ChaiTee

Als ich "Bright Neroli" im letzten Sommer zum ersten Mal roch, war mein erster Gedanke, dass da nix 'bright' ist.
Diesen Gedanken hab ich immer noch und jetzt musste ich mal einen Deutsch-Englisch-Übersetzer bemühen, um herauszufinden, was das Gegenteil von 'bright' ist. Und bekam das Wort 'dull' präsentiert.
'Dull' kann bedeuten: langweilig, uninteressant, öde, glanzlos, schwerfällig, trist, ausdruckslos, niveaulos, stumpfsinnig, wenig spektakulär, bedeckt, stumpf, matt.
Nun ja - nur weil ich der Meinung bin, dass "Bright Neroli" nicht strahlend oder leuchtend ist, bedeutet das aber noch lange nicht, dass er langweilig, öde, uninteressant oder gar stumpfsinnig wäre.
Er ist nur eben nicht so leuchtend oder strahlend, wie es das 'bright' im Namen suggeriert.
Da finde ich "Noble Neroli" von Comptoir Cologne, den ich im Sommer ebenfalls gern trage, deutlich 'brighter'. Der ist einfach heller und leichter als "Bright Neroli".
Ohne die Zutatenliste runterzubeten, kann ich mit ganz einfachen Worten sagen, dass "Bright Neroli" für mich einen kurzen Moment lang eine Erinnerung an Kölnisch Wasser weckt und dann kommt was Erdiges dazu, das wohl dem Vetiver und dem Patchouli geschuldet ist.
Also ein Neroli-Duft, der nicht strahlend oder hochglänzend ist, sondern eher leicht seidenmatt oder verwaschen. Einer, der an einem etwas wolkenverhangenen Tag passt und einen zu leuchtenden Tag etwas dämpft. Passt zur weißen Bluse (oder zum weißen Hemd), aber auch zur verwaschenen Jeans.
Ich mag ihn gern.

'Pudrig'? Vor diesem Duft hatte ich so eine Ahnung, wie 'pudrig' riecht - jetzt weiß ich es.
"Iris" von L'Erbolario ist ein Duft, den ich nur in Bildern beschreiben kann.
Kaum aufgetupft, sah ich vor meinem Auge eine kleine, alte Dame mit weißen Löckchen, bekleidet mit einem altrosa Strickpullover beim Tee.
Also keine alte Schachtel, sondern wirklich eine alte Dame. So eine, wie man sich eine Oma vorstellt. Ein bisschen wie aus einem Film über den englischen Landadel. Am besten noch mit Blümchen auf dem Sofa.
Das Gegenstück zur alten Dame in Pelz, die ich vor mir sehe, wenn ich an Chanel No.5 & Co. denke.
Oder eben einfach meine Tante Elsa, der ich schon mal einen Kommentar - nämlich zu "Camelia" (ebenfalls von L'Erbolario) gewidmet habe.
Die Angaben aus der Zutaten-Liste haben mich einen anderen Duft erwarten lassen.
Bergamotte hab ich als frische Zutat im Gedächtnis, Ylang-Ylang fiel mir auch nicht auf.
Weißdorn ist mir nicht so geläufig, dass er mir auffiele und die namensgebende Iris kenne ich als intensiv duftende Gartenblume. (Intensiv ist dieser Duft auch - ein Tupfer auf dem Arm fiel meinem Mann, der sich nur sehr selten zu meinem Parfumspleen äußert, sofort auf, als er ins Zimmer kam.)
Tabak kam bei mir nicht durch, ein Hauch Vanille und Moschus könnte drin sein.
Aber egal wie - der Duft riecht genauso, wie ich den luxuriösen Körperpuder meiner alten Tante im Gedächtnis habe.
Wie gesagt, alt(!)rosa und staubtrocken.
Meine Mädels behaupten übrigens mal wieder, dass ich für solche Düfte noch zu jung bin...

Entweder mit meiner Nase oder mit dem Duft.
Wie komm ich darauf?
Ich lese die Zutatenliste und die Kommentare und denke, dieser Duft könnte mir gefallen.
Gewürze, Zimt, Patchouli, Moschus - was kann da schon schiefgehen?
Ich bestelle mir den Duft - blind. Ich bekomme den Duft und sprüh ihn mir auf.
Und ich rieche etwas. Aber nicht das, was auf der Zutatenliste steht.
Kein Pfeffer - weder schwarz noch rosa und auch keine anderen Gewürze, schon gar keinen Zimt.
Könnte man beim Pfeffer noch sagen, dass ich da kein Spezialist für die unterschiedlichen Farben bin; beim Zimt gilt diese Aussage definitiv nicht. Zimt kenn ich und Zimt liebe ich. Kardamom riecht - soweit ich das weiß - auch irgendwie anders; nun ja, vielleicht ist ein bissel Ingwer dabei.
Damit ist die Kopfnote schon mal nicht wie erwartet.
Bei der Herznote kann ich keine Rosen ausfindig machen, aber ich bin ja kein Rosenspezialist.
Der Jasmin fehlt mir nicht wirklich - Jasmin ist eh nicht so meins.
Patchouli und Moschus in der Basis müsste ich kennen, fallen mir aber auch nicht auf.
Tja, was rieche ich dann?
Im ersten Moment fiel mir eine Ähnlichkeit mit "Suddenly Woman I" auf, dem ja eine gewisse Ähnlichkeit mit dem berühmten "Chanel No.5" nachgesagt wird. Einer der wenigen Düfte aus der Aldehyd-Richtung, die ich bewusst kenne und - wohl unbewusst - mit dem Bild einer Dame im braunen Pelzmantel verbinde. Somit meine ich, dass es die Aldehyde sind, die mir in diesem Duft begegnen. Und das ist nun mal nicht meine Geschmacksrichtung. Ich bin nämlich keine Dame und einen (noch dazu braunen) Pelzmantel hab ich auch nicht. Zur Dame werd ich wohl nie werden und einen Pelzmantel brauch ich auch nicht. Und schon gar keinen braunen.
Mag sein, dass der Duft nicht schlecht ist, aber wenn ich mir einen Duft mit den oben angegebenen Zutaten hole, der noch dazu den Begriff 'Spice' im Namen trägt, und ich kann keine dieser Zutaten ausfindig machen, hat der Duft sein Ziel verfehlt.
Meins ist er nicht und er darf weiterziehen.
Nachtrag: Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass der echt hübsche Flakon in einem recht ansprechenden Schächtelchen verpackt ist. Gibt einen kleinen Extra-Punkt.

Sind wir doch mal ehrlich - der Preis ist nicht der Rede wert, und mit dem goldgelben Zerstäuber aus Plastik kann man auch keinen Blumentopf gewinnen. Sieht einfach billig aus, das Ding.
Das macht den Duft für einige Profis schon recht unattraktiv.
Lässt man die obigen Faktoren außer Acht und halt den bedufteten Arm einem Laien unter die Nase, sagt dieser 'Hm, das riecht gut'.
Warum?
Weil sich der Parfumo gern von wohlklingenden Namen und schönen Verpackungen beeindrucken lässt - und auch weil er misstrauisch wird, wenn ein Duft zu billig angeboten wird. Und mit Sicherheit nicht nur der Parfumo. Ich würde ein solches Plastikdingens auch nicht verschenken wollen. Und bei einem Duft für unter 10 Euro habe auch ich keine allzu großen Erwartungen.
Aber würde ich den Inhalt des Plastikdingens in einen schönen Glaszerstäuber mit einem hübschen Etikett umfüllen, bin ich mir sicher, dass der Duft selber gar nicht schlecht ankäme.
Weil es nämlich kein schlechter Duft ist.
Er riecht weich, warm, trocken - gut. Leicht vanillig-süß, aber nicht klebrig.
Er gibt Geborgenheit, gerade jetzt in der kalten Jahreszeit.
Er schmeichelt mir, er verbindet sich mit meiner Haut. Und da hält er sich auch eine gute Zeit lang fest. Abends aufgetragen, duftet mein Arm am nächsten Morgen noch leicht vanillig.
Er war mit meiner Tochter in der Klinik - so als ein Stück Mama.
Schade, dass er nicht mehr produziert wird.
Schön, dass ich noch ein volles Plastikdingens habe, dessen Inhalt ich bei Bedarf in einen schönen Glaszerstäuber umfüllen werde.

Eigentlich brauch ich ja keinen Duft mehr...
Aber wie das so ist - neben meiner Arbeit ist eine Parfümerie und die hatte gestern einige Sachen von Acqua Colonia auf ihren Sonderangebots-Tischchen.
Dummerweise gab's vom "Acqua Colonia Rhubarb & Clary Sage" nur noch Erfrischungstücher, also hab ich diese Neuerscheinung probieren müssen. Apfel und Chili - das klingt ja schonmal originell.
Kam auf den linken Arm, auf den rechten kam noch ein Sprüher vom "Acqua Colonia Pink Pepper & Grapefruit", den ich zwar schon kannte und auch schon kommentierte, aber erneutes Testen kann ja auch nix schaden.
Auf den ersten Blick ist dieser Apfel-Chili-Duft auch ganz nett und ich stand in der Versuchung, ihn gleich mitzunehmen. Apfel mit einem Hauch von Schärfe, das wär ja mal was anderes. Und genau das war die Kopfnote.
Zum Glück hab ich das nicht getan - während des darauffolgenden Einkaufsbummels mit meiner Tochter verzog sich die Kopfnote und übrig blieb ein Geruch, der mich stark an die oben erwähnten Gummi-Apfel-Ringe mit buntem Zucker auf der einen Seite erinnerte.
Und genau dieser Geruch hielt sich dann auch über sechs (!) Stunden an meinem Handgelenk fest.
Das muss ich wirklich nicht haben.
Und immer noch bedaure ich, dass der "Pink Pepper & Grapefruit" nicht halb so haltbar ist - sonst würde er doch noch bei mir einziehen.