Bsg1983

Sedley duftet wie kühles, sommerliches Sorbet schmeckt. Dabei ist er zu Beginn sehr frisch, wird hintenraus immer weicher und ist dabei sehr freundlich und angenehm. Glattgebügelt könnte man jedoch auch sagen. Würde man nach dem Tragen tagsdrauf jemand anders auf Sedley ansprechen, diese Person könnte vermutlich kein olfaktorisches Phantombild zeichnen. Max Mustermann als Duft halt. Da hat BdC mehr Ecken und Kanten. Klingt aber schlimmer als es ist. Um das i-Tüpfelchen auf's Auftreten zu setzen ohne dabei iiiirgendjemanden zu nerven ist der schon gut. Perfekt um der nette Beifahrer zu sein. Weil die Sillage eben auch... sagen wir mal wenig aufdringlich ist.

Auf den Titel geh ich erstmal nicht ein. Das kommt später. Und vermutlich hast du, geneigter Leser, sowieso schon einen schlimmen Ohrwurm. Sehr gern geschehen.

Über Carlisle habe ich mittlerweile schon so viel gelesen, weil er von Beginn an auf meiner Wunschliste stand. Daher will ich gleich mal die Dinge abhaken, die ich so bestätigen kann. Zwar ist Carlisle schon mehr als die Summe der Teile aus Herod und Layton, aber es kommt dem Endergebnis wirklich nah. Hab's durch Layern getestet. Auch ist er direkt nach der Startlinie ganz leicht boozy. Und leider auch etwas zappelig. Apfel hab ich gar nicht so sehr wahrgenommen, dafür aber meinen alten Feind den Saffran. Der piekste mich doch ein wenig in der Nase. Das ganze beruhigt sich aber zusehends und dann...

kommt dieser vermaledeite Zuckowski ins Spiel. Denn Carlisle riecht für mich, wie eine Erinnerung, die ich nicht habe. Ich bin 10 Jahre alt und an einem Winterabend, nach einer großen und verlustreichen Schneeballschlacht, stehe ich in der Küche und darf helfen Plätzchen zu backen. Im Fenster stehen schon die Schwibbögen und im Fernsehen läuft ALF. Mama will was neues probieren und mischt Rosenwasser in den Teig. Dabei kippt das Gewürzregal um. Die liebe Verwandtschaft kommt Pfeife-rauchend nachschauen, was da so geklappert hat... Die Melange die eine halbe Stunde später in der Luft hängt ist für mich Carlisle. Leider kommt im Fernsehen nach meinem Freund vom Melmac "In der Weihnachtsbäckerei"...

Düfte von Paco Rabanne scheiden die Geister wie Moses das rote Meer oder so ähnlich. Es gibt da die Tuning-Kreuzritter. Diejenigen die sich gegenseitig bro oder Brudi nennen und für die Stil etwas mit Schaufeln zu tun hat. Die finden die spanischen Duftwässerchen meeega. In der anderen Ecke des Rings stehen dann die im Sommer Schal tragenden Connoisseure von Düften, die nur um Mitternacht gebraut werden dürfen, weil Mr Creed sonst die Gremlins ausbüchsen. Und die... naja, die würden damit nicht mal die heimische Nasszelle einnebeln.

Fraktion numero uno wird den neuen wohl haten, weil Mr. J von der fragrance army kein grünes Licht gegeben hat. Und deren Antagonisten werden unfair bewerten, weil halt Paco Rabanne draufsteht... und die Flakons zugegebenerweise echt peinlich sind. Okay, und weil man mit den Rabannes die brudalen Brudis verbindet und im Hinterkopf womöglich immer aufgeschnappte Gespräche aus Bus und Bahn zu finden sind, für die sich RTL2 Autoren in die Ecke stellen und schämen würden. Was man genießt, genießt man eben nie frei von allem. Ein Ding kann nie für sich allein sein. Es ist immer mehr. Im Guten wie im Schlechten.

Sei's drum. Die schlechten Bewertungen, die sicher eintrudeln werden, hat One Million Parfum ehrlich nicht verdient. Ja, es ist kein Meisterwerk und die Synthetik guckt aus allen Löchern, aber manchmal reicht es durchaus einfach angenehm zu riechen. In diesem Fall nach Sonnencreme mit einem Schuss Leder, Blümchen und... mag sein, dass ich spinne... Kokos. Herr Bisch, der Parfumeur, kam wohl auf die Idee zu dem Duft, als er zwei zerbrochene Flaschen in einer Reisetasche aus Leder fand. Eine Flasche Sonnencreme. Und eine Flasche Öl mit floralen und holzigen Noten. Passt. Der Eindruck wird übrigens dadurch unterstrichen, dass auf dem Flakon eine Monstranz mit hübsch stilisierten Sonnenstrahlen zu finden ist.

Ich geh in Fraktion Nummer 3.

Die Voraussetzungen für den spontanen Kauf des neuen Dior waren heute extrem gut. Eigentlich. Ich hatte einen freien Nachmittag. Und ich musste eine der denkbar langweiligsten Aufgaben der menschlichen Geschichte erledigen. Passfotos machen lassen. Im Einkaufszentrum. Wenn man sich also sowieso in das samstägliche Gewimmel stürzen muss, dann kann man auch die große Parfümerie-Kette mit dem tollen türkisen D beehren (hier ist das D ja leider nicht "silent", was extrem lustig wäre).

Doch genug der Albernheiten. Dior Homme 2020. Nach der genialen Marketingstrategie der Firma Dior dem "Neuen" den Namen eines geliebten Klassikers zu geben und den "Alten" zum Homme Original zu degradieren, ist Dior Homme 2020 ein recht heißer Anwärter auf das Hass-Objekt der Community 'numero uno'. Zumindest wenn man sich die Bewertungen im englisch-sprachigen Raum anschaut. Da ist D-A-CH noch sehr objektiv und gnädig in der Bewertung.
Und wie riecht der nun? Nach meinem wirklich unmaßgeblichen Eindruck riecht er nach einer netten Mischung aus Bleu de Chanel und Terre des Hermes. Eine Spur des Originals hab ich zumindest in der Kopfnote wahrgenommen. Also, Spur im Sinne von "holt die Jungs von CSI". Das alles übrigens sehr runtergedimmt. Genau wie die Sillage. Ist eher "personal space", um es freundlich auszudrücken.
Ja, der riecht wirklich sehr angenehm. Und ich würde ihn mit Sicherheit auch tragen, wenn ich mich mal wieder wie ein Brummkreisel vor den Alternativen drehe und mich nicht entscheiden kann, weil deren Charakter schon zum Anlass passen sollte. Aber genau hier liegt mein Problem mit DH2020. Mir fehlt der Charakter. Man riecht wie eine Melange aus all den Parfums, die professionell wirkende Menschen im Anzug - hinter Schreibtischen vor großen Fenstern - tragen. Der eckt nicht an. Nullkommanull. Der riecht wie etwas, dass beim Verkauf eines Produkts helfen soll. Autohersteller wissen dahingehend wohl Bescheid. Oder auch Läden die ihre Waren solo und ohne Preis präsentieren. Wer böse sein mag, kann hier gern weitere Schlüsse ziehen. Ich habe das nur angeschoben.

Abschließend möchte ich hier noch auf die Überschrift eingehen. Die falsche Profession sind hier die Jungs aus der BWL-Abteilung gewesen, die bei Dior anscheinend den Job des Parfümeurs gekapert haben. DH2020 wird sich genauso verkaufen wie die neuesten Kino-Blockuster, die sorgsam alle wichtigen Punkte einer haarklein recherchierten Checkliste abarbeiten. Klar riecht der angenehm. Bei mir jedoch löste der keinen Haben-Will-Reflex aus. Eventuell wird er das bei niemandem. Und warum wird der sich verkaufen? Weil er wie gesagt nicht aneckt und nett duftet. Kaufen werden ihn hauptsächlich diejenigen, die genau sowas für die Arbeit möchten, was okay ist. Und die, die eigentlich nur einen Dior haben wollen. Vielleicht gibt es ja doch noch die, die den einfach geil finden. Ich gehöre da aber nicht dazu.

Komischer Titel, oder? Naja, das will ich weiter unten gern erklären. Aber zunächst will ich kurz erzählen wie ich zu diesem olfaktorischen Schatz gekommen bin.

Um Arabesque bin ich schon kurze Zeit nachdem ich mich hier angemeldet hatte virtuell herumgeschlichen. Zu verlockend klang das Gesamtpaket. Tabak, Pflaume, Zimt und andere Nasen-Leckereien, die dieses Trio unterstützen. Ganz vorn dabei Tonkabohne, die hier, trotz ihrer gefühlten Omnipräsenz in winterlichen und leider auch sommerlichen Fußgängerzonen, mal echt richtig klasse ist. Und dann ist da natürlich noch dieser überaus fesche Flakon. Angelehnt an die klassisch venezianische Vasenform; mit arabischem Muster und den Farben Venedigs: Blau und Gold. Keine Ahnung ob das nun doch Glas von der Stange ist, aber ich mag es mir einzubilden, dass er sicher irgendwo in einer Manufaktur am Wasser mundgeblasen und handbemalt wurde. Der Preis gäbe das ja durchaus her.

Woher kommt nun also der Titel? Nun, das erste was man erschnuppern kann, insbesondere wenn man die Nase gegen das Handgelenk presst, ist der Eindruck von etwas Trockentabak, wunderbarer Pflaume, sowie leckerer Süße. Aber richtig Laune macht Arabesque in der Luft um einen herum. In Projetion und Sillage. Seid ihr mal an der Küche eurer Mama vorbeigelaufen, wenn die irgendeine Süßigkeit vorbereitet hat und der Duft schon in der Luft lag? So geht's mir mit dem Arabesque. Den ganzen Tag über nehme ich einen sachten Hauch von Pudding mit Frucht war. Okay, ein Pudding in den aus Versehen keine Schokostreusel gekommen sind, sondern Tabak . Nur tut das dem Ganzen keinen Abbruch. Es verhindert, denke ich, dass Arabesque zum simplen Leckerli verkommt. Man riecht das alles übrigens sehr lange. Also wirklich seeeehr lange. Gestern Mittag in der Pause aufgesprüht war der Duft heute morgen immer noch da. So wacht man doch gern auf. Auch wenn man direkt das Verlangen verspürt statt Haferflocken oder anderem gesunden Kram was Süßes zum Frühstück zu schnabulieren. So wird das nix mit dem Diäten.