Der Anfang vom Ende?
"Bonjour tout le monde" höre ich meine Französischlehrerin Madame B. sagen, die sich selbst gerne Malou rufen ließ. Damals, ich war wahnsinnig cool und locker drauf, da ich bald mit der Schule fertig sein würde, suchte nach einem Duft, der meine derzeitige Attitude unterstreicht. Langes, blondes Haar, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, Nietengürtel, Lederarmband und immer mit Kopfhörern anzutreffen. Ich war ein Rebell. Doch brach ich eigentlich nie aus.. ich war immer angepasst und nett.
Ich bin mir heute, zehn Jahre später, nicht mehr ganz so sicher, welcher mein erster Duft war, aber ich denke, ER wars..
Thierry Mugler's Alien - Eau de Parfum.
Um die sechzig Euro hat er mich gekostet, der Duft der mich auf dem Weg in das Erwachsen-sein begleitete. Ich betrat Räume, mein Parfum kam mir zuvor... Doch ich strotzte vor Selbstbewusstsein, befand mich auf einem mentalen Höhenflug und ließ mir von nichts und niemandem sagen, mein Parfum wäre überdosiert.
Jetzt, an einem trüben Herbstnachmittag, sehe ich aus dem Fenster in den Regen und erkenne, dass ich damals zufriedener war. Stärker. Charismatischer. Lebensbejahender. Glücklicher. Echt?
Heute ist viel zu viel los in meinem Kopf. Ich kann nicht mehr schreiben, ich ertappe mich immer häufiger, wie ich irgendwo einfach da stehe und mich in Gedanken verliere. Die Passage aus "Everybody wants to rule the world" fällt mir ein, in der Roland Orzabal inbrünstig "There's a room where the light won't find you. Holding hands while the walls come tumbling down.." singt. Ich spüre die Kraft in dieser Strophe und finde sie auffordernd und deprimierend zugleich. Er meinte sie wohl anders, aber für mich passt sie so ganz gut in mein Leben. Wartend, auf den, der die Hand erfasst, wenn die Situation erdrückend still wird.
Ich brauche eine Veränderung, ich sehne mich nach guten Tagen in bunten Wäldern, in sanftem Licht und zartem Duft.
Meine Parfumsammlung bereitet mir nicht mehr die Freude, wie einst. Ich ersticke in Dingen und bin doch allein. So habe ich entschieden, ich möchte mich verkleinern. Einiges verkaufen um wieder freier atmen zu können. Vielleicht kommt die Liebe zurück? Oder man schätzt eben mehr, was man hat.