Caligari
Caligaris Blog
vor 6 Jahren - 03.02.2018
20 58

Der beschränkte Blick eines Anfängers auf ein Jahr Parfumo.de-Anwesenheit - Teil 01

Einleitung: Das Motiv

Nun also tatsächlich der Versuch nieder zu schreiben, wie ein Duftproll wie ich hier vor zirka einem Jahr gelandet ist und sich anschließend eine Sammlung von Parfüms aufgebaut hat.

Warnung! Das nachfolgend Beschriebene ist nur bedingt zur Nachahmung empfohlen!

Keine Ahnung, wie lange und in wie vielen Kapiteln (= Blogs) ich darüber schreiben werde und kann. Vielleicht verlier ich schon schnell die Lust und das Ganze bleibt unvollendet. Nach einem Jahr Zugehörigkeit ist mein persönlicher Zenit erreicht und ich kann für mich ein Resümee ziehen. Alle relevanten "Betriebsabläufe" waren im Prinzip schon einmal dagewesen. Und auch die Entwicklung meiner olfaktorischen Fähigkeiten stagniert. Das liegt meines Erachtens nicht an meiner Nase und den nachgelagerten Rezeptoren, sondern an meiner Trägheit und der Scheu ein weiteres "Fass aufzumachen", was mich noch mehr Zeit kosten würde. Hier müsste man Prioritäten setzen und davon habe ich schon mehr als genug. Es ist also derZeitpunkt zu bilanzieren.

Wie man der Einleitung unschwer entnehmen kann, wird hier aus der Sicht eines interessierten Laien geschrieben. Es geht also nicht um Wissenschaft, Duftprosa und die Entdeckung des Heiligen Grals unter den Düften. Ich maße mir auch nicht an nur annährend die vielen Möglichkeiten und Informationen dieser Community bzw. dieses Boards anzuschneiden. Vielmehr möchte ich hier die subjektiven Erfahrungen eines Anfängers an die weitergeben, die selbst nicht sicher sind was man hier suchen und finden kann, welche Mechanik und vor allem Dynamik dahinter steckt und was das Ganze überhaupt soll. Verschweigen möchte ich jedoch nicht, dass dieser Rückblick auch einem gewissen Selbstzweck dient. Meine intensiven Erfahrungen in den letzten 12 Monaten, die nicht unwesentlich in dieser Zeit mein Leben beinflusst haben, wollte ich auch für mich konservieren, ehe mein Alter noch mehr von meinen Erinnerungen raubt.


Kapitel 1: Die Zeit vor Parfumo.de

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in meiner Erziehung oder Sozialisation externe Impulse auf mich einwirkte, die mich dazu veranlassten, mich mit Duftstoffen zu beschäftigen oder gar zu benetzen. Auch im Haushalt meiner Eltern war Parfüm kein Thema. Soweit ich mich erinnern kann, trug mein Vater keine Düfte. Das Einzige was er verwendete war billiges 08/15-Rasierwasser, was er praktischerweise immer bei seinem Friseur gekauft hat. Und bei einem kleinen Ein-Mann-Friseur konnte man natürlich weder Auswahl noch Exklusivität erwarten. Er nahm also das mit, was da eben im Regal stand. Die Auswahl traf also der Friseur, und nicht mein Vater. Meine Mutter hat dagegen schon Parfüms oder Eau de Toilettes benutz. Diese wurden aber nur zu besonderen Anlässen getragen. Es waren keine bekannten Marken und der Duft wurden nach dem er aufgebraucht war durch den Nächstbesten ersetzt.

Es muss wohl meine naive Vorstellung gewesen sein, die Attraktivität auf das andere Geschlecht mit meinem Wohlgeruch steigern zu können. Anders kann ich es mir rückblickend nicht erklären, warum ich in meiner Pubertät als einer der wenigen meiner Klasse überhaupt Parfüms, oder was ich damals darunter verstand, trug. Ich kaufte sie in der Parfümerie-Abteilung einer großen Drogeriemarktkette unserer Kleinstadt für unverhältnismäßig viel Geld für einen Schüler in der damaligen Zeit.

Leider habe ich vor ca. drei Jahren alle jemals von mir gekauften und konsumierten leeren Flakons weggeworfen. Ansonsten könnte ich euch hier mit einer umfangreichen Liste der "Entwicklung" quälen und langweilen. So aber möchte ich nur drei Stationen nennen.

Mein erste Duft überhaupt war "Lagerfeld Classic". Ich war so stolz drauf, dass ich ihn wie ein Monstranz behandelte. Er fristete kein Schattendasein hinter einer Spiegleschranktür, sondern wurde im Zimmer präsentiert wie ein Schatz. Schließlich hatte ich nun was, was sich nur Reiche leisten können, so dachte ich. Und alleine damit konnte ich mich von den anderen 'Kindern' meines Alters absetzen, in Richtung der Erwachsenen.

Ein weiterer Meilenstein war Gentleman von Marbert. Und zwar die alte Version mit dem halbrunden Flakon. Das, was derzeit unter der Marke verkauft wird, hat mit dieser Version leider nichts mehr zu tun. Gentleman wirkte auf meiner Haut unglaublich stark und entwickelte sich über den ganzen Tag wie kein Zweiter. R.I.P.

Dazwischen und danach gab es noch ca. 20 andere Düfte, die ich entweder mehrfach hintereinander kaufte, weil sie a) subjektiv überragend waren, b) ich mich an ihnen noch nicht sattgerochen hatte oder c) nichts Besseres verfügbar war. Oder ich bin irgendwann einmal später wieder mangels Alternativen zu ihnen zurückgekommen.

Der mutmaßlich Meistgekaufte unter den Pre-Parfumo-Düften war "Kenzo Air" und "Kenzo Air Intense". Wobei ich noch heute zugeben muss, dass ich damals keinen Unterschied zwischen den beiden feststellen konnte. Daher wurde stets der gekauft, der grad verfügbar bzw. günstiger war. All diese Käufe fanden stets in den vier Filialen einer Kosmetikkette bzw. einer Drogeriemarktkette unserer Kleinstadt statt. Mit der Zeit entwickelte ich folgendes Kauf-/Testritual:

- Eintreten.

- Hilfe der Verkäuferinnen charmant ablehnen.

- Zu den noch unbekannten Düften von bereits bekannten Marken greifen.

- An den Düsen der Tester riechen.

- Vorauswahl treffen.

- Die vier Favoriten auf Handgelenkober- und –unterseite sprühen.

- Den Laden verlassen.

- Die nächsten 30 bis 60 Minuten an den Handgelenken riechen.

Wenn man Glück hatte, war was neues Gutes dabei. Wenn nicht, griff man zu Altbewährtem. Wenn man Pech hatte, vergas man die Reihenfolge bzw. die Namen der Düfte und alles begann von vorn. Es war mir jedenfalls schon nach nur einem Fehlkauf klar, dass ich keine Entscheidung mehr direkt im Laden treffen werde. Zu groß waren die Unterschiede in der Duftwahrnehmung nach einer und nach 30 Minuten.

Irgendwann war "Kenzo Air" weg. Skandal! Wieso? Ich hab mir nie Gedanken darüber gemacht, dass solche (in meinen Augen) 'Klassiker' vom Markt genommen werden könnten. Selbst als die letzten Flakons verramscht wurden, rechnete ich noch immer, naiv wie ich war, mit Nachschub. Das war dann auch die Zeit, wo ich gezwungenermaßen im Internet nach Parfüms Ausschau hielt. Und erst da bemerkte ich die eklatanten Preisunterschiede. Mir ist schon klar, dass ein Einzelhändler vor Ort mehr verlangen muss als jemand, der aus seinem Wohnzimmer heraus irgendwelche Restbestände verkauft. Aber dass es sich um ein Vielfaches handelt, war mir nicht bewusst. Und bei dieser Art von Massenartikeln und der Entbehrlichkeit einer persönlichen Beratung sah ich dann doch eine Legitimation, mich von den Konzernen vor Ort abzuwenden. Und so graste ich noch ein, zwei Jahre das Internet wegen dem "Kenzo Air" ab. Die Suche wurde aber immer schwieriger. Die Preise immer teurer. Zuletzt zahlte ich knapp 100 Euro für einen Flakon und die kamen dann sogar meist aus Spanien. 100 Euro für 90 ml? Ich muss bekloppt sein. Früher taten es doch auch 40 Euro für 100 oder 150 ml. Habe ich deswegen etwa gestunken? Aber der "Kenzo Air" gehörte mittlerweile zu mir. Ich wollte ihn so einfach nicht loslassen. Ein Dilemma!

Eines Tages, als mir mal wieder alle bekannten Preissuchmaschinen, Internetgroßhändler und Onlineauktionshäuser kein Angebot machen konnten, fütterte ich meine Internetsuchmaschine mit dem Begriffspaar "Kenzo Air". Und nicht mal so weit hinten in der Liste tauchte ein Treffer mit der Beschreibung von diesem Duft auf einer Plattform namens Parfumo.de auf. Ich hatte zunächst keine Ahnung ob es sich hier um ein Verkaufsportal, ein Forum oder sonst was handelt. Jedenfalls wurde zuerst einmal alles was zu "Kenzo Air" und "Kenzo Air Intense" zu lesen war aufgesogen wie ein Schwamm. Was sagen und denken andere über MEINEN Duft?

Und dann war es passiert. Ich hatte den Eingang zur Hölle entdeckt, ohne es damals überhaupt bemerkt zu haben. Irgendwo stand, dass "Kenzo Air" genauso riecht wie "Encre Noire". "Encre was? Noch nie gehört." Er scheint auch noch lieferbar zu sein. Sollte ich einen günstigen Ersatz und Nachfolger für meinen geliebten "Kenzo Air" gefunden haben? Mal sehen, ob ich doch nochmal die alte Zeiten aufleben lasse und zu meinen 'Großhändlern' vor Ort in den Laden gehe, um dort sofort zuzugreifen. Fehlanzeige! Keine Chance! Lalique ist schon zu exotisch für das Repertoir der Grossisten. Also: Risiko! Ein Blindkauf! Möglicherweise werde ich 30 Euro in den Sand setzen. Ich bestelle also mit mulmigem Gefühl. Der Duft kam an und...

Nun wurde das Tor zur Hölle, welches ich erst ein paar Tage zuvor entdeckt hatte, aufgestoßen. Denn der Duft hat das gehalten, was auf Parfumo.de versprochen wurde. Und ich stieg hinab…

Fortsetzung folgt...

20 Antworten