Bernard
Bernards Blog
vor 8 Jahren - 23.07.2016
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More than this - oder Warum ich Duft Nostalgiker geworden bin

Nee, Quatsch "geworden bin" ist falsch umschrieben. Dem Grunde nach war ich es schon immer. Zumindest seit meiner Adoleszenz. Duftmäßig sozialisiert wurde ich in den frühen 80gern und das will heissen: in diesem bonbonfarbenen schwülstig verschwenderischen poppigen Jahrzehnt, in dem die Herren der Schöpfung es mit einer olfaktorischen Opulenz erstmals so richtig krachen lassen konnten. Keine Kneipe oder Tanzschule, keine Disko oder Teestube wäre in meiner Erinnerung komplett, wenn sie nicht (im Geiste) in einer wabernden Duftwolke aus Lagerfeld, Antaeus, Davidoff oder meiner ersten großen Duftliebe Jil Sander Man eingehüllt wären. Musk by Jovan, Marbert Man, Kouros, Aramis, Azzaro und natürlich das unvermeidliche Lacoste waren die ebenbürtigen Gegenspieler. Alle zusammen natürlich eine viel zu große Herausforderung für den pubertierenden Knaben von 14 oder 15 zarten Lenzen. Das allererste Auto sollte ja auch nicht gleich ein Bentley oder Lambo sein. Will heissen, dass eine vorsichtige Dosierung mit dem Gaspedal eher nicht zu meinen damaligen Stärken gehörte und das tüchtige Eindieseln zu den Samstag Abend Ritualen gehörte wie Wetten, dass...? oder Die Sportschau. Das Baumsterben wurde aber auf den sauren Regen zurück geführt.

Zum Zeitgeist und Lebensgefühl dieser Zeit gehören für mich nicht nur die Mode, die Musik, die Frisuren, die TV Shows, Autos etc etc sondern ganz besonders die Düfte und Gerüche. Naja, Wohlgerüche. Der Duft von Möhrengemüse, Miracoli und Falscher Hase zählen jetzt nicht dazu. Hier in der Community habe ich zum ersten Mal von Powerhouse Düften gehört. Jetzt weiß ich was man damit meint.

Nun, da der Geruchssinn bekanntlich direkt und unmittelbar ins Hirn rauscht wie kein zweiter Sinn, läuft mit manch einem EdT oder After Shave Klassiker etwas Kopfkino aus dem Jahr 1982. Das funktioniert fast besser noch, als das es ein Album von The Human League, den Simple Minds, ABC oder Roxy Music schaffen könnte. Obwohl ich leicht beduselt auf große 80er Mucke schon ausgesprochen sentimental reagieren kann. Vollständig albern könnte es dann nur noch mit einem großzügig aufgetragenen EdT/ EdC werden. Ich seh mich schon durch Küche tanzen. Brrrrrr...

Aber mal ganz ehrlich: schlimmer wärs wohl, wenn schmale Lederschlipse zum Polo wieder en vouge würden.

Das goldene Jahrzehnt der Männerparfums endete spektakulär mit dem Mauerfall, eine andere Zeitrechnung begann, fast mit einer natürlichen Logik hatte ich 1991 auch eine neue Freundin. Lederschlipse, Polos und Schulterpolster waren längst und Gott sei Dank aus dem Kleiderschrank verschwunden. Cool water, CK one, Boss Bottled, Grunge, Eurodance und Britpop kamen. Cool Britannia. Klobige Stiefel zum Jackett. Blur und Pulp. The Verve! Und Roxy Music? Lange, lange schon Geschichte! Die Simple Minds wurden schon ab 1988 immer schlechter und in den 90ern schließlich unerträglich. Die Haare wurden kürzer, der Nacken nun ausrasiert. Der Plattenspieler wurde eingemottet.

Retrospektiv sind und waren die 90er für mich ein tolles Jahrzehnt, aber nicht so wie die 80er. Auch Duftmäßig. Es wurde beliebiger, schnelllebiger. Nicht mehr ganz so aufregend. Mehr Programme, immer mehr Düfte. Gut gerochen hab ich bestimmt auch, aber nicht ich weiß wirklich nicht mehr wonach.

Auf eine einsame Insel nehme ich somit bestimmt 10 Alben mit Erscheinungsjahr 1980 - 89 und evtl. drei danach. Und einen 500ml Flakon Davidoff, wenn es den noch gäbe! Aber CK one? Nö.

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