Carpintero
Rezensionen
Filtern & sortieren
Ich bin es mir wert… oder?
Oud Wood und ich — das ist eine Art Liebesgeschichte: Mein Grund, wieso ich hier auf Parfumo gelandet bin, meine Eintrittskarte in die Welt der Nischendüfte, meine erste richtige grosse Liebe sozusagen.
Damals wie heute war und ist das Thema Haltbarkeit ein grosser Diskussionspunkt, wobei mir dabei eine Konstante auffällt: Als ich den Duft 2018 zum ersten Mal bewusst testete und mir dann einen 100ml Flakon mit „Haltbarkeitsproblemen“ (irgendein Batch aus dem Jahre 2017) kaufte, stiess ich erstmalig auf die ganzen Diskussionen bezüglich Batches, Reformulierungen, Schwächen.
Den Flakon aus dem Jahre 2018 habe ich immer noch und auch noch einen weiteren (250 ml) aus dem Jahre 2020 — beide halten ganz wunderbar ihre 8 Stunden, strahlen mässig aus und sind für mich die beiden Go-To-Düfte ins Büro.
Im Souk werden die Batches aus 2018 teils zu horrenden Preisen gehandelt und ich bin überzeugt, dass ein grosser Punkt eher die Nachreifung als die Reformulierungen ist.
So — und nun ein Sprung ins Jahr 2024.
Als ich vom neuesten Release hörte, war ich hellauf begeistert: Ein Oud Wood als Parfum, vermeintlich stärker, länger haltbar, man munkelte über eine Qualität der Oud Wood-Düfte allererster Stunde aus dem Jahre 2007.
Im Harrod’s in London konnte ich den Duft testen — und kaufte ihn. Für sagenhafte 330 Pfund.
Zugegeben: Ich musste meine Gesichtsentgleisung enorm zügeln und meine Mimik extrem unter Kontrolle halten als die Dame mir den Preis nannte. Einen Rückzieher wollte ich nicht mehr machen — und irgendwie: Ich bin es mir wert… oder?
Zum Duft selbst: Geradlinig, clean, intensiv und stark.
Für mich eindeutig der Duft, den ich beim Date tragen werde.
Er hat weitaus weniger Ecken und Kanten als das Original (EDP), geht weniger stark in die Tiefe, wirkt aber dichter, cremiger und dicker.
Oud Wood Parfum fährt das klassische Programm, wirkt smooth durch den Kardamom, der eine kühlende Distanz verleiht, zieht aber durch die warmen Hölzer und Gewürze das Gegenüber in seinen Bann.
Der scharfe Szechuanpfeffer (keine Sorge, ich rieche da ehrlich gesagt keinen Unterschied zu “normalem” Pfeffer) und der wärmende Amber gleichen einander harmonievoll aus.
Bei den Gewürzen habe ich den Eindruck als seien irgendwelche Lebkuchengewürze enthalten, in ganz sanfter, homöopathischer Dosis: Der Duft wirkt dadurch süßer als sein Vorbild. Ganz klar nichts, was ich ins Büro tragen würde [sagt er wohl wissend, dass er seine Kolleg:innen auch regelmäßig mit Alexandria II, Tobacco Vanille und anderen Bomben im Büro „beglückt“].
Zur Frage aller Fragen nun: Wie hält er sich?
Für mich eindeutig stärker und besser als das EDP. Das ist aber mit (hoher) Wahrscheinlichkeit auch dem Umstand geschuldet, dass die Süsse der Gewürze und die dichteren Hölzer eine gewisse „Dicke“ und „Fülle“ mitbringen, die im Vorbild nicht enthalten sind.
Die Sillage ist mässig, er nimmt mit Sicherheit keine Räume ein, ist aber dennoch beim Vorbeigehen die ersten Stunden deutlicher wahrnehmbar als sein Vorbild.
Für mich passiert die Magie dennoch auf der Haut, wenn der Duft noch stark genug ist, um sein Gegenüber zu faszinieren und gleichzeitig etwas zurückfährt, ein wenig leiser wird und das Gegenüber dadurch etwas näher kommen muss, um mehr davon zu riechen.
Ist der Duft den Preis wert?
Ich denke, so individuell wie Geschmäcker sind, verhält es sich auch mit dem Preis-Leistungsempfinden unterschiedlicher Düfte.
Man könnte genauso die Frage stellen, ob einer Person es wert ist, Business oder First Class zu fliegen, ob es unbedingt ein 5-Sterne-Hotel sein muss, ob der Porsche in der Garage wirklich notwendig ist…
Der Duft ist, wie auch der Business- oder First-Class-Flug, das 5-Sterne-Hotel und der Porsche, ein Luxusgut, welcher das Premium-Segment längst hinter sich gelassen hat.
Er ist eine Komposition mit einem Preisschild. Diesen Preis ist man für Luxus entweder bereit zu bezahlen - oder eben nicht.
Persönlich bin ich glücklich und froh, einen 50ml Flakon mein Eigen nennen zu dürfen und werde diesen Duft in Ehren zu unserer wöchentlichen Date-Night oder an anderen, ganz besonderen Anlässen tragen.
Am Ende, so glaube ich, wird der Duft seine Zielgruppe finden.
Ob einem das wert ist, bleibt dem Individuum selbst überlassen.
Damals wie heute war und ist das Thema Haltbarkeit ein grosser Diskussionspunkt, wobei mir dabei eine Konstante auffällt: Als ich den Duft 2018 zum ersten Mal bewusst testete und mir dann einen 100ml Flakon mit „Haltbarkeitsproblemen“ (irgendein Batch aus dem Jahre 2017) kaufte, stiess ich erstmalig auf die ganzen Diskussionen bezüglich Batches, Reformulierungen, Schwächen.
Den Flakon aus dem Jahre 2018 habe ich immer noch und auch noch einen weiteren (250 ml) aus dem Jahre 2020 — beide halten ganz wunderbar ihre 8 Stunden, strahlen mässig aus und sind für mich die beiden Go-To-Düfte ins Büro.
Im Souk werden die Batches aus 2018 teils zu horrenden Preisen gehandelt und ich bin überzeugt, dass ein grosser Punkt eher die Nachreifung als die Reformulierungen ist.
So — und nun ein Sprung ins Jahr 2024.
Als ich vom neuesten Release hörte, war ich hellauf begeistert: Ein Oud Wood als Parfum, vermeintlich stärker, länger haltbar, man munkelte über eine Qualität der Oud Wood-Düfte allererster Stunde aus dem Jahre 2007.
Im Harrod’s in London konnte ich den Duft testen — und kaufte ihn. Für sagenhafte 330 Pfund.
Zugegeben: Ich musste meine Gesichtsentgleisung enorm zügeln und meine Mimik extrem unter Kontrolle halten als die Dame mir den Preis nannte. Einen Rückzieher wollte ich nicht mehr machen — und irgendwie: Ich bin es mir wert… oder?
Zum Duft selbst: Geradlinig, clean, intensiv und stark.
Für mich eindeutig der Duft, den ich beim Date tragen werde.
Er hat weitaus weniger Ecken und Kanten als das Original (EDP), geht weniger stark in die Tiefe, wirkt aber dichter, cremiger und dicker.
Oud Wood Parfum fährt das klassische Programm, wirkt smooth durch den Kardamom, der eine kühlende Distanz verleiht, zieht aber durch die warmen Hölzer und Gewürze das Gegenüber in seinen Bann.
Der scharfe Szechuanpfeffer (keine Sorge, ich rieche da ehrlich gesagt keinen Unterschied zu “normalem” Pfeffer) und der wärmende Amber gleichen einander harmonievoll aus.
Bei den Gewürzen habe ich den Eindruck als seien irgendwelche Lebkuchengewürze enthalten, in ganz sanfter, homöopathischer Dosis: Der Duft wirkt dadurch süßer als sein Vorbild. Ganz klar nichts, was ich ins Büro tragen würde [sagt er wohl wissend, dass er seine Kolleg:innen auch regelmäßig mit Alexandria II, Tobacco Vanille und anderen Bomben im Büro „beglückt“].
Zur Frage aller Fragen nun: Wie hält er sich?
Für mich eindeutig stärker und besser als das EDP. Das ist aber mit (hoher) Wahrscheinlichkeit auch dem Umstand geschuldet, dass die Süsse der Gewürze und die dichteren Hölzer eine gewisse „Dicke“ und „Fülle“ mitbringen, die im Vorbild nicht enthalten sind.
Die Sillage ist mässig, er nimmt mit Sicherheit keine Räume ein, ist aber dennoch beim Vorbeigehen die ersten Stunden deutlicher wahrnehmbar als sein Vorbild.
Für mich passiert die Magie dennoch auf der Haut, wenn der Duft noch stark genug ist, um sein Gegenüber zu faszinieren und gleichzeitig etwas zurückfährt, ein wenig leiser wird und das Gegenüber dadurch etwas näher kommen muss, um mehr davon zu riechen.
Ist der Duft den Preis wert?
Ich denke, so individuell wie Geschmäcker sind, verhält es sich auch mit dem Preis-Leistungsempfinden unterschiedlicher Düfte.
Man könnte genauso die Frage stellen, ob einer Person es wert ist, Business oder First Class zu fliegen, ob es unbedingt ein 5-Sterne-Hotel sein muss, ob der Porsche in der Garage wirklich notwendig ist…
Der Duft ist, wie auch der Business- oder First-Class-Flug, das 5-Sterne-Hotel und der Porsche, ein Luxusgut, welcher das Premium-Segment längst hinter sich gelassen hat.
Er ist eine Komposition mit einem Preisschild. Diesen Preis ist man für Luxus entweder bereit zu bezahlen - oder eben nicht.
Persönlich bin ich glücklich und froh, einen 50ml Flakon mein Eigen nennen zu dürfen und werde diesen Duft in Ehren zu unserer wöchentlichen Date-Night oder an anderen, ganz besonderen Anlässen tragen.
Am Ende, so glaube ich, wird der Duft seine Zielgruppe finden.
Ob einem das wert ist, bleibt dem Individuum selbst überlassen.
5 Antworten
Kaffeefinka
— oder die wohl persönlichste Rezension, die ich je geschrieben habe.
Viele Personen, egal, ob auf YouTube oder hier auf Parfumo, äusserten über den Duft, dass er eine Anlehnung an den typischen „Arabic Coffee“ sei.
Arabischer Kaffee, den ich noch sehr gut und positiv von meinem zweijährigen Aufenthalt in Katar in Erinnerung habe, ist ein goldfarbenes Getränk, das in der Tiefe zwar Kaffee erahnen lässt, aber voller exotischer Gewürze steckt: Kardamom, Safran, Muskat, Nelken und - natürlich - Rosenwasser.
Und ja, all das nimmt man im Golden Dallah war: Den Kaffee wunderschön in der Tiefe, aussen herum begleitet, aber nie dominiert von Rose, Kardamom, Safran, Muskat und (vermutlich) Nelken. Auch Weihrauch und Oud nehme ich wahr, genauso wie die Süsse der Tonkabohne (möglicherweise in Anlehnung an die Datteln, die man zum Arabic Coffee reicht) und leichte Spuren von bitterem, ungesüssten Kakao.
Und damit wäre die Rezension auch schon abgeschlossen, den all die beschriebenen Noten sind enthalten, ergänzen und begleiten den Kaffee, ohne ihn zu übertünchen oder ihm die Show zu stehlen.
Aber halt.
Was war das?
Im weiteren Verlauf nimmt der Golden Dallah — zumindest für mich persönlich — eine ganz andere Wende:
Möglicherweise kennen die ein oder anderen Parfumos/Parfumas meine Geschichte, von meiner Jugend in Südamerika oder meinem Leben in Katar.
Nachdem meine Mutter, die in Bogota im Auslandsschuldienst tätig war, pensioniert wurde, kaufte sie sich zusammen mit ihrem Mann ein Stückchen Land in der kolumbianischen Kaffee-Region. Genauer im Libano, Tolima, etwa 7 Stunden Bergauf-Bergabfahrt von Bogota entfernt. Und nachdem sie dort das Land gekauft, eine wunderschöne, traditionelle Kaffeefinka konstruiert und den ersten eigenen Kaffee angebaut hatte, besuchte ich sie fast jedes Jahr an diesem magischen Ort.
Wenn du dort ankommst, den langen Flug und die beschwerliche Anreise hinter dir gelassen hast, begleitet dich über die gesamte Zeit eine Duft-Aura von grünem Kaffee, roter Erde und eine Mischung aus floralen und herben Noten.
Und genau das verkörpert der Golden Dallah für mich:
Nachdem meine Sinne beim ersten Aufsprühen nach Katar an den arabischen Golf reisten, katapultiert mich der Drydown straight in den Libano, Tolima, auf die Kaffeefinka meiner Mutter.
Ich spüre die wärmende Sonne, die sich in der rötlichen Erde reflektiert, die dampfige Luft, die es dort aufgrund der erhöhten Luftfeuchtigkeit hat, die grünen Töne der Kaffeeplantage, welche sich direkt um die Finka befindet. Grüner, noch etwas unreifer Kaffee riecht süsslich und herb zugleich. Während der reife Kaffee, der sich geschält bereits beim Trocknen befindet, ein kräftig-erdiges Aroma mit sich bringt. Ich rieche ausserdem die floralen und erdigen Töne, die durch die prächtigen Pflanzen und die feuchte, lehmige Erde entstehen. Und - vielleicht bilde ich es mir auch nur ein - einen ganz sanften Hint, der an Bananenstauden erinnert: Das Aroma der noch unreifen, grünen Banane, nur ganz leicht süss, mehr tropisch-grün.
Und ich fühle mich geborgen. Meilenweit weg vom Office-Stress. In Sicherheit vor allem, was auf der Welt passiert. Im Libano ticken die Uhren (und Menschen) noch anders, der Tag, die Woche, der Monat und das gesamte Jahr richten sich nach dem Kaffeeanbau — und vielleicht ein wenig nach den paar wenigen Touristen, die sich auf dem Weg nach Medellin oder Pereira in den Libano verirren. Der Duft verkörpert die Entspanntheit, die Leichtigkeit des Seins, die perfekte Kombination aus allen Elementen.
Für mich ein kleines Meisterwerk, das sowohl im Office, als auch beim Date oder zum Dinner geht.
Keineswegs ein Schreihals, eher hautnah und sanft, aber wunderschön und faszinierend zieht er alle in seinen Bann.
Danke für die kleine Weltreise, XerJoff!
Viele Personen, egal, ob auf YouTube oder hier auf Parfumo, äusserten über den Duft, dass er eine Anlehnung an den typischen „Arabic Coffee“ sei.
Arabischer Kaffee, den ich noch sehr gut und positiv von meinem zweijährigen Aufenthalt in Katar in Erinnerung habe, ist ein goldfarbenes Getränk, das in der Tiefe zwar Kaffee erahnen lässt, aber voller exotischer Gewürze steckt: Kardamom, Safran, Muskat, Nelken und - natürlich - Rosenwasser.
Und ja, all das nimmt man im Golden Dallah war: Den Kaffee wunderschön in der Tiefe, aussen herum begleitet, aber nie dominiert von Rose, Kardamom, Safran, Muskat und (vermutlich) Nelken. Auch Weihrauch und Oud nehme ich wahr, genauso wie die Süsse der Tonkabohne (möglicherweise in Anlehnung an die Datteln, die man zum Arabic Coffee reicht) und leichte Spuren von bitterem, ungesüssten Kakao.
Und damit wäre die Rezension auch schon abgeschlossen, den all die beschriebenen Noten sind enthalten, ergänzen und begleiten den Kaffee, ohne ihn zu übertünchen oder ihm die Show zu stehlen.
Aber halt.
Was war das?
Im weiteren Verlauf nimmt der Golden Dallah — zumindest für mich persönlich — eine ganz andere Wende:
Möglicherweise kennen die ein oder anderen Parfumos/Parfumas meine Geschichte, von meiner Jugend in Südamerika oder meinem Leben in Katar.
Nachdem meine Mutter, die in Bogota im Auslandsschuldienst tätig war, pensioniert wurde, kaufte sie sich zusammen mit ihrem Mann ein Stückchen Land in der kolumbianischen Kaffee-Region. Genauer im Libano, Tolima, etwa 7 Stunden Bergauf-Bergabfahrt von Bogota entfernt. Und nachdem sie dort das Land gekauft, eine wunderschöne, traditionelle Kaffeefinka konstruiert und den ersten eigenen Kaffee angebaut hatte, besuchte ich sie fast jedes Jahr an diesem magischen Ort.
Wenn du dort ankommst, den langen Flug und die beschwerliche Anreise hinter dir gelassen hast, begleitet dich über die gesamte Zeit eine Duft-Aura von grünem Kaffee, roter Erde und eine Mischung aus floralen und herben Noten.
Und genau das verkörpert der Golden Dallah für mich:
Nachdem meine Sinne beim ersten Aufsprühen nach Katar an den arabischen Golf reisten, katapultiert mich der Drydown straight in den Libano, Tolima, auf die Kaffeefinka meiner Mutter.
Ich spüre die wärmende Sonne, die sich in der rötlichen Erde reflektiert, die dampfige Luft, die es dort aufgrund der erhöhten Luftfeuchtigkeit hat, die grünen Töne der Kaffeeplantage, welche sich direkt um die Finka befindet. Grüner, noch etwas unreifer Kaffee riecht süsslich und herb zugleich. Während der reife Kaffee, der sich geschält bereits beim Trocknen befindet, ein kräftig-erdiges Aroma mit sich bringt. Ich rieche ausserdem die floralen und erdigen Töne, die durch die prächtigen Pflanzen und die feuchte, lehmige Erde entstehen. Und - vielleicht bilde ich es mir auch nur ein - einen ganz sanften Hint, der an Bananenstauden erinnert: Das Aroma der noch unreifen, grünen Banane, nur ganz leicht süss, mehr tropisch-grün.
Und ich fühle mich geborgen. Meilenweit weg vom Office-Stress. In Sicherheit vor allem, was auf der Welt passiert. Im Libano ticken die Uhren (und Menschen) noch anders, der Tag, die Woche, der Monat und das gesamte Jahr richten sich nach dem Kaffeeanbau — und vielleicht ein wenig nach den paar wenigen Touristen, die sich auf dem Weg nach Medellin oder Pereira in den Libano verirren. Der Duft verkörpert die Entspanntheit, die Leichtigkeit des Seins, die perfekte Kombination aus allen Elementen.
Für mich ein kleines Meisterwerk, das sowohl im Office, als auch beim Date oder zum Dinner geht.
Keineswegs ein Schreihals, eher hautnah und sanft, aber wunderschön und faszinierend zieht er alle in seinen Bann.
Danke für die kleine Weltreise, XerJoff!
3 Antworten
Der Unbelehrbare
— oder: im Nachhinein ist man immer schlauer.
Diese Worte treffen es eigentlich ganz gut auf den Punkt.
Während der Release gross angekündigt und gefühlt ständig im PdM-Newsletter zu lesen, auf sämtlichen Parfum-Channels auf YouTube gehypt und der Duft selbst bei Parfumo sogar innert nur weniger Tage zuerst in der Top 100, dann in der Top 50 und zeitweise sogar in der Top 30 zu finden war, gab es nur wenige kritische Stimmen dem Duft gegenüber.
Nichtsdestotrotz gab es sie, die Kritiker, die dem Duft nichts Grossartiges, nichts Besonders abgewinnen konnten.
Aber auf sie wollte ich nicht hören. Unbelehrbar.
Also: Duft bestellt [gab es zu diesem Zeitpunkt nur auf der Website von PdM], nettes Lederetui (wofür auch immer man das benötigt) und Ledersäckchen (gleiche Frage - Antworten immer gerne an mich) dazu und on Top noch eine 10 ml Probe eines anderen PdM-Duftes. 250 Euro inkl. Verstand — wird schon passen, dachte ich.
Nachdem der Versand das Doppelte an der veranschlagten Zeit benötigte, das Paket statt im „Express“-Paket als „Economy Select“ daherkam und seitens PdM trotz mehrfacher Nachfrage keine Rückmeldung kam, zog schon ein erster bitterer Nachgeschmack auf, der sich leider halten sollte.
Der Inhalt des leicht demolierten und dank der Temperaturen knallheissen Pakets wurde sofort begutachtet und getestet. Und die Enttäuschung war gross.
Das soll er sein? Der Release des Jahres? Der „beste PdM aller Zeiten“? — Ja, im Nachhinein ist man immer schlauer.
Der Duft ist ok, eine solide 7 von 10 schafft er allemal, ja. Aber er erfindet das Rad nicht neu, ist sicherlich nicht der beste PdM aller Zeiten und auch garantiert kein neuer Layton.
Ich bin überzeugt, dass der Duft seine Daseinsberechtigung auf dem bereits gut gesättigten Markt nicht unbedingt verdient hat, umso vehementer wird er marketingtechnisch gepusht. Nicht schlecht.
Initial nimmt man besonders den „Vanilla Overkill“ wahr, der tatsächlich nicht übel ist. Dabei ist er aber laut, sehr, sehr laut. Auch die zitrischen Noten von Bergamotte und Orangenblüte sind klar vorhanden und bringen - in meinen Augen - eine gewisse Unruhe ins Spiel.
Andere User:innen berichteten von Assoziationen zu SWY, Armani Code oder Layton. Ja, ja und ja.
Aber lässt das im Umkehrschluss auf Kreativität schliessen? Ich weiss ja nicht.
Für mich springt der Duft vom vanilligen Auftakt zum warmen Drydown nicht gross hin- und her. Er ist geradlinig, straightforward und dadurch auch etwas unspektakulär und langweilig. Vanille, zitrische Noten, Zimt, Hölzer und Harze bleiben prominent und über den ganzen Duftverlauf verteilt zu gleicher Massen bestehen. Praline ist ebenfalls da, Ambrox hingegen kaum.
Die „Monster-Sillage“ hat der Duft ebenfalls nicht, wobei die Haltbarkeit mit einer 8 von 10 ziemlich solide ist.
Wer allerdings wirklich den neuen Layton, den besseren Pegasus oder gar die Kreativität von Herod erwartet, dürfte enttäuscht werden.
Ich weiss nicht, was ich genau erwartet hatte, aber im Gesamtpaket überzeugt mich der Duft einfach nur bedingt.
Ja, er ist nicht schlecht. Ja, er ist im Herbst und Winter sicher nicht deplatziert. Und auch die Haltbarkeit ist eher im oberen Raum anzusiedeln.
Was mir jedoch fehlt, ist der Twist, die Überraschung, das Besondere oder das Unerwartete.
Der Duft wird dem Hype einfach nicht gerecht, plätschert so vor sich hin, ohne grosse Ecken oder Kanten zu haben.
Vielleicht erscheint ja noch eine Exclusif-Variante — mit etwas tieferen Hölzern, mehr Ambrox und zusätzlich Oud. Das, so könnte ich es mir zumindest vorstellen, dürfte den Duft um Welten interessanter machen.
Das jedoch ist Zukunftsmusik.
Für den Status Quo, ingesamt beurteilt: Im Nachhinein ist man immer schlauer.
Diese Worte treffen es eigentlich ganz gut auf den Punkt.
Während der Release gross angekündigt und gefühlt ständig im PdM-Newsletter zu lesen, auf sämtlichen Parfum-Channels auf YouTube gehypt und der Duft selbst bei Parfumo sogar innert nur weniger Tage zuerst in der Top 100, dann in der Top 50 und zeitweise sogar in der Top 30 zu finden war, gab es nur wenige kritische Stimmen dem Duft gegenüber.
Nichtsdestotrotz gab es sie, die Kritiker, die dem Duft nichts Grossartiges, nichts Besonders abgewinnen konnten.
Aber auf sie wollte ich nicht hören. Unbelehrbar.
Also: Duft bestellt [gab es zu diesem Zeitpunkt nur auf der Website von PdM], nettes Lederetui (wofür auch immer man das benötigt) und Ledersäckchen (gleiche Frage - Antworten immer gerne an mich) dazu und on Top noch eine 10 ml Probe eines anderen PdM-Duftes. 250 Euro inkl. Verstand — wird schon passen, dachte ich.
Nachdem der Versand das Doppelte an der veranschlagten Zeit benötigte, das Paket statt im „Express“-Paket als „Economy Select“ daherkam und seitens PdM trotz mehrfacher Nachfrage keine Rückmeldung kam, zog schon ein erster bitterer Nachgeschmack auf, der sich leider halten sollte.
Der Inhalt des leicht demolierten und dank der Temperaturen knallheissen Pakets wurde sofort begutachtet und getestet. Und die Enttäuschung war gross.
Das soll er sein? Der Release des Jahres? Der „beste PdM aller Zeiten“? — Ja, im Nachhinein ist man immer schlauer.
Der Duft ist ok, eine solide 7 von 10 schafft er allemal, ja. Aber er erfindet das Rad nicht neu, ist sicherlich nicht der beste PdM aller Zeiten und auch garantiert kein neuer Layton.
Ich bin überzeugt, dass der Duft seine Daseinsberechtigung auf dem bereits gut gesättigten Markt nicht unbedingt verdient hat, umso vehementer wird er marketingtechnisch gepusht. Nicht schlecht.
Initial nimmt man besonders den „Vanilla Overkill“ wahr, der tatsächlich nicht übel ist. Dabei ist er aber laut, sehr, sehr laut. Auch die zitrischen Noten von Bergamotte und Orangenblüte sind klar vorhanden und bringen - in meinen Augen - eine gewisse Unruhe ins Spiel.
Andere User:innen berichteten von Assoziationen zu SWY, Armani Code oder Layton. Ja, ja und ja.
Aber lässt das im Umkehrschluss auf Kreativität schliessen? Ich weiss ja nicht.
Für mich springt der Duft vom vanilligen Auftakt zum warmen Drydown nicht gross hin- und her. Er ist geradlinig, straightforward und dadurch auch etwas unspektakulär und langweilig. Vanille, zitrische Noten, Zimt, Hölzer und Harze bleiben prominent und über den ganzen Duftverlauf verteilt zu gleicher Massen bestehen. Praline ist ebenfalls da, Ambrox hingegen kaum.
Die „Monster-Sillage“ hat der Duft ebenfalls nicht, wobei die Haltbarkeit mit einer 8 von 10 ziemlich solide ist.
Wer allerdings wirklich den neuen Layton, den besseren Pegasus oder gar die Kreativität von Herod erwartet, dürfte enttäuscht werden.
Ich weiss nicht, was ich genau erwartet hatte, aber im Gesamtpaket überzeugt mich der Duft einfach nur bedingt.
Ja, er ist nicht schlecht. Ja, er ist im Herbst und Winter sicher nicht deplatziert. Und auch die Haltbarkeit ist eher im oberen Raum anzusiedeln.
Was mir jedoch fehlt, ist der Twist, die Überraschung, das Besondere oder das Unerwartete.
Der Duft wird dem Hype einfach nicht gerecht, plätschert so vor sich hin, ohne grosse Ecken oder Kanten zu haben.
Vielleicht erscheint ja noch eine Exclusif-Variante — mit etwas tieferen Hölzern, mehr Ambrox und zusätzlich Oud. Das, so könnte ich es mir zumindest vorstellen, dürfte den Duft um Welten interessanter machen.
Das jedoch ist Zukunftsmusik.
Für den Status Quo, ingesamt beurteilt: Im Nachhinein ist man immer schlauer.
18 Antworten
Man(n) trinkt Kaffee — Hinter der Gardine.
Über diesen wunderschönen, einzigartigen Duft wurden schon etliche wunderschöne und einzigartige Rezensionen verfasst: Nichts, was ich dem noch hinzufügen könnte. Und doch löst der Duft, welchen ich viel zu lange ignoriert habe, Emotionen in mir aufkommen, die mich an die Tastatur zwingen, um nun doch noch eine Rezension zu verfassen.
Von der Rose ohne Stacheln, über Rosen hinter einem Schleier bis hin zum männlichsten Rosen-Duft liest man über diesen Duft alles. Einmal, schon vor Jahren, habe ich diesen Duft einmal getestet, die Nase gerümpft und dieses — aus heutiger Sicht — Meisterwerk dann wieder vergessen.
Dann las ich davon, dass der Café Rose in Form eines Re-Releases in die Signature Collection gewandert war und wohl auch Opfer einer Reformulierung wurde. Zur gleichen Zeit war ein sehr lieber Parfumo bereit, seinen 250 ml Dekanter des Café Rose zu verkaufen — und ich schlug zu, halb blind. Und nun ist er mein, dieser perfekte Duft.
Eins vorweg: Kaffee rieche ich explizit NICHT heraus. Und doch bin ich überzeugt über dessen Vorhandensein im Duft.
Der AUFTAKT des Duftes ist punchy, stechend, laut: Die Rose hat definitiv nichts an Stacheln eingebüsst, denn beim ersten Riecher nach dem Auftragen besteht schon fast Verletzungsgefahr. Ein bekannter YouTube würde es „In Your Face“ nennen, dem kann ich trotz Polarisierung in diesem Fall nur beipflichten.
Geschuldet sei das wohl dem schwarzen Pfeffer, der im Auftakt wirklich federführend wirkt und in dieser Hinsicht sogar an den Rose Prick erinnert (welchen ich nebenbei bemerkt auch sehr schätze!). Gleichzeitig riecht man die Mairose, die etwas sehr Romantisch-Süsses in den Duft mitbringt. In Kombination mit dem Safran entsteht hier etwas, was sich nur schwer beschreiben lässt, wobei SCHWER wohl das richtige Attribut ist. Es riecht subtil, leicht honigartig, üppig, dumpf und - eben - schwer.
In der HERZNOTE passiert dann aber etwas merkwürdiges: Geschockt vom Auftakt mischen plötzlich Noten in den Duft hinein, die ich so weder erwartet noch kombiniert hätte. Neben der türkischen und bulgarischen Rose — die man übrigens auch wieder im bereits zuvor genannten Rose Prick findet — legt sich über die stechende Rose-Safran-Pfeffer-Kombination eine Art Schleier.
Es ist wie ein olfaktorischer Hochnebel oder eine Art Dämmerung. Es muss aber, ohne ihn eben explizit herausriechen oder differenzieren zu können, der Kaffee sein, der an dieser Stelle seine wundersame Wirkung entfaltet.
Kaffee, der ja bekanntlich im Stande dazu ist, andere, teils unangenehme Gerüche zu neutralisieren, wirkt hier dank seiner Aromen wie ein Graufilm über den Rosen, dem Safran und dem Pfeffer. Und auch auf die Gefahr hin, hier redundant zu sein: Es liesse sich wohl am ehesten mit einer durchlässigen Gardine vor einem Fenster, das zum Rosengarten hinausblickt, vergleichen. Man „sieht“ die üppigen Rosen, kann sie mit dem olfaktorischer Auge wahrnehmen — und doch verschwimmen die definierten Kanten, Ecken und Stacheln (!) durch die Gardinen.
Der Kaffee, dessen holzige, erdige Attribute man hier wahrnimmt, liegt hier über dem Rosenbett wie ein dichter Hochnebel. Nuancen, die nach Tabak und Rum anmuten, bringen hierzu weitere Facetten ins Spiel, obschon sie in der Duftpyramide nicht hervorgehen.
Sehr geradlinig geht diese Kombination dann bei der HERZNOTE noch dunkler und tiefer. Auch wenn der Amber eher dazu tendiert, Düfte heller erscheinen zu lassen, wird dieses Phänomen sehr schnell durch trockenes, sehr erdiges Patchouli ausgeglichen. Die balsamisch-süsse, samtig-warm anmutende Komponente des Sandelholzes rundet den Duft auf herrliche Art- und Weise in dessen Basis ab, unterstreicht aber einmal mehr auch die verführerischen Rosen, die sich unter dem Nebel immer und immer wieder herauszukämpfen versuchen.
Als FAZIT kann festgehalten werden, dass dieser Duft neben den anderen Rose-Düften von Tom Ford eindeutige Daseinsberechtigung hat. Ich fürchte nur, er geht neben dem wesentlich populäreren Rose Prick, Rose d‘Almalfi und Rose de Chine etwas unter. Ein Understatement quasi.
Mit grosser Sicherheit aber ist dieser Duft die männlichste Interpretation eines Rosen-Duftes aus dem Hause Ford, was aber nicht heissen soll, dass eine Frau diesen Duft nicht tragen kann. Genauso wie ein Mann auch Rose Prick trägt. Die Grenzen verschwimmen hier und das ist auch eindeutig gut so.
Durch den Schleier, den Hochnebel, die Gardine (oder was auch immer es sein mag) erhält der Duft jedoch etwas Mystisches, etwas Dunkles, etwas Trauriges oder vielleicht sogar etwas Melancholisches. Dadurch passt dieser Duft herrlich in die kältere Zeit des Jahres, wenn die Baume ihre Blätter verlieren, der Hochnebel zurückkehrt und man mit Sehnsucht raus aufs Rosenbeet blickt. Durchs Fenster. Hinter der Gardine. Dazu trinkt man/Mann eine Tasse Kaffee und weiss über die Sicherheit, dass auch nach dem kältesten Winter wieder der Frühling kommt.
Von der Rose ohne Stacheln, über Rosen hinter einem Schleier bis hin zum männlichsten Rosen-Duft liest man über diesen Duft alles. Einmal, schon vor Jahren, habe ich diesen Duft einmal getestet, die Nase gerümpft und dieses — aus heutiger Sicht — Meisterwerk dann wieder vergessen.
Dann las ich davon, dass der Café Rose in Form eines Re-Releases in die Signature Collection gewandert war und wohl auch Opfer einer Reformulierung wurde. Zur gleichen Zeit war ein sehr lieber Parfumo bereit, seinen 250 ml Dekanter des Café Rose zu verkaufen — und ich schlug zu, halb blind. Und nun ist er mein, dieser perfekte Duft.
Eins vorweg: Kaffee rieche ich explizit NICHT heraus. Und doch bin ich überzeugt über dessen Vorhandensein im Duft.
Der AUFTAKT des Duftes ist punchy, stechend, laut: Die Rose hat definitiv nichts an Stacheln eingebüsst, denn beim ersten Riecher nach dem Auftragen besteht schon fast Verletzungsgefahr. Ein bekannter YouTube würde es „In Your Face“ nennen, dem kann ich trotz Polarisierung in diesem Fall nur beipflichten.
Geschuldet sei das wohl dem schwarzen Pfeffer, der im Auftakt wirklich federführend wirkt und in dieser Hinsicht sogar an den Rose Prick erinnert (welchen ich nebenbei bemerkt auch sehr schätze!). Gleichzeitig riecht man die Mairose, die etwas sehr Romantisch-Süsses in den Duft mitbringt. In Kombination mit dem Safran entsteht hier etwas, was sich nur schwer beschreiben lässt, wobei SCHWER wohl das richtige Attribut ist. Es riecht subtil, leicht honigartig, üppig, dumpf und - eben - schwer.
In der HERZNOTE passiert dann aber etwas merkwürdiges: Geschockt vom Auftakt mischen plötzlich Noten in den Duft hinein, die ich so weder erwartet noch kombiniert hätte. Neben der türkischen und bulgarischen Rose — die man übrigens auch wieder im bereits zuvor genannten Rose Prick findet — legt sich über die stechende Rose-Safran-Pfeffer-Kombination eine Art Schleier.
Es ist wie ein olfaktorischer Hochnebel oder eine Art Dämmerung. Es muss aber, ohne ihn eben explizit herausriechen oder differenzieren zu können, der Kaffee sein, der an dieser Stelle seine wundersame Wirkung entfaltet.
Kaffee, der ja bekanntlich im Stande dazu ist, andere, teils unangenehme Gerüche zu neutralisieren, wirkt hier dank seiner Aromen wie ein Graufilm über den Rosen, dem Safran und dem Pfeffer. Und auch auf die Gefahr hin, hier redundant zu sein: Es liesse sich wohl am ehesten mit einer durchlässigen Gardine vor einem Fenster, das zum Rosengarten hinausblickt, vergleichen. Man „sieht“ die üppigen Rosen, kann sie mit dem olfaktorischer Auge wahrnehmen — und doch verschwimmen die definierten Kanten, Ecken und Stacheln (!) durch die Gardinen.
Der Kaffee, dessen holzige, erdige Attribute man hier wahrnimmt, liegt hier über dem Rosenbett wie ein dichter Hochnebel. Nuancen, die nach Tabak und Rum anmuten, bringen hierzu weitere Facetten ins Spiel, obschon sie in der Duftpyramide nicht hervorgehen.
Sehr geradlinig geht diese Kombination dann bei der HERZNOTE noch dunkler und tiefer. Auch wenn der Amber eher dazu tendiert, Düfte heller erscheinen zu lassen, wird dieses Phänomen sehr schnell durch trockenes, sehr erdiges Patchouli ausgeglichen. Die balsamisch-süsse, samtig-warm anmutende Komponente des Sandelholzes rundet den Duft auf herrliche Art- und Weise in dessen Basis ab, unterstreicht aber einmal mehr auch die verführerischen Rosen, die sich unter dem Nebel immer und immer wieder herauszukämpfen versuchen.
Als FAZIT kann festgehalten werden, dass dieser Duft neben den anderen Rose-Düften von Tom Ford eindeutige Daseinsberechtigung hat. Ich fürchte nur, er geht neben dem wesentlich populäreren Rose Prick, Rose d‘Almalfi und Rose de Chine etwas unter. Ein Understatement quasi.
Mit grosser Sicherheit aber ist dieser Duft die männlichste Interpretation eines Rosen-Duftes aus dem Hause Ford, was aber nicht heissen soll, dass eine Frau diesen Duft nicht tragen kann. Genauso wie ein Mann auch Rose Prick trägt. Die Grenzen verschwimmen hier und das ist auch eindeutig gut so.
Durch den Schleier, den Hochnebel, die Gardine (oder was auch immer es sein mag) erhält der Duft jedoch etwas Mystisches, etwas Dunkles, etwas Trauriges oder vielleicht sogar etwas Melancholisches. Dadurch passt dieser Duft herrlich in die kältere Zeit des Jahres, wenn die Baume ihre Blätter verlieren, der Hochnebel zurückkehrt und man mit Sehnsucht raus aufs Rosenbeet blickt. Durchs Fenster. Hinter der Gardine. Dazu trinkt man/Mann eine Tasse Kaffee und weiss über die Sicherheit, dass auch nach dem kältesten Winter wieder der Frühling kommt.
Aventus im Jahre 2023 — Ein [kurzer] Vergleich
Den ersten Flakon Aventus kaufte ich 2012 als ich noch in Katar arbeitete. Ich war ein olfaktorischer Banause (wenn nicht sogar Barbar), ohne Ahnung von Batchcodes, Nischendüften oder Inhaltsstoffen. Riecht gut, hält lang — passt! Mehr habe ich damals nicht gebraucht.
Und vermutlich steht mir in Kürze der Tod auf dem Scheiterhaufen bevor wenn ich sage, dass ich damals manchmal einfach eine Runde Aventus gesprüht habe, wenn ich wollte, dass es in meiner Wohnung fein riecht.
Wertschätzung für die Kunst des Parfümeurs: Fehlanzeige.
Und One Million war damals immer noch mein ständiger Go-To, wenn ich rausging.
Aventus [2012] war mir zu „roh“, nicht süss und massentauglich genug — so zumindest mein 24-jähriges Ich.
Etwa bei der Hälfte wanderte der 75ml Flakon in eine Ecke und kam auch trotz Umzug zurück in die Schweiz nie mehr gross zum Einsatz.
Das änderte sich 2019 als ich dank Oud Wood meinen (viel zu späten) Einstieg in die Nischenwelt doch noch fand.
Der Aventus aus dem Jahre 2012 hatte bis zu diesem Zeitpunkt unbeachtet im Badezimmer [Ja, ja, ich weiss… ab auf den Scheiterhaufen!] verweilt, kam aber dann dank Oud Wood, Layton und Co. immer häufiger zum Einsatz.
Mir scheint, als hätte nicht nur der Duft, sondern auch ich selbst reifen müssen.
Alles, was zu den alten Batches gesagt wurde, kann ich unterstreichen: Rauch, Ananas, Birkenholz — Ein Traum.
Und in einer Intensität, die Räume gefüllt, Frauenherzen geschmolzen [ok, es war nur das Frauenherz meiner heutigen Frau] und Berge versetzt hat.
2020 war dann der Restflakon aufgebraucht und ein neuer musste her.
Immer noch sehr unwissend über etwaige Reformulierungen, Batch-Codes oder Ähnlichem, kaufte ich einen Flakon aus dem gleichen Jahre — und dachte, meine Nase sei kaputt. Der würzige Rauch, die überreife Ananas, die intensive Birke — nur noch ein Hauch davon war da.
Der Flakon wanderte wiederum zurück in den Parfumschrank im Ankleidezimmer [Ja, ja, ich lerne dazu!] und es folgte eine Odyssee von Dupe-Käufen, die mich hoffen liessen, irgendwann den Heiligen Gral in Form eines alten Aventus-Batches wieder zu finden. Doch leider ohne Erfolg.
Auch wenn ein paar auserlesene Dupes verdammt nahe an das Original hinkamen, so fehlte im Endeffekt doch immer der letzte Schliff, der spezielle Twist oder diese eine Idee der Feinheit, die dann letztendlich doch den grossen Unterschied zu meinem alten 2012-er Batch machten. Manchmal zu synthetisch, dann wieder zu rau, zu ölig, zu unbeholfen.
Der 2020-er Batch wanderte zu meinem Kumpel, ich zu anderen Marken und Nischenparfums.
War auch nett.
Und doch liess sie mich nie los, meine Liebe zu Aventus.
Und so kaufte ich vorletzte Woche wieder einen 100 ml Flakon des Duftes. Diesmal einem Batch aus dem Jahre 2023 mit Metallkappe, die Aufschrift „Creed“ nicht mehr schwarz, sondern durchsichtig.
Ich dachte zuerst, aus Versehen einen Fake gekauft zu haben — Allerdings stammte der Duft aus einer sehr namhaften Parfumerie hier in Zürich, womit dieser Gedanke sofort wieder verworfen wurde.
Eine kurze Recherche zeigte, dass Creed da wohl das Konzept geändert hatte und nun Metallkappen und eine klare „Creed“-Aufschrift auf den Flakons führte. Auch nett.
Aber nun zum Duft:
— und gleich vorweg: Nein, er kommt nicht an den Flakon aus dem Jahre 2012 ran. Never. Aaaaber er ist auch nicht so schwach und unspektakulär wie der Duft aus dem Jahre 2020.
Für mich ist der Auftakt äusserst stark, „punchy“ - wenn man so will.
Dabei sticht dort vor allem der rosa Pfeffer heraus, den ich auch im 2012-er Batch so sehr liebte und im 2020-er extrem vermisste.
Die herbe Bergamotte und die spritze Zitrone sind im Hintergrund, aber klar erkennbar. Und auch die schwarze Johannisbeere spielt eine Nebenrolle, die für einen kurzen Moment der Schockverliebtheit sorgt.
Kurze Zeit darauf kommt die Ananas zum Vorschein. Schön reif, aber nicht zuckersüss. Auch der Rauch spielt mit — in einer angemessenen Dosis. Nein, auch der Mittelteil kommt nicht an die ursprüngliche Variante aus dem Jahre 2012 ran, aber ist im Vergleich zu 2020 durchaus ausgereifter, stärker und lauter — und gleichzeitig weniger „kratzig“.
Den Patchouli kann ich lediglich erahnen (ich liebe diese Note), wobei er hier zu keiner Zeit dreckig, verrucht oder kellerlastig wird. Er gibt dem Duft einen erdigen Vibe, ohne je mit Erde in Berührung gekommen zu sein.
Die Birke lässt schliesslich nicht lange auf sich warten und verleiht dem Duft eine wunderschöne Aura. Die kernige Note gepaart mit weiteren Hölzern (ob es nun Zeder ist oder nicht), etwas Moschus, Ananas und Rauch machen den Duft für mich auch im Jahre 2023 immer noch zu einem Unikat, das oft kopiert aber nie erreicht wurde.
Ja, auch der Batch aus dem Jahre 2023 ist kein Schreihals, nicht übermässig laut und nimmt auch keine ganzen Arenen mehr ein. Aber er ist präsent und spürbar stärker als andere Versionen.
Auf der Haut wirkt er gute 2 - 3 Stunden mit einer durchaus angemessenen Sillage [aber eben: kein Schreihals und auch kein Raumfüller] und ist deutlich präsent. Im Büro an der Kollegin vorbeigelaufen folgte kurze darauf der Kommentar „Den Duft darfst du öfters tragen!“.
Aber auch im weiteren Tagesverlauf nehme ich den Duft immer wieder deutlich wahr. Neulich wurde ich sogar abends um kurz nach 7 im Bus angesprochen, ob ich Aventus trage.
So schlecht kann die Haltbarkeit also nicht sein (obschon ich zu diesem Zeitpunkt keine Spur von Avenuts mehr riechen konnte).
Und auch auf der Kleidung hält der Duft. Lange. Sogar sehr lange. Mein Hemd, das ich am Montag trug, wanderte am Freitag zur Reinigung und auch dort konnte ich noch einen Hauch vom Aventus wahrnehmen.
Nun die One-Million-Dollar-Question [no puns intended]: Lohnt sich Aventus im Jahre 2023 noch?
Ja, ich denke schon.
Er wird [vermutlich] nie mehr an die Version von 2012 kommen, aber er ist im Jahre 2023 ein durchaus solider Begleiter mit kernig-männlichem Charakter, einer absolut akzeptablen Haltbarkeit und einer moderaten Sillage, die in den ersten Stunden deutlich ausstrahlt und im Laufe des Tages immer hautnäher wird.
Die DNA ist deutlich vorhanden und das Original wird (zumindest in meinen Augen) auch immer das Original bleiben.
Die Argumentation, so viel Geld für einen Duft, „der nur noch ein Schatten seiner selbst“ ist, auszugeben, ist berechtigt. Dennoch kann dieser entgegengehalten werden, dass sich die Zeiten ändern und [zumindest die Version aus 2023] deutlich besser ist als andere Batches.
Und vermutlich steht mir in Kürze der Tod auf dem Scheiterhaufen bevor wenn ich sage, dass ich damals manchmal einfach eine Runde Aventus gesprüht habe, wenn ich wollte, dass es in meiner Wohnung fein riecht.
Wertschätzung für die Kunst des Parfümeurs: Fehlanzeige.
Und One Million war damals immer noch mein ständiger Go-To, wenn ich rausging.
Aventus [2012] war mir zu „roh“, nicht süss und massentauglich genug — so zumindest mein 24-jähriges Ich.
Etwa bei der Hälfte wanderte der 75ml Flakon in eine Ecke und kam auch trotz Umzug zurück in die Schweiz nie mehr gross zum Einsatz.
Das änderte sich 2019 als ich dank Oud Wood meinen (viel zu späten) Einstieg in die Nischenwelt doch noch fand.
Der Aventus aus dem Jahre 2012 hatte bis zu diesem Zeitpunkt unbeachtet im Badezimmer [Ja, ja, ich weiss… ab auf den Scheiterhaufen!] verweilt, kam aber dann dank Oud Wood, Layton und Co. immer häufiger zum Einsatz.
Mir scheint, als hätte nicht nur der Duft, sondern auch ich selbst reifen müssen.
Alles, was zu den alten Batches gesagt wurde, kann ich unterstreichen: Rauch, Ananas, Birkenholz — Ein Traum.
Und in einer Intensität, die Räume gefüllt, Frauenherzen geschmolzen [ok, es war nur das Frauenherz meiner heutigen Frau] und Berge versetzt hat.
2020 war dann der Restflakon aufgebraucht und ein neuer musste her.
Immer noch sehr unwissend über etwaige Reformulierungen, Batch-Codes oder Ähnlichem, kaufte ich einen Flakon aus dem gleichen Jahre — und dachte, meine Nase sei kaputt. Der würzige Rauch, die überreife Ananas, die intensive Birke — nur noch ein Hauch davon war da.
Der Flakon wanderte wiederum zurück in den Parfumschrank im Ankleidezimmer [Ja, ja, ich lerne dazu!] und es folgte eine Odyssee von Dupe-Käufen, die mich hoffen liessen, irgendwann den Heiligen Gral in Form eines alten Aventus-Batches wieder zu finden. Doch leider ohne Erfolg.
Auch wenn ein paar auserlesene Dupes verdammt nahe an das Original hinkamen, so fehlte im Endeffekt doch immer der letzte Schliff, der spezielle Twist oder diese eine Idee der Feinheit, die dann letztendlich doch den grossen Unterschied zu meinem alten 2012-er Batch machten. Manchmal zu synthetisch, dann wieder zu rau, zu ölig, zu unbeholfen.
Der 2020-er Batch wanderte zu meinem Kumpel, ich zu anderen Marken und Nischenparfums.
War auch nett.
Und doch liess sie mich nie los, meine Liebe zu Aventus.
Und so kaufte ich vorletzte Woche wieder einen 100 ml Flakon des Duftes. Diesmal einem Batch aus dem Jahre 2023 mit Metallkappe, die Aufschrift „Creed“ nicht mehr schwarz, sondern durchsichtig.
Ich dachte zuerst, aus Versehen einen Fake gekauft zu haben — Allerdings stammte der Duft aus einer sehr namhaften Parfumerie hier in Zürich, womit dieser Gedanke sofort wieder verworfen wurde.
Eine kurze Recherche zeigte, dass Creed da wohl das Konzept geändert hatte und nun Metallkappen und eine klare „Creed“-Aufschrift auf den Flakons führte. Auch nett.
Aber nun zum Duft:
— und gleich vorweg: Nein, er kommt nicht an den Flakon aus dem Jahre 2012 ran. Never. Aaaaber er ist auch nicht so schwach und unspektakulär wie der Duft aus dem Jahre 2020.
Für mich ist der Auftakt äusserst stark, „punchy“ - wenn man so will.
Dabei sticht dort vor allem der rosa Pfeffer heraus, den ich auch im 2012-er Batch so sehr liebte und im 2020-er extrem vermisste.
Die herbe Bergamotte und die spritze Zitrone sind im Hintergrund, aber klar erkennbar. Und auch die schwarze Johannisbeere spielt eine Nebenrolle, die für einen kurzen Moment der Schockverliebtheit sorgt.
Kurze Zeit darauf kommt die Ananas zum Vorschein. Schön reif, aber nicht zuckersüss. Auch der Rauch spielt mit — in einer angemessenen Dosis. Nein, auch der Mittelteil kommt nicht an die ursprüngliche Variante aus dem Jahre 2012 ran, aber ist im Vergleich zu 2020 durchaus ausgereifter, stärker und lauter — und gleichzeitig weniger „kratzig“.
Den Patchouli kann ich lediglich erahnen (ich liebe diese Note), wobei er hier zu keiner Zeit dreckig, verrucht oder kellerlastig wird. Er gibt dem Duft einen erdigen Vibe, ohne je mit Erde in Berührung gekommen zu sein.
Die Birke lässt schliesslich nicht lange auf sich warten und verleiht dem Duft eine wunderschöne Aura. Die kernige Note gepaart mit weiteren Hölzern (ob es nun Zeder ist oder nicht), etwas Moschus, Ananas und Rauch machen den Duft für mich auch im Jahre 2023 immer noch zu einem Unikat, das oft kopiert aber nie erreicht wurde.
Ja, auch der Batch aus dem Jahre 2023 ist kein Schreihals, nicht übermässig laut und nimmt auch keine ganzen Arenen mehr ein. Aber er ist präsent und spürbar stärker als andere Versionen.
Auf der Haut wirkt er gute 2 - 3 Stunden mit einer durchaus angemessenen Sillage [aber eben: kein Schreihals und auch kein Raumfüller] und ist deutlich präsent. Im Büro an der Kollegin vorbeigelaufen folgte kurze darauf der Kommentar „Den Duft darfst du öfters tragen!“.
Aber auch im weiteren Tagesverlauf nehme ich den Duft immer wieder deutlich wahr. Neulich wurde ich sogar abends um kurz nach 7 im Bus angesprochen, ob ich Aventus trage.
So schlecht kann die Haltbarkeit also nicht sein (obschon ich zu diesem Zeitpunkt keine Spur von Avenuts mehr riechen konnte).
Und auch auf der Kleidung hält der Duft. Lange. Sogar sehr lange. Mein Hemd, das ich am Montag trug, wanderte am Freitag zur Reinigung und auch dort konnte ich noch einen Hauch vom Aventus wahrnehmen.
Nun die One-Million-Dollar-Question [no puns intended]: Lohnt sich Aventus im Jahre 2023 noch?
Ja, ich denke schon.
Er wird [vermutlich] nie mehr an die Version von 2012 kommen, aber er ist im Jahre 2023 ein durchaus solider Begleiter mit kernig-männlichem Charakter, einer absolut akzeptablen Haltbarkeit und einer moderaten Sillage, die in den ersten Stunden deutlich ausstrahlt und im Laufe des Tages immer hautnäher wird.
Die DNA ist deutlich vorhanden und das Original wird (zumindest in meinen Augen) auch immer das Original bleiben.
Die Argumentation, so viel Geld für einen Duft, „der nur noch ein Schatten seiner selbst“ ist, auszugeben, ist berechtigt. Dennoch kann dieser entgegengehalten werden, dass sich die Zeiten ändern und [zumindest die Version aus 2023] deutlich besser ist als andere Batches.
2 Antworten