Calendula

Calendula

Rezensionen
Calendula vor 9 Jahren 6 3
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Das barbarische Hasenglöckchen
Eine sehr liebe Userin, die, genau wie ich, charakterstarke Düfte schätzt, brachte kürzlich Gothic Bluebell aus London mit und bedachte mich unter anderem (immer wieder danke!!) mit einer überaus großzügigen Kostprobe dieses Parfums.

Wie kann ein Duft beschaffen sein, der so gegensätzliche Begriffe wie "schaurig/barbarisch/gruselig" und "Blauglöckchen/Hasenglöckchen" im Namen trägt?

Ich sprühe auf ...

Im ersten Moment riecht es nach erhitztem Metall - ein Geruch, wie er bisweilen beim Schweißen entsteht - und nach weichem, verschmortem Gummi; es folgt ein Hauch feuchtes Heu, leicht angeschimmelt, klamme Wolle, dazu erdige, schlammige Noten. Nach und nach dringt etwas Säuerliches, etwas Beißendes, Frisches in die Nase, mit einer Prise Waschpulverduft und einem kleinen bisschen Blume. Zusammen mit den anderen Komponenten ergibt sich ein Gemenge aus würzig bitteren und immer noch leicht in der Nase prickelnden Nuancen, bis schließlich alles zusammen zu einem ruhigen, würzig-frischen, fremdartigen, kaum blumigen Duft verschmilzt.

Ein Wirbel aus Eindrücken, die sich zu Bildern verdichten:

Eine Straße, an der geschweißt wird, Gummi erhitzt, schmort. Eine Ortschaft. Am Straßenrand und in allerlei Ritzen einst trockenes Gras, das nun, vom langen Regen feucht geworden, schimmelt. Rohe Wolle hängt draußen, bleibt klamm und nass im nicht enden wollenden Regen - neben dem Schlamm, der Asche von den überdachten Feuerstellen und den waschpulvrigen, seifigen Rinnsalen, die zwischen den Häusern ihre Muster ziehen und alles zu einem würzigen, leicht beißenden Aroma verbinden.
Und dann ein winziger Laden. Trocken ist es darin und vollgestopft. Allerlei bunte, abgepackte Ware in Regalen und über allem der Geruch nach Waschpulver, nach würziger Seife und nach schwach blumig duftenden Räucherstäbchen ...

Ich war nie in Indien, habe jedoch das Buch "Der Gott der kleinen Dinge" gelesen. Und wenn gelesene Worte Düfte heraufbeschwören können, dann hat dieses Buch die Gerüche Indiens für mich so erlebbar heraufbeschworen, dass ich den Gesamteindruck aus Szenen und Bildern jetzt, viele Jahre nach der Lektüre, in diesem Parfum zu riechen glaube. In einem Parfum, dessen Duftpyramide von völlig anderen Dingen spricht, in einem Parfum, das sich Blauglöckchen/Hasenglöckchen nennt, wenn auch mit einem vorgeschalteten "Gothic".

Nur einheimische Zutaten von den Britischen Inseln habe Anastasia Brozler verwendet, heißt es. Dann nehme ich an, dass die metallischen, bitteren, leicht beißenden Noten vom Efeu herrühren und dass er es auch ist, der dem Duft diese fremdartige Aura verleiht - die mir wiederum ein fernes Land vorgaukelt. Das Blauglöckchen, botanisch zu den Hyazinthen gehörend, zeichnet, so vermute ich, für die blumigen, würzigen Elemente verantwortlich, zusammen mit der Narzisse, die ihr abgründiges süßlich-schärfliches Aroma mit in den Duftkessel gibt, wobei sie alles Schwüle außen vor lässt. Veilchenblatt und Glockenblume wollen sich mir nicht zu erkennen geben.

Gothic Bluebell ist, anders als meine Beschreibung vielleicht vermuten lässt, ein wunderbarer, ein faszinierend besonderer Duft. Dass mir, während ich ihn rieche, kaum die üblichen Worte zur Charakterisierung eines Parfums einfallen mögen, liegt schlicht daran, dass er so ungewöhnlich, so ganz eine Klasse für sich ist.

Auf meiner Haut hält Bluebell mühelos mehrere Stunden und duftet auch in den letzten Zügen noch feinwürzig, frisch, etwas räucherstäbchenartig. Die Sillage ist mittel und ich würde ihn definitiv als unisex einstufen.
3 Antworten
Calendula vor 9 Jahren 10 6
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Der Süden im Flakon
Ispazon habe ich als Blindkauf bei einem Sharing erworben.
Da mir die Duftpyramide hoch interessant und spannungsreich schien- Lorbeer und Zedernholz an Maiglöckchen, Thymian mit Moschus und Vanille abgerundet - musste ich gleich doppelt zuschlagen und trug mich für 20ml ein.

Heute konnte ich den Duft dann endlich zu Hause, am heimischen Tisch, ausprobieren. Und was soll ich sagen? Es ist der Süden im Flakon.

Dieser Duft ist eine richtige Würz- und Holzbombe. So etwas habe ich zuvor noch nie gerochen. Je weiter weg meine Nase ist, desto zitrischer kommt er bei mir an - wenn ich aber ganz nah rangehe, ist er bitter und so trocken, dass es (fast) staubt. Er riecht nach Süden, nach Gestein und trockenen, staubigen Straßen, gesäumt von bitterem Würzgesträuch.

Wer nur liebliche Düfte schätzt oder ohne Süße nicht auskommt, liegt mit Ispazon meilenweit daneben. Wer aber eine herbe, trockene Herausforderung sucht, etwas Kräftiges mit viel Würze und zitroniger, säurefreier Frische, der findet in Ispazon einen guten Begleiter.

Die Haltbarkeit würde ich als solide bezeichnen, die Sillage war bei mir etwas zurückhaltend.
Als Frau möchte ich ihn nur im Sommer tragen. An einem Mann jedoch kann ich ihn mir sehr gut ganzjährig vorstellen.

Nachtrag: Nachdem ich ihn nun etwas länger ausgiebig testen konnte, musste ich meine Bewertung nach oben korrigieren.
6 Antworten
Calendula vor 10 Jahren 8 1
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Indisches Gold ...
... und eine nette Duftpyramide - klingt vielversprechend!
Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Der Sprühstoß aus der Abfüllung offenbart zunächst ein etwas kratziges und störrisches, zwar durchaus würziges Aroma, das bei mir aber leider ein wenig medizinisch "rüberkommt". (Dieses kratzig-medizinische Element dürfte vermutlich der Rosengeranie geschuldet sein, die bei mir gerne etwas im Hals raspelt.)
Nach etwa einer halben Stunde hat sich das Kratzige in die hinteren Reihen verzogen und ist einem zunehmend sanften, leicht süßen (nicht zu süßen!) Duft gewichen - dem Heliotrop, nehme ich an - dessen Sanftheit und Süße angenehm aufgefrischt wird von leichten Weihrauchnoten und dem inzwischen nach vorne strebenden Vetiver. Dieses bleibt aber, zumindest auf meiner Haut, bis zuletzt soweit im Hintergrund, dass es die nach und nach einsetzenden sanft-weichen Töne von Vanille, Myrrhe und Opoponax lediglich begleitet und so zur Abrundung einen zartherben Kontrapunkt setzt.
Was nach mehreren Stunden übrig bleibt, ist eine sanfte, balsamische Note, die, wie Lilaea angemerkt hat, etwas an Shalimar erinnert.

Or des Indes ist m.E., trotz anfänglicher Kratzigkeiten, eine sehr gelungene Komposition. Langeweile kommt nicht auf, meine Nase klebte förmlich am Handgelenk und ich versuchte, keine Entwicklung unerschnuppert zu lassen.
Ob ich mir das Parfum kaufen werde? Mal sehen ...
Von einem Blindkauf würde ich jedoch auf jeden Fall abraten.
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