Blaustern

Nach Ginestra ist Melograno der zweite Duft aus dem Haus Santa Maria Novella, der bei mir eingezogen ist. Und wie Ginestra ist auch Melograno für mich eher ein typischer Duft für die wärmeren Jahreszeiten. Müßte ich hier eine Farbe zuordnen, wäre Melograno das warme, goldene gelb des Sonnenuntergangs vom Spätsommer, mit einem Hauch ins orange. Vielleicht bin ich beeinflußt von der Farbe im Flakon…?

Melograno ist ein Duft, der mich immer wieder neu überrascht, weil er sich im Verlauf auf meiner Haut sehr stark verändert. Alle Wendungen gefallen mir gut, aber man könnte fast drei Düfte daraus machen.

Melograno startet strahlend hell, fruchtig-blumig, leicht würzig mit einer feucht-moosigen Note. Es fällt mir schwer, einzelne Blumen herauszuriechen - Rosen rieche ich jedenfalls keine. Ob das, was ich hier als fruchtig wahrnehme, der Granatapfel ist? Weiß nicht, es ist herb-fruchtig und es gefällt mir!

Die erste Veränderung des Duftes geschieht recht schnell. Er wird deutlich grüner und eine stark seifige Komponente gesellt sich hinzu. Kräuterseife ist meine spontane Assoziation und das ist in keinster Weise negativ gemeint. Ich mag Kräuterseifen sehr, aber davon abgesehen...es riecht ganz einfach klasse, fein-würzig. Und wieder bin ich überrascht, welche Wendung der Duft nimmt.

Zum Schluß hin wird Melograno pudrig, warm und sehr weich und bleibt dann so. Das hätte ich nach dem seifigen Ausflug dann so auch nicht erwartet. Auch dieser Aspekt gefällt mir gut.

Welcher von den drei Duftsträngen ist für mich der schönste? Sehr schwer zu beantworten und ist auch von der Tagesform abhängig. Müßte ich jetzt wählen, wären das wohl die zweite und dritte Veränderung, beide in starker Konkurrenz zueinander.

Alles in allem bleibt Melograno immer dezent, Ja ich weiß, es ist auch ein Eau de Cologne, da sollte man davon ausgehen, dass das eher kein ausladender Duft ist. So bleibt Melograno recht nah bei einem, ohne dabei schwach auf der Brust zu sein. Es dauet ein paar Stunden bis ihn dann völlig die Luft ausgeht.

Melograno ist ein wirklich schöner Duft, nicht nur für die warme Jahreszeit. Er ist erfrischend, ohne diese frisch-zitrischen Aspekte, die so viele der Sommerdüfte haben. Er ist nicht süß, eher fein-herb würzig. Und ich habe ihn mittlerweile auch schon bei kühleren Temperaturen getragen. Ein weicher Chypre, das ist mein Fazit.

Melograno ist außerdem wie ein bißchen aus der Zeit gefallen, nostalgisch, fast schon altmodisch anmutend. Ich habe gesehen, dass es nicht nur Seife sondern auch Körperpuder mit dieser Duftnote gibt. Na, da ich weiß auch schon, was mir die nächste Zeit im Kopf rumspuken wird…

Iris Silver Mist ist eine ungewöhnliche und meisterhaft verwobene Komposition, elegant und edel. Ein für mich perfekter Irisduft und ungewöhnlich auch deshalb, weil diese Iriswurzel mich beim Auftupfen des Duftes allerhöchstens für einen Sekundenbruchteil an eine Karotte erinnert - und dann nie wieder.

Ich würde Iris Silver Mist grundsätzlich als leicht und transparent charakterisieren, aber der Start ist vergleichsweise vehement und läßt aufhorchen. Denn begleitet wird Iris Silver Mist zu Beginn von fast scharfen Komponenten. Ich bin nun niemand, die feinste Nuancen rausriechen kann, aber ich finde Galbanum ist hier deutlich wahrzunehmen. Auch eine leicht rauchige Note steigt mir in die Nase. Mein duft-banausiger Gatte würde es vermutlich mit "hier riecht es verbrannt" kommentieren.

Dieser Effekt ist nicht lange anhaltend und recht schnell wird der Duft sanft, anmutig, weich. Seidig umgeben mich zarte Duftwolken. Wie klare transparente Nebelschleier, die frühmorgens im Herbst auf der Wiese tänzeln. Zu Beginn eher ätherisch zart verändert sich der Nebel mit der Zeit, wird weicher, dampfiger, ein bißchen diffuser. Iris Silver Mist bleibt dabei immer seidig und silbern, wird zu keiner Zeit cremig.

Auch wenn sich im Duftverlauf warme Hölzer, Moschus und Amber dazu gesellen, sorgt eine leicht metallische Komponente dafür, dass immer eine gewisse Kühle vorherrscht. Iris Silver Mist behält die ganze Zeit eine erstaunliche Klarheit.

Die Haltbarkeit ist auf meiner Haut mit über 8 Stunden wirklich sehr gut, die Duftschleier bleiben eher auf Armlänge. Ein bißchen melancholisch empfinde ich ihn, Iris SIlver Mist ist kein fröhlicher Gute-Laune Luft, sondern ernsthaft, erwachsen und gehört für mich zu den schönsten Irisdüften.

Eines meiner Lieblingsfotos hier bei Parfumo ist das grandiose "rauchige" Foto von EveMist. Ich bewunderte vor allem die Idee, Komposition und künstlerische Darstellung. Doch nachdem ich nun Iris Silver Mist kennengelernt habe, finde ich das Foto umso genialer, denn es zeigt genau, wie der Duft riecht. Sensationell!

"White Rose" erinnert mich an eine Seife, die ich in meiner Kindheit roch. Es ist eine ganz ferne Erinnerung und dazu noch sehr fragil - wie der Duft selbst. Ich erinnere mich, dass ich die Seife ehrfürchtig aus der Schublade einer Kommode nahm. Sie war in feinstem Seidenpapier eingewickelt und lag wie eine Kostbarkeit in der Schublade. Noch eingewickelt ins Papier roch das einfach himmlisch!

Bei meinen Recherchen habe ich erfahren, das es die Seife "White Rose" von Floris tatsächlich heute noch gibt. "White Rose" Eau de Toilette riecht genauso himmlisch und die leicht grünliche Flüssigkeit im Flakon ruft diese Erinnerungen in mir wach.
Aber nicht nur diese... Ich schließe die Augen und höre sofort Vogelgezwitscher und das Rascheln der Blätter. Die Luft ist weich und warm. Mit "White Rose" bin ich in einen Park gebeamt worden. Es ist kein Park in England, nein, dieser Park ist nur wenige Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Ich sitze auf einer schmiedeeisernen Bank und links und rechts davon gibt es große Rosenbüsche. Wenn es ganz still ist, kann man Bienen und Hummeln hören. Grüne Noten und weiße Rosen beherrschen die Szenerie. Leicht wie ein Flügelschlag, sanft, aber doch betörend umschmeichelt mich der Duft. "White Rose" ist einer der schönsten Rosendüfte - und auch einer, der leider recht fragil ist.

Bereits nach kurzer Zeit entwickelt sich der Duft cremig, die Sillage bleibt dabei sehr dezent. Gerade in der warmen Jahreszeit kann man "White Rose" sehr gut tragen. Die Haltbarkeit ist auf meiner trockenen Haut aber leider gering. Entweder man pimpt das mit der dazugehörigen Bodylotion - das habe ich allerdings nicht ausprobiert - oder man muß öfter mal nachsprühen. Das mag ich zwar normalerweise gar nicht leiden, aber bei "White Rose" ist das nicht schlimm, weil hier kein großer Duftverlauf erkennbar ist. Trotzdem würde ich mir mehr Haltbarkeit wünschen, ich finde es sehr schade, wenn sich etwas so schönes so schnell verflüchtigt. Ob das Eau de Parfum haltbarer ist, wird schwierig herauszufinden sein, denn das EdP wurde wohl leider eingestellt.

"White Rose" hat zwar keine Duftentwicklung, er ist und bleibt ein eleganter, feiner, sehr leichter Rosen-Duft. Dabei ist er nie aufdringlich, wird nie zuviel. Sehr stilvoll und elegant, einfach ein Traum!

Bisher konnte mich kein Duft von Juliette Has A Gun so richtig überzeugen. Sie sind zwar gut gemacht, aber irgendwas hat mich nach einer Weile immer gestört. Ich fand sie immer "zu"…zu synthetisch, zu krawallig, zu süß, zu wasauchimmer.

Nun liegt der Flakon von "Lady Vengeance" in meiner Hand. Schön sind sie ja, die Flakons. Und handschmeichelnd, er liegt richtig gut in der Hand, ist rabenschwarz, rund, schwer. Macht neugierig auf den Inhalt.

Zuerst überrascht mich der erste Sprüher, denn ich erwarte ein volles, fülliges Rosenbouqet, mit richtig viel Wumms und Trara. Doch der Duft ist viel frischer, zarter, als ich ihn erwartet hatte. Diese Frische ist dazu noch ziemlich ausdauernd und macht richtig gute Laune. Das gefällt mir richtig gut.

Nach und nach sind holzige, würzige Noten zu riechen und später gesellen sich Patchouli und Vanille noch dazu. Damit kann der Duft natürlich bei mir punkten, denn ich liebe Patchouli und Vanille. Zusammen mit der frischen Rosennote ist das eine wirklich gut gelungene Mixtur, dabei bleibt es harmonisch, nichts drängt sich in den Vordergrund. Etwas seifiger wird es im Verlauf.

Der Duftname "Lady Vengeance" assoziiert für mich Dinge, die mit dem Duft nix zu tun haben, aber das ist ja oftmals so. "Lady Vengeance" ist harmlos, fast schon friedlich. Und obwohl recht lieblich, muß ich noch überlegen, ob ich mich traue, den Duft im Sommer zu tragen. Der Grund ist der Duftverlauf und das Duftwölkchen, das einen auch bei vorsichtiger Dosierung begleitet. Lady Vengeance ist kein Duft, den man für sich alleine hat, er ist nicht leise, sondern ziemlich intensiv.

Ich habe gelesen, "Lady Vengeance" sei ein moderner Rosenchypre. Na, ich weiß nicht…dafür ist er für mein Empfinden eigentlich zu süß und auch etwas zu synthetisch. Aber als Fazit finde ich "Lady Vengeance" ist ein gelungener Duft. Er ist gut abgestimmt, interessant und lang anhaltend. Bisher mein Favorit von Juliette Has A Gun.

Viele Düfte von Van Cleef & Arpels mag ich und sie begleiten mich schon sehr lange Zeit. Hier geht es um "Rose Velours" aus der Collection Extraordinaire, nicht zu verwechseln mit "Rose Rouge" aus dem gleichen Haus. Die haben nämlich außer einem ähnlichen Namen rein gar nichts gemeinsam. "Rose Rouge" ist eher ein Rosen-Chypre und "Rose Velours" ein pudrig-blumiger Duft mit Rosennote.

Es gab eine Zeit, da dachte ich "Rose Velours" gefällt mir, WEIL er kein typischer Rosenduft ist. Mittlerweile habe ich gelernt, dass Rosendüfte durchaus super an einem riechen können. "Rose Velours" hatte nun aber nie das Potential, MEIN Rosenduft zu werden - davon abgesehen ist dieser Platz mittlerweile auch anderweitig besetzt. Aber "Rose Velours" ist ein schöner, angenehmer weicher Duft, den ich gerne trage. Er ist anschmiegsam, zart, fast unbeschwert. Ich weiß, dass mich hier keine Überraschungen erwarten und dass keine Störnote um die Ecke biegt. Hier piekst nichts in die Nase, es ist und bleibt ein weicher, fluffiger Duft, der seinen luftigen Charakter aber zu keiner Zeit verliert.

Klingt langweilig? Ja, vielleicht. "Rose Velours" ist verspielt, fast verträumt. Er ist jedenfalls keine Rampensau und punktet auch nicht dadurch, dass der Duft einen spektakulären Verlauf hinlegt oder gar eine komplexe Duftgeschichte erzählt.

Dabei legt "Rose Velours" einen überraschend fruchtig-spritzigen Start hin. Durch Iris und Veilchen ist
die blumige Richtung immer vorherrschend. Beide Komponenten bleiben eher zurückhaltend, auch die Veilchen drängen sich nicht in der Vordergrund - was sie ja durchaus können, die kleinen Kerlchen. "Rose Velours" wird recht schnell dezent honigsüß mit leichter Rosennote, und das bleibt so auf meiner Haut auch ziemlich lange und verändert sich nicht mehr. Nach etwa 6-7 Stunden kommen sehr weiche, holzige Noten dazu, das paßt ganz ausgezeichnet zusammen.

"Rose Velours" ist ein Duft, der mich zum Träumen bringt, der aber auch melancholische Gedankenströme freiläßt. Der Duft erinnert mich an Sonnenuntergänge, an warme Tage. Weich, dabei voluminös, fein ausbalanciert. Es gibt Tage, an denen braucht man solche Düfte.