss usw. Die Welt der Nischendüfte hatte sich mir zu jener Zeit noch nicht eröffnet. Auf besagten „Acqua di Gioia“ wurde ich während dieser zwei Jahre häufiger angesprochen, durchweg positiv. Er schien mir auch sehr geeignet für die Schule, nicht aufdringlich, gepflegt, frisch - wunderbar.

Mein damaliger Partner sah das etwas anders. Er mochte den Duft nicht sonderlich und befasste sich zu jener Zeit bereits mit Parfum, war häufiger auf der Parfumo-Seite. Und hat mich irgendwie angesteckt. Heute, Jahre später, besitze ich fast keinen Mainstreamer oder Drogerieduft mehr. Meine Sammlung ist seither stetig gewachsen, ich hatte schon viel unter der Nase und auf der Haut, und noch immer bin ich neugierig, will mehr testen, meine Nase schulen, meine Sinne, will Neues entdecken, meinen Geschmack weiter formen. Ich bilde mir ein, Duftnoten mitunter deutlich herauszuriechen und die Entwicklung mancher Düfte klar beschreiben zu können, habe „Lieblingsparfumeure“ und „Lieblingsmarken“, habe klare Vorlieben und Abneigungen, einen Hang zu Ecken und Kanten bei gleichzeitiger Tragbarkeit und eine Sammlung, die die Zahl 40 überschritten hat und in Teilen durchaus als höherpreisig zu bezeichnen ist, wenngleich es da nach oben ja keine Grenzen zu geben scheint. Ich besitze mehr Parfum, als ich je verbrauchen werde. Aber nicht genug.

Während dieser Zeit hat sich nicht nur meine Sammlung verändert, sondern auch mein Blick auf die Welt der Düfte. Ich ertappte mich zunehmend häufiger dabei, einen Mainstreamer, der mir unter die Nase kam, als „einfach“, „künstlich“, „platt“, „eindimensional“, „ohne Entwicklung“, „nervig“ und – ganz klar – für mich untragbar abzutun. Ich konnte mir zeitweilig wirklich nicht mehr erklären, wie mir „so etwas“ früher reichen, ja gar gefallen konnte. Mir fehlte – und fehlt – sehr oft das Außergewöhnliche, das Feine, das sorgsam Verwobene, der Charakter, eine deutliche Duftentwicklung, und ich störe mich mittlerweile auch daran, einen Duft quasi an jeder Ecke zu riechen – das hat mir früher nichts ausgemacht. Neulich nun bot jemand im Souk „Sun di Gioia“ an, zu einem unschlagbaren Preis, und ich musste zuschlagen. Ein Blindkauf für sehr wenig Geld, und ich war neugierig, ob die Verwandtschaft zu meinem einstigen Begleiter erkennbar sein würde. Und das ist sie.

Sun di Gioia startet mit einer spritzigen Bergamotte, die zartblumig umhüllt daherkommt, um sogleich an „Eau Océane“ zu erinnern, und an mein altes Acqua di Gioia. Es sind die „maritimen Noten“. Zwar sind bei Eau Océane und Sun di Gioia die Parfumeure je andere, aber das Haus, Firmenich, ist dasselbe. Mich würde also nicht wundern, wenn Cascalone und Paradisone -"von Firmenich entwickelte Duftmoleküle, die aquatisch-frisch riechen" -, auch hier enthalten sind. Sun di Gioia macht keine große Entwicklung durch. Das Frische wird bleiben, aber die Blüten und ein Hauch Kokos, milchig und cremig, umspielen den Träger nun einige Stunden. Der Duft wird nicht zu süß, aber bleibt etwas künstlich, die Sillage ist mäßig, aber bei Wärme nicht zu unterschätzen. Ich habe den Duft heute den ganzen Tag getragen und einmal nachgelegt, und ich habe mich wohl gefühlt, zart erinnert an eine Zeit, in der ich noch nicht auf der Suche war nach dem immer neuen olfaktorischen Kick.

Sun di Gioia ist für mich Bestätigung und Ermahnung gleichermaßen. Bestätigung, weil ich einmal mehr merke: Das wäre für mich heute einfach kein 9er oder 10er mehr. Zu flach, zu wenig komplex, zu unnatürlich, zu gefällig wohl auch. Und Ermahnung, weil ich ihn mag, heute, an mir. Weil er nicht die Welt kostet. Weil er gefällig ist, also gefällt, sicher auch nicht nur mir, sondern Menschen in meinem Umfeld. Weil es einen Grund gibt, warum ich seine Schwester, Acqua di Gioia, damals sogar nachgekauft habe. Um mal ein maritimes Bild zu bemühen: Whatever floats your boat. Sun di Gioia darf bleiben. Er passt gut in den Sommer. Und in meine Sammlung.
2 Antworten
AndYouAndI vor 9 Jahren 17 5
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Mit der Nase im Gras
Aaaahhhhhhh … herrlich! So ein schöner Vetiver, wirklich sehr, sehr schön! Ganz kräftig und im Anklang leise zitrisch, dann aber wirklich kräftig dunkelgrünvetiverisch, man hängt quasi mit der Nase und mit der Seele und mit dem Parfumoherz direkt im Gras. Schön hier. Bittersüß. Ganz vetiverbitter, leise vetiversüß. Nicht zu vergleichen mit dem leckeren, ganz wunderbaren Vetiver Tonka. Dieser hier ist ein Inhalierduft. Sehr dunkelbitterfrisch, sehr grasigherb und auch eine Spur erdigholzig. Überhaupt nicht kellerig, auch nicht modrig, für mich ist dieser Vetiver wirklich grün, nicht wurzeliggelb, nein, ich empfinde ihn wirklich sehr grasiggrün. Tiefenentspannend. Für mich ist das Grün noch dunkler als der Dior Privée selbst. Und die Sache mit dem Kaffee, tja nun. Ich hätt’s nicht erkannt, aber wenn man’s weiß, bekommt die Kiste noch eine charmante Note mehr, und ich im Gras einen Kaffee, und ich bin nicht böse drum.

Fast noch kein Dior Privée hat mich enttäuscht, und ich ahne, was das bedeutet, diese Markenhörigkeit, aber ich strampele mich frei davon, denn der ist wirklich schön, ganz ehrlich. Frauen dürfen auch. Natürlich muss man Vetiver mögen, und ich mag Vetiver. Aber ich stelle es mir mit dem Vetiver so vor wie mit der Tuberose, mit der ich ja so meine Probleme habe: wenn sie drin ist, und sie ist erkennbar, dann kann der Rest noch so schön sein, der Duft ist mir verdorben, und so geht es wohl manchen mit dem wundervollen Vetiver, das ist schade, aber nicht zu ändern.

Der Duftverlauf ist weitestgehend konstant, der zitrische Start minimal, die Vetiverherbe schön präsent, der Kaffee kommt erst langsam. Der Duft ist ganzjahrestauglich und für Alltag und Business gleichermaßen tragbar, die Projektion ist bei mir recht anständig, ich muss etwas sparsamer dosieren, die Haltbarkeit ist gut. Ein Kaufkandidat, gäbe es nicht noch so schöne andere Dior Privées …
5 Antworten
AndYouAndI vor 9 Jahren 15 4
7.5
Flakon
5
Sillage
2.5
Haltbarkeit
8
Duft
Das Schweigen im Walde
„Mon Numéro 9“ war ein totaler Blindkauf. Ist eigentlich nicht meine Art, geht auch meistens schief. Die Marke und der Parfumeur waren ausschlaggebend dafür, und nicht zuletzt auch die Tatsache, dass der Sommer naht und die Ingredienzien dafür doch sehr brauchbar klingen. Nach dem ersten Sprüher bin ich dann erst einmal vor Freude durch die Wohnung gehopst – sollte sich mein Blindkauf etwa als echter Volltreffer erweisen?

Die Zitronatzitrone ist super spritzig, kommt aber nicht zu säuerlich daher, sondern wird zunächst einmal begleitet von einer Herbe, die mir ausnehmend gut gefällt. Ganz lecker ist dieser Start! Ich kann mich – ehrlich gesagt – gar nicht daran sattriechen, das ist so ein „Ich-will-mehr!“-Dufterlebnis. Wie es sich für eine richtige Zitronatzitrone gehört, bleibt diese auch nicht allein sauer oder herb, sondern bringt eine unterschwellige Süße mit sich, die diesen Duft so unglaublich lecker und gefällig macht. Ich rieche alsbald das Rhabarberblatt, obwohl ich natürlich im Leben nicht darauf gekommen wäre, dass es eben dieses ist, aber das Grüne riecht man ja doch, und es passt auch gut zum Start. Und dann, nach nicht einmal einer Stunde, geht der oberleckeren Zitronatzitrone leider die Puste aus, und – ja, ich weiß, es ist ein Eau de Cologne, das kann und darf und meinetwegen gehört es sich sogar so – ich bin doch ein bisschen enttäuscht. Das Grünherbe bleibt noch ein Weilchen, und auch die Harze schimmern langsam durch, geben dem Duft etwas Hölzernes, Nadelwaldiges. Dennoch: Die Harmonie dieses (und sicher nicht nur dieses) Duftes liegt laut meiner Nase eindeutig im Zusammenspiel von Kopf, Herz und Basis, und der Duft büßt enorm an Charme ein, sobald die (extrem leckere!) Kopfnote verschwindet, es kommt das große Schweigen im Walde. Kann ja auch schön sein. Das Gute: man kann nachlegen, und dann ist wieder alles da, und das Alles riecht ganz wunderbar, wirklich, irre lecker. Trotzdem muss ich meine ursprünglich und im Rausche der Blindkaufbegeisterung vergebenen 90 % durch 80 % ersetzen, und die hat dieses schöne Eau de Cologne trotz erwähnter Schwächen wirklich verdient. Ich bin neugierig geworden auf alle anderen Numéros und spiele in Gedanken schon mit einem Bunkerflakon „Mon Numéro 9“ für den Sommer.

Haltbarkeit: Leider, leider schwächelt hier die Kopfnote ganz rasch, insgesamt hat man aber gute 3-4 Stunden was vom Duft.

Sillage: Zu Beginn ganz ordentlich, mit dem Ausstieg der Zitronatzitronen dann doch recht körpernah.

Zielgruppe: Vollkommen unisex, bums!

Anlass: Frühling, Sommer, Alltag – der Duft ist sehr gefällig, absolut auch für den Job geeignet, für mich kein Date- oder Ausgehduft, sondern ein Tagesallrounder. Auffrischungs-TZ mitnehmen!

Fazit: Unbedingte Test-Empfehlung für alle Cologne- und Zitrus-Fans. Ich bin sehr neugierig auf mehr Numéros von Duchaufour!
4 Antworten
AndYouAndI vor 9 Jahren 24 9
10
Duft
Ein Kompliment
Wenn man so will
Bist du das Ziel einer langen Reise
Die Perfektion der besten Art und Weise
In stillen Momenten leise
Die Schaumkrone der Woge der Begeisterung
Bergauf mein Antrieb und Schwung
(Sportfreunde Stiller)

„Der Duft riecht edel, da kannste nicht so komische Sachen dazu tragen, das passt nicht. Man riecht doch, dass das ein sehr guter Duft ist, so was muss doch passen! Zieh mal einen Blazer an oder so!“

„Frau K. – an dem Duft kann man Sie immer so gut erkennen. Ich weiß immer genau, ob Sie gerade vorbeigelaufen sind, dann riecht es immer gut.“

„Die ganze Bibliothek riecht gut. Frau K. – das waren Sie doch!“

„Das riecht besonders – was ist das denn, wenn ich fragen darf?“

„Den, den Sie zum Weihnachtsessen getragen haben, dürfte ich davon was für den Abiball nehmen?“

„Ja, der ist echt besonders. Der riecht wirklich gut. Sehr gut sogar.“

„Jetzt muss ich Ihnen aber mal was sagen: Sie riechen richtig gut!“

Drei Monate Coromandel. Suchtfaktor, Kleiderfrage und Ohrwurm inklusive.
Und mehr Komplimente als für jeden anderen Duft in meiner Sammlung.
9 Antworten
AndYouAndI vor 9 Jahren 29 9
9
Duft
Barfuß im Garten
Na so was. Mir werden doch nicht langsam die Rosendüfte zusagen. Den hier finde ich jedenfalls formidabel, und ich will kurz erklären, warum. Pivoine Suzhou startet mandarinig-fruchtig, die Tangerine ist mir sehr angenehm, nicht zu knallig-säuerlich, sondern hell, warm und spritzig, und die Fruchtigkeit wird rasch auch himbeerig-süßlich, eine sehr leichte, angenehme Süße, die zudem durch einen Hauch pfeffriger Würze begleitet wird - insgesamt eine leckere Paarung, wie ich finde! Die Kombination von Frucht, Säure und leichter Schärfe hilft, dass nichts zu stark gerät, ich bin schon vom Auftakt angetan! Dieses Nähe-Distanz-Spiel, das mir gefällt, bringt Pivoine Suzhou auch im Duftverlauf spielend mit. Keinesfalls zu süß, nicht zu fruchtig, nicht zu sauer, trotz der Rose angenehm frisch mit leichter Würze, auf Kleidung fast aquatisch frisch und sauber, nach einer Stunde auch eine Spur grün, darauf die Rosen, frisch und jung, nicht madamig oder muffig, sondern schwebend und spielend, mit einer leicht herben Note, was Krautiges oder Grasiges, womöglich auch Vetiver, irgendwo im Verborgenen, das macht es erwachsen, aber nicht alt.

Ich glaube, die Tatsache, dass der Duft meiner Wahrnehmung nach einen Ticken mehr durch das Fruchtige (edel, fein, nicht aufdringlich oder obstsalatig) denn durch das Florale dominiert wird, trägt wesentlich dazu bei, dass er mir so gut gefällt. Der Abgang ist wahrlich unspektakulär, aber von diesem frisch-fruchtigen Rosenduft habe ich schon jetzt mehr bekommen, als ich erwartet hatte, und ich finde den Moschus-Abgang absolut passend und angenehm. Mich stört jedoch ein wenig, dass ich den schönen Duft selbst schon nach überschaubarer Zeit nicht mehr an mir wahrnehme, wenn ich mich im Alltag bewege. Lediglich in den Sachen bleibt er hängen. Wahrnehmen kann man ihn aber offenbar. Ich habe in meiner Arbeit als Lehrerin von Schülern bisher selten Komplimente für einen Duft bekommen. Dieser hier aber kommt ausgesprochen gut an, gleich zwei Schüler sprachen mich unlängst im Tagesverlauf auf PS an („Sie riechen aber gut!“).

Zielgruppe: Ja, eher feminin, wobei ich mir vorstellen kann, dass er auch unter den Männern Liebhaber finden wird.

Sillage: Mittel, daher auch gut für Job etc. geeignet.

Haltbarkeit: Auf der Haut nicht berauschend, nur an die 6 Stunden, auf der Kleidung umso mehr, am nächsten Tag noch sehr deutlich wahrnehmbar. Ich habe auch einen Spritzer PS auf eine Baumwollleinwand gegeben, die Luft roch beim Vorbeigehen an der Leinwand noch drei Tage später sehr angenehm.

Anlass: Jahreszeitlich gerade optimal, ein schöner Frühlingsduft, aber für mich durchaus ein Immergeher, im Alltag und Beruf gut tragbar, kein Date-Duft, nicht erotisch oder gar verrucht, eher sauber-gepflegt, eine Leichtigkeit und Frische ausstrahlend, aber auch das kann ja äußerst ansprechend sein.

Fazit: Inwieweit Pivoine Suzhou Privé-würdig ist, vermag ich nicht zu beurteilen, ich kenne nur wenige Düfte der Armani-Privé-Reihe; mich hat er jedenfalls überzeugt, und mit 120€/100ml finde ich diesen schönen Duft nicht zu teuer. Er erinnert mich in seiner Frische und floralen Fruchtigkeit an "barfuß im Garten"-Spaziergänge, schön für den Augenblick, und das sogar sehr.
9 Antworten
1 - 5 von 21