Meine Top 25-Herrendüfte
Meine 25 schönsten Herrendüfte aller Zeiten
Nun, lange habe ich diese Liste vor mir hergeschoben. Zuviel habe ich einfach getestet, wieder getestet, auf mich wirken lassen und geschaut, ob sie den „test of time“ bestehen, die Besten. Ich besitze mittlerweile (in verschiedenen „Darreichungsformen“) weit über 600 Herrendüfte und habe ca. 400 weitere getestet. Viel Zeugs, viel Lernen, Entdecken und Einstufen. Was wäre nun, wenn ich ab morgen nur noch 25 Düfte verwenden dürfte? Wenn man mir alles oberhalb dieser Grenze abnähme und ich nur noch 25 Düfte behalten dürfte? Welche wären es?
Es wären wohl die 25 nachfolgend genannten. Neben dem schieren Dufterlebnis war bei meiner Auswahl selbstredend auch die Breite der Anwendungsmöglichkeiten von Bedeutung, d.h., daß es wenig brächte, einfach die besten Holz-/Leder-/Zitrusdüfte auszuwählen. Da sollte schon für jede Witterung/jede Stimmung/jeden Anlaß etwas dabei sein.
Nachstehend also die Quintessenz meiner olfaktorischen Reisen, erwartungsgemäß mit einem überragenden Schwerpunkt auf Vintagekram; lediglich einer der Düfte stammt aus diesem Jahrtausend…
Mit Angaben zu Duftnoten habe ich bei meinen Beschreibungen nicht übertrieben. Dies ist ja alles nachzulesen. Mir ging es vielmehr darum, zu schildern, was diese Meisterwerke in mir auslösen und wie sie meine Stimmung beeinflussen. Die Reihenfolge ist keine Rangfolge.
Ébène de Balmain – Gib mir Leder, gib mir Würze, und gib mir Dichte. Gib mir diesen Duft. Unfaßbar edel und wertig. So klassisch, daß es fast schon weh tut. Auch als OF so teuer, daß es (nicht nur fast schon) weh tut. Minis sind hier (wie so häufig) nicht nur die bevorzugte, sondern praktisch die einzige Möglichkeit, an diesen Duft zu kommen, ohne den Dispo bemühen zu müssen.
Aigner No. 1 – Die gute Nachricht: Er ist als OF noch zu bekommen. Die schlechte Nachricht: Eher teuer ist er immer noch. Ein sagenhafter Spagat ist Aigner mit diesem Duft gelungen, denn – er paßt sich dem Träger an. Ungemein wertig, distinguiert und edel, also ein Anzugduft par excellence, und doch verträgt er sich auch mit einer Jeansjacke. Zu jeder Jahreszeit tragbar. Sandelholz und (vor allem) Tonkabohne sollte man indes schon mögen.
Gucci Nobile – Es wird grün und krautig. Wohl die Kombination, die mich bei Düften am heftigsten packt, zumal wenn die Komposition derart ausgewogen ist wie hier. Da ist nichts zu viel und nichts zu wenig; vielleicht der ausgewogenste Duft in dieser Liste. Wie eine zweite Haut umhüllt er und ist dabei weder zu mächtig noch zu schmächtig.
Ténéré – Trocken. Knochentrocken. Humorlos und doch nicht schlecht gelaunt. Vertrocknete Blumen. Macchia. Knarzig. Unnahbar und doch zugänglich, dabei eine gewisse Traurigkeit ausstrahlend. Ein Unikat im Duftuniversum, das beileibe nicht zu jedem paßt. Der sucht sich seinen Träger aus, und wehe, er erweist sich nicht als würdig…
Azzaro pour Homme – Megaklassiker. Der Prototyp des Fougere. Dies ist wohl einer der Düfte mit der vielschichtigsten Entwicklung. Man trägt ihn auf, und dann jagt über Stunden ein Akkord den nächsten. Allein dafür gebührte ihm schon ein Platz hier, für die schiere Qualität der Komposition. Haltbarkeit und Sillage? Sehr heftig auch…
Basile Uomo – Krautig-grüne Italianità vom Allerfeinsten. Die Vintage-Version dieser Perle ergießt einen Kräutergarten über ihren Träger, dem man olfaktorisch kaum noch folgen kann. Selten lohnt es sich mehr, aufzupassen und die Nase in den Wind zu halten, um zu entdecken, wie Entwicklung in einem Duft im Idealfalle kreiert werden kann.
Bogner Man (1985) – Ungemein eigen. Vielleicht die männlichste Interpretation von Blumen ever, und zweifellos einer der „grünsten“ Düfte aller Zeiten. OFs scheint es auf der ganzen Welt keine mehr zu geben (einen habe ich noch, ja, in der Tat, ich Glückspilz…)
Davidoff Classic – Kann es einen besseren Herrenduft geben? Im Ernst, hätte ich mich hier für die Nr. 1 entscheiden müssen, er wäre es wohl geworden. Grün bis zum Anschlag. Würze, die sprachlos macht, sowie eine Haltbarkeit und Sillage, die nicht von dieser Welt sind. Wohl der Duft, für den ich die meisten Nachfragen und Komplimente bekommen habe.
Niagara – Ein außerhalb von Fachkreisen weitgehend unbekanntes Phantom mit entsprechenden Preisen für die wenigen OFs, die es wohl noch gibt. Nun, wer ihn nicht kennt, verpaßt dann leider die wohl heftigste krautig-grüne Kopfnote der Parfümhistorie. Im Ernst, diese sowie die dann folgende überaus klassische Entwicklung zählen zum Schönsten, dessen meine Nase jemals gewahr werden durfte.
Patou pour Homme – So, nun wird es Zeit, die Geldbörse SEHR fest zu halten. Für den Vintage dieses Schatzes (die belanglose Neuauflage soll hier nicht erwähnt werden) werden zwischen EUR 400 und 1.000 (!) aufgerufen. Scheint wohl nicht mehr allzu viele davon zu geben… Auch wenn die überzogenen Preise m.E. nicht die Qualität, sondern lediglich die Rarität widerspiegeln, handelt es sich hier um einen der klassischsten würzigen Herrendüfte aller Zeiten.
Héritage – Nun, vielleicht (gemeinsam mit „Arsene Lupin“) der „edelste“ Herrenduft ever. Perfekte Guerlinade. Kraftvolle Würze und Fülle, dabei ungemein ausgewogen; nicht stört, nichts ist zu viel oder übertrieben. Man kann ihm das Image des Duftes für den kultivierten, älteren Gentleman wohl nicht absprechen. Dies will er indes auch gar nicht. Er ist, wie er ist, zeitlos und elegant.
Givenchy Gentleman – Einer der Düfte mit der faszinierendsten Entwicklung, die ich kenne. Gewaltiger Auftakt, der sich dann ganz allmählich beruhigt und stets neue Facetten zeigt. Stolze Sillage und Haltbarkeit sowie ein überragender Wiedererkennungswert. Hier schadet es nicht, wenn man Patchouli mag, denn dieses ist hier wahrhaft „großzügig“ eingesetzt.
Boss Number 1 – Der erste und immer noch mit Abstand beste Herrenduft von Boss. Mächtiger Auftakt und mit einer ungemein seriösen und doch raffinierten Anmutung. Nie wurde für mich Honig schöner und stimmiger in einem Duft eingesetzt.
Lalique White – Der einzige Duft in dieser Liste, dessen Erscheinungsjahr mit einer „2“ beginnt. Weichheit, Pudrigkeit, Sanftheit. Und doch mit einem starken Charakter. Ein Duft, der mich beruhigt, mich runterkommen läßt. Für seine Qualität sensationell günstig und leicht erhältlich ist er auch noch.
Bel Ami – DER Winterduft. Für „Bel Ami“ kann es mir gar nicht kalt genug sein. Eingeschneit in einem Chalet in den Schweizer Alpen am Kamin sitzend und ziemlich teuren Armagnac genießend, dies wäre meine ultimative Assoziation zu diesem Meisterwerk.
Lacoste Original – Sportduft oder nicht? Wer weiß es schon? Für mich taugt er ebenso (vor allem aufgrund der sensationell minzigen und frischen Kopfnote) als Erfrischer nach körperlicher Ertüchtigung wie auch als edle „zweite Haut“ zu gehobenen Anlässen. Ein seltener Vertreter von Vielseitigkeit auf sehr hohem Niveau.
Mark Cross – Ein völlig zu Unrecht unbekannter und zudem noch äußerst rarer Duft aus der Zeit, als aus dem Hause Rubinstein ungemein Wertiges kam. Ihm kommt sicherlich zugute, daß er Mitte der 80er mein erster „teurerer“ Herrenduft war. Nun, alte Liebe rostet nicht, und mit seiner warmen und zugleich irgendwie kühlen, ja fast schon „metallischen“ Anmutung fasziniert mich dieser Außenseiter und Einzelgänger nach wie vor jedes Mal.
Revillon pour Homme – Hier gilt im Großen und Ganzes das zu „Patou Pour Homme“ Gesagte hinsichtlich Würzigkeit, Männlichkeit und Raffinesse. Er wirkt für mich sogar noch einen Tick edler, da er sich komplexer entwickelt. Wer wissen will, wie Maskulinität und Elegant 1977 interpretiert wurden, befasse sich mit diesem Duft, der zudem auch immer noch zu nicht abgehobenen Preisen erhältlich ist.
Lanvin for Men – Für mich der beste zitrische Duft ever, da er sich nicht nur auf die klassische Chypre-Pyramide verläßt, sondern im Laufe seiner gesamten Entwicklung auch stets noch von herberen, krautigen und ledrigen Akkorden geprägt wird. Wem die üblichen Zitrusklassiker zu einseitig und überraschungsarm sind, der versuche es vielleicht einmal mit diesem Duft.
Yatagan – DER Charakterkopf, mit stoischem, absolut unbeirrbaren Selbstbewußtsein. Ja, da ist irgendwie Sellerie(!) drin, und dies nicht zu knapp. Das Unfaßbare ist – es funktioniert, drückt diesem Duft seinen unverkennbaren Stempel auf. Allein dieses Dufterlebnis entschädigt dafür, daß es in Sachen Entwicklung sicherlich spannendere Düfte gibt.
Exception – Dieser Duft zeigt gleich im Auftakt, wer der Platzhirsch ist und daß mit ihm nicht zu spaßen ist. Ungemeine Plastizität und Fülle, so als bestünde er aus dutzenden Schichten, die ganz allmählich nach und nach an die Oberfläche treten wollen, dies aber irgendwie aufgrund der schieren Wucht der Komposition nicht schaffen, geradezu unterdrückt werden. Dieses Spannungsverhältnis macht für mich die Faszination dieses als OF nahezu gar nicht mehr erhältlichen Klassikers aus.
Silver – Siehe „Exception“´, aber mit einem Weihrauchanteil, der in Zehnerpotenzen ausgedrückt werden muß.
Rocabar – Alles drin. Wucht, Raffinesse, Vielschichtigkeit. Sogar Süße, mit der ich im Allgemeinen meine Probleme habe, nicht jedoch, wenn sie wie hier derart fein eingebunden ist. Für mich ein vollkommen zu Unrecht fast schon vernachlässigter Duft von Hermès.
Fuel for Men – Achtung, schlecht gelaunt. Achtung, hier will jemand am Türsteher vorbei und schafft es auch jedes Mal. Ein Haltbarkeits- und Sillagemonster vor dem Herrn, und ein faszinierendes Beispiel dafür, daß man mit ungewohnt eingesetzten Ingredienzien zuweilen etwas absolut Markantes schaffen kann, wenn sich eine eigentlich harmlose und fruchtige Ananas gegen die anderen mächtigen Akkorde immer wieder behaupten kann.
Arsène Lupin Dandy – DER Hochzeitsduft. Wohl noch vielschichtiger und komplexer komponiert als „Héritage“, auch ein wenig freundlicher und zugänglicher. Ja, SO geht edel. Punkt.
Nun, obige Auswahl ist mir naturgemäß nicht leicht gefallen, und Meisterwerke wie „Opium pour Homme“ oder „Vermeil pour Homme“ haben es dann leider nicht ganz geschafft. Wie auch immer, wenn man (wie ja zuweilen behauptet) aus Lieblingsdüften wirklich auf den Charakter eines Menschen schließen kann, dann wißt ihr jetzt, wie ich ticke…