Asphaltblume

Asphaltblume

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 88
Asphaltblume vor 6 Jahren 14 10
Mein Retter in der Not
Wer in Berlin häufiger mit der S-Bahn auf der Nord-Süd-Strecke fährt, kennt das olfaktorische Grauen auf Rädern, den unfassbar stinkenden Rollstuhlfahrer, der hier regelmäßig bettelnd durch die Züge rollt.
Bei der letzten Begegnung roch ich ihn bereits vom anderen Ende des Doppelwagens und ergriff bei nächster Gelegenheit mit im Schal vergrabener Nase die Flucht. Ich brauchte dringend ein wohlriechendes Antidot, am besten eines, mit dem ich bei der nächsten Begegnung (mit der ich schon am gleichen Abend rechnete) einen duftenden Schutzschild errichten könnte, und flitzte in den 10 Minuten, die mir zum Umsteigen blieben, schnell bei Rossmann rein und scannte das Regal mit den frei zugänglichen Düften. S. Oliver hat doch immer nette Sachen, da mal was Neues…? Rasch sprühte ich mir testweise links „So pure“ und rechts „Soulmate“ auf die Hand und entschied nach kurzem Schnüffeln, dass Soulmate mir besser gefällt und vor allem mehr Power hat. Ab zur Kasse und runter zum Zug!

Soulmate startet frisch mit einer zitrischen Note, in die sich ein Hauch Bubblegum mischt. Rasch tritt das Zitrische in den Hintergrund und der Duft bekommt eine leicht aquatische blumige Süße, die ich ganz bezaubernd finde. Und das will was heißen, denn mit aquatischen Noten stehe ich normalerweise auf Kriegsfuß. Im weiteren Verlauf gesellen sich holzige Noten dazu, die ich phasenweise als recht maskulin empfinde, die aber von einer nach und nach immer stärker hervortretenden Vanillenote weich umhüllt werden. Die Blumigkeit ist dann weitgehend verschwunden, im Abgang atmet der Duft eine hautnahe zart angeholzte Vanillenote mit einem Rest aquatischer Frische.

Ich mag Soulmate. Ein – bedenkt man die Vorgeschichte – erstaunlich unaufdringlicher und alltagstauglicher Begleiter, freundlich, frisch und auf entspannte Art gut gelaunt.
Der Boss Fight steht übrigens noch aus, der Rollstuhlfahrer ist mir noch nicht wieder begegnet. Aber diesmal bin ich nicht unbewaffnet: Soulmate steckt griffbereit in meiner Tasche.
(Übrigens: Mir ist klar, dass dieser Mann ein ganz armer Kerl ist, aber er stinkt wirklich bestialisch.)
10 Antworten
Asphaltblume vor 9 Jahren 9 3
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft
Der Volks-Endymion
Es ist gar nicht so einfach, einen Kommentar zu einem Duft zu schreiben, zu dem es keine „offiziellen“ Duftnoten gibt, an denen man sich orientieren kann.
„Vert Galant“ war zudem ein Blindkauf, nicht einmal der Name des Designers sagte mir etwas, der schlichte weiße Karton mit ebenso schlichter Aufschrift – in serifenlosen schlanken grünen Blockbuchstaben der Name des Duftes, in silbern geschwungener Schrift mit wappenartigem Markenlogo der Rest – hing, unzugänglich eingeschweißt, im Schneewittchensarg bei TK Maxx und verführte mich durch die Kombination von Geheimnis und niedrigem Preis zum Zocken.
Nicht einmal ein „pour femme“ oder „pour homme“ gibt die weiße Sphinx ohne weiteres preis.

Allerdings... echten Frankophilen oder -phonen könnte der Name dann doch einen Hinweis geben:
„Le Vert Galant“ ist ein Beiname des französischen Königs Henri IV (jener, der wollte, dass jeder Franzose sonntags sein Huhn im Topf haben kann) und bezieht sich darauf, dass er auch in hohem Alter diverse Mätressen beglückte. Der Beiname ist durchaus anerkennend gemeint, eine adäquate Übersetzung ins Deutsche habe ich nicht finden können. An der westlichen Spitze der Île de la Cité in Paris, unterhalb des Pont Neuf, befindet sich ein kleiner Platz und Park, der seinen Namen Square bzw. Jardin du Vert-Galant einem Reiterstandbild von Henri IV verdankt.
(Ich jedoch hatte eine Verbindung zu Galanthus nivalis, dem Schneeglöckchen, gewittert und eher mit einen kühlem Damenduft gerechnet. Weit gefehlt...
Aber sehen Sie selbst.)

Dem gespannt geöffneten Karton entnahm ich einen klassisch geformten Flakon: Ein rechteckiger, kantiger Block aus klarem Glas, Vorder- und Rückseite kanneliert, die Schmalseiten glatt. Die obere Hälfte wird von einem mattsilbrigen Metallschild geziert, auf dem neben den geprägten Initialen GR im verschnörkelten Rahmen mit Krone drüber wieder der betont schlicht geschriebene Name des Duftes steht. Der Deckel ist ein rechteckiger Block aus glasklarem Kunststoff mit einem mattsilbrigen Metallschild auf der Oberseite, auf dem schlicht Georges Rech eingeprägt ist. Insgesamt macht der Flakon einen wertigen, klassisch schlichten Eindruck.

Was ist nun also drin, wie riecht die zart grünliche Flüssigkeit?
Mein erster Eindruck war: Modern, süßlich, angenehm, kennste irgendwie. Warme, holzige Noten, Lavendel, Kaffee, ein Hauch Orange: Vert Galant hat eine deutliche Ähnlichkeit mit Penhaligon's Endymion, ist für Männer und Frauen gleichermaßen tragbar, dürfte aber an Männern noch verführerischer herauskommen.
Die Haltbarkeit ist achtbar, dabei wird der Duft recht schnell eher hautnah. Im Laufe der Zeit treten Lavendel und Orange mehr in den Hintergrund und Kaffee und holzige Noten (Sandelholz, ein wenig Zeder, ein Hauch Vetiver) treten stärker hervor. Auch eine Ambernote und einen Hauch Vanille nehme ich wahr. Zum Ausklang macht sich dann Moschus bemerkbar.

Im direkten Vergleich ist Endymion dann doch deutlich nuancierter und kräftiger als Vert Galant, insbesondere die von mir als „rasierwasserig“ und maskulin wahrgenommenen Noten sind bei ersterem ausgeprägter. Und während Vert Galant sich als weicher Moschusduft verhaucht, der nicht mehr viel mit den Kopf- und Herznoten zu tun hat, bleibt Endymion sich auch zum Schluss noch treu und eindeutig identifizierbar. Eine allgemeine Ähnlichkeit ist jedoch nicht von der Hand zu weisen.
3 Antworten
Asphaltblume vor 9 Jahren 5 2
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Erdbeeren mit Sahne, Champager und ein Strauß Rosen zur Siegerehrung
Divina, die Göttliche, startet erdbeerig-fruchtig, und tatsächlich zeigt sich in der Kopfnote auch eine Champagnernote. Die Mandarine nehme ich kaum wahr, jedenfalls nicht als Zitrusnote. Schnell wird der Duft um eine gewisse, an Pflegeprodukte erinnernde Blumigkeit ergänzt, Orangenblüte ist zu erkennen, Jasmin ebenfalls. Die Rose bleibt im Hintergrund, mag aber zu meinem Cremeeindruck beitragen.
Divina ist fruchtig und süß, aber gut dosiert, weder klebrig noch pappig, fröhlich und unbeschwert, aber nicht kindlich, sonnig, aber nicht ohne eine gewisse Tiefe. Im Herzen verwandelt sich diese besondere Kombination von feinen Früchten und edlem Champagner mit eleganten Blüten, ergänzt um haltgebende, aber weiche, helle, warme Noten, zart holzig, deutlich aber nicht aufdringlich vanillig und ja, einen warmen, erwachsenen Anflug von Amber, zu einem sehr schönen, runden, weichblumigen, unaufdringlich präsenten Duft, der für fast alle Gelegenheiten angemessen wäre.
Nur den großen, dramatischen Auftritt beherrscht die Göttliche nicht, sie würde ihn allerdings auch nicht konterkarieren, denn elegant und erwachsen ist dieser Duft durchaus. Laut, womöglich gar vulgär kann er aber nicht. Schweißtreibenden Sport übrigens auch nicht. Für mich ist das allerdings beileibe kein Nachteil.
Erdbeeren mit Sahne und Champagner sind zwar der Inbegriff von Wimbledon, aber nicht auf dem Centre Court, sondern in der Zuschauerloge, und das passt.
Divina ist einer meiner Go-to-Düfte, ein Immergeher, einfach schön, aber nicht beliebig.
Die Haltbarkeit ist mit 4-5 Stunden, nach denen Divina nur direkt auf der Haut noch gut wahrnehmbar ist, ganz in Ordnung, aber natürlich nicht rekordverdächtig. Besonders flüchtig ist die Göttliche bei mir zum Glück nicht.
Der rundliche Flakon ist ohne alles Chichi, schlicht und elegant, dabei funktional.
2 Antworten
Asphaltblume vor 9 Jahren 6 3
10
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Holz, Blumen und Schwimmunterricht
Ein sehr schlichter Flakon, klar und kantig, aber die Innenwände sind ganz leicht geschwungen.

Nach dem Aufsprühen breitet sich ein sanft-frischer Duft aus, der zugleich zitrisch, holzig und verhalten blumig ist. Der Duft ist entschieden unisex, weich und blumig genug, um Damen zu Gesicht zu stehen und frisch und holzig genug, um auch Männern keine erstaunten Blicke einzutragen. Ein Cologne? Die Bergamotte ist nicht mal am Anfang dominant, und sie verduftet dann auch sehr schnell. Aus dem verbleibenden angenehmen Rest kann ich offen gestanden erstmal keine der angegebenen Noten herausriechen.
Ja, es riecht weiterhin holzig-zitrisch-blumig, doch während ich die Zitrusnote inzwischen einer Orange zuordnen möchte, lassen sich Holz und Blumen nicht so leicht greifen. Mal bilden sie eine untrennbar wirkende Mischung, dann treffen sie doch wieder einzeln auf meine Riechzellen.

Daneben streift jetzt immer wieder ein Geruch meine Nase, der so gar nicht zu passen scheint – eine Ahnung von Schwimmunterricht: Ein vom Chlorwasser nasser Badeanzug und eine ebenso nasse Badekappe aus Gummi. Diese Note aus der 5. Klasse ist nicht permanent da, sondern stupst nur hin und wieder an meine Rezeptoren, und nie, wenn ich die Nase direkt an die parfümierte Haut halte.

Vetyver Blanc wird im Herzen süßer, ohne dabei die Holzigkeit zu verlieren. Freesien kann ich nicht erkennen, eine andere Blüte jedoch auch nicht. Sandelholz? Könnte die Kombination von Holz und Orangennote erklären, hat aber nichts von z. B. Sandelholzseife.
Vetiver hält sich noch zurück und sorgt nur für eine vertrauenswürdige Basis.

Vertrauenswürdig ist ein gutes Stichwort, dieser Duft von Lanvin strahlt dezente Gepflegtheit, Ruhe und Zuverlässigkeit aus. Er wäre vielleicht konservativ zu nennen, wenn man ihn leichter den Konventionen entsprechend einem Geschlecht zuordnen könnte. Als waschechter Unisexduft erlaubt Vetyver Blanc das jedoch nicht. Und bei aller Zurückhaltung, mehr Präsenz als ein Seifenduft hat er durchaus! Und langweilig finde ich ihn auch nicht.

In der Basisnote treten Orange und Blumigkeit mehr in den Hintergrund und der Vetiver tritt hervor.
War die Kopfnote ein helles, warmes Orange mit Weiß, dominiert in der Herznote Orange mit Braun, während in der Basis das Braun die Führung übernimmt und Schattierungen in Graugrüntönen erhält. So empfinde ich diesen Duft, ich nehme Farben wahr – normal ist das nicht bei mir. Den letzten Ausklang bildet ein hell graubrauner Schleier mit moosgrünen Einsprengseln. Ich rieche kein Moos, das muss der Vetiver sein. Ein eher leichter, sauberer Vetiver, nicht der kräftige Waldbodenduft, den das ätherische Vetiveröl aus dem Bioladen hat. Er wird noch immer von lichten Blüten begleitet.

Die Haltbarkeit ist eher schwach, nach vier bis fünf Stunden ist nur noch für Trüffelhunde ein identifizierbarer Duft wahrzunehmen. Auch die Sillage ist zurückhaltend. Dies ist kein Statement-Duft, sondern eine hautnahe Aura von individueller Gepflegtheit.
Ich benutze Vetyver Blanc gern, wenn ich einen leichten, unaufdringlichen Begleiter für den Tag suche, der eine sanfte Wärme ausstrahlt und doch auch eine gewisse Herbheit hat.
3 Antworten
Asphaltblume vor 9 Jahren 12 5
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
5
Duft
Pampelmuse oder Die olfaktorische Zahnspange
Nach den Beschreibungen war klar: Den will ich haben! Außerdem heißt es, dass Grapefruitduft eine Frau jünger wirken lässt, weil der natürliche Körpergeruch pubertierender Mädchen eine grapefruitartig riechende Komponente enthält. Und so wurde der olfaktorische Jungbrunnen via Blindkauf mein.
Um es kurz zu sagen: Grapefruit stimmt, fruchtig stimmt, sommerlich ist auch nicht verkehrt. Ob verjüngend ebenfalls stimmt, kann ich nicht sagen.
Was ich allerdings sagen kann, ist, dass ich so nicht riechen mag, selbst wenn ich damit olfaktorisch ins Zahnspangenalter zurückkatapultiert werden sollte. Ich nehme eine unterschweillige schweißartige Note wahr, umspielt von einer zitrischen Frischeduftnote, die mich doch sehr an Mädchen-Umkleide und leicht überforderten Deo erinnert. Da kommen diverse Demütigungen wieder hoch, deshalb überlasse ich die 16jährige Pampelmuse lieber anderen.
5 Antworten
1 - 5 von 88