Anthra

Anthra

Rezensionen
Anthra vor 11 Jahren 9 7
2.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Haarspray vs. Pistazie
Be 21 kam mir unter die Nase, als ich auf der Suche nach einem Pflegeduft war. Bvlgaris "Blv Notte" war für meinen Geschmack leider zu flüchtig, das oft in diesem Zusammenhang empfohlene "Mihimé" von Mecheri zu bitter-grün und auch etwas schwach auf der Brust.

Eine Ähnlichkeit zu Blv Notte (wie von Confusion angemerkt) ist meiner Ansicht nach auf jeden Fall vorhanden, allerdings fehlt Be 21 die alkoholische Note, die dem Bvlgari-Duft einen verblüffenden Einstand verleiht. Dagegen löst Be 21 bei mir unmittelbare Haarspray-Assoziationen aus - böse Zungen meinen sogar verbranntes Haarspray zu riechen.
Glücklicherweise lässt diese eher gewöhnungsbedürftige Komponente mit der Zeit nach und Be 21 mausert sich zu einem tollen Creme-Duft/Pflege-Duft.
Relativ süß (ohne pappig zu sein), pudrig (aber nicht staubtrocken), dezent blumig (ohne dass das Veilchen zu dominant ist) und mit leicht orientalisch-gourmandigem Einschlag (trotzdem nicht schwer) - es hätte eigentlich der perfekte Büroduft für mich sein können. Kein Wunder, wo all meine Lieblinge in den Duftnoten vertreten sind: Zimt, Heliotrop, Tonkabohne, Vanille... Zudem kristallisiert sich als Sahnehäubchen nach und nach eine äußerst leckere, interessante, mir noch nie so begegnete Note heraus: Die Pistazie! Aufgepeppt mit einer Spur Zimt wird hier ein Dufttraum wahr. Das mag sehr nach einem Kuschel-Gourmand für verregnete Nachmittage auf der Couch klingen. Tatsächlich lässt Be 21 mit seiner weichen Cremigkeit die Trägerin aber eher gepflegt und seriös wirken - wie bereits gesagt eigentlich der perfekte Büroduft für Gourmand-Liebhaber, zumal seine Sillage im mittleren Bereich hierfür auch noch optimal ist.

Eigentlich... wenn doch nur das Haarspray sich nicht hartnäckig immer wieder in den Vordergrund drängen würde. Die synthetisch-scharfe Note macht dem leckeren Rest (ich wiederhole: Pistazie!) nur sehr widerwillig Platz. Diese Note wird zwar von Anfang an immer schwächer, aber erst nach 4-5(!) Stunden nehme ich Be 21 als wirklich schön und pistazig (ist das ein Wort?) wahr. Und selbst dann hat sie sich nicht ganz geschlagen gegeben, sondern quält mich beharrlich weiter, bis der Duft nach etwa 7-8 Stunden ausklingt.
Meine anfängliche Hoffnung, meine Nase würde den Duft mit der Zeit "lernen", so dass ich das Haarspray vielleicht zugunsten der Pistazie weniger dominant wahrnehmen würde, hat sich leider nicht bewahrheitet. Daher habe ich den Duft an eine liebe Parfuma weitergegeben, bei der er sicherlich besser aufgehoben ist.

Fazit: Ich denke, dass jeder diesen Duft für sich selbst testen und den Duftverlauf über mehrere Stunden verfolgen sollte. Anscheinend (siehe vorherige Kommentare) nehmen manche die Haarspray-Note gar nicht oder zumindest nicht als störend wahr.
Zusammenfassend gesagt ist Be 21 definitiv mehr Pflegeduft als Gourmand. Auch für Vanille-Phobiker lohnt sich ein Test - die Vanille kommt so gut wie gar nicht zum Tragen. Es ist ein Allround-Duft für jede Jahreszeit und jede Gelegenheit, besonders passend finde ich ihn im Arbeitsumfeld.

Er ist mittlerweile nicht mehr so oft in den Parfümerien zu finden, zumindest im Kölner D** steht er allerdings noch und wartet auf interessierte Testerinnen. :-)
7 Antworten
Anthra vor 12 Jahren 4
5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Kaugummi und Rollschuhe
Ein Duft, der den Namen eines zutiefst pessimistischen Films trägt - wie könnte er duften, welches Stimmungsbild erzeugen? Eine düster-poetische Melancholie, eine traurige, unbestimmte Sehnsucht, die Ahnung von verzweifelter, unerfüllter Liebe?

Im Gegenteil.

Hiroshima Mon Amour verkörpert die pure Fröhlichkeit, eine unbekümmerte Freude am Dasein, die keinerlei Begründung oder Rechtfertigung braucht.

Der erste Eindruck ist schlichtweg lecker - und genau wie meine Vorschreiberinnen erkenne ich zweifelsfrei Big Red Kaugummi.
Ich fühle mich schlagartig 20 Jahre zurückversetzt, es ist ein Frühlingstag irgendwann Anfang der 90er. Der erste Tag im Jahr, an dem ich ohne Jacke draußen spielen kann, wie lange habe ich darauf gewartet! Als ich endlich mit den Hausaufgaben fertig bin, setze ich das Meerschweinchen in den Garten, dann werden die Rollschuhe geschnürt und es geht ab auf die Straße, bis die Mutter zum Abendessen ruft.
Sorgen? Grübeleien? Ungute Gedanken an die kommenden Tage? Nichts könnte ferner liegen.
Die klare kühle Frühlingsluft belebt den Geist, der Kaugummi im Mund schmeckt nach Abenteuer, wir jagen durch die Straßen der Siedlung und können alles sein, was wir uns erträumen. Und sollte es ein aufgeschlagenes Knie geben, so kann ich sicher sein, dass es gleich liebevoll verarztet wird.

Ja, es könnte so schön sein. Die Herznote ist nicht nur wunderbar zimtig-kirschig, sondern auch enorm interessant. Ich kann nicht genau sagen, welche Noten für die peppige Würze in der Duftkomposition sorgen, jedenfalls bewahren sie den Duft zuverlässig vor übermäßiger Süße oder Künstlichkeit. Nur leider verfliegt diese Herznote für meinen Geschmack viel zu schnell. Schon nach 2-3 Stunden bleibt nur eine eindimensional-süße, von der Vanille dominierte Basis zurück, die ich recht nichtssagend und auch relativ schwach finde. Von Hölzern oder Bienenwachs merke ich gar nichts. So wird das leider nichts mit uns beiden.
Schade!
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Anthra vor 12 Jahren 24 7
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Rätselhafte Frucht
Auf den Duft aufmerksam geworden bin ich wegen des wunderschönen Flakons (der sich später allerdings als etwas unhandlich herausstellte) und des eben so schönen Namens. "Ghost Deep Night" in einem lila schimmernden, fast schwarzen, halbmondförmigen Flakon, wer könnte daran einfach vorbeigehen? Ich nicht, zumal ich 19 war und mich mitten in einer "Goth-Phase" befand, in der alles Düstere, Tiefsinnige, Geheimnisvolle ohnehin besonders verlockend erschien. :-) Nach einem kurzen Testsprüher wurde das Parfum gekauft, war einige Jahre lang mein Signaturduft, und wurde bis heute immer wieder nachgekauft.

Aber nun zum Duft selbst:

"Deep Night" ist zunächst einmal bei Weitem nicht so schwer und dunkel, wie der Name bzw. der Flakon es suggerieren. Dennoch weist er eine gewisse Eleganz und auch etwas Mysteriöses, Rätselhaftes auf. Als Büroduft würde ich ihn daher nicht unbedingt empfehlen, schon eher zum Ausgehen (wenn man keine Wummser bevorzugt) oder als Freizeit-/Tagesduft bei nicht allzu hohen Temperaturen (wenn man zum Ausgehen eher auf stärkere Kaliber zurückgreift).

Direkt nach dem Aufsprühen kommt eine frische, fast bittere Note durch, die den Duft im ersten Moment beinahe maskulin wirken lässt. Könnte das vielleicht der Peniocereus (Pfeifenkaktus) sein? Zum Glück verflüchtigt sich diese Note aber recht schnell. Die Rose, die sich ebenfalls in der Kopfnote befinden soll, kann ich gar nicht identifizieren.

Dann sind deutlich Pfirsich und Aprikose wahrzunehmen, von denen die blumigen Noten dominiert werden. Moschus ist ebenfalls klar zu erkennen. Nach und nach tritt die Süße des Duftes immer stärker hervor, es handelt sich dabei aber um keine typisch vanillige Süße. Ich habe eher den Eindruck, dass sie auf der Süße der Früchte basiert und weniger von der Vanille stammt. Allmählich stellen sich außerdem eine zunehmende Holzigkeit und Pudrigkeit ein. Bis zum Schluss bleibt daneben durch den Moschus eine gewisse Frische/Schärfe erhalten.

Die Gesamtkomposition ist schwer in übliche Kategorien einzuordnen. Das ist es wahrscheinlich, was die Rätselhaftigkeit von "Deep Night" ausmacht. Würde man mich zu einer Aussage zwingen, würde ich den Duft notgedrungen als fruchtig-süß bezeichnen, obwohl er mit anderen fruchtig-süßen Düften, die ich kenne, so gut wie nichts gemeinsam hat. Moschus und Amber (sowie die Hölzer und einige Blüten) sind so gekonnt eingesetzt, dass sie dem Duft seine elegante Ausgeglichenheit verleihen, die sich nur schwer analysieren lässt.

Die Haltbarkeit ist gut, vor allem im Haar und an der Kleidung. Die Sillage empfinde ich selbst als eher schwach; das muss aber offenbar täuschen, denn ich wurde schon häufig von Menschen auf den Duft angesprochen, die sich nicht in meiner unmittelbaren Nähe befanden.
Erwähnenswert ist außerdem der hohe Wiedererkennungswert. Ich könnte "Deep Night" an einer anderen Frau hundertprozentig identifizieren. Ich habe bisher auch noch nichts Vergleichbares gerochen.

Mittlerweile trage ich den Duft nicht mehr so oft, da er für mich mit diversen Assoziationen belegt ist und deshalb eine bestimmte Stimmung voraussetzt. Aber ich bin froh, ihn damals im Regal entdeckt zu haben, und werde ihn sicher weiter nachkaufen, solange er noch hergestellt wird.
7 Antworten
Anthra vor 12 Jahren 14 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Ich wollt' ich wär ein Teststreifen
Auf dem Teststreifen, der nun schon seit mehreren Tagen hier vor mir auf dem Schreibtisch liegt, ist der Duft ein Gedicht. Perfekt, zauberhaft, überwältigend schön. Zum Niederknien.
Gut, direkt nach dem ersten Aufsprühen war ich etwas irritiert: Eine Welle aus süßlich-fruchtigem Balsam überrollte mich, fast etwas aufdringlich. Ich habe aber mittlerweile gelernt, Düften Zeit zu geben. Ich musste ohnehin weg, habe den Streifen also liegen lassen. Als ich abends wieder nach Hause kam, empfing mich beim Betreten der Wohnung ein betörender Wohlgeruch. Würzig, süß, wahnsinnig facettenreich. Ich verfolgte die Duftspur zurück zum Teststreifen: Was für ein herrlicher Duft. Es fällt mir sehr schwer, ihn konkret zu beschreiben oder einzelne Noten zu identifizieren. Bildlich gesprochen ist es wie ein warmes Glitzern tausender hinreißender Facetten, perfekt aufeinander abgestimmt, hell und doch mysteriös, ein wenig orientalisch, aber auch feengleich und leicht. Ein wirklich aristokratischer Duft.

Frohgemut folgte am nächsten Tag (die ganze Wohnung war immer noch ein duftiger Traum) der Hauttest. Den ersten, wieder etwas merkwürdigen Eindruck versuchte ich zu ignorieren, optimistisch, dass sich bald der wahre Zauber des Duftes entfalten würde. Er tat es nicht. Den ganzen Tag umwehte mich eine eher unangenehme, krautige, fast schon säuerliche Süßlichkeit, wie von Obst und Kräutern, die sich seit Kurzem im hochsommerlichern Mülleimer befinden. Auch die würzige Note empfinde ich an mir ganz anders als auf dem Teststreifen, irgendwie unsauber und alles andere als herrlich. Die ganze Zeit über fühlte ich mich unwohl in der Gegenwart anderer Menschen und hoffte inständig, dass man mich nicht wie einen wandelnden Biomüll wahrnahm. Zum Glück war auch die Haltbarkeit an meiner Haut deutlich schlechter als auf dem Teststreifen.

Nun weiß ich, was unverträgliche Hautchemie bedeutet, und trauere um einen Duft, auf den ich mich sehr gefreut hatte.
Ich vergebe trotzdem 80%, da der Duft schließlich nichts dafür kann und an anderen offenbar traumhaft ist.

Edit:
Ein halbes Jahr später muss ich meine Bewertung revidieren. Was ist passiert? Haben mich (parfumo-bedingte) 400 Parfum-Tests zu einem Teststreifen werden lassen? Wahrscheinlicher ist wohl, dass sich meine Duftwahrnehmung und vielleicht auch meine Präferenzen verändert haben. Jedenfalls finde ich die Ägypterin nun wundervoll, nicht nur auf dem Streifen, sondern auch an mir.
Ein Happy End.
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Anthra vor 12 Jahren 11 3
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Unschuldig-strahlender Pfirsich
Nach dem ersten Aufsprühen bin ich fast überwältigt von dem Pfirsich, der hier ein absoluter Leckerbissen und keineswegs künstlich ist. Sehr fruchtig mit einer betörenden Puderzucker-Honig-Süße. "Schööööööön" geht mir sofort durch den Kopf. Obwohl er wirklich sehr süß ist, finde ich ihn nicht zu süß - wobei ich generell absoluter Fan von süßen Gourmand-Düften bin - wer die nicht mag, braucht Ouris erst gar nicht testen. Von Pflaumen oder Beeren merke ich nichts, die scheinen in der Opulenz des Pfirsichs unterzugehen.

Bei mir verändert sich der Duft über die Zeit nur wenig. Lediglich die Fruchtigkeit nimmt ein bisschen ab und er wird etwas trocken-pudriger und eine Spur holzig, die Süße bleibt dennoch erhalten. An der Haltbarkeit gibt es absolut nichts zu bemängeln. Über Stunden habe ich das Gefühl, in einer hellen Pfirsichaura zu erstrahlen.

Für mich ist er trotzdem kein Kaufkandidat, denn nach meinem persönlichen Geschmack ist er zu makellos und hell. Ich stelle ihn mir an einem liebreizenden, wunderschönen Mädchen vor, das alle durch ihre bloße Anwesenheit bezaubert. Nicht durch subtile Erotik, sondern durch ein aufrichtiges Lächeln und ehrliche Heiterkeit. Sie will nicht verführen, sondern einfach nur strahlen. Dunkle Geheimnisse wird man bei ihr nicht finden.

Edit: Ich gestehe, nun durfte er doch einziehen. :-) Während einer anstrengenden und stressigen Lebensphase hatte ich Sehnsucht nach genau solch einer heiteren Pfirsichaura.
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