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BelAmis Blog
vor 6 Jahren - 12.06.2018
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Haben ist besser als Brauchen. Oder? Wie viel Parfum macht glücklich?


Kürzlich fiel mir ein Buch „Über die Kunst, daheim Zuhause zu sein. Was uns glücklich macht“ in die Hände. Ein Buch über Glück und Architektur – philosophisch betrachtet. Und darin stolperte ich über einen Satz, der mich an so manchen Beitrag hier erinnerte. Wenn wieder die Größe des Parfumbestandes diskutierte wird. Oder ob der letzte (Blind)kauf noch unter Leidenschaft oder doch schon eher unter Suchverhalten zu verbuchen ist. Wenn Fotos gepostet werden, die Plastiktüten zeigen, aus denen die Flakons nur so herausquellen – mit dem Hinweis des Zuviels. Wenn das Souk-Angebot wegen Reduzierung von Sammlungen wieder einmal steigt, weil Parfum den bisherigen TrägerInnen nicht mehr bekommt. Wenn Tabellen zum Nachdenken anregen sollen, wie viel zwischen Herz und Kommerz liegt oder wie viele Jahre, Jahrzehnte, mitunter ganze Leben der jeweilige Parfumbestand rein rechnerisch reicht. Dann fällt mir jedes Mal wieder dieser eine Satz ein „Was zu nüchtern wird, schlägt aufs Gemüt, was zu nutzlos ist, wird Ballast und was zu überbordend erscheint legt sich wie Blei auf die Seele.“

Für die meisten scheint ein zu großer Bestand belastend. Mich eingeschlossen. Wobei das zu groß bzw. zu viel ganz persönlich definiert ist. Den einen belastet ein Bestand von 20 Flakons für den nächsten ist das weit unterhalb der denkbaren Minimalgrenze, das ist mir schon klar.

Ich mag Überflüssiges – doch nur, wenn es mir Freude macht. Ich mag es nicht zu minimalistisch. Das scheint mir oft seelenlos. Ich mag keine Schnörkel und keinen Unrat. Und all diese Vorlieben und Ablehnungen spiegeln sich in meinem Parfumbestand wider. Ich schreibe bewusst „Bestand“ und nicht „Sammlung“, da ich keine Sammlerin bin. Mein Parfumbestand wird in weiten Teilen genutzt. Da gibt es zwei Düfte, die noch aus nostalgischen Gründen im Bestand sind – weil es mir Freude macht, hin und wieder den Flakon in die Hand zu nehmen, an einem Tröpfchen des Inhalts zu riechen und mich damit augenblicklich in eine andere Zeit zurückzudenken. Da gibt es ein, zwei Düfte, die ich mag, jedoch nicht um den Tragens Willen unbedingt bräuchte, doch deren Flakon ich so habenswert finde. Und dann - und das macht den größten Teil meines Bestandes aus – gibt es die Parfums, die mir Alltags- , Ausgeh- und Herzensdüfte sind. Jeder einzelne ist mir eine Freude und würde einer davon fehlen, ich würde ihn vermissen.

Der Bestand war nicht immer so „aufgeräumt“. Früher sammelten sich Düfte, die nicht mehr in Gebrauch waren, in irgend einem Karton. Dann gab es Phasen des Kaufrausches (für was auch immer es eine Ersatzhandlung gewesen sein mag), einen großen Teil des Bestands empfand ich irgendwann als Unrat. Und dann kam die Phase, in der ich im Leben Ordnung haben wollte, wo auf verschiedenen Ebenen so manches getrennt wurde. Nahezu jedes Stück in meinem Zuhause wurde zu dieser Zeit geprüft auf: macht es mir Freude oder erfüllt es einen konkreten Zweck? Falls nein: weg damit. Für Gleichgültiges ist kein Platz. Am schwierigsten fiel es mir bei Büchern. Ich will jetzt nicht sagen, dass es keine weiteren Regalmeter mehr geben wird, doch mein festes Vorhaben ist es, dass der Bestand nicht mehr „mehr“, sondern nur noch besser werden kann. „Besser“ im subjektiven Sinne, nicht unbedingt im literaturkritischen Sinne. Besser in dem Sinne, dass die Bücher mir etwas bedeuten, mich unterhalten, ich darin gedankliche Anregung finde oder sonst eine Seiten in mir ansprechen. Ähnlich halte ich es mit meinem Parfumbestand. Jeder meiner Flakons bedeutet mir in irgendeiner Weise etwas. Meinen Bestand nach diesem Credo zusammen zu stellen, machte mich frei davon, mich streng an eine Maximalanzahl von Flakons oder an einen max. Milliliter-(oder Liter-)Bestand zu halten. Oder mich selbst zu beschummeln, weil da eigentlich noch irgendwo X Flakons im hinteren Bereich des Schrankes lagen, die ich aber geflissentlich gedanklich „übersa“ um nur ja nicht die selbst auferlegte, akzeptable Anzahl an Parfumbestand zu überschreiten.

Viele scheinen mir immer wieder auf der Suche nach DEM EINEN DUFT, dem für sie heiligen Gral. Eine kurze Weile schien mir das auch einmal erstrebenswert, um dann schnell festzustellen: für all meine verschiedenen Gemütslagen und Vorlieben zu verschiedenen Jahreszeiten sind ein, zwei, auch zehn Parfums deutlich zu wenig. Ganz dem Motto: „Was zu nüchtern wird, schlägt auf's Gemüt."

Nein, ich halte es so, wie oben beschrieben und schreibe das so ganz ausführlich auf, in der Hoffnung, dass es den ein oder anderen unterhält, gefällt oder es ihm eine Anregung für die eigene Bestandssortierung ist.

Das eingangs erwähnte Buch ist übrigens kein großes. Etwas populärphilosophisch, doch mit hübschen Bildern und daher durchaus wert, durchgeblättert zu werden!



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